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3 Problem- und Ausgangslage: Die gläserne Decke

3.2 Diversität als Ziel

Im vergangenen Kapitel wurden erhebliche Nachteile der Leaky Pipeline beschrieben. In die-sem Abschnitt soll die Notwendigkeit von Frauen in den MINT-Berufen sowie in den hohen Positionen dieser Domänen dargestellt und die Frage beantwortet werden, welche Vorteile eine Heterogenität in der Belegschaft mit sich bringt.

Eine Erhöhung der geschlechtlichen Diversität ist für die einzelnen Unternehmen ökonomisch vorteilhaft (Bruckmüller, Ryan, Rink & Haslam, 2014; Wippermann, 2010). Viele Studien wei-sen bereits auf den hohen Wert einer Heterogenität unter den Arbeitnehmern sowie Führungs-kräften hin. Denn Diversität wirkt sich positiv auf Umsatz, Profit und Ansehen eines Unterneh-mens aus (Campbell & Minguez-Vera, 2008; Herring, 2009; Wippermann, 2010). Um die breite Masse an Kunden zu erreichen, ist es notwendig, mit einem vielfältig aufgestellten Entwick-lungsteam zu arbeiten. Ein heterogenes Team beachtet mehr Perspektiven und ist somit kreati-ver. Da die Kunden sowohl männlich als auch weiblich sind, ist es wichtig, dass auch die Ent-wicklung neuer Produkte von beiden Geschlechtern gemeinsam übernommen wird, da auf diese Weise die Verschiedenheit der Kundeninteressen besser berücksichtigt werden kann (Ihsen, 2013).

Daehyun und Starks (2016) untersuchten den positiven Einfluss der Geschlechter-Diversität in Unternehmensvorständen. Die Autoren gelangen in ihrer Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Frauen neue Kompetenzen in das Unternehmen einbringen, da sie in einigen Bereichen mehr Expertise aufweisen als Männer. Hierzu gehören Risikomanagement, Personalführung und Nachhaltigkeit. Männer haben dagegen in Bereichen wie Finanzen und Technologie bessere

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Fertigkeiten. Eine Heterogenität der Geschlechter in Vorständen führt somit zu einem ausge-prägten Spektrum an Kompetenzen, sodass sich das Unternehmen weiterentwickeln und ver-bessern kann. Neben dieser sogenannten Innenperspektive, also den Vorteilen für die Unter-nehmen selbst, lässt sich aus der heterogenen Belegschaft ein weiterer Vorteil erschließen, wel-cher die Außenwirkung berücksichtigt (Wippermann, 2010): Ein Unternehmen kann Wettbe-werbsvorteile erlangen, wenn es sich als ein offener Betrieb präsentiert, der für Chancengleich-heit plädiert, denn dadurch wird die Personalmotivation erhöht (Ihsen, 2013). Besetzen in einem Unternehmen jedoch nur Männer Führungspositionen, so erweckt das den Anschein, als würde das Potenzial der Frauen weniger wertgeschätzt werden, was dem Image des Unternehmens schaden kann (Wippermann, 2010).

Die OECD verdeutlicht in dem Bericht ,Gender and Sustainable Development‘ die hohe Rele-vanz von Frauen in Führungspositionen mit der Aussage „women managers bring a wide range of perspectives to bear in corporate decision-making, contribute team-building and communi-cation skills, and help organisations adapt to changing circumstances“ (OECD, 2008, 31). Das Zitat zeigt, wie wichtig eine Integration von Frauen in Spitzenpositionen ist. Neben dem Ein-bringen neuer Perspektiven verfügen sie über vielfältige Kompetenzen und tragen dazu bei, dass sich das Team gemeinsam weiterentwickelt.

Die aktuelle Diskussion zum Thema ,Frauen in MINT-Führungspositionen‘ wird zudem von gesetzlichen Regelungen bestimmt. Gleichstellung ist rechtlich geboten und im Grundgesetz in Art. 3 Abs. 3 als Verbot der Diskriminierung verankert. Auch das am 18.08.2006 in Kraft ge-tretene Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz soll dazu führen, Benachteiligungen, bspw. auf-grund des Geschlechts, zu beseitigen (Rastetter & Raasch, 2009). Gerade Frauen nutzen dieses Gesetz, um gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz zu klagen, bspw., wenn ihnen nach einer Schwangerschaftspause die Möglichkeit verwehrt wird, ihren alten Job wiederaufzunehmen (Allmendinger et al., 2008). Weitere Relevanz erhält die Gleichstellung für deutsche Unterneh-men durch das am 1. Mai 2015 in Kraft getretene ,Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst‘ (Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, 2016). Ziel dieses Ge-setzes ist es, mehr Chancengleichheit zu schaffen und den Anteil von Frauen auf hohen Positi-onen in großen deutschen Unternehmen zu erhöhen.

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Um der wachsenden Herausforderung der Leaky Pipeline entgegenzuwirken und die Vorteile der Geschlechter-Diversität zu erreichen, etablieren sich in Deutschland immer mehr Maßnah-men, Programme, Projekte und Aktivitäten, mit den Zielen, Frauen für technische Studiengänge zu begeistern und geschlechtergemischte Führungsteams zu etablieren. Die Bandbreite dieser motivationsfördernden Maßnahmen reicht von Aktionstagen über Schnuppertage zu verschie-denen Studiengängen an Universitäten bis hin zu zeitintensiven Mentoring-Programmen. Als Beispiel für einen eintägigen Berufsorientierungstag kann der ,Girls’Day – Mädchen-Zukunfts-tag‘ genannt werden. Dieser findet jährlich mit der Absicht statt, Mädchen von der 5. bis zur 10. Klasse einen praktischen Einblick in männerdominierte Berufe zu geben und die MINT-Studiengänge für Mädchen sowie Frauen attraktiver zu machen und deren Berufswahlspektrum zu erweitern (Schwarze, 2014). CyberMentor stellt im Gegensatz dazu ein einjähriges Online-Mentoring-Programm dar. Im Zuge des bundesweiten Projekts wird MINT-interessierten Mäd-chen ab der 5. Klasse eine persönliche Mentorin zugeteilt, die bereits ein MINT-Fach studiert oder beruflich in diesen Domänen tätig ist. Auf der Onlineplattform können sich die Teilneh-merinnen über verschiedene Kanäle, wie bspw. Chat, Forum oder E-Mail sowohl mit ihrer Mentorin als auch mit zahlreichen anderen Mentees austauschen. Damit sollen junge Frauen für diese Fächer begeistert werden. Die Mentorinnen sind Rollenvorbilder und regen die Men-tees zu Aktivitäten im MINT-Bereich an. Ferner können sie Informationen zur Berufsorientie-rung geben (Ziegler et al., 2010). Die Evaluation von CyberMentor zeigt, dass eine hohe Betei-ligung auf der Plattform sowie eine Identifikation mit der Gruppe eher zur Wahl eines MINT-Fachs führen (Schimke, Stöger & Ziegler, 2009).

Durch derartige Aktivitäten und Programme wird demzufolge versucht, junge Frauen für diese männerdominierten Domänen zu begeistern. Ungeachtet dieser zahlreichen Interventionsver-suche, Maßnahmen und Bemühungen, die Partizipationsrate von Frauen im MINT-Bereich zu erhöhen, steigt die Zahl der Studentinnen dieser Fächer kaum (Quaiser-Pohl, 2012). Im Folgen-den soll geklärt werFolgen-den, woran das liegt und welche Mechanismen dazu führen, dass Frauen auf dem Weg hin zu Spitzenpositionen verloren gehen.

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4 Ansätze zur Erklärung der Marginalität von Frauen in