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Prävention sexueller Ausbeutung

Im Dokument Lagerleitung im Umweltbereich (Seite 145-153)

6. Verantwortung der Lagerleitung

6.5. Prävention sexueller Ausbeutung

Der WWF anerkennt, dass es auch im Kontext seiner Organisation zu Grenzverletzungen oder sexuellen Übergriffen kommen kann. Dies dul-den wir nicht.

Prävention sexueller Ausbeutung ist deshalb ein wichtiger Teil unseres Sicherheits- und Qualitätsmanagements. Bei uns sollen Kinder sicher sein.

Prävention sexueller Ausbeutung beim WWF Schweiz

Der WWF setzt voraus, dass pro Team eine Leitungsperson eine Weiter-bildung zum Thema besucht hat. Diese wird jährlich vom WWF angebo-ten. Alle Lagerleitenden unterschreiben vor einem Lager eine Selbstver-pflichtung, die im Bereich Prävention folgenden Punkt beinhaltet: «Die

Lagerleitenden respektieren die seelische, körperliche und sexuelle Integrität der anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Sie schützen die Kinder und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt und anderen Grenzverletzungen in den Lagern. Die Leitenden handeln gemäss dem ‹Verhaltenskodex für Lagerleitende›.» Die Teamvereinbarung und der Verhaltenskodex befinden sich im Anhang dieses Kapitels.

Rechtliche Situation und Begriffe

Sexueller Missbrauch an Minderjährigen

Rein rechtlich gesehen sind sexuelle Handlungen in der Schweiz immer strafbar, wenn eine der involvierten Personen das 16.

Altersjahr noch nicht erreicht hat. Dies gilt unabhängig davon, ob eine der Personen zu sexuellen Handlungen gezwungen wurde oder ob alle sich freiwillig beteiligt haben. Es gilt auch dann, wenn die Initiative ursprünglich vom späteren Opfer ausging. Eine Ausnahme liegt bei einvernehmlichem Sexualverkehr von Teenagern vor, wenn der Altersunterschied zwischen den Beteiligten nicht mehr als drei Jahre beträgt. Sex zwischen Jugendlichen ist also nicht automatisch strafbar, solange sie ungefähr gleich alt sind.

Sexuelle Handlungen mit über 16-, aber unter 18-jährigen Personen sind illegal, wenn das Opfer zum Täter oder der Täterin in einem Abhängigkeitsverhältnis (Erziehungs-, Betreuungs- oder Arbeitsverhältnis) steht und der Täter oder die Täterin eine se-xuelle Handlung vornimmt, indem er oder sie diese Abhängigkeit ausnützt. Zentral ist hierbei der Aspekt des Machtmissbrauchs.

Zu sexuellen Handlungen mit Minderjährigen zählt das Strafgesetz alle Handlungen, die aus Sicht eines unabhängigen Betrach-ters der Steigerung oder Befriedigung von sexueller Lust dienen, und die die Berührung von erogenen Zonen beinhalten. Unab-hängig vom Alter der involvierten Personen sind sexuelle Handlungen immer illegal, wenn eine der beteiligten Personen physi-schen oder psychiphysi-schen Druck ausübt. Unter Strafe stehen altersunabhängig ausserdem Vergewaltigung, Menphysi-schenhandel, Exhibitionismus sowie sexuelle Belästigungen. (Quelle: Optimus-Studie, 2012)

Kinderpornographie

Nicht nur Erwachsene, sondern auch Minderjährige, die an Jugendliche unter 16 Jahren pornografisches Bild- oder Videoma-terial verschicken, machen sich strafbar. Jugendliche unter 16 Jahren können zudem wegen Erstellung und/oder Verbreitung von (Kinder)Pornografie rechtlich belangt werden. Wenn sich Minderjährige nackt fotografieren, produzieren sie Kinderporno-grafie. Das ist verboten und kann strafrechtliche Folgen haben, egal ob die Inhalte sie persönlich oder andere Minderjährige betreffen. Jedoch bleiben Minderjährige von mehr als 16 Jahren straflos, wenn sie voneinander einvernehmlich pornografische Gegenstände oder Vorführungen herstellen, diese besitzen oder konsumieren (Art. 197, Ziffer 8 StGB).

Grenzen – Grenzverletzungen

Grenzverletzungen ohne (sexuelle) Absichten, gehören zum Alltag. Überall wo Menschen zusammen sind, sind Verletzungen individueller Grenzen unvermeidbar. Sie passieren da, wo verschiedene kulturelle Verständnisse aufeinandertreffen, sie gesche-hen, weil wir die individuellen Grenzen unseres Gegenübers falsch einschätzen oder ganz einfach Momente erleben, in denen Nähe und Distanz nicht klar vordefiniert sind. Grenzen sollten beachtet und benannt werden. Trotzdem lassen sich Grenzver-letzungen nicht immer vermeiden. Oft geschehen diese unbeabsichtigt oder aufgrund von Unaufmerksamkeit. Es ist gut, auf solche Grenzverletzungen zu reagieren und die Situation zu klären.

Sexuelle Übergriffe und Belästigungen

Absichtliche Grenzverletzungen bezeichnen wir als (sexuelle) Übergriffe. Es handelt sich dabei um Grenzverletzungen, die als solche geplant oder zumindest bewusst in Kauf genommen werden. Im Bereich der Sexualität sprechen wir dann von Übergrif-fen, wenn diese einmalig sind und wenn dabei zwischen Täter und Opfer ein asymmetrisches Verhältnis besteht, also z.B. zwi-schen einer Lehrerin und einem Schüler. Sexuelle Übergriffe unter Gleichgestellten bezeichnen wir als Belästigung. Solche Handlungen können strafbar sein.

Von sexueller Ausbeutung sprechen wir dann, wenn ein Mensch beginnt, seine sexuelle Befriedigung oder Erregung zu verfol-gen, ohne dass er auf die freie und informierte Zustimmung seines Gegenübers zählt oder zählen kann. Der Akt der sexuellen Ausbeutung ist also in erster Linie abhängig von der Intention des Täters, der Täterin und er beginnt lange vor einer eigentlichen sexuellen Handlung im engeren Sinne. Im Gegensatz zum Übergriff sind Ausbeutungshandlungen von langer Hand geplant und finden meist wiederholt über einen längeren Zeitraum und in zunehmendem Masse statt. Die meisten Täter/Täterinnen über-reden oder zwingen ihre Opfer zum Schweigen, zum Teil mit massiven Drohungen. In den meisten Fällen stammt der Täter/die Täterin aus dem direkten Bezugsfeld der Kinder und Jugendlichen, z.B. Väter, Onkel, Grossväter, Trainer usw. Neuere Unter-suchungen zeigen aber, dass 35% der Täter der Generation der Betroffenen entstammen: Brüder, Freunde, Nachbarn usw. Auch dies ist sexuelle Ausbeutung und darf nicht akzeptiert oder verharmlost werden. Rund ein Drittel aller Delikte gegen die sexuelle Selbstbestimmung von Mädchen und Jungen werden vorwiegend von männlichen Kindern und Jugendlichen unter 19 Jahren verübt.

Wie erkennt man sexuelle Ausbeutung?

Es gibt keine Signale, die eindeutig auf sexuelle Ausbeutung hinweisen, alle Symptome können auch auf andere Ursachen zu-rückzuführen sein. Einheitlicher als die sichtbaren Signale sind die Auswirkungen der Ausbeutung für die Opfer. Oft leiden diese ihr Leben lang unter den Folgen. Neben den körperlichen Beschwerden, die je nach Art des Missbrauchs auftreten, beeinträch-tigt sexuelle Ausbeutung insbesondere das psychische Wohlbefinden.

Sexuelle Ausbeutung ist meistens Ausbeutung einer Beziehung. Im Rahmen dieser Beziehung erlebt das Opfer schwerwiegend Negatives. Die gleiche Person tut ihm Gutes und Schlechtes an. Es ist zum Schweigen verdammt, darf nichts sagen. Vielleicht kennt es einfach keine Wörter für das Erlebte, meistens schämt es sich zutiefst. Vielleicht steht es auch unter einer Mord- oder Selbstmorddrohung. So hat es Angst, dass jemand merken könnte, was mit ihm geschieht und braucht doch dringend Hilfe.

Der Täter/die Täterin redet dem Opfer ein, dass die Ausbeutungshandlungen schön seien. Das Opfer empfindet sie als abstos-send. Wem soll es trauen? Die Erwachsenen haben doch immer recht! Es ist verwirrt und misstraut seinen eigenen Wahrneh-mungen und Gefühlen. Jugendliche denken, das Erlebte gehöre zum Erwachsenwerden. Sie möchten erwachsen sein und brin-gen ihre Abneigung mit diesem Wunsch nicht in Einklang. Kinder wie Jubrin-gendliche und auch erwachsene Personen in Ausbeutungssituationen ahnen, dass sie als Objekt behandelt werden. Die geäusserte Zuneigung gilt nicht ihnen als Person, sondern sie dient der Anbahnung der sexuellen Handlung. Das ist erniedrigend, macht hilflos, wütend und traurig. Das Selbst-wertgefühl wird massiv beeinträchtigt. Die negativ erlebte, vielfach erste Erfahrung mit Sexualität zu zweit kann die sexuelle Erlebnisfähigkeit auf Jahre und Jahrzehnte beeinträchtigen.

Nochmals: Es gibt keine Signale, die eindeutig und ausschliesslich auf sexuelle Ausbeutung hinweisen. Alle Signale können auch andere Ursachen haben. Wenn du bei einem Kind oder einer jugendlichen Person eine oder mehrere der folgenden Verhaltens-weisen beobachtest, dann denk auch, aber nicht nur, an sexuelle Ausbeutung als mögliche Ursache:

• Plötzlicher Widerstand gegen eine bestimmte Organisation oder Person: Ein Kind war begeistert und will plötzlich, ohne erkennbares Motiv, nicht mehr an Anlässen einer bestimmten Organisation teilnehmen bzw. nichts mehr zu tun haben mit einer bestimmten Person.

• Sehr nahe Beziehung zu einer/einem deutlich älteren Leitenden der Organisation. Das kann für ein Kind sehr schön und auch wichtig, aber auch Vorstufe sein für ausbeutende Handlungen. Solchen Beziehungen soll offen, aber auch kritisch begegnet werden.

• Ein Kind spricht von einem «Schleimer» oder Ähnlichem in einer Organisation und meint damit jemanden, der eine sexu-alisierte Atmosphäre ausstrahlt. Kinder machen kaum je solche Sprüche ohne Ursache, sie spüren die sexusexu-alisierte Atmo-sphäre, können sie aber nicht klar benennen.

• Hygiene-Massnahmen wie Duschen oder Waschen werden entweder verweigert oder übermässig angewendet.

Was kann/soll man machen? Was nicht?

Menschen, die sich als Opfer sexueller Ausbeutung zu erkennen geben, muss man grundsätzlich Glauben schenken. Die Gefahr, dass ungerechtfertigte Anschuldigungen von Kindern und Jugendlichen gemacht werden, ist zwar gegeben, aber eher selten.

Sexuelle Ausbeutung überfordert: die Betroffenen zuerst, aber auch diejenigen, die sie vermuten oder vielleicht sogar beobach-ten. Wegschauen in diesem Moment ist einfacher, aber verhängnisvoll. Schau hin und nimm deine Gefühle, Vermutun-gen und Ängste ernst.

• Überstürze nichts. Notiere deine Beobachtungen mit Datum.

• Sei offen, wenn ein Kind mit dir sprechen will. Sprich aber nicht von dir aus mit dem Kind und vor allem nicht mit dem möglichen Täter / der möglichen Täterin über deinen Verdacht.

• Hilfeleistungen müssen explizit die Wünsche und Bedürfnisse des betroffenen Kindes berücksichtigen. Eine noch so gut gemeinte Intervention, die über den Kopf des Kindes hinweg erfolgt, wiederholt für das Kind die erfahrene Gewaltsituation und die damit einhergehende Ohnmacht.

zu reagieren (Persönlichkeitsschutz).

• Der wichtigste erste Schritt, um den/die TäterIn zu stoppen, ist ein Telefon mit einer Fachstelle oder Fachperson (du musst dabei nicht zwingend deinen Namen nennen). Die Jugendleitendenberatung der Pro Juventute ist eine vertrauliche und niederschwellige Erstanlaufstelle für alle Fragen: 058 618 80 80. Informiere unbedingt auch die Lagerverantwortliche beim WWF, insbesondere, wenn du Vermutungen über sexuelle Ausbeutung in einem WWF-Lager hast!

Die Schuld liegt immer beim Täter/der Täterin. Es ist normal, in dieser Situation Schuld- oder Schamgefühle zu haben, auch wenn sie unbegründet sind.

Wie kann man vorbeugen? Die Prävention sexueller Ausbeutung

Im Zusammenhang mit der Prävention sexueller Ausbeutung werden meistens sieben Kernaussagen genannt:

1. Dein Körper gehört dir und du hast das Recht zu bestimmen, wie, wann wo und von wem du angefasst werden möchtest.

2. Deine Gefühle sind wichtig. Sprich über deine Gefühle, auch wenn es schwierige Gefühle sind.

3. Es gibt angenehme und unangenehme Berührungen. Angenehme Berührungen tun dir gut und machen dich richtig glücklich. Unangenehme verwirren dich, machen dir Angst und tun dir sogar weh.

4. Du hast das Recht, nein zu sagen. Niemand hat das Recht, dich zu schlagen oder dich so zu berühren, wie und wo du es nicht willst. Niemand darf dich zu Berührungen überreden oder zwingen.

5. Es gibt gute und schlechte Geheimnisse. Gute Geheimnisse machen Freude und sind spannend. Blöde Geheimnisse sind unheimlich und schwer zu ertragen. Solche darfst du weitererzählen, auch wenn du versprochen hast, es niemandem zu sagen.

6. Sprich darüber, hole Hilfe. Höre nicht auf, zu erzählen, bis dir geholfen wird.

7. Du bist nicht schuld. Wenn Erwachsene (oder andere Kinder/Jugendliche) deine Grenze überschreiten – ob du nein sagst oder nicht – sind immer die anderen verantwortlich für das, was passiert.

Im Kern versucht man also, Kindern und Jugendlichen zu ermöglichen, sich selber zu trauen und Grenzen zu ziehen. Wer sich in einer pädagogischen Funktion mit diesem Thema befasst, muss auch bereit sein, sich mit der eigenen Geschlechterrolle und der Rolle als Leitungsperson auseinander zu setzen. Auch Leitende müssen sich ihrer eigenen Grenzen bewusst sein und diese ausdrücken können!

Als Lagerleitungsperson kannst du in deiner Leitungstätigkeit wertvolle Präventionsarbeit leisten, indem du die Kinder und Jugendlichen in ihrem Selbstvertrauen stärkst. Und indem du sie lehrst, eigene Grenzen wahrzunehmen und diejenigen von anderen zu erkennen und zu respektieren. Kinder und Jugendliche in Lagern bringen verschiedene Hintergründe und damit auch Grenzen in die Gruppe ein. So sollten Aktivitäten und Spiele, welche Grenzverletzungen darstellen können (z.B. Massagen oder Sauna), auf keinen Fall für obligatorisch erklärt werden. WWF-Lager können auch präventiv wirken. Sie können:

1. die Körperwahrnehmung fördern. Kinder und Jugendliche können mit Lagerspielen ihren Körper mit allen Sinnen erfahren und spüren. So können sie lernen, die Bedürfnisse des Körpers bewusster wahrzunehmen und zu verstehen. Mit der bewussten Wahrnehmung des Körpers wollen wir Kinder und Jugendliche auch herausfordern, ihre Grenzen kennen zu lernen und zu akzeptieren. Diese Spiele können in normale Lagerprogramme integriert werden und sind oft sowieso schon Bestandteil davon (Naturerlebnis). Wichtig ist, dass es nicht «nur» bei der Körperwahrnehmung bleibt, sondern auch ein Ausdruck der entsprechenden Erfahrungen durch Gespräche, Texte, Zeichnungen, Stimmungsbarometer etc. möglich ist. Auch das ist für WWF-Lagerleitende nicht neu: Die ganze Naturerlebnispädagogik basiert auch darauf, dass ein Aus-tausch über (Natur-)Erfahrungen stattfindet. Mögliche Präventionsspiele zu diesem Bereich sind Barfusswanderung, Ort wiedererkennen, Blinde Karawane und andere Vertrauensspiele.

2. die Mitbestimmung (Partizipation) und Gleichberechtigung fördern. Wir versuchen, sexueller Gewalt vorzubeu-gen, indem wir das Machtgefälle zwischen Leitung und Kindern, Männern und Frauen verringern und die Mitbestimmung erhöhen. In der Praxis heisst das: Wir wollen nicht Leitende, die das Programm bis ins letzte Detail geplant und organisiert haben und die Teilnehmenden nur noch als «StatistInnen» brauchen. Kinder und Jugendliche sollen ihre Ideen einbringen und so auch Sozialkompetenz erwerben. Das Leitungsteam mit seiner Art zu arbeiten hat dabei Vorbildcharakter für einen partnerschaftlichen Umgang. Es kann bewusst darauf achten, die Bedürfnisse und Wünsche von Kindern und Jugendlichen in das Programm einfliessen zu lassen (z.B. Workshops, Regelbildung mit Lagerpakt). Attraktive Alternativen bei «heiklen»

Programmen machen es Kindern und Jugendlichen einfacher, ihre Bedürfnisse zu achten und auch «nein» zu sagen («Nein» wird manchmal auch indirekt gesagt!). Regelmässige Feedbackrunden machen es dem Team einfacher, zu merken, ob ihre Programme auch den Bedürfnissen der Kinder und Jugendlichen entsprechen und geben wertvolle Inputs für wei-tere Programme. Mit Theaterabenden können die Kinder verschiedene Rollen wahrnehmen, verschiedene Sichtweisen ein-nehmen und ihre Vorstellungen einbringen. Methoden für die partnerschaftliche Zusammenarbeit im Team findest du in den entsprechenden Unterlagen.

Merkblatt zur Prävention und Intervention sexueller Ausbeutung

Dieses Merkblatt unterstützt Leiterinnen und Leiter von WWF-Anlässen in ihren Handlungsmöglichkeiten und Pflichten zur Prävention und Intervention sexueller Ausbeutung.

Haltung: Wir haben einen Schutzauftrag gegenüber Kindern – und tragen Verantwortung

Wir betrachten sexuelle Übergriffe als zentralen Angriff auf die Integrität und Persönlichkeit der Kinder und Ju-gendlichen und setzen uns dafür ein, sie bestmöglich zu schützen. Für die Einhaltung der Grenzen gegenüber Kindern und Jugendlichen sind immer die erwachsenen Leitungspersonen verantwortlich.

Transparenter Umgang mit Risikosituationen: Prävention und Risikomanagement

Nähe und Distanz: Beziehungsarbeit zu Kindern und Jugendlichen bedingt Nähe, damit sich die Kinder wohl fühlen. Ebenso wichtig ist die klare Distanz. Damit diese Balance im WWF-Alltag gelingt, braucht es Reflexion, Austausch und Transparenz zu konkreten Alltagssituationen.

Reflexionsfragen zu Risikosituationen: Folgende Fragen zur Gestaltung von Risikosituationen sind in den Teams und Angeboten des WWF handlungsleitend:

→ Was passt zur Rolle und Auftrag als Leitende in konkreten Risikosituationen (Rollenklarheit)?

→ Wie gestalten wir Risikosituationen angemessen, kindgerecht und risikoarm?

→ Wann müssen wir den WWF, andere Leiter, die Eltern oder die Kinder/Jugendlichen informieren?

Feedbackkultur: Rund um Risikosituationen begegnen wir uns als Leiter und Leiterinnen vertrauensvoll, aber anspruchsvoll, d.h. wir verbessern gemeinsam und stetig die Qualität und Transparenz rund um Risiko-situationen. Gegenseitige Rückmeldungen und Austausch zu Nähe und Distanz im Graubereich sind explizit erwünscht.

Schwelle für Taten: Mit Transparenz, Feedback und Qualitätssicherung erschweren wir, dass Risikosituati-onen schrittweise für den Aufbau von sexueller Ausbeutung ausgenutzt werden können. Subtile Distanzver-luste gehen einer Tat voraus, lange bevor es zu Straftaten kommt (Grooming). Täter und Täterinnen gehen sehr strategisch vor. Mit gemeinsamen Haltungen rund um heikle Situationen schaffen wir Schwellen für den Aufbau von Taten.

Schutz aller Seiten: Ein vorausschauendes Risikomanagement dient dem Schutz aller: Dem Schutz der Kinder vor Übergriffen und dem Schutz der Leitungspersonen vor Missverständnissen und Falschanschuldi-gungen.

Unterscheidung von Verdacht auf Straftaten: Wer im Graubereich Grenzen überschreitet, ist noch keine Sexualstraftäterin und steht nicht unter Verdacht. Er oder sie ist jedoch verpflichtet, sich der gemeinsamen Reflexion zu stellen, das eigene Verhalten zu überdenken und zu korrigieren bzw. den Haltungen des Lager-teams und WWF Schweiz anzupassen.

Kompetenter Umgang mit Verdachtsmomenten und Krisen: Intervention und Krisenmanagement

Koordinierte Schritte durch Fallführung und den WWF-Krisenstab: Handle bei Verdacht (z.B Signale von Kindern, Aussagen von Kindern/Eltern/Zeugen) auf Straftaten nie ohne Absprache mit der internen Ab-sprechperson. Alle Schritte (z.B. der Einbezug von oder die Kommunikation an weitere Personen) obliegen der internen Ansprechperson, welche zusammen mit dem Krisenstab die Fallführung übernimmt und sich mit externen Fachstellen vernetzt.

Interne Meldepflicht: Bei Verdacht auf Strafdelikte besteht in allen WWF-Angeboten eine interne Melde-pflicht an die Ansprechperson des WWF Schweiz. Diese garantiert ein bedachtes, professionelles und koor-diniertes Vorgehen.

Offenes Ohr für das Kind: Wenn ein Kind sich dir anvertraut und von sexueller Ausbeutung erzählt, glaube ihm. Ermutige es in seinen gemachten Aussagen, aber frage es nicht weiter aus. Eine Beurteilung von Aus-sagen oder eine Erstbefragung liegen nicht in deiner Hand. Mach dem Kind auch deine Pflichten transparent (z.B. die interne Meldepflicht).

Dokumentation: Mache dir zeitnah Notizen von Beobachtungen und Bemerkungen des mutmasslichen Op-fers und trenne dabei möglichst von deinen eigenen Interpretationen.

Keine Konfrontation der Beschuldigten: Sprich die verdächtigte Person auf keinen Fall direkt auf einen Verdacht auf Straftaten an, da dies die Klärungschancen vermindert und mögliche Tatpersonen vorwarnt. Es ist immer Aufgabe der Fallführung zu entscheiden, wann erwachsene Beschuldigte angehört werden.

Wenn du selbst unter Verdacht stehst: WWF Schweiz nimmt alle Verdachtsmomente ernst bzw. führt sie einer sorgfältigen Klärung zu. Als beschuldigte Leiter oder Leiterin kannst du auf ein sorgsames, zielgerich-tetes und professionelles Vorgehen zählen. Es gilt die Unschuldsvermutung, bis ein Verdacht bestätigt oder verworfen ist.

Lieber einmal zu viel anrufen, als einmal zu wenig!

Die Unterscheidung von 1.) Irritationen/ vagen Vermutungen rund um Risikosituationen im Graubereich einerseits und 2.) Verdachtsmomenten auf Straftaten andrerseits ist nicht immer einfach. Die Ansprechperson des WWF steht dir bei Unsicherheiten zu den Handlungsmöglichkeiten und -pflichten zu Verfügung. Sie berät sich bei Unsi-cherheiten der Einordnung ihrerseits mit der Fachstelle Limita.

Interne Ansprechperson und Präventionsverantwortliche des WWF Schweiz:

Corina Achermann, corina.achermann@wwf.ch, Tel. 044 297 21 60, Notfalltelefon WWF: 079 104 80 10 Irritationen

“Ich bin irritiert, aber ich gehe davon aus, dass das Verhalten der

Betreuenden gute Gründehat.”

Schutz der Umwelt und Natur

Die Lagerleitenden vertreten den WWF und handeln nach seinen Grundsätzen: Sie leben ökologi-sches und nachhaltiges Verhalten vor und thematisieren dieses mit den Teilnehmenden - z.B. An-reise mit den ÖV, sparsamer Umgang mit Wasser und Energie, rücksichtsvoller Umgang mit der Natur, Gebrauch von umweltfreundlichen Reinigungsmitteln, Verwendung von möglichst biolo-gisch, saisonal, lokal und fair produzierten Lebensmitteln. Sie ermöglichen den Teilnehmenden tolle Naturerlebnisse. So vermitteln sie ihnen umweltbewusstes Verhalten und einen positiven Bezug zur Natur.

Schutz der Kinder und Jugendlichen

Die Lagerleitenden respektieren die seelische, körperliche und sexuelle Integrität der anvertrauten Kinder und Jugendlichen. Sie schützen die Kinder und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt und anderen Grenzverletzungen in den Lagern. Die Leitenden handeln gemäss dem «Verhaltenskodex für Lagerleitende» auf der Rückseite dieses Dokuments.

Vorbildfunktion im Umgang mit Genussmitteln

Die Lagerleitenden handeln verantwortungsvoll und sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst.

Alko-hol und Tabak sind in verantwortbarer Menge erlaubt. Alle Leitenden sind jederzeit in der Lage,

Verantwortung für die Teilnehmenden zu übernehmen. Illegale Substanzen werden nicht toleriert.

Die Lagerleitenden handeln verantwortungsvoll und sind sich ihrer Vorbildfunktion bewusst.

Alko-hol und Tabak sind in verantwortbarer Menge erlaubt. Alle Leitenden sind jederzeit in der Lage,

Verantwortung für die Teilnehmenden zu übernehmen. Illegale Substanzen werden nicht toleriert.

Im Dokument Lagerleitung im Umweltbereich (Seite 145-153)