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Globale Beurteilung der Leistungsfähigkeit (GAF) und aktuelle sowie vergangene psychische Störungen

B) Barthel-Index

4. Ergebnisse und Diskussion

4.1 Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen sind im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung psychisch stärker beeinträchtigt

4.1.3 Globale Beurteilung der Leistungsfähigkeit (GAF) und aktuelle sowie vergangene psychische Störungen

Der mittlere GAF-Wert der befragten Eltern lag bei 66,2 und damit im Bereich zwischen 70 und 61: „Einige leichte Symptome (z.B. depressive Stimmung oder leichte Schlaflosigkeit) ODER einige leichte Schwierigkeiten hinsichtlich der sozialen, beruflichen oder schulischen Leistungsfähigkeit (z.B. gelegentliches Schuleschwänzen oder Diebstahl im Haushalt), aber im allgemeinen relativ gute Leistungsfähigkeit, hat einige wichtige zwischenmenschliche Beziehungen“.

Es bestand wiederum kein Zusammenhang zwischen der Zeit, die seit der Klinikaufnahme bis zum Interview vergangen war und dem GAF-Wert (rs = -0,123, p = 0,270). Fast die Hälfte der Eltern (n = 39, 47,6%) litt zum Interviewzeitpunkt unter psychischen Beschwerden von Krankheitswert. Zehn der Betroffenen (25,6%) erfüllten zu diesem Zeitpunkt die Kriterien für mehr als eine psychische Störung. Abbildung 4.2 zeigt einen Überblick der krankheitswertigen psychischen Beschwerden der Eltern zum Interviewzeitpunkt.

Anmerkung. 1 beinhaltet (jeweils n=1): Dysthyme Störung, Agoraphobie ohne Panikstörung in der Vorgeschichte, Generalisierte Angststörung, Panikstörung mit Agoraphobie, NNB Angststörung, Zwangsstörung, Bipolar I Störung, Schizoaffektive Störung, Schmerzstörung, Sedativaabhängigkeit.

Abb. 4.2. 4-Wochenprävalenzen psychischer Symptome von Krankheitswert (DSM-IV) der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen in % (komorbide Störungen enthalten)

Die befragten Eltern erfüllten im Hinblick auf die vergangenen vier Wochen vor dem Interview im Vergleich zu Personen aus der Allgemeinbevölkerung häufiger die Kriterien für irgendeine

17,1

psychische Störung (42,7% vs. 19,8%, t(4261) = 5,126, p < 0,001), für eine Major Depression (17,1% vs. 5,6%, t(4261) = 4,414, p < 0,001) und eine Störung in Zusammenhang mit Alkohol (14,6% vs. 2,5%, t(4261) = 6,689, p < 0,001). Sie waren nicht so häufig von einer Somatoformen Störung betroffen (1,2% vs. 7,5%, t(4261) = 2,1618, p = 0,0153). Hinsichtlich der Häufigkeit einer Angststörung oder einer psychotischen Störung in den vergangenen Wochen unterschieden sich die Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen nicht von der Allgemeinbevölkerung (13,4% vs. 9,0%, t(4261) = 1,373, p = 0,1698 bzw. 2,5% vs. 1,5%, t(4261) = 0,660, p = 0,255).

In der folgenden Abbildung 4.3 sind die aktuellen psychischen Symptome von Krankheitswert der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen im Vergleich zu Personen aus der Allgemeinbevölkerung dargestellt (vgl. Jacobi et al., 2004).

Anmerkung. ***p<0,001; *p<0,05; 1 irgendeine Diagnose (ohne NNB Depression, Anpassungsstörung, Störung mit Essanfällen, PTSD); 2 einschließlich Zwangsstörung, ohne PTSD; 3 in der Untersuchung von Jacobi et al. (2004) beinhaltet diese Kategorie zusätzlich den Somatischen Symptom Index (SSI4.6); 4 mögliche psychotische Störung ohne Differentialdiagnose.

Abb. 4.3. 4-Wochenprävalenzen psychischer Symptome von Krankheitswert der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in %

Über die Lebensspanne gesehen litten 69,5% (n=57) der Eltern der Patienten mit schizophrenen Störungen zu irgendeinem Zeitpunkt unter psychischen Beschwerden von

19,8

Allgemeinbevölkerung (N=4181; Jacobi et al., 2004) Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen (n=82)

Krankheitswert. Etwa ein Drittel der betroffenen Eltern (36,8%, n = 21) erfüllte die Kriterien für mehr als eine psychische Störung über die Lebenszeit.

Anmerkung. 1 beinhaltet mit n=2: Bipolar I Störung, Soziale Phobie, NNB Angststörung, Störung mit Essanfällen;

beinhaltet mit n=1: Agoraphobie ohne Panikstörung in der Vorgeschichte, Generalisierte Angststörung, Zwangsstörung, Anorexia Nervosa, Cannabismissbrauch, Sedativaabhängigkeit, Kurze Psychotische Störung, Schizoaffektive Störung.

Abb. 4.4. Lebenszeitprävalenzen psychischer Symptome von Krankheitswert (DSM-IV) der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen in % (komorbide Störungen enthalten)

Betrachtete man die Lebenszeitprävalenzen psychischer Beschwerden von Krankheitswert der befragten Eltern im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung, so zeigte sich, dass die Eltern der Patienten mit schizophrenen Störungen häufiger die Kriterien für irgendeine psychische Störung, für eine Major Depression und für eine Störung in Zusammenhang mit Alkohol erfüllten (58,5%

vs. 42,6%, t(4261) = 2,883, p = 0,004; 41,5% vs. 17,1%, t(4261) = 5,771, p < 0,0001 bzw. 17,1%

vs. 8,5%, t(4261) = 2,743, p = 0,0061). Bezüglich der Häufigkeit einer möglichen psychotischen Störung bestand kein Unterschied zwischen den Eltern der Patienten mit schizophrenen Störungen und der Allgemeinbevölkerung (t(4261) = 1,204, p = 0,114).

Abbildung 4.5 zeigt eine Übersicht der Häufigkeiten psychischer Beschwerden von Krankheitswert über die Lebensspanne für die befragten Eltern und die Allgemeinbevölkerung (vgl. Jacobi et al., 2004).

Anmerkung. *** p<0,001; **p<0,01; 1 irgendeine Diagnose: ohne NNB Depression, Anpassungsstörung, Angststörungen (außer Panikstörung), Störung mit Essanfällen; 2 in der Untersuchung von Jacobi et al. (2004) sind Somatoforme Störungen enthalten; 3 Alkoholmissbrauch oder –abhängigkeit; 4 mögliche psychotische Störung ohne Differentialdiagnose.

Abb. 4.5. Lebenszeitprävalenzen psychischer Symptome von Krankheitswert der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in %

Vor dem 1. Klinikaufenthalt ihres Kindes litten die Eltern nicht häufiger unter irgendeiner psychischen Störungen als die Allgemeinbevölkerung (45,1% vs. 42,6%, t(4261) = 0,453, p = 0,650). Dies galt allerdings nicht für eine Major Depression und Störungen in Zusammenhang mit Alkohol: die Lebenszeitprävalenzen der Eltern für eine Major Depression und eine Störung in Zusammenhang mit Alkohol vor dem 1. Klinikaufenthalt ihres Kindes waren höher als in der Allgemeinbevölkerung (25,6% vs. 17,1%, t(4261) = 2,017, p < 0,0437 bzw. 17,1% vs. 8,5%, t(4261) = 2,743, p = 0,0061).

Die meisten Eltern, die in den Wochen vor dem Interview unter einer Major Depression litten, erfüllten die Kriterien für eine frühere Episode (71,4%, n = 10). Für 4 der Eltern handelte es sich zum Interviewzeitpunkt um die erste depressive Episode ihres Lebens. Über die Hälfte der Eltern, die irgendwann im Leben unter einer Major Depression litten, erfuhren diese vor dem 1. Klinikaufenthalt ihres Kindes in einem psychiatrischen Krankenhaus (61,8%, n = 21). Bei

42,6

58,5**

17,1

41,5***

8,5

17,1**

4,5 7,3

0 10 20 30 40 50 60

Eine Diagnose1,2 Major Depression Alkoholmissbr.

oder -abh.3

Psychotische Störung4 Allgemeinbevölkerung (N=4181; Jacobi et al., 2004) Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen (n=82)

nahezu allen Eltern, die irgendwann in ihrem Leben unter einer Angststörung litten, entwickelte sich die Störung vor dem 1. Klinikaufenthalt des Kindes (93,3%, n = 14), Störungen in Zusammenhang mit Alkohol waren ausschließlich bereits vor der 1. Klinikeinweisung des Kindes aufgetreten.

Es bestand ein negativer Zusammenhang zwischen dem Global Severity Index (GSI) und der Globalen Leistungsfähigkeit (GAF) der Eltern (rs = -0,532, p < 0,001), d.h. je höher die subjektiv berichtete Belastung im Sinne des GSI, desto geringer die fremd beurteilte Leistungsfähigkeit. Weiterhin bestanden positive Zusammenhänge zwischen dem GSI und den drei IES-R-Skalenwerten sowie ihrem Summenwert (rs Intrusionen= 0,478, p < .001; rs Vermeidung= 0,406, p = 0,001; rs Übererregung = 0,531, p < .001; rs IES-R Summe = 0,531, p < .001): Je höher die subjektiv berichtete psychische Belastung der Eltern i. S. des GSI, desto stärker ausgeprägt waren deren posttraumatische Belastungsreaktionen.

Zwischen dem GAF-Wert der Eltern und zwei der Skalenwerte der IES-R und ihrem Summenwert bestanden jeweils negative Zusammenhänge (rs Vermeidung= -0,324, p = .009; rs

Übererregung = -0,378, p = 0,002; rs IES-R Summe = -0,341, p = 0,006), d.h. eine geringere Leistungsfähigkeit der Eltern ging mit stärkeren Ausprägungen ihrer traumatischen Belastungsreaktionen einher. Der negative Zusammenhang zwischen der Skala Intrusionen und der Leistungsfähigkeit der Eltern wurde nicht signifikant (rsIntrusionen= -0,235, p = 0,062).

Eltern unterschieden sich nicht hinsichtlich ihrer psychischen Belastung in Abhängigkeit von der Art der psychotischen Erkrankung ihres Kindes, d.h. die psychische Belastung der Eltern von Kindern mit einer Schizophrenie war nicht ausgeprägter als die psychische Belastung der Eltern von Kindern mit schizoaffektiven Störungen. Tabelle 4.2 zeigt die Charakteristika der Eltern von Kindern mit Schizophrenie bzw. schizoaffektiven Störungen.

Tab. 4.2. Mittelwert, Standardabweichung, Median und Range der Skalen- und Kennwerte der SCL-90-R und der IES-R-Skalen für die Eltern der psychiatrischen Patienten in Abhängigkeit von der Störung ihres Kindes

Eltern von Kindern mit Schizophrenie

(n=69)1

Eltern von Kindern mit Schizoaffektiven Störungen

(n=13)2

M SD Median Range M SD Median Range

GSI 0,51 0,40 0,42

0,02-1,22 0,57 0,35 0,48 0,04-1,22 IES-R-Skala

Intrusionen 16,20 8,98 17,00 0-35 17,89 7,15 19,00 3-25 Vermeidung 11,73 9,17 11,00 0-34 11,44 6,41 13,00 3-21 Übererregung 12,33 8,27 10,00 0-35 12,89 9,25 14,00 3-33 Summenwert 40,26 23,63 38,00 0-98 42,22 18,40 40,00 9-73

GAF 66,78 11,61 68,0 39-86 63,4 15,46 61,0 30-85

Diagnose aktuell3

n (%) 33 (47,8) 6 (46,2)

Anmerkung. 1 für die IES-R-Skalen n=55; 2 für die IES-R-Skalen n=9; 3 krankheitswertige psychische Symptome der Eltern in den vergangenen 4 Wochen.

Es bestand kein Unterschied hinsichtlich der SCL-90-R-Kennwerte (GSI: Z = -0,711, p =0,477; PSDI: Z = -0,946, p = 0,344; PST: Z = -0,705, p = 0,481), der IES-R-Skalen (Intrusionen: Z = -0,744, p = 0,457; Vermeidung: Z = -0,319, p = 0,750; Übererregung: Z = -0,126, p

= 0,900; Summenwert: Z = -0,444, p = 0,657), dem GAF-Wert (GAF: Z = -0,725, p = 0,468) oder in der Häufigkeit einer gegenwärtigen oder vergangenen SKID-I-Diagnose der Eltern (χ2(1)

= 0,012, p = 0,912 bzw. p = 0,745) in Abhängigkeit von der Störung des Kindes.

Eltern, die in den vier Wochen vor dem Interview unter psychischen Symptomen von Krankheitswert gelitten hatten, wiesen höhere Werte auf nahezu allen Skalen der SCL-90-R, höhere GSI- und PST-Werte (d.h. eine ausgeprägtere subjektive psychische Belastung) und eine niedrigere Leistungsfähigkeit auf als Eltern, die nicht die Kriterien für eine SKID-I-Diagnose in den vergangenen vier Wochen erfüllten (Z = 2,94, p = 0,003, Z = 3.20, p = 0,001 bzw. Z = -5,472, p < 0,0001).

Sie wiesen auch höhere Werte auf den IES-R-Skalen Vermeidung und Übererregung und hinsichtlich des Summenwertes der Skala auf als die Eltern, die in den vier Wochen vor der Befragung nicht die Kriterien für eine psychische Störung erfüllten (Z = -2,687, p = 0,0007; Z = -2,314, p = 0,021 bzw. t(62) = 2,476, p = 0,016). Eine Übersicht der Ergebnisse siehe in Tabelle 4.3; Abbildung 4.6 zeigt die Mediane der SCL-R-90-Skalenwerte für die beiden Gruppen.

Tab. 4.3. Mittelwert, Standardabweichung, Median und Range der Skalen- und Kennwerte der SCL-90-R und

Anmerkung. 1 für die IES-R-Skalen n=31; 2 für die IES-R-Skalen n=33; 3 Skala Unsicherheit im Sozialkontakt.

0,67**

Skala 1 Skala 2 Skala 3 Skala 4 Skala 5 Skala 6 Skala 7 Skala 8 Skala 9

Eltern mit aktueller Störung (n=39) Eltern ohne aktuelle Störung (n=43)

Abb. 4.6. Mediane der SCL-90-R-Skalen der Eltern von Patienten mit schizophrenen Störungen in Abhängigkeit von einer aktuellen psychischen Erkrankung der Eltern

Anmerkung. ** p < 0,01; * p < 0,05. Skala 1: Somatisierung; Skala 2: Zwanghaftigkeit; Skala 3: Unsicherheit im Sozialkontakt; Skala 4: Depressivität; Skala 5: Ängstlichkeit; Skala 6: Aggressivität/Feindseligkeit; Skala 7:

Phobische Angst; Skala 8: Paranoides Denken; Skala 9: Psychotizismus.