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5 Zum Ausdruck des postfordistischen Kapitalismus in der

5.2 Stand und Tendenz der kapitalistischen Produktionsweise

5.2.2 Neue Produktionskonzepte

In den vorherigen Abschnitten wurde wiederholt angemerkt, daß die technische

Vervollkommnung der Arbeitsmittel die Produktionsweise und die Formen der Organisation veränderte.

Die Qualitätsproduktion

Im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts hatten moderne Unternehmen kaum noch

Ähnlichkeit mit den Unternehmen, die sie noch zur Jahrhundertmitte waren. Reich beschreibt diesen Wandel, der für alle Industrienationen zeitlich versetzt eingetreten ist und eintritt, sehr charakteristisch.

„Amerikas Kernunternehmen plant und realisiert nicht mehr die Massenproduktion von Waren und Dienstleistungen; weder besitzt noch investiert es wie früher in jede Menge Fabrik- und Maschinenanlagen, Laboratorien, Warenhäuser und andere greifbare Vermögenswerte; es beschäftigt keine Armeen von Fabrikarbeitern und Verwaltungsangestellten mehr; es dient nicht mehr als Tor zur amerikanischen Mittelklasse. In der Tat ist das amerikanische

Kernunternehmen gar nicht mehr amerikanisch. Es ist in wachsendem Maße nur noch Fassade, hinter der sich ein Heer dezentralisierter Gruppen und Untergruppen tummelt, die ihrerseits

wieder fortlaufend mit ähnlich diffusen Arbeitseinheiten in aller Welt Geschäfte machen.“(Reich 1993, S. 93)

Diese Veränderung war für die Unternehmen notwendig geworden, weil sich durch die Massenproduktion von Standardgütern keine hohen Gewinne mehr erzielen ließen und Aktionen, wie Preisnachlässe, etc. fehl schlugen. Das Modell der Massenproduktion hatte in seiner bisherigen Form für die Gewinnmaximierung ausgedient. Ein Übergang hin zur

Qualitätssteigerung und Anpassung an die Bedürfnisse des einzelnen zahlungsstarken Kunden (Person oder Unternehmen) fand und findet statt. Unternehmen versuchen nun auf dem Weltmarkt Größenvorteile zu erreichen und Märkte für maßgeschneiderte Produkte zu erschließen (vgl. Ohmae 1991). Die Vielfalt an Präferenzen soll ausgelebt werden können.

Dabei darf nicht unterstellt werden, daß die Wandlung von der Masse zur Qualität überlegt und gezielt erfolgt. „Unter vielem Hin und Her, oftmals unter großer Anspannung und ohne genau zu wissen, was sie da eigentlich tun oder warum, wechseln die überlebenden und erfolgreichen Firmen von der Masse zur Qualität. Ein ähnlicher Wandel spielt sich auch in anderen

Volkswirtschaften ab, die traditionell auf Massenproduktion ausgelegt waren.“(Reich 1993, S.

94)

Die Umstellung kann auch unter dem Gesichtspunkt der Individualisierung betrachtet werden.

Die entstandene Individualisierung bietet neue Absatzmärkte, um die Individualisierung noch zu

„individualisieren“ (vgl. Ohmae 1991, S. 289 ff.). Die Unternehmen sehen ihren

Wettbewerbsvorteil darin, daß sie Waren oder/und Dienstleistungen erbringen, die den individuellen Bedürfnissen des Kunden entsprechen, welche die Massenproduktion mit ihrer breiten Zielgerichtetheit nicht befriedigen kann. Um die Bedürfnisse dieses neuen Marktes zu erfüllen, waren und sind die Unternehmen gefordert, ihre Geschäftsstrategien zu verändern (vgl.

Ohmae 1991, S. 112 ff.). Diese Strategien richten sich zunehmend auf spezialisiertes Wissen und Verbindung/Koordination dieses Wissens.

Für Qualitätsproduktion sind vor allem folgende Fertigkeiten von enormer Wichtigkeit:

• die Problemlösung

Diese Fertigkeit ist notwendig, um Dinge auf individuelle Art zu kombinieren. Dies setzt viel Wissen über die Wirkung von neuen Zusammensetzungen und Verknüpfungen voraus.

Weiterhin sind Kenntnisse für die Umsetzung und Anwendung dieser Entwürfe von großer Relevanz. Entscheidend ist die Kreativität, mit der sämtliche auftauchenden Schwierigkeiten neu und in unterschiedlichsten Kombinationen gelöst werden können.

• die Problemidentifizierung

Diese Fertigkeit setzt sich daraus zusammen, den Kunden aufzuzeigen, welcher Art ihre Bedürfnisse sind und wie diese durch maßgeschneiderte Produkte befriedigt werden können. Es spielt eine große Bedeutung, Kenntnisse von Unternehmen und Anliegen der Kundschaft zu erhalten, sowie die Möglichkeiten und Vorteile des Produktes und dieser Dienstleistung der Kundschaft erfolgreich zu vermitteln. Es ist vor allem eine Identifikation

und ein Eingehen auf das Anliegen der Kundschaft gefordert und nicht mehr die

„Überredungskunst“ der Massenproduktion.

• das Management von Problemlösung und Problemidentifizierung

Für diese Fertigkeit benötigt man Verständnis für spezifische Technologien und Märkte, sowie Erkenntnis von neuen Produktionspotentialen. Für die Durchführung ist es notwendig, Finanzen aufzubringen, Produktionsstätten zu finden und Problemlöser und

Problemidentifizierer zusammen zu bringen (vgl. Reich 1993, S. 95 ff., Ohmae 1991).

Im Qualitätsunternehmen entstehen auf verschiedenen Ebenen neue Anforderungen an die Organisation und an die MitarbeiterInnen. Gewinne wachsen durch permanente Entdeckungen von Bedürfnissen und Lösungen. Die Wertschöpfung aus Waren und Dienstleistungen erhält eine neue Bedeutung, neue Kategorien von Gewinnschöpfung und Klassifizierungen werden eingeführt (vgl. Reich 1993, S. 194 ff.; Conert 1998, S. 331).

Die neuen Prozeßabläufe

Anders als für die Massenproduktion ist bei der Qualitätsproduktion schnelle und reibungslose Kommunikation notwendig. Bürokratie und Hierarchie verhindern bzw. beschränken schnelle Kommunikation. Da bei Geschäften Zeit ein enorm wichtiger Faktor ist und diese vielen individuellen Anliegen nicht mehr in den herkömmlichen Strukturen der Massenproduktion bearbeitet und verabschiedet werden können, sind neue Arbeitsabläufe erforderlich. Bisherige Strukturen sind für die aktuellen Anforderungen irrelevant. Die Aufgabe dieses Managements besteht darin, ohne unnötige Einschränkungen und Beeinträchtigungen Problemlösungen und Problemidentifizierungen zueinander zu bringen. Dieses Management muß Raum schaffen für Innovationen und Kreativität und zugleich Profit erzielen, die Koordination von Problemlösungen verläuft horizontal.

„Weil Probleme und ihre Lösungen nicht im voraus definiert werden können, treten sie auf formellen Konferenzen und in Tagesordnungen nicht zutage, sie ergeben sich vielmehr im Laufe der häufigen informellen Kommunikation der Gruppenmitglieder untereinander. Innerhalb des Teams lernt man voneinander, indem man Einsichten, Erfahrungen, Fragen und Lösungen miteinander teilt – oftmals ganz nebenbei. Eine Lösung läßt sich manchmal auf ein völlig anderes Problem anwenden; der Fehlschlag eines Kollegen wendet sich zur erfolgreichen Strategie auf einem völlig anderen Gebiet. ... Hier sind die individuellen Fähigkeiten so kombiniert, daß das Innovationsvermögen der Gruppe mehr ist als die Summe ihrer Teile.“(Reich 1993, S. 101)

Diese Aussagen verdeutlichen die evidenten Anforderungen, die sich aus der Umstellung zur Qualitätsproduktion ergeben. Es wird von dem Ideal ausgegangen, daß Gruppenmitglieder zusammen verschiedene Probleme und Lösungsmöglichkeiten bearbeiten, dabei sich gegenseitig mit ihren Fähigkeiten kennenlernen, welche dann gezielt bei einer gemeinsamen Aufgabe eingesetzt werden sollen. Es geht um gegenseitige Unterstützung, um effektive

Leistungen zu erzielen. Erfahrungen und Ideen sollen dem Projekt zur Verfügung gestellt werden.

Dieses gewünschte Modell setzt viel Verständigung voraus sowie hohe Kompetenz in Kooperation und Kommunikation, damit eine gute Kombination der einzelnen Fähigkeiten gelingt. Dieses Modell unterscheidet sich wesentlich von standardisierten und normierten Arbeitsabläufen, es ist nicht einfach und beliebig auf jedes Team oder Organisation übertragbar.

Kennzeichen der Qualitätsproduktion

Ein wichtiger Punkt für die Qualitätsproduktion ist ihre Schnelligkeit und Wendigkeit. Unnötig hohe Fixkosten müssen vermieden werden. Dadurch entsteht für die Qualitätsproduktion ein größerer Raum für Experimente, die für kundenorientierte Problemlösungen notwendig sind. Es muß möglich sein ständig neue Alternativen, Querverbindungen und Richtungen zu verfolgen, ohne durch hohe Kosten gebunden zu sein.

Standardisierte Bestandteile von Produktionsprozessen sollen je nach Bedarf eingekauft und/oder angemietet werden (Zeitarbeit, Leiharbeit). Dies hat u. a. zur Folge, daß

Industriebetriebe auch ihre Dienstleistungen anbieten und nicht mehr nur ihre Produkte. Es gibt wenig fest angestelltes Personal und statt fester Gehälter Beteiligung am Risiko oder Gewinn.

Darin wird ein großer Anreiz für die Kreativität und die Motivation der MitarbeiterInnen erkannt.

In dieser Gestaltung wird der Vorteil gesehen, daß effektiver und sorgfältiger gearbeitet wird, da nur durch dieses Verhalten Gewinn entsteht.

Großbetriebe bildeten sich aufgrund dieser Entwicklung zu Netzwerken aus kleinen Betrieben um. Hierarchisch aufgebaute Massenproduktionsunternehmen strukturieren sich um in dezentrale Qualitätsunternehmen (vgl. Ohmae 1991; De Geus 1998; Kühl 2000).

„Hierin ist das Kernunternehmen nicht länger ein „Groß“-Unternehmen, aber ebensowenig ist es lediglich eine Ansammlung von kleineren Betrieben. Es ist vielmehr ein Unternehmens-Netz.

Der Mittelpunkt des Netzes bewahrt den strategischen Überblick und hält die Fäden zusammen.

Doch einzelne Knotenpunkte im Netz verfügen oftmals über genügend Autonomie, um gewinnbringende Kontakte zu anderen Netzen herzustellen. Es gibt kein „innerhalb“ und

„außerhalb“ des Unternehmens, sondern nur verschiedene Entfernungen von seinem strategischen Mittelpunkt.“(Reich 1993, S. 109).

Diese Umstrukturierung beinhaltet eine besondere Komplexität und vielfach tiefgreifende Auswirkungen: Verlust von Überschaubarkeit, Deregulation, Unsicherheit, neue Formen der Zusammenarbeit, komplexere Aufgabenstellung, breitere Verwendung von Qualifikationen etc.

(vgl. Kühl 2000).

Kennzeichen von Qualitätsunternehmen bestehen nicht im Eigentum und Verfügung über Rohstoffe etc., sondern in ihrer Fähigkeit, Probleme erfolgreich zu lösen. Damit verändert sich auch die herkömmliche Kontrolle und das Besitzverhältnis. Der Gewinn erfährt eine andere

Aufteilung, ebenso kommt es zu einer Streuung der Macht. Formelle Organisations- und Machtstrukturen verändern sich dadurch.

Eine neue Art von Wertschöpfung entstand. Ideen werden gehandelt, man kann sie aber nicht besitzen oder gar jemanden zu kreativer Tätigkeit zwingen. Qualitätsunternehmen leben von ihren klugen, kreativen und talentierten Individuen. Dies erfordert eine andere Umgangsweise als die der Massenproduktion. Besitz von Kapital hat nicht mehr dieselbe Bedeutung wie früher.

Der neue Ertragswert liegt in den talentierten Angestellten, verlassen sie das Unternehmen, bleibt zwar das Patent und das Copyright ihrer Erfindungen, aber dies kann in der schnellebigen Zeit rasch den Wert verlieren.

Diese Gruppen sind finanziell gesehen die neuen GewinnerInnen. Während die Gewinne von KapitaleignerInnen und in der Produktion beschäftigten ArbeiterInnen zurückgingen, steigen sie bei den ProblemlöserInnen und IdentifiziererInnen.175

In der Qualitätsproduktion steigt der Wert durch Gebrauch. Auch dies unterscheidet sie von der Massenproduktion. „Anders als Maschinen, die sich abnutzen, Rohstoffe, die sich erschöpfen, Patente und Copyrights, die veralten, und Warenzeichen, die ihre Fähigkeit zu beruhigen einbüßen, wachsen die durch das Aufspüren neuer Verbindungen zwischen Technologien und Bedürfnissen erworbenen Kenntnisse und Einsichten sogar mit der Praxis. Je komplexer eine Aufgabe, desto besser bereitet sie auf noch komplexere Aufgaben vor.“( Reich 1993, S. 123)

Wachstum hängt hier von gesammeltem Wissen und Erfahrungen ab, es funktioniert nach einem anderen Prinzip. Es kann nicht einfach eine Angleichung zwischen Unternehmen erfolgen oder beliebig weitergegeben werden. Individuen oder Teams können sich mit ihrem Wissen und ihren Erfahrungen große, oft uneinholbare Vorsprünge verschaffen.

Zum Vorschein kommen darin die neuen Divergenzen der Globalwirtschaft, die viel weniger auf Kapital und mechanischer Arbeit beruhen als auf hochentwickelten Fähigkeiten.176 Die

wichtigste Fähigkeit für die Qualitätsproduktion ist, Wissen und Können kreativ und effizient ein- und umzusetzen. Die Fähigkeit, selbständig zu denken ist dafür unabdingbar. Es wird eine kritische Vorstellungskraft, ein konfrontatives Verhalten und ein ständiges in Frage stellen des Gegebenen benötigt.

Neue Kategorien

Die Qualitätsproduktion läßt auch neue Kategorien von Arbeit und Arbeitsplätzen entstehen. Die traditionellen Kategorien stammen aus der standardisierten Massenproduktion und diese

175 „Heutzutage gehen nicht mehr als drei Prozent vom Preis eines Halbleiterchips an die Besitzer von Rohstoff und Energie, fünf Prozent an die Eigentümer der Maschinen und Werksanlagen und sechs Prozent an die mechanischen Arbeitskräfte. Über 85 Prozent werden für Entwurf und Konstruktion sowie Patente und Copyrights aufgewendet.“(Reich 1993, S. 119)

176 Vgl. hierzu die Vorstellungen und Diskussionen über die Gesellschaft als zukünftige

Wissensgesellschaft (Wilke 1999) und zur Neuorientierung der Bildungspolitik (Beck 1998a, S. 230 ff.).

verlieren zusehends ihre Aussagekraft über Funktion, Inhalt und Einkommen der Tätigkeit. Die Tätigkeiten an sich zu klassifizieren ist auch schwieriger geworden, weil es viele

Überschneidungen gibt.

Innerhalb der makroökonomischen Sphäre von gesellschaftlicher Produktion und Reproduktion vollzog sich eine Schwerpunktverlagerung hin zum tertiären Sektor. Diesem Sektor wurde in den letzten Jahrzehnten eine dominante Position gegenüber dem primären und sekundären zugeordnet. Festgemacht wird diese Position am Anteil an der Gesamtbeschäftigung und am Anteil an der Erzeugung des gesellschaftlichen Gesamtprodukts (vgl. Conert 1998, S. 356).

Über die Ursachen und die Ausdehnung des tertiären Bereiches existieren divergierende Bestimmungen und Interpretationen, auf die hier nicht weiter eingegangen wird.177 Festgehalten werden kann, daß eine wechselseitige Abhängigkeit sowie eine Komplementarität v.a. zwischen sekundärem und tertiären Sektor vorhanden ist: Produkte industrieller Erzeugung, industrielle Arbeitsabläufe etc. erfordern Dienstleistungen und Dienstleistungen benötigen häufig industriell gefertigte Geräte, Ausrüstungen etc. (vgl. Conert S. 359). Die neuen Produktionsformen mit ihrer zunehmenden Spezialisierung fördern die Ausdehnung des tertiären Bereiches. Die unternehmensbezogenen Dienstleistungen nehmen zu (vgl. Reich 1993, S. 108).

Reich unterscheidet drei Kategorien von Beschäftigten nach Arbeitsqualifikation und

Zukunftschancen, welche das Sektoren - Schema dahingehend auflösen, daß seine Kategorien in unterschiedlicher Relation in allen drei Sektoren vorkommen.

Reich nimmt eine Einteilung vor in routinemäßige Produktionsdienste, kundenbezogene Dienste und symbolanalytische Dienste (vgl. Reich 1993, S. 194 ff.).

Unter routinemäßige Produktionsdienste erfaßt er die monotonen Tätigkeiten der

Massenproduktion, routinemäßige Aufsichts- und Kontrolltätigkeiten und Datenverarbeitung.

Diese Tätigkeiten haben vorgegebene Standards und Richtlinien, die Zuverlässigkeit, Loyalität und die Fähigkeit, Anweisungen zu erfüllen, erfordern.

Unter kundenbezogene Dienste werden einfache stereotype Tätigkeiten verstanden, die von Person zu Person geleistet werden. Auch sie finden meist unter Kontrolle statt. Von

Dienstleistenden wird Pünktlichkeit, Zuverlässigkeit, Folgsamkeit und sympathische Erscheinung und Ausstrahlung erwartet.

Die symbolanalytischen Dienste umfassen die Aktivitäten der Problemlösung, -identifizierung und strategischen Vermittlung. Sie sind nicht standardisiert und können weltweit gehandelt werden. Symbol-Analyse hat sehr viel mit Denk- und Kommunikationsprozessen zu tun. Da hier keine linearen oder kausalen Tätigkeiten ablaufen, kann diese Art von Tätigkeiten schwerer erfaßt und beschrieben werden. Gefordert wird Qualität, Originalität, Geschicklichkeit und Ideenreichtum.178

177 Vgl. die Ansätze über eine Dienstleistungsgesellschaft.

178„Symbolanalytiker lösen, identifizieren und vermitteln Probleme, indem sie Symbole manipulieren. Sie reduzieren die Wirklichkeit auf abstrakte Bilder, die sie umarrangieren, mit denen sie jonglieren und

Diese Kategorien unterscheiden sich in einem Punkt wesentlich, und zwar in ihrer Wettbewerbsfähigkeit für den Weltmarkt. Der Trend macht sichtbar, daß vor allem die ProduktionsarbeiterInnen einer enormen Konkurrenz auf dem Weltmarkt ausgesetzt sind.

Ebenso werden die personenbezogenen Dienstleistungen mehr und mehr durch Technik ersetzt. Gefragt ist allein der Symbol-Analytiker.

Die Einkommen dieser jeweiligen Gruppen beginnen enorm zu divergieren (vgl. Conert 1998, S.

344). Die Ungleichheit zeigt folgende Tendenz: Die Anzahl der armen Haushalte wird größer, die Angehörigen mittlerer Einkommen weniger und der Reichtum von Wenigen erreicht schwindelerregende Höhen. Dies wird als keine vorübergehende Erscheinung betrachtet, sondern die Prognosen weisen darauf hin, daß sich diese Kluft vertiefen wird. Diese

Verschiebung der Ungleichheit zeigt sich in den verschiedenen Bereichen der Volkswirtschaft.

Selbst Menschen, die einen Arbeitsplatz haben, sind arm, Armut tritt nicht erst bei Arbeitslosigkeit ein. 179

Ein direkter Zusammenhang läßt sich auch zwischen Einkommen und Bildung verzeichnen. Ein hoher Bildungsabschluß garantiert zwar kein ausreichendes Einkommen, aber ohne ihn ist man gar nicht mehr im Rennen. Nur die viel angeprangerte Ungleichheit des Verdienstes von Männern und Frauen erfährt eine „neue Gleichheit“, die Einkommen der Männer werden nach unten hin angepaßt. Die Gründe der Einkommensdivergenzen liegen in der Qualität und der Funktion der Tätigkeit (vgl. Reich 1993, S. 222 ff.).

Wo sich diese Wirtschaftsstrukturen der Qualitätsproduktion durchgesetzt haben, zeigen sich zunehmende Ungleichheiten in weiteren Bereichen, wie Infrastruktur (Wohnungs- und Siedlungsbau, öffentliche Sicherheit), Schulwesen und Gesundheitsversorgung.

experimentieren, die sie an andere Spezialisten weiterreichen und die sie schließlich zurück in die

Wirklichkeit verwandeln können. Die Manipulationen werden vorgenommen mit analytischen Werkzeugen, geschärft durch Erfahrung. Diese Werkzeuge können sein: mathematische Algorithmen, juristische Argumente, Finanztricks, wissenschaftliche Regeln, psychologische Kenntnisse darüber, wie man Leute überzeugt oder zum Lachen bringt, Induktion- und Deduktionsgefüge oder sonstige Techniken des Umgangs mit Begriffen und Symbolen.“(Reich 1993, S. 199)

179 Die neue Spaltung der Gesellschaft verläuft zwischen einer ökonomisch hyperaktiven Gruppe und der Masse, die aus dieser ökonomischen Sphäre ausgeschlossen wird. Diese vom Ausschluß betroffene Masse bedingt die Entwicklung eines Subsystems. Die Schere wird weiter auseinanderklaffen zwischen hochqualifizierten und gut bezahlten Arbeiten und Arbeiten, die auf den niedrig bezahlten Sektor der reproduktiven Dienste. Letztere werden zu "versteckten" Dienstboten der Erste ren (vgl. Gorz 1998, S. 16 ff.). Die Arbeitslosigkeit verschwindet also für einen Teil und erscheint in einer generalisierten Form der risikoreichen Unterbeschäftigung wieder (vgl. Beck 1986, S. 227).