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„Perspektive Ingenieur“ – Informationsportal zum Studieneinstieg für berufl ich Qualifi zierte in

Im Dokument Übergänge gestalten (Seite 117-120)

ingenieurwissenschaftliche Studiengänge

1. Einleitung

Für Personen, die bereits einen Berufsabschluss haben, stellt ein Studium eine be-rufl iche Fort- bzw. Weiterbildung dar und konkurriert somit mit anderen Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen oder anderen Karriereplanungen. Die Entscheidung für ein Studium bzw. für einen bestimmten Studiengang ist dann das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses (vgl. Hachmeister/Harde et al. 2007). Informationen über unterschiedliche Alternativen werden eingeholt und abgewogen. Jene Alternative, die den eigenen Erwartungen am ehesten entspricht, wird dann gewählt.

Auch die Entscheidung, ein begonnenes Studium abzubrechen, ist das Ergebnis eines Entscheidungsprozesses (Heublein/Hutzsch et al. 2010: III). Der Entschluss für den Abbruch eines Studiums lässt sich dabei auf eine Vielzahl von äußeren Faktoren (Studienbedingungen, Betreuungsleistungen, Möglichkeiten der Studien-fi nanzierung etc.) und inneren Faktoren (Studienwahlmotive, Leistungsvermö-gen etc.) zurückführen, die sich in einer längeren Zeitspanne kumulieren und un-tereinander bedingen und verstärken (a.a.O.). Ein Grund, warum Faktoren wirken können, liegt in der Abweichung von Erwartungen und der Wahrnehmung der ak-tuellen Situation. So kann es zu einer kognitiven Dissonanz und den damit ver-bundenen Aufl ösungsstrategien kommen, wie beispielsweise Vermeidung (hier der Studienabbruch) (vgl. Betsch/Funke et al. 2011: 118). Somit ist die Qualität der Entscheidung von den eingeholten Informationen und den eigenen Erwartungen ab-hängig.

Mit dem Informationsportal „PI – Perspektive Ingenieur“, das von der TÜV Rheinland Akademie in Kooperation mit der ehemaligen Hochschule Lausitz (jetzt Brandenburgische Technische Universität) im ANKOM-Übergänge-Projekt „Beruf

→ Hochschule“ entwickelt wurde, soll ein Instrument zur Verfügung gestellt wer-den, das die Entscheidung zu einem Ingenieurstudium positiv beeinfl usst und die Wahrscheinlichkeit für den Abbruch eines Studiums in ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen senkt. Im Sinne eines, wie oben kurz angerissenen, Entscheidungs-prozesses sollen angehende Studierende, die ihre Hochschulzugangsberechtigung über die berufl iche Qualifi kation erlangt haben, Informationen abrufen können, die dazu geeignet sind, die Erwartungen an das gewählte Studienfach und das Studie-ren an sich realistisch anzupassen. Des WeiteStudie-ren haben die Studieninteressierten die Möglichkeit, ihre mathematischen Kompetenzen anhand eines Online-Assess-ments zu testen. Denn Mathematik ist eine der wesentlichen fachlichen Kompeten-zen, die in einem gewissen Maß (mindestens das Niveau des Fachabiturs) bereits

Britta Bellen &Jens Tiesler

bei Studienbeginn vorhanden sein muss. Da üblicherweise schon in der Studie-neingangsphase in den ingenieurwissenschaftlichen Fächern auf die Mathema-tik der gymnasialen Oberstufe zurückgegriffen wird, ist es vor allem für berufl ich Qualifi zierte wichtig, den eigenen aktuellen Kompetenzstand richtig einschätzen zu können. Da diese Studieninteressierten in der Regel die Mathematikkurse der gymnasialen Oberstufe nicht besucht haben, soll ihnen mit dem mathematischen Online-Assessment im Informationsportal „PI – Perspektive Ingenieur“ dazu ein Instrument an die Hand gegeben werden, eigene noch aktuell vorhandene Defi zite zu erkennen, um Frustration in der Eingangsphase vermeiden zu können. Ziel des Portals ist dabei nicht, Studieninteressierte von einem Studium abzuschrecken, son-dern vielmehr Erwartungen realistisch anzupassen und die Selbstwahrnehmung der mathematischen Kompetenzen zu stärken, Schwächen zu erkennen und zum Abbau dieser zu motivieren.

2. Ausgangslage

Um die gesellschaftlichen Ressourcen effi zient einzusetzen, bleibt die Senkung der Studienabbruchquote eine wichtige Herausforderung für Hochschulen. Die ho-hen Abbruchquoten gerade in den Ingenieurwissenschaften, 48% an Universitäten und 30% an Fachhochschulen, zeigen dies überdeutlich (vgl. Heublein/Richter et al. 2012). Daher sind insbesondere die Gründe von Interesse, die einen Studien-abbruch bewirken können.

Heublein/Hutzsch et al. (2010) identifi zieren in ihrer Studie zu den Ursachen von Studienabbrüchen faktorenanalytisch acht Studienabbruchsgründe (vgl. a.a.O.:

17ff.):

• Berufl iche Neuorientierung (10%)

Wenn sich bereits Studierende von einem eher theoriegeleiteten Hochschulstu-dium weg zu einer mehr praktischen berufl ichen Tätigkeit hin neu orientieren (Heublein/Hutzsch et al. 2010: 38), kann man annehmen, dass sich diese Perso-nen über die Inhalte und Form des Studiums bzw. des Studiengangs nicht voll-ständig bewusst waren, sonst wäre die Entscheidung wohl bereits vor Studienbe-ginn gefallen. Das Gleiche gilt dann sicherlich auch für die Studienrichtung an sich, an deren Ende ja eine spezielle zukünftige berufl iche Perspektive steht.

• Studienbedingungen (12%)

Ebenfalls werden als Grund für einen Studienabbruch die Studienbedingungen genannt (vgl. a.a.O.: 32). Vor allem ein fehlender Berufs- und Praxisbezug und mangelhafte Organisation des Studiums wirken in diesem Zusammenhang ab-bruchentscheidend. Ein Studium zeichnet sich aber gerade durch einen hohen Anteil an Theorie aus. Angehende Studierende müssen sich diesem Punkt be-wusst sein, insbesondere weil dieser hohe theoretische Anteil zu einem hohen Maß an Lernvolumen führt. Auch die Fähigkeit zum selbstregulierten Lernen ist eine wichtige studentische Kompetenz, die sich von anderen Bildungswegen un-terscheidet.

• Mangelnde Studienmotivation (18%)

Auch die Identifi kation mit dem Fach, dem Berufsbild und die berufl iche Pers-pektive beeinfl ussen die Studienmotivation und somit den Verbleib im Studium positiv (vgl. a.a.O.: 28). Wird hingegen die Studienfachwahl als falsch wahrge-nommen oder die späteren Berufstätigkeiten, die sich aus dem Studienfach er-geben, werden nicht gewünscht oder die möglichen Berufe haben schlechte Ar-beitsmarktchancen, kann auch das zu einem Studienausstieg führen (vgl. a.a.O.).

• Leistungsprobleme (20%) und Prüfungsversagen (11%)

Ein besonders wichtiger Punkt bei Studienabbrüchen sind Leistungsprobleme und Prüfungsversagen, wenn Studierende es nicht schaffen, das fachliche Ni-veau oder die Menge des dargebotenen Stoffes ihres Studiums zu bewältigen (vgl. a.a.O.: 21ff.). Diese Leistungsprobleme führen dann zu Zweifeln an der persönlichen Eignung für ein Studium allgemein oder für das jeweils gewähl-te Fach (vgl. a.a.O.: 21). So gaben 20% der Studierenden an, dass Leistungs-probleme ein Grund dafür waren, dass Studium abzubrechen. Diese hohe Zahl ist ein Hinweis darauf, dass die vorherigen Bildungswege nicht in ausreichen-dem Maße auf das Studium vorbereitet haben. Noch deutlicher wird dieses Bild in den ingenieurwissenschaftlichen Fächern, wo sich 43% der Abbrecher(innen) schlecht durch die Schule vorbereitet fühlen, bei den Absolvent(inn)en aber nur 23% (a.a.O.: 67)

sowie

• fi nanzielle Probleme (19%),

• familiäre Probleme (7%),

• Krankheit (4%).

Die letzten drei Gründe betreffen eher die Rahmenbedingungen der Person in ih-rem privaten Umfeld. Die ersten fünf Gründe hingegen liegen eher bei der Person selbst.

Bei all den benannten Gründen für einen Abbruch des Studiums lässt sich schlussfolgern, dass bei einigen angehenden Studierenden im Rahmen des Ent-scheidungsprozesses für ein Studium wichtige Informationen über das Studium nur bedingt vorhanden waren. Bei berufl ich qualifi zierten Personen, die bedingt durch ihren Bildungsweg nur teilweise über studienvorbereitendes Wissen verfügen, muss dieses Informationsdefi zit teilweise umso größer sein.

Ein wichtiger Aspekt, der zum Teil die Abbruchgründe „Leistungsprobleme“

und „Prüfungsversagen“ tangiert, ist zudem die Feststellung, dass ein Anteil von 40% der Studienabbrecher(innen) der natur- und ingenieurwissenschaftlichen Stu-diengänge angaben, dass ihre mathematischen Fähigkeiten für das Studium nicht ausreichend waren (vgl. a.a.O.: 72). Das ist umso gravierender, da die Autoren der Studie noch einmal die Wichtigkeit von mathematischen und naturwissenschaftli-chen Grundkenntnissen hervorhoben, um den Einstieg in das Studium zu meistern und dieses erfolgreich abzuschließen (vgl. a.a.O.).

Wenn also im Entscheidungsprozess fehlende Informationen zu unrealistischen Erwartungen an das Studium bzw. an den Studiengang geführt haben, lassen sich

Britta Bellen &Jens Tiesler

anhand der Analyse dieser Abbruchgründe im Umkehrschluss notwendige Informa-tionsbedarfe für die Studieninteressierten herleiten.

3. Ansatz im Projekt: Informationsportal

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