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Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Schwere der Erkrankung des Kindes bzw. zwischen komorbidem

B) Barthel-Index

4. Ergebnisse und Diskussion

4.7 Es besteht ein positiver Zusammenhang zwischen der Schwere der Erkrankung des Kindes bzw. zwischen komorbidem

Substanzgebrauch des erkrankten Kindes und der psychischen Belastung der Eltern.

Der erste Teil dieser Hypothese ließ sich nicht stützen. Es ergab sich kein Zusammenhang zwischen der aktuellen Globalen Leistungsfähigkeit (GAF) der Patienten und der generellen psychischen Belastung der Eltern im Sinne des Global Severity Index (GSI) (rs = 0,039, p = 0,363). Ebenso fand sich kein Zusammenhang zwischen dem prämorbiden Funktionsniveau der Patienten (Summenwert der Strauss-Carpenter-Prognose-Skala) und der subjektiv erlebten psychischen Belastung der Eltern (rs = 0,054, p = 0,315). Die allgemeine aktuelle Leistungsfähigkeit von Eltern und Patient korrelierte nicht (rs = 0,092, p = 0,413), und die Leistungsfähigkeit der Eltern stand nicht in Zusammenhang mit der prämorbiden Anpassung der Patienten (rs = 0,078, p = 0,487).

Weder zwischen den posttraumatischen Belastungsreaktionen der Eltern (n = 82) und der aktuellen Leistungsfähigkeit der Patienten noch zwischen den posttraumatischen Belastungsreaktionen und der prämorbiden Anpassung der Patienten wurde ein Zusammenhang gefunden (GAF: rsIES-R= 0,085, p = 0,225; Strauss-Carpenter-Prognose-Skala: rsIES-R = 0,080, p = 0,239). Was gegenwärtige krankheitswertige psychische Symptome der Eltern anbelangte, so erbrachten auch hier die Berechnungen keine Zusammenhänge zwischen diesen und der Krankheitsschwere der Kinder (GAF: rs = 0,036, p = 0,376 bzw. Strauss-Carpenter-Prognose-Skala: rs = -0,059, p = 0,298). Dasselbe galt für die Zusammenhänge zwischen Krankheitsschwere des Kindes und einer Lebenszeitdiagnose psychischer Symptome von Krankheitswert der Eltern (GAF: rs = -0,081, p = 0,200 bzw. Strauss-Carpenter-Prognose-Skala:

rs = -0,003, p = 0,486).

Die Hypothese eines positiven Zusammenhanges zwischen einem komorbidem Substanzkonsum des erkrankten Kindes vor der aktuellen Klinikbehandlung und der psychischen Belastung der Eltern zeigte sich für die subjektive psychische Belastung (GSI) und die Globale Leistungsfähigkeit (GAF). Zwischen einem komorbiden Substanzmissbrauch des Patienten und dem GSI der Eltern bestand ein signifikanter positiver Zusammenhang (rs = 0,210, p = 0,029), d.h., dass Eltern, deren Kind vor der Index-Aufnahme einen komorbiden Substanzmissbrauch betrieb, von einer stärkeren allgemeinen psychischen Belastung berichteten.

Dasselbe Bild zeigte sich für die Globale Leistungsfähigkeit (GAF) der Eltern: betrieb das

eine stärkere Beeinträchtigung, also einen niedrigeren GAF-Wert, auf als Eltern, deren Kind im Vorfeld der Aufnahme keinen exzessiven Substanzkonsum betrieben hatte (rs = -,287, p = 0,004).

Die posttraumatischen Belastungsreaktionen der Eltern standen in keinem Zusammenhang mit einem exzessiven Substanzmissbrauch des Patienten vor der Index-Aufnahme. Auch zwischen einem gegenwärtigen komorbiden Substanzmissbrauch des Patienten und aktuellen krankheitswertigen psychischen Symptomen der Eltern bestand kein Zusammenhang (χ2(1) = 0,440, p = 0,254). Die Befindlichkeit der Eltern erwies sich als unabhängig von der Tatsache, ob es sich bei dem erkrankten Kind um einen Sohn oder eine Tochter handelte.

4.7.1 Zusammenfassung und Diskussion

 Eltern, deren Kind einen komorbiden Substanzkonsum betrieb, berichteten von einer höheren psychischen Belastung und wiesen zum Untersuchungszeitpunkt eine geringere allgemeine Leistungsfähigkeit auf.

 Es bestand kein Zusammenhang zwischen der Krankheitsschwere der Patienten und der psychischen Belastung der Eltern.

Diese Ergebnisse stehen in Gegensatz zu Studien, in denen ein Einfluss der Krankheitsdauer und -schwere der Patienten auf die Belastung ihrer Angehörigen gefunden wurde (Magliano et al., 2005; Jungbauer et al., 2003; Angermeyer et al., 2001; Barrowclough &

Parle, 1997; Pickett et al., 1995; Reinhard, 1994), aber wiederum in Einklang mit anderen Studien, die ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen der Krankheitsschwere des Patienten und der Belastung der Angehörigen festmachen konnten (Möller-Leimkühler, 2004; Harvey, 2001;

Scazufca & Kuipers, 1999; Gallagher & Mechanic, 1996; Solomon & Draine, 1995a,b). Wie zuvor dargestellt, hatte auch die Krankheitsdauer in der vorliegenden Untersuchung keinen Einfluss auf die psychische Belastung der Angehörigen.

Foldemo et al. (2005) fanden ebenfalls keinen Zusammenhang zwischen der Belastung von Eltern ambulanter Patienten mit schizophrenen Störungen und der Dauer der Erkrankung des Kindes oder dessen Leistungsfähigkeit. Lowyck et al. (2004) dahingegen berichteten einen signifikanten positiven Zusammenhang zwischen dem Ausmaß „of symptomatic behavior“ auf der einen und der familiären Belastung auf der anderen Seite. Allerdings wurden in dieser Untersuchung die Einschätzung der Symptomausprägung der Patienten von den Angehörigen selbst vorgenommen. Die Autoren vermuteten, dass Professionelle zu einer besseren und präziseren Einschätzung der Beeinträchtigungen der Patienten gelangen würden. Angehörige in

ihrer Untersuchung betonten nicht nur die negativen Aspekte wie eine „Belastung durch die Erkrankung“, sondern dass die Betreuung des Patienten für sie durchaus auch positive Aspekte zu beinhalten schien.

Eine weitere Erklärung für den Befund, dass die Beeinträchtigung der Patienten nicht in Zusammenhang mit der psychischen Belastung ihrer Eltern stand, könnte in dem insgesamt sehr niedrigen Funktionsniveau der Patienten gesehen werden. Der größte Teil der Patienten war ohnehin schwer beeinträchtigt: 95% der GAF-Werte der Patienten lagen im Bereich von 32,5 bis 36 (95%-Konfidenzintervall 32,49-36,74), d.h. die Patienten erfüllten folgende Kriterien: „Einige Beeinträchtigungen in der Realitätskontrolle oder der Kommunikation (z.B. Sprache zeitweise unlogisch, unverständlich oder belanglos) ODER starke Beeinträchtigung in mehreren Bereichen, z.B. Arbeit oder Schule, familiäre Beziehungen, Urteilsvermögen, Denken oder Stimmung.

Der Zusammenhang zwischen der Belastung der Eltern und dem Substanzgebrauch des Kindes könnte unter anderem darauf beruhen, dass Patienten mit schizophrenen Störungen mit einem komorbiden Substanzgebrauch womöglich häufiger auto- und/oder fremdaggressives Verhalten zeigten (vgl. Vaddadi et al., 1997). Soyka und Ufer (2002) sahen ein höheres Risiko für Gewalttätigkeit bei Patienten mit schizophrenen Störungen und komorbidem Alkohol- und Drogenmissbrauch als gesichert an, und die nahesten Angehörigen der Erkrankten schienen hinsichtlich Gewalttätigkeit am stärksten gefährdet (vgl. Rössler et al., 2005).

Auch Schanda und Taylor (2001) nannten als Risikofaktoren für aggressives Verhalten während stationärer Behandlungen akute Intoxikationen, Substanzgebrauch, aber auch mangelnde Krankheitseinsicht bzw. Compliance sowie produktiv-psychotische Symptomatik. Für einen Zusammenhang zwischen Substanzmissbrauch und Gewalttätigkeit sprechen auch die Befunde von Ries, Russo, Wingerson, Snowden, Comtois, Srebnik und Roy-Byrne (2000). Die Autoren berichteten, dass Patienten mit einer Doppeldiagnose häufiger eine Geschichte gewalttätiger Übergriffe aufwiesen und bei Klinikeinweisung häufiger suizidal waren. Steadman et al. (1998) berichteten ebenfalls, dass ein Substanzgebrauch die Gewaltrate sowohl bei psychisch Kranken als auch in einer Vergleichsgruppe aus der Bevölkerung signifikant erhöhte und dass sich die Gewalt meist zu Hause ereignete. Es ist außerdem davon auszugehen, dass Patienten mit psychotischen Störungen, die einen Substanzkonsum betreiben, stärker ausgeprägte psychotische Symptome aufweisen (vgl. Ries et al., 2000; Sokolski et al., 1994) und deren Eltern womöglich auch aufgrund dessen stärker belastet waren.

Auch ein Großteil der Patienten mit schizophrenen Störungen selbst berichtete in einer Untersuchung von Addington und Duchak (1997), dass Alkoholkonsum ihre depressiven Symptome und bei einem Teil der Patienten auch Wahnwahrnehmungen steigerte. Auch die

Hälfte der Cannabiskonsumenten berichtete eine Zunahme positiver Symptome. Konsumierende Patienten litten eventuell auch unter stärkeren negativen Symptomen wie z.B. sozialem Rückzug und Apathie und versuchten diesen durch „Selbstmedikation“ entgegen zu wirken (vgl. Brady &

Sinha, 2005).

Ein komorbider Substanzmissbrauch wirkt sich negativ auf die innerfamiliären Beziehungen aus. Dixon, McNary und Lehman (1995) berichteten, dass psychisch Kranke mit einer Doppeldiagnose eine geringere Zufriedenheit mit familiären Beziehungen berichteten als psychisch Kranke ohne eine zusätzliche Suchtproblematik. Auch Meydan, Liu und Hasin (2005) fanden, dass Patienten mit schizophrenen Störungen, die im Monat vor der Klinikeinweisung einen Substanzkonsum betrieben hatten, hinsichtlich interpersonaler Beziehungen, Rollenerfüllung und sozialer Integration in den vier Wochen vor der Index-Aufnahme schwerer beeinträchtigt waren, als Patienten, die niemals einen Substanzmissbrauch betrieben hatten.

Zwischen Patienten, die früher konsumiert hatten und Patienten, die niemals konsumiert hatten, bestand kein signifikanter Unterschied hinsichtlich ihrer Beeinträchtigung in diesen Bereichen.

Entscheidend scheint also einen gegenwärtiger Substanzkonsum zu sein.

Wie auch in der Untersuchung von Cantwell (2003) bestand aber kein Unterschied in der Globalen Leistungsfähigkeit (GAF) der Patienten in Abhängigkeit eines Substanzkonsums im Vorfeld der Aufnahme (Z = -1,501, p = 0,0665), und auch hinsichtlich ihres prämorbiden Funktionsniveaus (Strauss-Carpenter-Skala) unterschieden sich die Patienten nicht (Z = -0,270, p

= 0,787). Womöglich war die Erfassung der Beeinträchtigung der Patienten mit Hilfe der Skala zur Globalen Erfassung des Funktionsniveaus (GAF) unzureichend zur Abbildung der problematischen Verhaltensweisen der Patienten, was die Einschätzung spezifischer positiver und negativer Symptome und weiteren Verhaltensauffälligkeiten notwendig machen würde.

4.8 Die psychische Belastung von Eltern, die vor dem Klinikaufenthalt