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Die psychische Belastung von Eltern, die vor dem Klinikaufenthalt nicht in einem gemeinsamen Hausalt mit dem Patienten lebten, ist

B) Barthel-Index

4. Ergebnisse und Diskussion

4.8 Die psychische Belastung von Eltern, die vor dem Klinikaufenthalt nicht in einem gemeinsamen Hausalt mit dem Patienten lebten, ist

ausgeprägter als die psychische Belastung der Eltern, deren erkranktes Kind im selben Haushalt lebte.

Diese Hypothese fand größtenteils keine Unterstützung. Es bestand kein Unterschied hinsichtlich der aktuellen subjektiv berichteten psychischen Belastung der Eltern in Abhängigkeit von ihrer Wohnsituation. Die Eltern unterschieden sich in Abhängigkeit von ihrer Wohnsituation nicht hinsichtlich der angegebenen Belastung auf den SCL-90-R-Skalen und ihrer Kennwerte oder hinsichtlich ihrer Globalen Leistungsfähigkeit (GAF):

Somatisierung: Z = -0,555, p = 0,29; Zwanghaftigkeit: Z = -0,313, p = 0,377; Unsicherheit im Sozialkontakt: Z = -0,076, p = 0,47; Depressivität: Z = -0,777, p = 0,219; Ängstlichkeit: Z = -0,476, p

= 0,317; Aggressivität/Feindseligkeit: Z = -0,772, p = 0,22; Phobische Angst: Z = -0,226, p = 0,411;

Paranoides Denken: Z = -0,226, p = 0,26; Psychotizismus: Z = -0,440, p = 0,33; GSI: Z = -0,549, p = 0,292; PST: Z = -0,398, p = 0,346; PSDI: Z = -0,615, p = 0,27; GAF: Z = -0,803, p = 0,211.

Tabelle 4.14 zeigt die Skalenwerte der Eltern im Vergleich.

Tab. 4.14. Mittelwert, Standardabweichung, Median und Range der SCL-90-R-Skalen- und Kennwerte in Abhängigkeit von der Wohnsituation der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen

Eltern mit Patient

zusammen lebend (n=25) Eltern von Patient getrennt lebend (n=57)

Skala M SD Median Range M SD Median Range

Somatisierung 0,56 0,51 0,33 0-1,64 0,64 0,52 0,58 0-2,08 Zwanghaftigkeit 0,63 0,46 0,60 0-1,80 0,70 0,55 0,60 0-2,20 Unsicherheit1 0,50 0,45 0,44 0-1,89 0,53 0,52 0,33 0-2,00 Depressivität 0,66 0,59 0,54 0-2,08 0,77 0,62 0,62 0-2,38 Ängstlichkeit 0,37 0,30 0,30 0-1,30 0,53 0,56 0,30 0-2,20 Aggr./Feind.2 0,45 0,32 0,33 0-1,00 0,50 0,64 0,33 0-3,67 Phobische Angst 0,15 0,26 0 0-1,00 0,14 0,23 0 0-1,14 Paranoides Denken 0,43 0,41 0,17 0-1,17 0,45 0,64 0,33 0-3,00 Psychotizismus 0,16 0,21 0 0-0,70 0,18 0,27 0,10 0-1,20 Kennwert

GSI 0,47 0,34 0,32

0,04-1,27 0,55 0,42 0,46 0,02-1,58

PSDI 1,46 0,40 1,42 1-2,38 1,58 0,54 1,46 1-3,25

PST 27,24 15,72 24,00 4-59 28,88 17,87 27,00 2-72

Anmerkung. 1 Unsicherheit im Sozialkontakt; 2 Aggressivität/Feindseligkeit.

Auch im Ausmaß posttraumatischer Belastungsreaktionen unterschieden sich Eltern, deren Kind vor der aktuellen Klinikbehandlung zu Hause lebte, nicht von Eltern, deren Kind nicht im

elterlichen Haushalt lebte (Intrusionen: t(62) = 0,384, p = 0,351; Vermeidung: Z = -0,621, p = 0,268;

Übererregung: Z = -0,576, p = 0,283; Summenwert: t(62) = 0,162, p = 0,436) (siehe Tabelle 4.15).

Tab. 4.15. Mittelwert, Standardabweichung, Median und Range der IES-R-Skalenwerte in Abhängigkeit von der Wohnsituation der Eltern

Eltern mit Patient

zusammen lebend (n=18)1 Eltern von Patient getrennt lebend (n=46)1

Skala M SD Median Range M SD Median Range

Intrusion 17,11 7,10 18,50 4-31 16,17 9,33 16,50 0-35 Vermeidung 10,72 9,28 8,50 0-34 12,07 8,67 12,00 0-34 Übererregung 13,44 8,46 14,00 1-33 12,00 8,35 9,50 0-35 Summenwert 41,28 21,54 37,50 10-92 40,24 23,57 38,50 0-98

Anmerkung. 1 Eltern, die spontan ein Ereignis in Zusammenhang mit der Erkrankung ihres Kindes benannt haben.

Erkrankte Kinder, die im elterlichen Haushalt lebten, und diejenigen, die nicht mehr bei den Eltern oder einem Elternteil lebten, unterschieden sich nicht hinsichtlich ihrer Scores auf der Prognoseskala, der Häufigkeit eines Substanzkonsums oder der Anzahl der Klinikaufenthalte (Z

= -0,328, p = 0,743; χ2(1) = 0,34, p = 0,853 bzw. U = 339,00, p = 0,957).

Diejenigen Patienten, die vor der aktuellen Klinikbehandlung nicht mehr zu Hause gelebt hatten, waren weniger stark beeinträchtigt und älter als die Patienten, die im elterlichen Haushalt gelebt hatten (GAF: M = 36,19, SD = 8,22; M = 31,63, SD = 6,27; t(53) = -2,11, p = 0,039 bzw.

Alter: Median 32,00, Median = 22,00; Z = -2,139, p = 0,032). Es handelte sich bei den Patienten, die zu Hause lebten, aber nicht häufiger um ersthospitalisierte Patienten (χ2(1) = 0,068, p = 0,795).

Abgesehen von einem negativen Zusammenhang zwischen der Kontaktdichte und der Skala Psychotizismus (rs = -0,277, p = 0,012) bestand kein Zusammenhang zwischen der Kontaktdichte der Eltern und weiteren SCL-90-R-Skalen- und Kennwerten, den IES-R-Skalen oder der Globalen Leistungsfähigkeit (GAF). Der negative Zusammenhang zwischen der Skala Psychotizismus und der Kontaktdichte könnte darauf hinweisen, dass Eltern, die auf dieser Skala eine hohe Belastung berichteten womöglich weniger Kontakt zu ihrem erkrankten Kind aufnehmen oder/und umgekehrt.

Hinsichtlich der 4-Wochenprävalenz für psychische Beschwerden von Krankheitswert fand sich die postulierte Hypothese bestätigt: Eltern, die vor der aktuellen Aufnahme des Kindes nicht mit dem erkrankten Kind in einem gemeinsamen Haushalt gelebt hatten, litten in diesem Zeitraum häufiger unter einer psychischen Störung als Eltern, deren Kind außerhalb des elterlichen Haushaltes lebte (χ2 (1) = 5,52, p = 0,0095). Bzgl. einzelner Diagnosen oder

Diagnosegruppen zeigte sich allerdings kein signifikanter Häufigkeitsunterschied in Abhängigkeit von der Wohnsituation der Eltern mehr: es zeigte sich kein Unterschied bzgl. einer gegenwärtigen Major Depression (p = 0,321), einer Angststörung (p = 0,090), einer Störung in Zusammenhang mit Alkohol (0,470) oder einer Minor Depression (p = 0,330). Hinsichtlich der Häufigkeit einer Lebenszeitdiagnose der Eltern in Abhängigkeit von ihrer Wohnsituation fand sich ebenfalls kein Unterschied (χ2(1) = 0,105, p = 0,373). Abbildung 4.14 zeigt häufige psychische Symptome von Krankheitswert der Eltern in Abhängigkeit von ihrer Wohnsituation.

Abb. 4.14. 4-Wochenprävalenzen psychischer Beschwerden von Krankheitswert der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen in Abhängigkeit von der Wohnsituation in %

4.8.1 Zusammenfassung und Diskussion

 Eltern, die nicht in einem gemeinsamen Haushalt mit ihrem Kind lebten, erfüllten im Vergleich zu Eltern, die mit dem erkrankten Kind zusammen lebten, zum Interviewzeitpunkt häufiger die Kriterien für krankheitswertige psychische Beschwerden in den vergangenen vier Wochen.

 Es bestand kein Unterschied in der subjektiv wahrgenommenen psychischen Belastung und der Leistungsfähigkeit der Eltern in Abhängigkeit von deren Wohnsituation.

Die Wohnsituation, die die Kontaktdichte entscheidend beeinflussen dürfte (rs = 0,41, p <

0,01), hatte keinen Einfluss auf die subjektiv wahrgenommene Belastung der Eltern. Eltern

28,0

Eltern mit Patient zusammen lebend (n=25) Eltern von Patient getrennt lebend(n=57)

Anmerkung. ** p<.01; + p<.10;

1 Angststörung;

2 Alkoholmissbrauch oder – abhängigkeit.

scheinen also durch mehr oder weniger Kontakt zu ihren erkrankten Kindern nicht mehr oder weniger belastet. Lebte das Kind zu Hause, waren Eltern nicht stärker belastet und dies obwohl die im elterlichen Haushalt lebenden Kinder stärker beeinträchtigt waren bzw. eine geringere Leistungsfähigkeit (GAF) aufwiesen als die erkrankten Kinder, die nicht zu Hause lebten.

Der GAF-Wert der Patienten wurde allerdings zum Zeitpunkt des Interviews der Eltern bestimmt und kann somit nur mit Vorsicht als Maß der Beeinträchtigung der Patienten in der Vergangenheit betrachtet werden. Allerdings spräche für eine Interpretation der Leistungsfähigkeit in diesem Sinne eine signifikante positive Korrelation zwischen der Leistungsfähigkeit der Patienten und deren prämorbiden Funktionsniveau (rs = 0,270, p = 0,046).

Es bestand allerdings kein Zusammenhang zwischen der Leistungsfähigkeit der Patienten und der Dauer der gegenwärtigen Behandlung bis zum Interviewzeitpunkt der Eltern (rs = 0,044, p = 0,756), oder zwischen der Leistungsfähigkeit der Patienten und der Anzahl der bisherigen Klinikaufenthalte oder der Dauer der Erkrankung (rs = -0,033, p = 0,809 bzw. rs = -0,074, p = 0,591).

Diese Ergebnisse stehen in Einklang mit Befunden von Angermeyer et al. (2001), Laidlaw et al. (2002), Reinhard (1994) und Winefield und Harvey (1993), welche ebenfalls zu dem Schluss kamen, dass die Wohnsituation zwischen Eltern und Kind keinen Einfluss auf das Belastungsausmaß der Eltern hatte. Des weiteren unterstützt das Ergebnis die Annahme, dass das Belastungsausmaß der Eltern von der eigenen Bewertung des Zustands des Patienten abhängt und die Selbstwirksamkeitsüberzeugung (self-efficacy) entscheidend zur Entstehung der elterlichen Belastung beiträgt.

Möller-Leimkühler (2004) kam aufgrund ihrer Ergebnisse ebenfalls zu dem Schluss, dass die Wahrnehmung von Stress eher von der Bewertung und den wahrgenommenen subjektiven Coping-Kompetenzen der Angehörigen als von den eigentlichen objektiven Stressoren abhing. In ihrer Untersuchung stellte sich der EE-Status der Angehörigen (Hoch-EE oder Niedrig-EE) als der bedeutendste Prädiktor der Belastung der Angehörigen dar. Der EE-Status schien unabhängig von Krankheitscharakteristika der Patienten; vielmehr schien er Konsequenz bestimmter Charakteristika der Angehörigen selbst, nämlich dem Ausmaß externaler Kontrollüberzeugungen, genereller ungünstiger Stressreaktionen und alltäglicher Stressoren.

4.9 Die aktuelle psychische Belastung der Eltern lässt sich aus den