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Methodisches Vorgehen bei der Leitfadenentwicklung

Empirischer Teil

8 Datenerhebung mit problemzentrierten Leitfadeninterviews

10.1 Methodisches Vorgehen bei der Leitfadenentwicklung

Um dem Gütekriterium der Verfahrensdokumentation (Mayring, 2002) zu entsprechen und so-mit den Forschungsprozess und die Ergebnisse nachvollziehbar zu machen, wird im Folgenden die Entwicklung des soziodemografischen Kurzfragebogens sowie des Interviewleitfadens auf Grundlage des Bildungs- und Lernkapitals ausgeführt.

10.1.1 Erstellung eines soziodemografischen Kurzfragebogens

Witzel (2000) schlägt einen Kurzfragebogen zur Erhebung von Sozialdaten und zur Erleichte-rung des Gesprächseinstiegs vor. In Anlehnung an die Vorgehensweise des PZIs wurde deshalb ein Kurzfragebogen entwickelt, durch den soziodemografische Daten abgefragt werden. Diese inkludieren das Alter, die Staatsbürgerschaft, den Familienstatus, das Vorhandensein von Kin-dern, den Beruf bzw. höchsten Bildungsabschluss des Vaters sowie der Mutter. Zudem wurden zum Studium das Fach, das derzeitige Fachsemester und die Universität erfasst. Der Zweck dieses Fragebogens bestand in der Erfassung von Hintergrundinformationen, die für das Ge-spräch und die Auswertung der Leitfäden von zentraler Bedeutung sind.

10.1.2 Erstellung des Leitfadens mithilfe des SPSS-Prinzips

Der Interviewleitfaden für das PZI erfolgte theoriegeleitet und wurde auf Grundlage des in Ka-pitel 5 (Bildungs- und Lernkapital: Ressourcen zur Erreichung von Leistungsexzellenz) erar-beiteten Wissens erstellt. Das Interview soll die Befragten dazu anregen, über ihre vorhandenen Ressourcen nachzudenken und möglichst offen darüber zu sprechen. Weiter sollen alle zehn unterschiedlichen Themenbereiche des Bildung- und Lernkapitals in den Interviews themati-siert werden.

Helfferich (2005) schlägt zur Erstellung eines Leitfadens das Sammeln-Prüfen-Sortieren-Sub-sumieren-Prinzip vor. Dieses ist abgekürzt als SPSS-Prinzip bekannt und besteht aus vier Schritten, die in der folgenden Abbildung skizziert werden:

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Abbildung 13: SPSS-Prinzip der Leitfadenentwicklung (Eigene Darstellung der Phasen nach Helfferich, 2005)

Die Vorgehensweise bei der Erstellung des Interviewleitfadens der vorliegenden Arbeit erfolgte nach den Schritten des SPSS-Prinzips. Diese vier Schritte sollen nachstehend in kompakter Form erläutert werden. Im ersten Schritt wird eine Liste mit möglichst vielen Fragen erstellt, die im Rahmen der Forschungsfrage interessante Antworten liefern könnten. Diese Liste wird im zweiten Schritt geprüft und reduziert. Diese Aussortierung gelingt besonders gut mithilfe bestimmter Prüffragen. Zunächst werden Faktenfragen entfernt. Darunter fallen bspw. Infor-mationsfragen zum Alter oder zur Nationalität. Es empfiehlt sich, solche Angaben mithilfe ei-nes Fragebogens vor beziehungsweise nach dem Interview zu erheben. Zudem werden Fragen, die nicht offen genug sind oder nur dazu dienen, das Vorwissen des Interviewers zu validieren, gestrichen, denn das Ziel des Interviewleitfadens ist die Gewinnung von Daten, welche der Beantwortung der Forschungsfragen dienen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist es empfehlens-wert, die Fragen dergestalt zu formulieren, dass sie verständlich für die Befragten sind. Im nächsten Schritt werden die Fragen sortiert und einer schlüssigen Reihenfolge zugeführt. Im letzten Schritt wird der Interviewleitfaden in eine besondere Form gebracht. Es sollen weitere

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Stichworte und Fragen notiert werden, die bei der Notwendigkeit von tiefergehenden Nachfra-gen möglich wären. Ferner besteht die Möglichkeit, für jeden Block eine einleitende, offene Frage zu entwickeln, zu welcher die Erzählperson bereits eine Vielzahl an Informationen geben kann (Helfferich, 2005).

Im Rahmen der vorliegenden Forschungsarbeit wurden im ersten Schritt fast 200 Fragen, die Aufschlüsse über das Bildungs- und Lernkapital einer Person geben können, aggregiert. Diese Fragen wurden anschließend geprüft und reduziert. Allerdings wurden einige ähnliche Fragen beibehalten, um in der Vorstudie herauszufinden, die sich besser für das jeweilige Kapital eig-nen. Schließlich wurde der Fragenkatalog sortiert. Da das Forschungsinteresse der vorliegenden Arbeit daraus besteht, zu ermitteln, ob das unterschiedliche Vorhandensein verschiedener Res-sourcen Frauen in MINT und ihren weiteren Berufs- und Karriereweg beeinflusst, wurden die Fragen inhaltlich in zehn Themenblöcke untergliedert, sodass für jede Kapitalart ein Bündel an Fragen gesammelt gestellt werden. Die Kapitalarten dienen demnach als Grundgerüst des In-terviewleitfadens. Die strukturierte Gliederung in Fragen zum Bildungs- und Lernkapital soll die Auswertung erleichtern. Der letzte Schritt des SPSS-Prinzips, das Subsumieren, wurde in dieser Phase lediglich partiell durchgeführt, da jeder Themenblock noch aus einer Vielzahl an Fragen bestand. Erst nach Durchführung der Vorstudie soll entschieden werden, welche Frage den jeweiligen Abschnitt einleiten soll und welche als Hilfsfragen dienen.

Der komplette Interviewleitfaden befindet sich im Anhang dieser Dissertation. Im Folgenden werden die zehn Themenbereiche näher beschrieben und dargestellt, welches Ziel mit den Fra-gen erreicht werden soll:

1. Themenbereich: Ökonomisches Bildungskapital

In diesem ersten Fragenblock zum ökonomischen Kapital werden die Befragten zunächst mit-hilfe einer offenen Frage dazu aufgefordert, einen Überblick über die Finanzierung des Studi-ums zu geben. Wenn die Befragten neben dem Studium arbeiten, wird mithilfe von fünf Zu-satzfragen das Ausmaß und die Dauer der Tätigkeit sowie deren Einfluss auf das Studium ein-bezogen. Weiter liegen Fragen zur privaten, finanziellen Lebenssituation vor. Es ist an dieser Stelle von Interesse, welche weiteren monatlichen Ausgaben es noch neben dem Studium gibt.

Die Befragten werden gebeten, offenzulegen, ob sie sich benötigte Materialien für das Studium problemlos leisten können oder aufgrund der finanziellen Situation einen sparsamen Lebensstil führen. Abschließend soll geklärt werden, ob Geldprobleme schon einmal Gedanken an einen Studienabbruch hervorgerufen haben und ob finanziell die Möglichkeit besteht, nach dem Stu-dium eine Teilzeitstelle in der Wissenschaft anzunehmen, da diese im Rahmen einer Promotion

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nicht unüblich sind. Der Fokus dieses aus sieben Fragen bestehenden Blocks ist auf die Beant-wortung der Frage ausgerichtet, ob das ökonomische Kapital ein Grund für den verfrühten Aus-stieg aus der Leaky Pipeline sein kann.

2. Themenbereich: Kulturelles Bildungskapital

Die folgenden 23 Interviewfragen thematisieren die Akzeptanz und das Ansehen, welche das MINT-Studium der Befragten in ihrer sozialen Umwelt einnimmt. Auch der kulturelle Hinter-grund der Interviewten ist von Belang. Zunächst werden die Reaktionen der Eltern und Freunde auf das MINT-Studium erfragt. Die theoretischen Ausführungen dieser Dissertation konnten bereits zeigen, dass Stereotype den Weg von Mädchen und Frauen in den MINT-Fächern ver-hindern können. Deshalb wird hier anschließend explizit auf negative Erfahrungen in Bezug auf Klischees und Stereotype eingegangen. Die Entwicklung und Entscheidung zum MINT-Studium spielen hier ebenso eine Rolle. Gab/ bzw. gibt es Vorbilder und wenn ja, welchen Einfluss haben diese? War ein MINT-Studium bereits als Kind die erste Wahl oder hat sich das im Laufe der Zeit entwickelt? Ein weiterer Fokus liegt auf den Maßnahmen, die dazu dienen, Frauen in den MINT-Bereich zu integrieren. Die Frauen werden nach diesen gefragt und gebe-ten, ihre Meinung in Bezug auf ebendiese zu erläutern. Die folgenden Fragen konzentrieren sich auf die subjektive Sicht der Frauen auf das MINT-Studium. Wie verhalten sich die Kom-militon/-innen und Lehrenden ihnen gegenüber und wie sehen sie ihre Situation als token mi-nority? Zudem wird auf Tradition und Religion eingegangen. Die Frauen sollen ihre Sicht auf traditionelle Lebensformen beschreiben und sie werden gebeten, sofern es nicht von ihnen selbst angesprochen wird, weitere Informationen zu ihrem kulturellen Hintergrund preiszuge-ben. Ziel dieser Fragen ist es, einen möglichst konkreten Eindruck in die kulturelle Situation der Befragten zu erhalten und zu verstehen, welchen Wert das soziale Umfeld dem Lernen im MINT-Bereich zuschreibt.

3. Themenbereich: Soziales Bildungskapital

Der Fokus der nächsten 16 Fragen liegt auf der sozialen Unterstützung durch Partner, Familie, Freunde, Kommilitonen, Lehrende und Mentor/-innen. Es wird gefragt, ob und wie diese die Interviewte positiv oder negativ beeinflussen. Zudem ist ein Ziel dieses Fragenblocks zu klären, ob bereits eigene Kinder vorhanden sind beziehungsweise eine Familie in Zukunft geplant wird.

Denn wie Kapitel 4.2.3 (Vereinbarkeitsproblematik) offenbart, ist eine Vereinbarkeit von Fa-milie und Beruf insbesondere in den MINT-Fächern sehr schwer, sodass eine FaFa-milienplanung das Aussteigen aus der Karriereleiter bedeuten kann.

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4. Themenbereich: Infrastrukturelles Bildungskapital

Der vierte Themenblock besteht aus 16 Interviewfragen, die klären sollen, welche Lernmög-lichkeiten den Befragten in ihrer Umwelt zur Verfügung stehen. Zunächst geht es um den Wohnsitz und die Nähe zur Universität. Es wird die Frage gestellt, welche Gesichtspunkte bei der Wahl des Studienorts im Vordergrund standen, ob es hauptsächlich die Nähe zum Wohnort war oder ob die Lernmöglichkeiten und das Lehrangebot im Vordergrund stand. Ferner wird um die Information gebeten, welche Möglichkeiten die Befragten zu Hause sowie in der Uni-versität und außeruniversitär zum Lernen haben. Weiter soll geklärt werden, ob für die Karriere ein Ortswechsel möglich wäre.

5. Themenbereich: Didaktisches Bildungskapital

Die Fragen dieses Themenblocks sollen Informationen darüber geben, ob die Interviewten wis-sen, wie sie ihre Lernprozesse optimal gestalten können. Darüber hinaus stehen Fragen zur di-daktischen Qualität der Lehrveranstaltungen im Vordergrund. Zunächst wird offen gefragt, ob die Befragten Feedback von den Lehrenden über ihre erworbenen Fähigkeiten bekommen. Hin-tergrund dieser Frage ist, dass qualitativ hochwertiges Feedback zu einer Verbesserung des Lernprozesses führen kann. Nach Ziegler (2009, b) ist geeignetes Feedback enorm wichtig, da Lernende ohne dieses oft an einem bestimmten Punkt stagnieren und ihre Lernbedarfe nicht immer erkennen. Zudem werden Fragen zur Qualität der Lehrenden sowie der didaktischen Vermittlung der Lehrinhalte in den Lehrveranstaltungen gestellt. Weitere Fragen zielen auf die vorhandenen Möglichkeiten Praxis- und Methodenkompetenz zu erwerben. Insgesamt besteht dieser Themenblock aus elf Fragen.

6. Themenbereich: Organismisches Lernkapital

Dem sechsten Themenbereich, dem organismischen Kapital, werden acht Fragen zugeordnet, bei denen die körperlichen und kognitiven Ressourcen der Befragten fokussiert werden. Es wird zunächst nach den positiven Aspekten und der subjektiven Einschätzung dieser Ressourcen ge-fragt. Anschließend sollen mögliche Einschränkungen der eigenen kognitiven Leistungsfähig-keit genannt werden. Schließlich wird in Erfahrung gebracht, ob die Interviewten Versuche unternehmen, um ihr organismisches Lernkapital zu verbessern. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist hier der Umgang mit Stress im Studium und im Alltag. Mit den Fragen soll geklärt werden, ob die Befragten die nötigen körperlichen Voraussetzungen für eine Führungsposition in MINT mitbringen.

121 7. Themenbereich: Aktionales Lernkapital

Dieser Themenblock besteht aus 16 Fragen, welche die Handlungsmöglichkeiten der Befragten in ihrem Studienfach aufzeigen sollen. Zunächst werden die Interviewteilnehmer gebeten, ihre Kompetenzen in dem Studienfach einzuschätzen und anzugeben, ob sie der Meinung sind, in-tellektuell den Anforderungen des Studiums gewachsen zu sein. Da auch Lernstrategien die Handlungsmöglichkeiten verbessern können, wird anschließend danach gefragt. Zudem soll er-gründet werden, ob die Befragten auch in weiteren Bereichen qualifiziert sind und ob sie sich selbst in der Lage sehen, Führungsaufgaben zu übernehmen. Dieser Fragenblock wird mit einer Selbsteinschätzung abgeschlossen, um einen Eindruck zu erlangen, welche Eigenschaften und Qualitäten die Befragten mitbringen.

8. Themenbereich: Telisches Lernkapital

Die 18 Fragen zum telischen Lernkapital zielen zunächst auf die Wünsche und Ziele der Be-fragten sowie die Motivation, eine Führungsposition zu erreichen. Um die Ziele zu erreichen sind günstige Rahmenbedingungen nötig. Daher folgen nun Fragen zu diesem Bereich, bspw., ob die Interviewten sich Erholungszeiten zwischen dem Lernen einplanen. Es wird die Frage gestellt, welche Ziele sich die Interviewten setzen und was für sie ein qualitätsvolles Leben ausmacht. Diese Frage ist bewusst vage formuliert, sodass die Befragten die Möglichkeit haben, ihre subjektive Sichtweise auf ein erfülltes Leben zu artikulieren. Somit wird die Frage beant-wortet, ob Karriere für die Befragte eine zentrale Rolle spielt oder nicht. Weiter soll in diesem Block geklärt werden, ob die Interviewten risikobereit und offen für Veränderungen sind, wenn es um die Erreichung eines Ziels geht und was sie bei Zielerreichung machen. Ein weiterer Aspekt, der an dieser Stelle von Interesse ist, ist die Frage danach, was die Interviewten bei Nichterreichung eines Ziels in dem vorher gesetzten Zeitraum machen. Zudem wird gefragt, ob die Befragten bereits daran gedacht haben, ihr MINT-Studium abzubrechen.

9. Themenbereich: Episodisches Lernkapital

Hierbei ist von Belang, ob die Interviewten bereits genug Erfahrung in ihrem Studienfach ge-sammelt haben, sodass sie schnell Lösungen für bestimmte Probleme finden. Hierzu werden fünf Fragen gestellt.

10. Themenbereich: Attentatives Lernkapital

Der letzte Themenbereich beinhaltet acht Fragen zur Aufmerksamkeit der Befragten beim Ler-nen für das Studium. Dabei wird sowohl auf die Qualität als auch auf die Quantität der Auf-merksamkeitsressourcen eingegangen.

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Zum Abschluss des Interviews werden die Gefragten gebeten, noch weitere Informationen über sich und ihr Studium zu geben, die in Bezug auf das Thema ,Frauen in MINT‘ von Interesse sein könnten.

Durch den Leitfaden des PZIs wird somit eine gewisse Struktur vorgegeben – dessen ungeachtet sind die Fragen offen und erzählgenerierend formuliert. Der Leitfaden ist dabei nicht standar-disiert, das bedeutet, dass die Reihenfolge der Fragen verändert werden sowie Fragen wegge-lassen und hinzugefügt werden können (Flick, 1995). Das vollständige PZI der Pilotstudie ist dem Anhang der vorliegenden Dissertation zu entnehmen.

Nach der Erstellung des Leitfadens wurde mit der Datenerhebung begonnen. Diese wird im Folgenden strukturiert dargestellt.

10.2 Datenerhebung

Um einerseits erste Informationen über die Verfügbarkeit von Bildungs- und Lernkapitalen bei MINT-Studentinnen zu erlangen und andererseits die Qualität des Interviewleitfadens zu erfas-sen sowie das festgelegte Kategoriensystem zu testen und zu verbessern, wurde er im Rahmen der Vorstudie bei insgesamt sieben Interviewteilnehmerinnen ausprobiert. Zusammenfassend war die Vorgehensweise folgendermaßen: Zunächst wurde die Stichprobe gebildet und an-schließend der Kontakt zu möglichen Interviewpartnerinnen hergestellt. Anan-schließend erfolgte ein erstes Interview als Pretest telefonisch und schließlich wurden die sechs Interviews geführt, deren Ergebnisse in die inhaltsanalytische Auswertung einfließen.

10.2.1 Sampling

Mit dem Sampling wird die Zusammensetzung der zu untersuchenden Gruppe bezeichnet. Es ist ein wichtiges Element in der qualitativen Forschung (Flick, 2017).

Der erste Schritt beim Sampling besteht aus Überlegungen zur Fallauswahl und zur Fallgrup-penauswahl, also welche Personen befragt werden und zu welchen Gruppen diese Personen gehören sollen (ebd.). Die Stichprobenbildung der Vorstudie erfolgte nach dem Prinzip des

‚theoretical sampling‘ (Lamnek & Krell, 2016, 248), wonach bestimmte Befragungspersonen beziehungsweise Untersuchungsgruppen willkürlich mit Orientierung am Erkenntnisinteresse ausgewählt wurden (Flick, 2017). Aufgrund der Forschungsfrage wurden studierende Frauen

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des Fachbereichs Informatik befragt, die sich kurz vor dem Abschluss ihres Studiums befanden.

Die Wahl auf den Fachbereich Informatik wurde getroffen, da Frauen dort mit 12,3 % lediglich marginal vertreten sind (Destatis, 2017, b). Zentral war, dass alle Befragten zum Zeitpunkt der Befragung bereits wussten, ob sie intendieren, ein weiterqualifizierendes Masterstudium zu ab-solvieren oder nicht.

Im Rahmen der Vorstudie wurde eine kleine Untersuchungsgruppe analysiert und insgesamt sechs Interviews geführt, welche in die strukturierende Inhaltsanalyse einfließen. Da in dieser die möglichen Unterschiede in den vorhandenen Ressourcen herausgearbeitet werden sollten, zielte die Wahl der Interviewpartnerinnen darauf ab, zwei verschiedene Perspektiven einzube-ziehen: Es wurden drei Frauen befragt, die gerade am Ende ihres Bachelor-Studiums stehen und mindestens einen Masterabschluss anstreben und drei, die direkt nach dem Bachelorab-schluss arbeiten möchten. Da die zweite Gruppe bereits nach dem Bachelor aus dem Bildungs-system aussteigt, ist ein Aussteigen aus der Leaky Pipeline oder eine niedrigere Position wahr-scheinlicher als bei der ersten Gruppe. Aufgrund des Fachkräftemangels (BFS, 2009) werden IT-Fachkräfte zwar gesucht, sodass auch Bachelor-Absolvent/-innen oft schnell einen Arbeits-platz finden, allerdings ist ein Masterstudium für solche, die eine Führungsposition anstreben, größtenteils ein Muss und deutsche Unternehmen geben eine größere Zufriedenheit mit Master-Absolvent/-innen an (DIHK, 2015). Weiter wurde eine Korrelation zwischen einem höheren Bildungsabschluss und einem schnelleren Karriereaufstieg festgestellt (Sicherman & Galor, 1990). Somit wurden in der Vorstudie sowohl Interviews mit Frauen geführt, die möglicher-weise aus der Leaky Pipeline ausscheiden als auch mit solchen, die eventuell Spitzenpositionen erreichen könnten.

Um im Folgenden die verschiedenen Gruppen eindeutig voneinander abzugrenzen, wird die Befragungsgruppe, die keinen Masterabschluss anstrebt, mit dem Kürzel BB (Bachelor Be-fragte) versehen. Die Befragungsgruppe mit den Interviewteilnehmerinnen, die sich für ein Masterstudium entschieden haben, wird mit MB (Master Befragte) gekennzeichnet. MB2 ist somit die zweite Interviewteilnehmerin. Sie hat sich für einen Master entschieden. BB5 ist die fünfte Befragte, die nur einen Bachelor machen möchte.

124 10.2.2 Kontaktaufnahme

Die Datenerhebungsphase fand im November und Dezember 2017 statt. Für die Verbreitung von Anfragen wurden soziale Netzwerke genutzt. In den Anfragen wurde der Forschungsge-genstand der Dissertation sowie Informationen zur eigenen Person und Hinweise zur Art und Länge der Interviews offengelegt. Weiter wurde erklärt, dass alle Daten ausschließlich für den Forschungszweck verwendet und hierfür anonymisiert werden. Neben den sozialen Netzwer-ken erwies sich die Mund-zu-Mund-Propaganda als erfolgreicher Weg, Studentinnen zu finden, die sich für die Befragung bereiterklärten. So verwiesen mich auch Frauen, die bereits inter-viewt wurden, an ihre Kommilitoninnen. Diese Vorgehensweise hat sich als positiv erwiesen.

Als Aufwandsentschädigung für die Interviews wurde den Teilnehmerinnen 5 € überwiesen, auf diese Weise wuchs die Kooperationsbereitschaft.

10.2.3 Pretest

In einem ersten Untersuchungsschritt ging der empirischen Forschung ein Pretest voraus. Das erste der insgesamt sieben Interviews war ein Probeinterview, also eine Voruntersuchung, und diente der Leitfadenerprobung und Interviewer-Schulung (Mayring, 2016). Daher wurden die dabei gewonnenen Daten nicht mit in die Auswertung gezählt. Mohler und Porst (1996) defi-nieren einen Pretest „als die Miniaturausgabe einer beliebigen Form sozialwissenschaftlicher Datenerhebung, wobei sich in der Regel die Konzentration auf die Qualität des Erhebungsin-strumentes richtet“. Der Leitfaden wurde also in einem Probeinterview getestet – mit dem Ziel, das Erhebungsinstrument zu erproben (Kaya, 2007). Nach Mohler und Porst (1996) ist der Pre-test eine unabdingbare Voraussetzung zur Entwicklung eines Fragebogens. Ein PrePre-test ist ei-nerseits sinnvoll, um den Leitfaden hinsichtlich der Offenheit und Nützlichkeit der Fragen zu überprüfen und gegebenenfalls zu verändern, andererseits können unverständliche Formulie-rungen sowie eine unstimmige Reihenfolge in dieser Testsituation erkannt werden (Kaya, 2007;

Mayer, 2002). Es kann überprüft werden, ob die Antworten der Befragten differenziert sowie tief genug und die Daten glaubwürdig sind oder ob die Fragen besser anders gestellt werden sollten. Des Weiteren wird kontrolliert, ob die Fragen genug Raum lassen, um die eigene, sub-jektive Sichtweise der Befragten zu erfassen. Möglicherweise kommen auch weitere interes-sante Themenblöcke auf, die vorher keine Berücksichtigung gefunden haben, sodass weitere Fragen mit in den finalen Interviewleitfaden aufgenommen werden können.

Nach dem Pretest des Interviews wurden die Fragen etwas stärker strukturiert und leicht verän-dert.

125 10.2.4 Durchführung der problemzentrierten Interviews

Alle Interviews wurden von der Forscherin persönlich durchgeführt. Dadurch wurde eine ein-heitliche Interviewführung gewährleistet. Da die Studentinnen aus unterschiedlichen Teilen Deutschlands kamen, fiel die Entscheidung auf Telefoninterviews. Somit wurden Kosten und Zeit gespart. Der Interviewleitfaden wurde bei der Durchführung individuell auf die unter-schiedlichen Interviewpartnerinnen angepasst. Die Abfolge der Fragen und die bei Bedarf ge-stellten Nachfragen variierten situationsgerecht. Somit variierte die Länge der Interviews in erheblichem Maß und reichte von 40 Minuten bis hin zu zwei Stunden, in der Regel aber ca.

eine Stunde. Den Interviewteilnehmerinnen wurde zu Beginn angeboten, bei Bedarf um Pausen zu bitten, dieses Angebot wurde jedoch von keiner der Befragten angenommen.

Voraussetzung zur Teilnahme an der Pilotstudie war die Bereitschaft der Interviewpartnerin-nen, über ihr Studium und ihre Ressourcen offen zu sprechen. Diese Bedingung wurde von allen Frauen erfüllt. Während des Interviews wurde ein Protokoll geführt, das Probleme bei entsprechenden Fragen beinhaltete. Die Interviews wurden mit dem Einverständnis der Befrag-ten digital aufgezeichnet und im Anschluss transkribiert. Darauf aufbauend wurde ein

Voraussetzung zur Teilnahme an der Pilotstudie war die Bereitschaft der Interviewpartnerin-nen, über ihr Studium und ihre Ressourcen offen zu sprechen. Diese Bedingung wurde von allen Frauen erfüllt. Während des Interviews wurde ein Protokoll geführt, das Probleme bei entsprechenden Fragen beinhaltete. Die Interviews wurden mit dem Einverständnis der Befrag-ten digital aufgezeichnet und im Anschluss transkribiert. Darauf aufbauend wurde ein