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Personalentwicklung und organisationales Umfeld

Im Dokument Übergänge gestalten (Seite 74-77)

Dimensionen der Fachstudienberatung im Spannungsfeld individualisierter Personalentwicklung und

3. Fachstudienberatung im Rahmen berufsbegleitender Studiengänge

3.2 Personalentwicklung und organisationales Umfeld

Berufstätig Studierende bewegen sich hinsichtlich ihrer individuellen Kompetenz-entwicklung nicht ausschließlich an der Hochschule, sondern auch in einem Ar-beitsfeld, das eingebettet ist in eine funktionsorientierte Organisation, die auf be-triebliche Zielerreichung ausgerichtet ist. Zur Funktionserfüllung ergeben sich Anforderungen an die Arbeitsplätze und die Stellen-/Personalentwicklung. Dieses Anforderungsspektrum wird vom Personalmanagement bzw. bei klein- und mittel-ständischen Unternehmen von der Geschäftsleitung bei allen Fragen zur Personal-entwicklung fokussiert.

Nimmt man ein Studium als ein Instrument zur Personalentwicklung von be-rufstätigen Personen in den Blick, um Anforderungen an die Fachstudienberatung zu entwickeln, so ist grundsätzlich zwischen berufsbegleitenden und berufsintegrie-renden Studiengängen zu unterscheiden.

Während bei einem berufsbegleitenden Studium der Betrieb zwar oftmals vom Studium betriebszugehöriger Personen weiß und dieses auch unterstützen kann, ist er aber nicht aktiv in die Qualifi kations- und Kompetenzentwicklung seines Perso-nals einbezogen. Daher werden eventuelle Anforderungen seitens der Betriebe nur indirekt über die Studienanwärter(innen) in die Fachstudienberatung eingespeist.

In berufsintegrierenden Studiengängen ist die Situation grundsätzlich durch eine direkte Beteiligung der Betriebe geprägt. Da es sich um ein duales Studium han-delt, ist der Betrieb ein eigener Lernort, der zur Kompetenzentwicklung der Studie-renden Beiträge leistet, die von der Hochschule qualitativ und quantitativ zu steu-ern sind (vgl. Wissenschaftsrat: 2013). Damit ergibt sich nach dieser Auffassung

für die Fachstudienberatung ein zusätzlicher Auftrag zur Betreuung der Anspruchs-gruppe des Personalmanagements.

Im Projekt Berufstalent +PLUS+ sind sowohl berufsbegleitende als auch ein be-rufsintegrierendes Studienprogramm(e) als Analysegegenstand integriert. Die Un-terschiedlichkeit der formalen Einbindung der Betriebe spiegelt sich auch in den Erfahrungen hinsichtlich des eingeforderten Beratungsbedarfs bei der Fachstudien-beratung wider.

Konkrete spezifi sche Ansprüche von Seiten der Arbeitgeber(innen) werden im Bereich der berufsbegleitenden Pfl egestudiengänge derzeit noch kaum an die Studienberatung herangetragen. Gleichwohl gibt es zu ausgewählten Einrichtun-gen enge KooperationsbeziehunEinrichtun-gen (im Studiengang Pfl egemanagement z.B. zu Krankenhäusern, Altenpfl egeeinrichtungen etc.). So werden Erkenntnisse zu An-sprüchen des Berufsfeldes deutlich. Diese sind jedoch eher betriebsübergreifen-der Natur und nicht im engen Sinne auf die Employability betriebsübergreifen-der Studierenden und Absolvent(inn)en für einzelne Firmen bezogen. So wurden bspw. im Rahmen eines Fachbeirates Ansprüche der Berufspraxis systematisch in die Entwicklung der Stu-dienprogramme einbezogen. Einzelne Arbeitgeber(innen) haben sich um eine en-gere Kooperation bemüht, um über die Entwicklung des Berufsfeldes informiert zu werden (Forschungsergebnisse) und um Optionen der Qualifi zierung ihrer Mit-arbeiter(innen) zu erfahren (Entwicklung des Studienangebots).

Im berufsintegrierenden Studienbereich Management betrieblicher Systeme wird das Personalmanagement als eigene Anspruchsgruppe geführt. In der Regel fi ndet vor Studienaufnahme mindestens ein Gespräch zum angestrebten Studienziel und zur Studienorganisation statt. Der Gesprächsbereich zum Studienziel fokussiert im Wesentlichen die angestrebte Personalentwicklung mit funktionaler, organisato-rischer Perspektive. Dabei kann, wie dieses in der strategischen Personalentwick-lung (vgl. Berthel/Becker 2010: 468) übergeordnet üblich ist, zwischen defi zit-orientierter und potenzialzit-orientierter Personalentwicklung differenziert werden. Bei der defi zitorientierten (bedarfsorientierten) Personalentwicklung wird ein ganz spe-zielles Stellenprofi l in den Blick genommen, auf das qualifi ziert werden soll. Inso-fern wird bei der Studienberatung das Modulspektrum auf fachliche Anschlussfä-higkeit an das Anforderungsprofi l hinterfragt. Dabei werden seitens der betrieblich Verantwortlichen Situationen geschildert, die von den Studienabsolvent(inn)en zu-künftig beherrscht werden sollen. Von der Studienberatung wird ein entsprechend hohes Problemverständnis erwartet.

Hierbei werden auch die bisherigen Qualifi kationswege der potenziell Studie-renden in den Blick genommen. Dabei spielt im Allgemeinen weniger die Anre-chenbarkeit bisher erworbener Kompetenzen auf Studieninhalte eine Rolle als vielmehr die Prüfung, ob die potenziell Studierenden die Anforderungen an das Studium erfüllen und an welche außerhochschulischen Qualifi kationen angeschlos-sen werden kann. Für den Betrieb ist das Studium eine Investition in das Hu-mankapital des Unternehmens und es soll weitestgehend sichergestellt werden, dass das Qualifi kationsziel auch erreichbar ist (Investitionsabsicherung). Dabei spielt

die Verlässlichkeit von Qualifi kationswegen sowie die Studierbarkeit zu defi nierten Zeiten eine ganz wesentliche Rolle.

In verallgemeinerter Form hat dieses Anforderungsprofi l auch unter potenzial-orientierter Personalentwicklungsperspektive Relevanz. Dabei wird mehr das Kom-petenzspektrum als Ganzes vom Personalmanagement hinterfragt und nicht so sehr auf ganz spezielle einzelne Module fokussiert. Gleichwohl spielen auch hier (zu-künftige) berufl iche Anforderungen eine Rolle. Es wird allerdings seitens des Be-triebs dem Umstand Rechnung getragen, dass diese zum einen nur beschränkt de-terminiert sind und zum anderen die individuelle Entwicklung der Studierenden (Interessen, Talente etc.) ebenfalls nur eingeschränkt ex ante defi niert werden kön-nen. Auf Grund der Unschärfe zukünftiger berufl icher Anforderungen und unsiche-rer Personalentwicklungswege ergeben sich zwei neue Anforderungsbereiche, den der Flexibilisierung und der Individualisierung von Studienverläufen (vgl. Arens-Fischer/Bloem et al. 2011: 7ff.) So zeigt sich empirisch, dass duale Studiengänge auch dazu genutzt werden, neue Berufsfelder zu erschließen. Dazu werden für neue berufl iche Arbeitsgebiete Qualifi kationsmöglichkeiten in Form von Hochschulmo-dulen gesucht, deren Lehrinhalte im Rahmen einer Theorie-Praxis-Vernetzung (vgl.

Wissenschaftsrat 2013) auf die Beiträge zur Kompetenzentwicklung für dieses Be-rufsfeld analysiert werden.

Für die Fachstudienberatung erwächst hieraus zum einen die Anforderung einer sehr genauen Kenntnis des Berufsfeldes sowie einer Einschätzung der potenziellen Entwicklungsoptionen der/des Studierenden mit ihren/seinen Tätigkeitsbereichen und zum anderen die Anforderung an ein sehr hohes Problemverständnis betriebli-cher Situationen im organisationalen Umfeld. Diese Anforderungsbereiche sind vor der detaillierten Kenntnis des Studienangebots zu spiegeln. Dabei kann aus der ak-tuellen Erfahrung schon jetzt belegt werden, dass die Individualisierung hinsicht-lich der Studieninhalte, aber auch der Studienorganisation, detaillierte Kenntnis-se des Zielstudiengangs, aber eben auch angrenzender Studienangebote erfordert.

So werden manche inhaltlichen Anforderungen häufi ger nicht durch einen Stu-diengang allein abgedeckt, sondern es erfordert Module aus anderen Studiengän-gen. Diese sind dann im Falle von Modulen eines studiengangübergreifenden Wahlbereichs anzuerkennen und bei Modulen anderer Studiengänge, die nicht ei-nem Wahlbereich zugeordnet sind, in Form eines Anrechnungsverfahrens (in der Regel in einer Ordnung geregeltes Verfahren) als Wahl- oder Wahlpfl ichtmodule in das Studium einzubringen sind. Dabei ist wichtig, dass dieses sowohl hinsichtlich der Teilnahme an den Lehrveranstaltungen als auch hinsichtlich der Anerkennung bzw. Anrechnung verlässlich möglich ist.

Als erschwerende Randbedingung ist dabei zu beachten, dass erfahrungsgemäß Beratungsgespräche mit Unternehmensvertreter(inne)n bis zu einem Jahr vor Studi-enaufnahme geführt werden. Berücksichtigt man, dass die hier vorgestellte berufs-integrierende Studienorganisationsform vier Studienjahre vorsieht, müssen Abspra-chen, die mit dem Betrieb getroffen wurden, einen entsprechend langen Zeitraum Gültigkeit haben – eine nicht ganz einfach zu bewältigende Aufgabe vor dem Hin-tergrund von im Hochschulbereich leider sehr häufi g anzutreffenden befristeten

Arbeitsverhältnissen (vgl. Bauer 2014). Wird schon in der (Erst-)Beratung deut-lich, dass es für ein gewünschtes Qualifi kationsziel erforderlich sein wird, vom Re-gelstudienplan abzuweichen und darüber hinaus auch noch Inhalte ins Studium zu integrieren, die nicht zu den eigentlichen Inhalten gehören, kann erwartet werden, dass sich die Studierenden eine beratende Begleitung im Studium wünschen, die sich im Verlauf nicht ändert, sondern quasi die Funktion einer Coachin bzw. eines Coaches übernimmt.

Als Hypothese kann zum jetzigen Zeitpunkt davon ausgegangen werden, dass eine Fachstudienberatung in der Qualität steigt, wenn die beratenden Personen hochschulseitig unbefristet beschäftigt sind und wenn die Hochschule für das be-ratende Personal Prozesse implementiert hat, die eine kontinuierlich zunehmende Kenntnis über das Berufsfeld und die darin liegenden Arbeitsfelder zum Ziel ha-ben. Dabei kann nach unserer Auffassung bei geeigneter methodischer Unterstüt-zung die Fachstudienberatung selbst ein solcher Prozess sein (vgl. Kap. 5 und 6).

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