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Pfl egeberufl ich Qualifi zierte: Betrachtung einer neuen Studierendengruppe beim Übergang in die Hochschule

Im Dokument Übergänge gestalten (Seite 151-154)

1. Einleitung

Seit dem Beschluss der Kultusministerkonferenz zur Öffnung der Hochschulen (KMK 2009) ist es möglich, auf Grundlage einer berufl ichen Qualifi kation auch ohne Abitur zu studieren1. Mit den offeneren Zugangswegen an die Hochschulen soll der Übergang von der berufl ichen in die akademische Bildung erleichtert wer-den (BMBF 2013: 10). Dadurch entstehen für die Hochschulen neue potenzielle Zielgruppen und es ergeben sich neue Herausforderungen (vgl. Bonse-Rohmann/

Riedel et al. 2013: 168). Ob die neuen Entwicklungen dazu beitragen, die unter-schiedlichen Bildungssysteme durchlässiger zu machen, hängt davon ab, ob die neuen Zielgruppen erreicht werden und davon, ob sie integriert werden und das Studium erfolgreich abschließen (vgl. Hanft 2013: 10f.). Dabei stellt sich die Fra-ge, wie sich die neuen Zielgruppen an der Hochschule zurechtfi nden und ob die Studierendenschaft durch die neuen Zugangswege heterogener wird. Ein Schritt hin zur Beantwortung dieser Frage stellt für die Hochschule Esslingen die Durchfüh-rung des Projekts FUgE2 dar, welches Pfl egestudierende an der Hochschule Esslin-gen in ihrer Vielfalt analysiert, um (Bildungs-)Angebote entsprechend anzupassen.

Im Zentrum des Projekts FUgE stehen die Erfassung und Analyse der Erfah-rungen und HerausfordeErfah-rungen des Übergangs sowie der Lebens- und Studiensitu-ation von pfl egeberufl ich qualifi zierten Studierenden. Auf dieser Basis ist es mög-lich, bestehende Angebote und Maßnahmen hinsichtlich ihrer Bedarfsgerechtigkeit zu analysieren, anzupassen und zu ergänzen (vgl. Bertsch/Kimmerle et al. 2013).

Unter Bedarfsgerechtigkeit wird hier in erster Linie verstanden, dass die Angebo-te den Bedürfnissen und Bedingungen der Zielgruppe gerecht werden. Die Frage der Bedarfsgerechtigkeit in Bezug auf den Bedarf spezifi scher Fachkräfte und die

1 Die Voraussetzungen für den Hochschulzugang sind in den Hochschulgesetzen der einzel-nen Bundesländer geregelt, für die Hochschule Esslingen im Landeshochschulgesetz (LHG) Baden-Württemberg. Demzufolge erlangen Absolvent(inn)en einer anerkannten berufl ichen Aufstiegsfortbildung eine Berechtigung zum Studium aller Fachrichtungen (§58 Abs. 2 S. 5 LHG). Weiter können berufl ich Qualifi zierte über das Ableisten einer Eignungsprüfung zu einem der Berufsausbildung fachlich entsprechenden Studiengang zugelassen werden (§58 Abs. 2 S. 6 LHG). Diese Zugangswege an die Hochschule werden in der einschlägigen Lite-ratur auch als „Dritter Bildungsweg“ und in diesem Text als „besonderer Hochschulzugang“

bezeichnet.

2 FUgE steht für die „Förderung der Uebergänge und des Erfolgs im Studium von pfl egeberuf-lich Qualifi zierten“. Dabei handelt es sich um ein Forschungsprojekt im Rahmen der BMBF-Initiative „ANKOM – Übergänge von der berufl ichen in die hochschulische Bildung“, wel-ches vom 01. November 2011 bis 31. Dezember 2014 an der Hochschule Esslingen unter der Leitung von Herrn Prof. Dr. Bonse-Rohmann und Frau Prof. Dr. Riedel durchgeführt wurde.

Perspektive der Praxis wird an dieser Stelle nicht vertiefend betrachtet (vgl. Bon-se-Rohmann/Riedel et al. 2013: 169f.). Um fundiert argumentieren zu können, wer-den die Lebens- und Studienbedingungen, Bedürfnisse und Erfahrungen von Pfl e-gestudierenden3 an der Hochschule Esslingen sowohl mit quantitativen als auch mit qualitativen Methoden untersucht. Ein besonderer Fokus liegt dabei auf der soge-nannten „neuen Zielgruppe“: Studierende ohne schulische Hochschulzugangsbe-rechtigung.4

Die Pfl egestudiengänge an der Hochschule Esslingen bauen auf der pfl egebe-rufl ichen Bildung auf und setzen diese als Zugangsbedingung voraus. Demzufol-ge verfüDemzufol-gen alle Pfl egestudierenden über eine dreijährige berufl iche Qualifi kation, wenn sie das Studium beginnen.5 Nicht alle Studieninteressierten nehmen direkt nach der Ausbildung das Studium auf. Wann berufl ich qualifi zierte Studieninteres-sierte ein Studium aufnehmen, hängt unter anderem davon ab, ob sie bereits alle Zugangsvoraussetzungen erfüllen und ob sie zunächst in ihrem Ausbildungsberuf vollumfänglich arbeiten möchten (vgl. Bonse-Rohmann/Riedel et al. 2013: 165).

Wenn keine schulische Hochschulzugangsberechtigung vorliegt, ist Studieninter-essierten ein Hochschulzugang auf dem zweiten oder dritten Bildungsweg mög-lich. An der Hochschule Esslingen richtet sich das Studienangebot seit Einführung der Pfl egestudiengänge (1999) explizit auch an Studierende, die nach Abschluss der Berufsausbildung eine Hochschulzugangsberechtigung über den zweiten Bil-dungsweg6 erwerben. Insofern ist diese Zielgruppe für die Hochschule Esslingen nicht neu. Der Terminus „neue Zielgruppe“ trifft hingegen für Studierende des so-genannten „dritten Bildungswegs“ zu. Das sind Studieninteressierte ohne schuli-sche Hochschulzugangsberechtigung, die nach Abschluss einer Berufsausbildung in einem zum angestrebten Studiengang affi nen Bereich eine dreijährige Berufspra-xis vorweisen oder eine anerkannte berufl iche Aufstiegsfortbildungsprüfung abge-schlossen haben, um eine Zugangsberechtigung zum Studium zu erlangen (KMK 2009). Je nach Bundesland kann diese Gruppe auch über weitere Wege einen Zu-gang zur Hochschule erreichen, wie z.B. in Baden-Württemberg über das Bestehen einer Eignungsprüfung (vgl. Bonse-Rohmann/Riedel 2013: 285). Studierende ohne schulische Zugangsberechtigung werden an der Hochschule Esslingen „Studierende 3 Der Begriff „Pfl egestudierende“ wird aufgrund der Lesefreundlichkeit als Überbegriff für Studierende der Studiengänge Bachelor Pfl ege/Pfl egemanagement und Bachelor Pfl egepäda-gogik benutzt.

4 Studierende ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung werden in der Literatur häufi g als „Berufl ich Qualifi zierte“ betitelt. Da an der Hochschule Esslingen in den Pfl egestudien-gängen jedoch alle Studierenden eine berufl iche Qualifi kation aufweisen, weil dies Zugangs-voraussetzung ist, wird die Bezeichnung „Studierende mit besonderem Hochschulzugang“

gewählt.

5 Für die Studiengänge Bachelor Pfl ege/Pfl egemanagement und Bachelor Pfl egepädagogik an der Hochschule Esslingen ist das eine abgeschlossene, mindestens dreijährige Berufsausbil-dung in der Altenpfl ege oder Gesundheits- und Krankenpfl ege oder Gesundheits- und Kinder-krankenpfl ege oder eine Hebammenausbildung.

6 Studierende des „Zweiten Bildungswegs“ haben die Hochschulzugangsberechtigung (meist) nach Absolvieren einer berufl ichen Qualifi kation schulisch erworben z.B. an Abendgymnasi-en oder Kollegs. Sie verfügAbendgymnasi-en dann über die fachgebundAbendgymnasi-ene Hochschulreife oder die Fach-hochschulreife.

mit besonderem Hochschulzugang“ genannt. In den Pfl egestudiengängen umfasst diese Studierendengruppe etwa 10%. Im Vergleich hierzu studieren bundesweit 3 bis 4% ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung (vgl. Scheller/Isleib et al.

2013: 22). Demzufolge ist der Anteil Studierender mit besonderem Hochschulzu-gang in den Pfl egestudiengängen an der Hochschule Esslingen vergleichsweise hoch, weshalb diese Studierendengruppe von besonderem Interesse ist.

Die zentrale Fragestellung für diesen Beitrag lautet: Wie erleben pfl egeberufl ich Qualifi zierte den Übergang an die Hochschule und wie lassen sie sich charakteri-sieren? Um eine empirische Basis zur Entwicklung von Maßnahmen und Angebo-ten an der Hochschule zu schaffen, wurden folgende unterschiedliche Erhebungen durchgeführt:

• Standardisierte Befragung von Auszubildenden

• Standardisierte Befragung von Pfl egestudierenden

• Interviews mit Studierenden mit besonderem Hochschulzugang

Grundlegend war die Annahme, dass sich Gruppen von Studieninteressierten oder Studierenden durch gemeinsame Eigenschaften auszeichnen, vergleichbare Bil-dungsbedürfnisse und ggf. ähnlichen Unterstützungsbedarf haben und daher spe-zifi sche Angebote und Maßnahmen brauchen (vgl. Bonse-Rohmann/Riedel et al.

2013: 165). Aus diesem Grund wurden Studieninteressierte und Studierende unter folgenden Dimensionen betrachtet:

• Soziodemographische Merkmale, z.B. Alter, Geschlecht und Bildungshinter-grund

• Lebens- und Studiensituation, z.B. Familienstatus, Erwerbsarbeit

In diesem Kontext eignet sich eine quantitative Vorgehensweise. Wie Studierende mit besonderem Hochschulzugang den Übergang von der Berufswelt an die Hoch-schule subjektiv erleben, wurde auf Basis der qualitativen Interviews näher be-trachtet. Dabei ging es um die Bedürfnisse und ggf. Unterstützungsbedarfe Stu-dierender ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung, aber auch darum, was diese Studierendengruppe auszeichnet, wie sie sich charakterisieren lässt. Ergän-zend zu soziodemographischen Daten und der Betrachtung der Lebens- und Studi-ensituation, werden Ergebnisse zu

• studienrelevanten Merkmalen Studierender mit besonderem Hochschulzugang in diesem Beitrag aufgezeigt.

Das methodische Vorgehen der einzelnen Erhebungen wird jeweils einleitend zu den entsprechenden Ergebnissen zusammenfassend dargestellt.

2. Studieninteressierte in der pfl egeberufl ichen Bildung:

Ergebnisse aus der standardisierten Befragung von

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