• Keine Ergebnisse gefunden

Nachtaktivität

Im Dokument Lagerleitung im Umweltbereich (Seite 97-101)

4. Lageraktivitäten

4.8. Nachtaktivität

Mit der Nacht beginnt eine ungewohnte, neue Welt – viel wirkt anders, Entfernungen sind schwerer ein-zuschätzen, Geräusche sind deutlicher wahrnehm-bar, Lichter wirken beeindruckend, die Orientierung im Gelände wird schwieriger. Der Schatten der Bäume, das Knacken eines Astes oder der bellende Hund werden zu «Ungeheuern». Weil nicht alles sichtbar ist, bleibt vieles ungewiss, Fantasie.

Das Erlebnis der Nacht

• hat auf Kinder und Jugendliche eine grosse Anziehungskraft.

• verstärkt das Gefühl, aufeinander angewiesen zu sein.

• erleichtert Gespräche (beim Wandern).

• erlaubt es, Mut zu beweisen, Angst hinunterzuschlucken und Selbstvertrauen zu gewinnen.

Das Nachterlebnis allein genügt meist, es müssen nicht Draculas, Vampire, Gangster etc. erfunden werden, die Angst einjagen. Das tiefe Nachterlebnis kann so sogar zerstört werden. Es bedeutet den Teilnehmenden schon sehr viel, alleine ein Waldstück zu durchqueren oder einem Wanderweg in der Bachschlucht zu folgen!

Beispiele für Nachtaktivitäten

Abendbummel, Vollmondwanderung

Wanderung zum Sonnenaufgang

Postenwanderung: Schwierigkeitsgrad unbedingt dem Alter der Teilnehmenden anpassen! Unterwegs können Aufgaben an betreuten oder nicht betreuten Posten warten.

Für Jüngere: Den Weg mit Kerzen (z.B. Rechaudkerzen in Joghurtgläsern) oder Fackeln kennzeichnen, die Kinder nicht alleine, sondern zu zweit/dritt losschicken und möglichst betreute Posten einrichten.

Für Ältere: Weg von Anfang an auf Karten einzeichnen (Linienlauf). Vielleicht müssen sich die Teilneh-menden auch von Posten zu Posten durchfragen. Die Posten können auch unbetreut sein.

Geländespiele: Da die Nacht das Spiel erschwert, sollten einfache Spielregeln gewählt werden. Evtl. spielen zwei Gruppen gegeneinander (Räuber-und-Poli-Regeln anpassen). Das Spielgelände muss in jedem Fall abgegrenzt (Spielgelände besser zu klein als zu gross) und nach Risiken abgesucht werden.

Für Verirrte muss ein Treffpunkt festgelegt werden. Ein deutlicher Schlusspunkt und evtl. die Auflösung am gemeinsamen Feuer (warmer Tee oder ruhiger Heimmarsch) beruhigt.

Übernachtung im Freien (evtl. freiwillig)

Sicherheitstipps

Keine Nachtspiele in unbekannten Gebieten (steile Tobel oder Bergruinen mit Abgründen)

Auf angemessene Kleidung und Ausrüstung der Kinder achten

Keine Nachtspiele auf Zeit (Verletzungsgefahr)

Notfalltreffpunkt und Abbruchzeit sowie evtl. Notfallnummer bekanntgeben

Distanz zu bewohnten Gebieten lässt die Leute dort in Ruhe schlafen

Beispiele für Nachtaktivitäten

Die Welt bei Nacht

Unheimliche Käuzchenrufe, röchelndes Bellen von Rehböcken, durchdringende Fuchslaute, knarrende Äste – all die fremden Geräusche der Nacht lassen uns die Natur noch geheimnisvoller erscheinen. Viele Tiere, die man in der Nacht hören kann, bekommt man selten zu sehen. Um sie zu entdecken, kann eine Taschenlampe hilfreich sein.

Streife mit dem Lichtkegel über das Gelände – vielleicht triffst du plötzlich auf ein leuchtendes Augenpaar. Um die Tiere weniger zu stören, benützt du eine Taschenlampe mit Rotlicht oder überdeckst sie mit einem roten Filter oder einem Zellophan-Papier. Tiere werden durch rotes Licht weniger beunruhigt. Nicht nur wegen der Beobachtung

von Tieren sind Nachtwanderungen ein wichtiges Erlebnis. Kinder sind in der Nacht aufgeschlossener und nach-denklicher. Sobald es dunkler wird, fühlen sie sich wohler, wenn sie näher beisammen sind. Nachdem sie eine Weile auf Geräusche gehorcht haben, fangen sie meistens an, über ihre Ängste vor Dunkelheit und wilden Tieren zu spre-chen. Oft lässt das Aussprechen solcher Ängste diese verschwinden und die Kinder kehren mit einem Gefühl ent-spannten Selbstvertrauens zum Lager zurück.

Mimikry

Für dieses Spiel teilt sich die Gruppe in zwei Hälften; die einen tarnen sich, die anderen suchen. Es wird abgespro-chen, auf welchem Wegstück gespielt wird und wie weit diejenigen, die sich verstecken, vom Weg abweichen dürfen.

Von mindestens einer Stelle des Weges muss der Körper der jeweils getarnten Person sichtbar sein. Die Getarnten müssen also versuchen, sich ganz den Umrissen ihrer Umgebung anzupassen, um nicht entdeckt zu werden. Nun gehen die Jäger auf die Suche. Sobald ein Jäger dicht an einem Getarnten vorbeigegangen ist, ohne etwas zu be-merken, sollte sich der Getarnte zu erkennen geben. «Indianer, die für diesen Zweck manchmal auch Tarnkleidung benutzten, waren bestrebt, sich ganz in das Bewusstsein des Wesens, das sie verkörpern, hineinzufühlen. Sie wuss-ten, dass der Hirsch, der Bär oder der Vogel, den sie jagwuss-ten, ihre Anwesenheit nicht nur mit Augen, Nase und Ohren ausmachte, sondern eine besondere Fähigkeit hatte, ihre Gegenwart zu spüren. Auch wir Menschen besitzen diese Gabe, und jene, die sich bei diesem Spiel verstecken, werden sie vielleicht in sich entdecken, wenn sie versuchen, zu einem Teil des Baumes zu werden, der sie tarnen soll. Ebenso die Jäger, wenn es ihnen gelingt, eine fremde Ausstrahlung zwischen Felsen und Büschen zu erspüren» (Joseph Cornell).

Lichterpfad

In einem Abstand von 20 bis 50 m werden Tee- oder Windlichter an besonderen Stellen in der Natur aufgestellt: an einer knorrigen Wurzel, an einem kleinen Tümpel, bei einem Naturkunstwerk, das ihr gebaut habt, an einer «Zwer-genhöhle» usw. Wichtig ist, dass die Kinder das nächste Licht gerade noch entdecken können. Vielleicht ist ein Rätsel mit den besonderen Gegenständen jeden Ortes verbunden. Die Kinder werden ohne Taschenlampe einzeln oder in kleinen Gruppen auf die Reise geschickt, und sollen dabei möglichst leise sein. Beim letzten Licht werden sie den Ruf eines Waldkauzes hören oder einen leisen Flötenton und sollen dorthin kommen, woher der Ton stammt. Dort werden sie von der Lagerleitung empfangen, mit einer kleinen Überraschung oder mit einem Puzzle-stück eines Rätsels, zu dessen Lösung sie die anderen Teilnehmenden brauchen. Auf diese gilt es erstmals still zu warten.

Glühwürmchen

Die Weibchen der Glühwürmchen bzw. Leuchtkäfer locken Männchen mit einem artspezifischen Lichtsignal an. Als Spielgelände eignet sich ein dichter dunkler Wald am besten. Die Kinder werden in Artgruppen aufgeteilt, einigen sich jeweils auf ein Signal mit ihrer Taschenlampe und bestimmen, wer das Weibchen spielt. Dann verteilen sich die Glühwurm-Weibchen in einigem Abstand (ca. 50 m) im Gelände. Beim Spielstartsignal beginnen sie, ihre spe-zifischen Leuchtsignale auszusenden, um ihre Männchen anzulocken. Sie dürfen dabei auch die Leuchtsignale der anderen Leuchtkäfer imitieren, um die artfremden Männchen zu täuschen. Welche Artgruppe hat sich zuerst ge-funden?

Sonnenuntergang

Der späte Abend draussen ist ein spannendes Erlebnis. Viele Tiere sind aktiv und können leicht beobachtet werden.

Die letzten Sonnenstrahlen tauchen alles in ein goldenes Licht und der westliche Himmel ist wunderschön erleuch-tet. Dann, wenn die Sonne uns verlässt, sehen wir die Sterne – zunächst nur einige wenige, dann tausende. Dieses Spiel hilft, die aufregenden Ereignisse, die um diese Zeit des Sonnenuntergangs stattfinden, wahrzunehmen und zu geniessen.

Erstelle für die Teilnehmenden eine Liste mit möglichen Beobachtungen. Was davon tatsächlich zu sehen ist, hängt von der Gegend und der Jahreszeit ab. Die Teilnehmenden notieren jeweils eine Zahl zu den Ereignissen, um die Reihenfolge festzustellen, in denen sie geschehen.

Mögliche Beobachtungen sind:

Tagaktive Vögel singen nicht mehr

Eulen oder andere Nachtvögel rufen

Die Wolken wechseln ihre Farbe

Lass die Teilnehmenden jedoch nicht nur den Sonnenuntergang am westlichen Himmel beobachten, sondern auch in die anderen Richtungen schauen. Es soll nicht darum gehen, dass sie etwas verpassen könnten, oder dass die Reihenfolge nicht genau stimmen könnte. Da jede Gegend einzigartig ist, werdet ihr zusätzlich noch viel mehr be-obachten können. Vielleicht sehrt ihr einen Vogelschwarm, der sich auf einem Baum versammelt, ein Säugetier, das sich auf seinen nächtlichen Streifzug begibt, Fische, die nach Insekten springen, oder quakende Frösche. Wenn die Teilnehmenden etwas Neues entdecken, sollen sie es unter dem Titel «Weitere Ereignisse» notieren.

Sternstunden

Ein klarer Sternenhimmel regt zum Fragen an:

Wie finden wir den Polarstern, wo ist also Norden?

Wer kennt Sternbilder und kann sie mit Teelichtern auf der Wiese nachbilden?

Welche Sternbilder entdecken wir und wie bezeichnen wir sie?

Was ist hinter dem Sternenhimmel?

«Ein seltsamer Gedanke, dass wir auf einem kleinen Planeten irgendwo im Universum leben [...] Eine Lichtminute [...] sind 300‘000 mal 60, also 18 Millionen Kilometer [...] Die Sonne ist acht Lichtminuten von uns entfernt [...]

unsere Galaxis 90‘000 Lichtjahre breit [...] der Andromedanebel ist zwei Millionen Lichtjahre von unserer Galaxis entfernt [...] Das bedeutet, dass das Licht dieser Galaxis zwei Millionen Jahre braucht, um uns zu erreichen, was wiederum heisst, dass wir zwei Millionen Jahre in die Vergangenheit blicken, wenn wir den Andromedanebel hoch oben am Himmel sehen [...] Und was ist dahinter, wie hat alles angefangen, woher kommt die Welt und was sind wir? Alle Organismen bestehen aus Grundstoffen, die irgendwann einmal zu einem Stern zusammengebacken wor-den sind [..]. auch wir sind Sternenstaub» (Jostein Gaarder).

Angesichts dieser Dimensionen wird uns vielleicht bewusst, wie einmalig die Existenz der Erde, des Lebens eigent-lich ist. Ein Biwak unter freiem Himmel, vielleicht sogar oben am Berg, kann ein tiefes Erlebnis anderer Zeit- und Raumdimensionen sein.

Im Dokument Lagerleitung im Umweltbereich (Seite 97-101)