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2 Die Grundlagen regionaler Erreichbarkeitsmodelle

2.2.4 Rechenzeit und Speicherbedarf

In Abschnitt 2.2.3 wurde erörtert, welche Aggregationsfehler in Erreich-barkeitsmodellen auftreten können und wie eine hohe räumliche Auf-lösung diese reduziert. Mit einer höheren räumlichen AufAuf-lösung steigt jedoch unmittelbar die Anzahl der Raumeinheiten. Für jede einzelne Raumeinheit müssen geometrische Informationen und weitere Attribu-ierungen vorliegen. Folglich erhöht die Menge der Raumeinheiten den Aufwand für die Datenbeschaffung, -aufbereitung und -validierung (vgl. Abschnitt 2.2.5). Eine zunehmende Auflösung verursacht jedoch vor allem längere Rechenzeiten und einen höheren Speicherbedarf und erfordert außerdem ein besonderes Expertenwissen.

Die Abhängigkeit der Anzahl an Raumeinheiten von der räumli-chen Auflösung ist am Beispiel Hamburgs in Tabelle 6 aufgeführt. Die Angaben zeigen, dass eine zunehmende Detaillierung des Raster modells zu einem deutlichen Anstieg der Raumeinheiten führt. Da in jeder 500-Meter-Zelle insgesamt 25 Zellen mit einer Kantenlänge von 100 Me-tern liegen, erhöht sich die Menge der Raumeinheiten ebenfalls um den Faktor 25. Die ausschließliche Berücksichtigung bewohnter 100-Meter-Zellen reduziert die Menge der Einheiten um rund 60 %. Eine weitere Steigerung der Auflösung auf ein 10-Meter-Raster würde die Zahl der Raumeinheiten zusätzlich um den Faktor 100 erhöhen. Im Vergleich zu den administrativen Gebieten auf Vektorebene zeigt sich, dass bereits ein 500-Meter-Raster hinsichtlich der Auflösung nur noch von den Bau-blöcken, ALKIS-Gebäudedaten (Amtlichen Liegenschaftskatasterinfor-mationssystem) und Adressen übertroffen wird. Räumliche Analysen auf Basis eines Vektormodells unter Berücksichtigung administrativer Gebiete können nur bis zur Baublockebene durchgeführt werden, da die Adress- und ALKIS-Daten einen nicht mehr handhabbaren Daten-umfang bedeuten.

Ein Hindernis ist der deutliche Anstieg der Rechenzeiten. Diese be-einflusst die Berechnungsdauer, den Aufwand bei der Fehlerkorrektur und die Möglichkeit zur Echtzeitberechnung von Szenarien. Bei einem Wechsel von einem 500-Meter- auf ein 100-Meter-Raster erhöht sich die Anzahl der Raumeinheiten – wie bereits gezeigt – um den Faktor 25.

Die Menge der zu berechnenden Quell-Ziel-Beziehungen erhöht sich

Vektor- und Standortmodelle Rastermodelle (Beispiele)

7 Bezirke 30 Zellen (5-Kilometer)

104 Stadtteile 760 Zellen (1-Kilometer) 941 Statistische Gebiete 3.009 Zellen (500-Meter) 8.658 Baublöcke 12.081 Zellen (250-Meter)

277.615 Adressen 31.153 Zellen (100-Meter, bewohnt) 365.126 Gebäude 75.509 Zellen (100-Meter)

~974 Tsd. Haushalte 7.5 Mio. Zellen (10-Meter) 2 Die Grundlagen regionaler Erreichbarkeitsmodelle

Quelle: eigene Darstellung

hingegen um den Faktor 625 (252). Zwar sind in der Regel nicht alle denkbaren Quell-Ziel-Beziehungen zu berechnen, dennoch zeigt sich hier exemplarisch der Zusammenhang zwischen der räumlichen Auf-lösung und dem Rechenaufwand.

Abbildung 21 zeigt den Einfluss der verwendeten Auflösung und der berücksichtigten Erreichbarkeitsindikatoren auf die Anzahl der zu berechnenden Verbindungen. Für die kürzeste Strecke zwischen einer Raumeinheit und einer Gelegenheit ist lediglich eine Verbindung zu berechnen werden (1-zu-1). Werden die kürzesten Routen zu nächs-ten Gelegenheinächs-ten berechnet (Reiseaufwandsindikator), entspricht die Menge der Verbindungen der Anzahl der Raumeinheiten (n-zu-1). Ver-doppelt sich die Anzahl der Raumeinheiten, verVer-doppelt sich auch die Menge der kürzesten Verbindungen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass sich auch die Rechenzeit verdoppelt da diese, je nach genutztem Rou-tingverfahren, auch von der Menge der Gelegenheiten, den Distanzen und etwaigen gemeinsam genutzten Routen abhängt. Für die Berech-nung von Kumulations- und Potenzialindikatoren sind im Maximal-fall (hohes oder unbegrenztes Reisebudget) für jede Raumeinheit die kürzesten Wege zu allen Gelegenheiten zu ermitteln (1-zu-n) (vgl. Ab-schnitt 2.1.3.2). Wenn in einem Untersuchungsgebiet 10 Raumeinheiten und 10 Gelegen heiten liegen, muss zur Berechnung des Reiseaufwands-indikators für jede Raumeinheit eine beste Verbindung zur nächsten Gelegenheit berechnet werden. Insgesamt sind also 10 Wege zu ermit-teln. Ein Kumulations indikator würde hingegen auf 10 Verbindungen Tabelle 6: Raumeinheiten und räumliche Auflösung am Beispiel Hamburgs

* 10

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je Raumeinheit und somit 100 Einzelwegen basieren. Wenn sich die Anzahl der Raum einheiten und der Gelegenheiten auf jeweils 100 erhöht,

steigt die Menge der Verbindungen für den Reiseaufwandsindikator um den Faktor 10 bzw. auf ebenfalls 100. Für einen Kumulations indikator muss dann aber mit 10 Tsd. Relationen eine um den Faktor 100 höhere Menge an Wegen berechnet werden. Entsprechend würde es die Berücksichtigung von Kumulationsindikatoren erfordern, mit der 100-fachen Menge an Verbindungen umzugehen. Es besteht also ein enger Zusammenhang zwischen der räumlichen Auflösung und den zu berechnenden Erreichbarkeitsindikatoren.

Mit der Anzahl der Raumeinheiten korrespondiert auch der Speicherbedarf für die einzelnen Geometrien. Dieser ist entscheidend, wenn (vor-)berechnete Verbindungen gespeichert werden. Sowohl der in dieser Arbeit verwendete Modellaufbau (vgl. Abschnitt 3.3) als auch je-ner, der im DVAN verwendet wird, basieren auf solchen vorberechneten Verbindungen (Peter 2019, S. 249). Erreichbarkeitsindikatoren des ÖPNV Abbildung 21: Raumeinheiten, Indikatoren und Anzahl der Verbindungen

Quelle: eigene Darstellung

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werden in diesen Modellen mit Hilfe vorab berechneter Matrizen auf Ebene von Haltestellenbereichen erzeugt. Das Modell der MRH umfasst 29.615 Haltestellenbereiche und, je nach Zeitfenster, rund 80 Millionen Verbindungen. Im DVAN werden Verbindungen auf Ebene unterschied-licher Rastermodelle (100-Meter, 500-Meter, 1-Kilometer) vorberechnet, um dem Anwender die Möglichkeit zur eigenen Szenarienberechnung zu geben (ebd., S. 257). In dem Modell des DVAN beinhaltet die Matrize des ÖPNV auf Ebene von Rasterzellen etwa 1,8 Mrd. Zeilen und erzeugt einen Speicherbedarf von 133 Gigabyte. Der Austausch solcher Daten-mengen und die performante Berechnung der Erreichbarkeits indikatoren stellen die Modellentwickler und -anwender vor große Heraus forderung.

Insofern ist zu hinterfragen, ob eine Reduzierung der räumlichen Auf-lösung oder die Berechnung einfacher Erreichbarkeits indikatoren die Nutzbarkeit eines Erreichbarkeitsmodells so stark erhöhen, dass die re-sultierenden Genauigkeitsverluste zu vernachlässigen sind.