4. Institutionelle Analyse des Ausgabeverhaltens
4.3. Verwaltung: Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben
4.3.3. Rationalisierung, Privatisierung und NPM
Die verschiedenen Ansätze zur Modernisierung der Verwaltung geben Aufschluss, auf welchem Stand sich die Landesverwaltung heute befin
det und welche organisatorischen Projekte (inklusive der EDV-Pro
jekte) und verwaltungsrechtlichen Massnahmen zur Veränderung der Verwaltungsstrukturen und -prozesse geplant sind.345
Rationalisierun-w Vgl. Amt für Personal und Organisation: Die Personalbeurteilung in der Landesver
waltung, August 1993.
344 Vgl. Rechenschaftsberichte der Regierung von 1991 bis 1995.
M5 Vgl. dazu Jans A./Meili R., König K. und Beck J., Hablützel/Haldemann/Sched-ler/Schwaar (Hrsg.), Bussmann W. (Hrsg.), Fleiner T. und König H.
gen können sich im Aus- oder Abbau öffentlicher Leistungen, in der Verbesserung der verwaltungsinternen Strukturen und Abläufe, im Auf
oder Abbau von Stellen, im verstärkten EDV-Einsatz, in Kostenein
sparungen oder in der entsprechenden Weiterbildung des Verwaltungs
personals zeigen. Hinsichtlich der Ausrichtung der Projekte ist zu prüfen, wieweit in diesen Projekten eine Veränderung der Effektivität und Effizienz konkret angestrebt wird.
Nach den Rechenschaftsberichten von 1991 bis 1995 wurden seitens des Amtes für Personal und Organisation in der Verwaltung folgende grössere Projekte durchgeführt, die auf eine Rationalisierung der Ab
läufe und auf einen verstärkten EDV-Einsatz ausgerichtet waren: Uber
prüfung der Administration beim Landgericht mit Einführung eines PC-Netzes, Büroautomatisation in Regierung und Verwaltung im Antragswesen, Neukonzeption der Zentralen Personenverwaltung, Reorganisation der Fremdenpolizei und des Passamtes, Neustrukturie-rung des Schulamtes mit PC-Vernetzung, EinfühNeustrukturie-rung eines gemeinsa
men Rechnungs- und Informationssystems für das Land und die Ge
meinden (LARIX) sowie Einführung weiterer PC-Anwendungen in der Steuerverwaltung, im Zivilschutzamt, in der Motorfahrzeugkontrolle, im Amt für Soziale Dienste, im Grundbuchamt, im Bauamt, in der Lan
deskasse, in der Landesbibliothek und anderen Stellen. Wie aus dem Jah
resbericht 1993 hervorgeht, wurde die Büroautomation stark vorange
trieben; in diesem Jahr wurden Schulungen für 60 PC-Benützer (davon 25 neue) durchgeführt.
Rationalisierungen in der Landesverwaltung sind vor allem durch die Entwicklungen im EDV-Bereich, insbesondere durch den Einsatz von Personalcomputern, forciert worden. Nach dem EDV-Leitbild von 1987 wurde eine dezentrale Ausrichtung für den weiteren Ausbau der Daten
verarbeitung gesucht.346 Entsprechend dem internen Bericht des APO vom Januar 1997 besteht in der Landesverwaltung neben der Hard- und Softwareausrüstung ein Netzwerk mit Zugriff auf zentrale Datenban
ken, dem zirka 360 vernetzte PC-Arbeitsplätze angeschlossen sind.347
346 Vgl. Amt für Personal und Organisation: Informatik - Leitbild für die Liechtensteini
sche Landesverwaltung vom November 1987 sowie Informatik-Handbuch für die Landesverwaltung vom Dezember 1996.
347 Vgl. Amt für Personal und Organisation: EDV-Technisches Umfeld bei der Liechten
steinischen Landesverwaltung vom Januar 1997 sowie schriftliche Stellungnahme von Peter Mella vom 18. August 1998 zu Händen von Franz J. Heeb.
Verwaltung
Nach Auskunft des Leiters des APO, Peter Mella, haben sich die Lö
sungen vor allem hinsichtlich Flexibilität und Austausch von Daten mit externen Stellen in der Praxis bewährt. Zusätzliche Kostensenkungen wurden durch die Umstellung auf die zentral administrierbaren NET-PC's erreicht. Mit der Datenbank Oracle seien die verschiedenen Infor
matiklösungen, wie zum Beispiel die ZPV oder das LIS/GIS, gut inte
grierbar. So sei beim LIS/GIS auf eine offene Architektur geachtet und ein System gewählt worden, das auf der Datenbeschreibungssprache (INTERLIS) beruht. Aufgrund der Kostensituation werde vermehrt eine Zentralisierung angestrebt. Ausserdem werde entsprechend dem Regierungsbeschluss vom 3. März 1998 das Informatik-Leitbild überar
beitet.348
Bei EDV-Projekten der Landesverwaltung erfolgt zwar eine End
abnahme, doch zu wenig Berücksichtigung fand bisher ein auf die Effi
zienz ausgerichtetes Projektmanagement, in dem EDV-Investitionen hin
sichtlich ihrer Einführungs- und Betriebskosten sowie ihres Nutzens vor- und nachevaluiert wurden.349 Mit dem raschen Aufbau der EDV und der Einführung von PC-Anwendungen sind vermutlich wichtige Verbesserungen und Rationalisierungen in einzelnen Bereichen der Ver
waltung erzielt worden, was jedoch aufgrund unzureichender Projekt
evaluationen nicht verifizierbar ist. Für Aussenstehende und vermutlich auch für die Mitglieder der GPK und des Landtags ist eine objektive Beurteilung der Rationalisierungserfolge äusserst schwierig, und es wird, wie dies im Rahmen der Überarbeitung des Informatik-Leitbilds vor
gesehen ist, empfohlen, eine Evaluation zum konzeptionellen Stand und zur weiteren Entwicklung der Datenverarbeitung und EDV-Anwendun
gen durchzuführen.
In seiner Stellungnahme wies Peter Mella darauf hin, dass die Infor
matik der Landesverwaltung personell zu schwach besetzt sei, um den Aufwand für eine Nutzwertanalyse zu betreiben. Ausserdem fehle eine dazu erforderliche Kostenrechnung. Bei einzelnen Projekten, wie zum Beispiel der Einführung der MWSt oder erforderlicher EWR-Statisti-ken, fehle einfach die Zeit, da man gezwungen sei, rasche Lösungen zu
«8 Vgl. RA 98/368-0260.
349 Im neu geschaffenen Informatik-Handbuch vom Dezember 1996 ist die Vorgehens
weise sowohl zur Projektabwicklung als auch zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Informatik-Projekten enthalten.
finden. Er wies auch darauf hin, dass die Aufgabenbereiche der vierzig Amtsstellen in der Landesverwaltung sehr unterschiedliche Anforde
rungen an die Informatik stellen und die EDV-Lösungen gegenseitig nicht einsetzbar sind. Ausserdem stelle der Zugriff und die Vernetzung, wie dies zum Beispiel beim Fahndungssystem der Landespolizei, den CH- und EWR-Datenbanken oder dem Internet der Fall sei, enorme Anforderungen an die EDV.350
Hinweise über Bestrebungen zur Modernisierung der Verwaltung finden sich in den Rechenschaftsberichten der Regierung und in den Landeszeitungen. Im Jahre 1994 wurde das Amt für Personal und Orga
nisation mit einer Studie zur Privatisierung von Teilen der Landesver
waltung beauftragt. Das APO hat zusammen mit einem Beratungsbüro eine Prioritätenliste sowie einen Vorgehensvorschlag zur Privatisierung von Teilen der Landesverwaltung ausgearbeitet. Der Bericht und Antrag des APO und die beigelegte Expertise zeigen, dass bei einer Privati
sierung von Verwaltungsbereichen Rahmenbedingungen zu berück
sichtigen sind und in der Praxis Schwierigkeiten entstehen.351 Als Rahmenbedingungen werden darin u.a. angeführt: gesetzliche Aufträge einzelner Ämter und Dienststellen, hoheitliche Aufgaben des Staates, Beamtengesetz und Versetzungsmöglichkeiten oder politischer Wille zur Privatisierung. In der Sitzung vom 12. Dezember 1995 hat die Regierung weitere Bedingungen und einen Massnahmenkatalog zur Privatisierung festgelegt.352
In den Landeszeitungen haben sich Regierungsvertreter verschiedent
lich zu ihren Vorstellungen zur Einführung einer wirkungsorientierten Verwaltungsführung geäussert. In einem Artikel zum Jahreswechsel 1996 wies Regierungschef Frick darauf hin, dass für eine Totalrevision des Verwaltungsorganisationsgesetzes noch gewisse Entwicklungen in der Organisationslehre, wie beispielsweise das NPM, beobachtet und abgewartet werden.353 In einem anderen Interview forderte Vizeregie
rungschef Büchel, dass endlich ernst gemacht werde mit der Privatisie
rung von staatlichen Aufgaben. Um staatliche Aufgaben effizient bewäl
350 Vgl. schriftliche Stellungnahme von Peter Mella vom 18. August 1998 zu Händen von Franz J. Heeb.
351 Vgl. Amt für Personal und Organisation: Privatisierungsmöglichkeiten in der Landes
verwaltung, Bericht und Antrag vom 18. September 1995.
352 Vgl. Schreiben der Regierung an das APO vom 12. Dezember 1995, RA 95/3124.
353 Vgl. LVa vom 3. Januar 1996, S. 3.
Verwaltung
tigen zu können, genüge es nicht, mit Schlagworten wie "New Public Management" zu operieren, sondern die Reorganisation von Regierung und Verwaltung an die Hand zu nehmen sei.354 Der frühere Landtags
präsident Othmar Hasler sieht das NPM als eine Herausforderung für den Landtag.355 Er weist darauf hin, dass die Einführung einer wir-kungsorientierten Verwaltungsführung nicht nur Fragen über die Not
wendigkeit von Reformen in der Regierung und Verwaltung aufwirft.
Insbesondere sei über die verfassungsmässige Aufgabenteilung zwischen Landtag und Regierung und über die parlamentarischen Steuerungs
und Kontrollmechanismen nachzudenken. In seinem Artikel weist er auf die Gefahr einer Eigendynamik hin, wenn die öffentliche Verwal
tung selber darüber zu bestimmen beginne, welche öffentlichen Aufga
ben sie für wichtig erachte. In seinen Ausführungen regt Othmar Hasler eine Besinnung auf die wesentlichen künftigen Aufgaben des Staates und der Gemeinden an, um durch Straffung und Vereinfachung der ständig wachsenden Rechtsvorschriften bei der Einführung des NPM die Aus
richtung auf die staatlichen Zielsetzungen zu gewährleisten.