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Regelungsqualität

Im Dokument Visionen für eine (Seite 121-125)

3 Analyse des Ordnungsrahmens

3.6 Schlussfolgerungen nominelle Raumordnung

3.6.2 Regelungsqualität

Wie festgestellt wurde, ist das Raumordnungsrecht stark von Zielvorgaben, richtungsweisen-den Grundsätzen und vorgegebenen Möglichkeiten geprägt, deren Umsetzung im Detail große Freiräume offen lässt. Da es sich bei der Raumordnung um eine typische Planungs-aufgabe handelt, ist dies auch wenig überraschend.

Grundsätzlich sieht das in der Bundesverfassung verankerte Legalitätsprinzip eine Deter-minierungspflicht des Verwaltungshandelns durch den Gesetzgeber vor. Hinsichtlich des

Detailliertheitsgrades dieser Gesetzesbindung ist auf der einen Seite als „Grundmodell des ,normalen Gesetzesvollzugs’“ (Raschauer 2009, Rz 573) die „gebundene Entscheidung“ zu erwähnen, bei der zwingende gesetzliche Vorschriften der behördlichen Vollziehung keinen Spielraum lassen. Andererseits kennt das Verwaltungsrecht aber auch zahlreiche Varianten so genannter „Ermessensentscheidungen“, bei denen die Gesetzgebung von einer binden-den Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht, die Behörde aber von die-sem freien Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch zu machen hat. Davon ausgehend,

„dass es im Wesen der Planung liegt, dass sie einer gesetzlichen Vorherbestimmung kaum zugänglich ist, da es dabei um Auswahl, Zielbestimmung und Abwägung und in weiterer Fol-ge um planerische GestaltunFol-gen Fol-geht“, hat insbesondere im Bereich der Flächenwidmung auch der Begriff des „Planungsermessens“ in die Rechtssprache Eingang gefunden (Rasch-auer 2009, Rz 578).

Im Zuge der Interpretation der dabei maßgeblichen Rechtslage kann die Verwendung der Worte „kann“ oder „darf“ als Indiz für das Vorliegen eines entsprechenden Ermessensspiel-raums gelten, während etwa die Formulierungen „hat zu“, „muss“ oder „ist“ eher auf eine gebundene Entscheidung hinweisen. Dabei kann eine umfassende Interpretation des Geset-zes aber dennoch ergeben, dass nicht unerhebliche Entscheidungsspielräume vorhanden sind. Ebenso ist es denkbar, dass „kann-Bestimmungen“ als „muss-Vorgaben“ zu verstehen sind, etwa durch zusätzliche im Gesetz enthaltene Gesichtspunkte, „die entscheidungser-heblich und damit ermessensrelevant sind“ (Raschauer 2009, Rz 575). Auch sog „unbes-timmte Gesetzesbegriffe“, also Rechtsbegriffe, die von ihrem Begriffsinhalt und -umfang her sehr allgemein und unbestimmt erscheinen, räumen der Verwaltung einen gewissen, inter-pretativen Spielraum ein. Aber auch hier ist entsprechend dem Legalitätsprinzip der be-treffende Rechtsbegriff aus dem jeweiligen Regelungszusammenhang und Regelungszweck nach den im Gesetz auffindbaren Wertungsrichtlinien zu interpretieren.

Infolge des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit des Verwaltungshandelns ist also sowohl im Falle eines Ermessens- als auch Interpretationsspielraums auf jeden Fall im Sinne des Ge-setzes zu entscheiden bzw. vorzugehen. Gerade bei Planungstätigkeiten spielen dabei ge-setzlich verankerte Zielvorgaben eine zentrale Rolle, die für konkrete Entscheidungen gewis-sermaßen eine Richtung vorgeben. Speziell bei Planungsaufgaben wird dabei auch von einer „finalen Determinierung“ der Verwaltung gesprochen (Raschauer 2009, Rz 578).

Letzteres ist aber nicht automatisch gleichbedeutend mit der tatsächlichen Verwirklichung der angestrebten Ziele. Dies spiegelt sich nicht zuletzt auch in den Ergebnissen der Raum-ordnungsmatrix wieder, die eine sehr rege Präsenz energierelevanter Kriterien in den ent-sprechenden Bundesländerregeln ausweist, während die Raumordnungswirklichkeit häufig (noch) andere Strukturen aufweist. Letzteres wird teilweise aber auch auf zeitliche Ver-zögerungen infolge der durchwegs langfristig angelegten Planungsprozesse in der Raum-ordnung zurückzuführen sein.

a) Die überörtliche Planungsebene – Zielvorgaben

Auf der überörtlichen Ebene wird mithilfe von Zielen und Grundsätzen der Handlungsrahmen abgesteckt, der prinzipiell auf alle Planungstätigkeiten anzuwenden ist, und der die Pla-nungstätigkeit zumindest auf die darin vorgegebenen Optionen einschränkt. Solche Zielvor-gaben sind in der Regel wiederum durch die Verwendung relativ unbestimmter Gesetzesbe-griffe charakterisiert, die häufig nur einer globalen Richtungsvorgabe gleichkommen. Formu-lierungen wie etwa „die Schaffung einer ausgeglichenen Wirtschafts-, Sozial- und Verkehrs-struktur“ im Burgenländischen Raumplanungsgesetz oder die im K-ROG geforderte „ent-sprechende Ausstattung mit Einrichtungen der Daseinsvorsorge in zumutbarer Entfernung“

bzw. „eine möglichst sparsame Verwendung von Grund und Boden“ finden sich in ähnlicher Weise in allen Bundesländerregelungen und sind nur einzelne Beispiele für die im Bereich der Zielvorgaben zahlreich vorfindbaren, durchaus interpretationsbedürftigen Formulierun-gen.

Die Unbestimmtheit von Zielvorgaben ist aber keineswegs mit deren grundsätzlichen Unver-bindlichkeit gleichzusetzen. Wie solche übergeordneten, allgemeinen Zielvorgaben tat-sächlich umgesetzt werden, hängt nicht zuletzt von den konkreten gesetzlichen Vorgaben für die örtliche Planungsebene ab, wobei sich durchaus gravierende Unterschiede ergeben kön-nen. Auch die Regelungsweise und das Ausmaß des Einsatzes überörtlicher Planungsin-strumente wie regionaler Entwicklungsprogramme oder bestimmter Sachbereichsprogramme sind dabei von Bedeutung. Die einzelnen Bundesländer sehen derartige Instrumente durch-wegs als Verordnungen der jeweiligen Landesregierung vor, welche wiederum für die örtliche Raumplanung der Gemeinden rechtsverbindlich sind.

Die Einsatzweise und der Konkretisierungsgrad dieser Planungsinstrumente ist allerdings ebenfalls sehr unterschiedlich ausgeprägt, sodass sie – neben den bereits erwähnten direk-ten gesetzlichen Vorgaben – mit dafür verantwortlich sein können, wenn von ihrer Indirek-tention her gleichartige Zielbestimmungen eine durchaus unterschiedliche Umsetzung erfahren.

Dies soll in der Folge anhand zweier ähnlicher Zielvorgaben veranschaulicht werden, näm-lich einerseits einer Bestimmung aus dem K-ROG, wonach die Siedlungsentwicklung an mit vertretbarem Aufwand zu schaffenden Infrastruktureinrichtungen zu orientieren ist, und ande-rerseits einer im StROG enthaltenen Bestimmung, welche ebenfalls hinsichtlich der Bevölke-rungsdichte unter Berücksichtigung der ökologischen, wirtschaftlichen und sozialen Tragfä-higkeit u.a. die Ausrichtung an der Infrastruktur erwähnt.

b) Örtliches Entwicklungskonzept und ähnliche örtliche Planungsinstrumente

Während sich die beiden oben erwähnten, allgemeinen Zielvorgaben im Bestimmtheitsgrad nicht wesentlich unterscheiden, stellt sich deren Umsetzung auf der örtlichen Ebene sehr unterschiedlich dar. Die Steiermark ermöglicht bereits in überörtlichen Entwicklungspro-grammen die Ausweisung sog. Vorranggebiete zur lufthygienischen Sanierung, innerhalb welcher auf der örtlichen Ebene verpflichtend Energiekonzepte zu erstellen sind, welche überdies „die Entwicklungsmöglichkeiten einer Fernwärmeversorgung“ in Form eines Fern-wärmeausbauplanes zu behandeln haben. In letzterem können auch

Fernwärmeanschluss-bereiche festgelegt werden, innerhalb derer gemäß § 22 Abs 9 StROG ein Fernwärmean-schlusszwang gilt, der in § 6 Steiermärkisches Baugesetz noch näher ausgeführt wird.

Demgegenüber lassen sich in den Kärntner Raumordnungsregelungen keine vergleichbaren Konkretisierungskonzepte im Hinblick auf das erwähnte Infrastrukturziel erkennen. Vielmehr zeigt sich am Beispiel Kärnten, dass auch bei der gesetzlichen Verankerung örtlicher Ent-wicklungskonzepte vielfach unbestimmte Gesetzesbegriffe Anwendung finden. So sind etwa laut § 2 Abs 3 lit d K-GplG im örtlichen Entwicklungskonzept grundsätzliche Aussagen ua über die Festlegung von Siedlungsgrenzen zu treffen. Bei der konkreten Umsetzung dieser Bestimmung sind allein die auf der überörtlichen Ebene festgelegten, allgemeinen Zielvorga-ben als Orientierungshilfe heranzuziehen.

Andererseits stellt Niederösterreich ein weiteres Beispiel dafür dar, dass auch im Bereich der örtlichen Planung sehr detaillierte gesetzliche Vorgaben möglich sind. Im Zuge der Ausarbei-tung des örtlichen Raumordnungsprogramms sind etwa eine Flächenbilanz, ein Land-schaftskonzept, ein Betriebsstättenplan und ein Verkehrskonzept zu erstellen. Dabei sind die im Zusammenhang mit dem Flächenwidmungsplan geregelten Planungsrichtlinien anzuwen-den (§ 14 Abs 2 Nö ROG), die erwartungsgemäß einen verhältnismäßig höheren Detaillie-rungsgrad aufweisen als globale, überörtliche Zielvorgaben. So werden beispielsweise hin-sichtlich der Siedlungsdichte bereits konkrete Wohndichteklassen vorgegeben bzw. ist Wohnbauland „an bestehendes Siedlungsgebiet so anzuschließen, dass geschlossene und wirtschaftlich erschließbare Ortsbereiche entstehen.“ Auch wenn in Bezug auf energie-relevante Kriterien dabei nach wie vor gewisse Interpretationsschritte erforderlich sind (unter Heranziehung überörtlicher ökologischer Zielvorgaben), erscheint eine entsprechende Um-setzung hier insofern einfacher zu bewerkstelligen, als nicht nur die Richtung vorgegeben, sondern auch ein ungefährer Weg aufgezeigt wird.

c) Flächenwidmungsplan

Die Erlassung eines gemeindeweiten Flächenwidmungsplans ist in allen Bundesländern ver-pflichtend vorgeschrieben. Darin ist das jeweilige Gemeindegebiet im Wesentlichen in die drei Kategorien Bauland, Verkehrsflächen und Grünland einzuteilen, wobei in einzelnen Bundesländern lediglich die Bezeichnungen leicht abweichen. Vor allem das Bauland ist in zahlreiche weitere Widmungen untergliedert, abhängig von der konkret vorgesehenen Nut-zung, etwa als Wohngebiet, Gewerbegebiet oder anderes, wobei sich die verschiedenen Widmungsarten der Bundesländer vielfach ähneln. Im Detail zwar eingeschränkt durch un-terschiedliche Vorgaben zu den einzelnen Widmungsarten wird den Gemeinden dabei grundsätzlich ein relativ weitgehendes Planungsermessen eingeräumt.

Niederösterreich sieht als einziges Bundesland die Möglichkeit vor, im Rahmen des Grün-lands Flächen für die Windkraftnutzung zu widmen – dies unter Vorgabe bestimmter Voraus-setzungen, wie etwa einer Mindestleistungsdichte des Windes sowie konkreter Mindestab-stände von Wohnbauland. Mit der gleichzeitigen Einschränkung, dass Windkraftanlagen nur auf den speziell dafür gewidmeten Flächen errichtet werden dürfen, kommt dem Flächen-widmungsplan in dieser Hinsicht besondere Bedeutung zu. Ob dies in Bezug auf die davon berührten energierelevanten Kriterien eher eine Einschränkung oder vielleicht sogar eine

Begünstigung darstellt, wird letztlich von den konkreten politischen Verhältnissen in den ein-zelnen Gemeinden abhängen.

d) Bebauungsplan

Hinsichtlich des Bebauungsplans lässt sich schon bei der Frage der verpflichtenden Er-lassung keine einheitliche Regelung aller Bundesländer feststellen. Als Grundtenor kann allenfalls abgeleitet werden, dass ein Bebauungsplan zu erlassen ist, soweit es für eine zweckmäßige Bebauung erforderlich ist. Dahingehende Regelungen finden sich etwa in Oberösterreich, Niederösterreich, Tirol und Vorarlberg. In Salzburg und Kärnten ist der Be-bauungsplan für Bauland generell verpflichtend zu erlassen, während im Burgenland nur eine entsprechende „kann-Bestimmung“ normiert ist. In der Steiermark gilt die Verpflichtung zur Erlassung eines Bebauungsplanes in Bereichen, in denen eine sog. Bauplanzonierung besteht, welche bereits im Flächenwidmungsplan zugrunde zu legen ist.

Inhaltlich betrachtet dient der Bebauungsplan in allen Bundesländern im Wesentlichen dazu, bestimmte Vorgaben für die Bebauung und die Verkehrserschließung festzulegen. Durch-wegs wird auch in diesem Zusammenhang eine sparsame Verwendung von Grund und Bo-den angemahnt, konkrete Vorgaben im Hinblick auf eine räumliche Verdichtung der Be-bauung finden sich jedoch in den einzelnen Bundesländern in unterschiedlichem Ausmaß.

Vielfach werden konkrete Details vor allem in den jeweiligen Bauordnungen zu finden sein.

Auch auf der Ebene des Bebauungsplans ergibt sich die Notwendigkeit der Interpretation einzelner Bestimmungen im Sinne der grundlegenden, überörtlichen Zielvorgaben. Als Bei-spiel sei hier die in zahlreichen Bundesländern verankerte Möglichkeit erwähnt, die First-richtung im Bebauungsplan vorzuschreiben. Im Gesetz wird keine direkte Begründung dafür angegeben. Traditionellerweise wurden derartige Bestimmungen daher häufig unter Heran-ziehung der Zielvorgabe des Orts- und Landschaftsbildes dahingehend ausgelegt, dass die Firstrichtung etwa innerhalb einer Siedlung möglichst einheitlich ausgerichtet sein sollte.

Durch die immer stärkere Einbeziehung auch energierelevanter, ökologischer Zielvorgaben – wie der verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien, der Steigerungen der Energieeffizienz, etc. – werden nun wohl auch dahingehende Überlegungen bei einer etwaigen Festlegung von Firstrichtungen zu berücksichtigen sein. Daraus wiederum ergibt sich die Schluss-folgerung auf eine entsprechende Relevanz der, in diesem Zusammenhang in der Matrix aufgelisteten Kriterien, nämlich eingesetzte Ressource, Umwandlungstechnologie und Raumwärme. Soweit sich also im jeweiligen Raumordnungsgesetz entsprechende energie-bezogenen Zielvorgaben finden, erscheint also eine alleinige Orientierung der Auslegung am Orts- und Landschaftsbild zu kurz gegriffen.

Im Dokument Visionen für eine (Seite 121-125)