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Die Stadt Messene auf der Peloponnes am Berg Ithome wurde im Jahr 369 v. Chr.

gegründet und gehörte zu den größten Städten Griechenlands. Pausanias besuchte sie um 170 n. Chr. und verfasste eine detaillierte Beschreibung der Stätte615. Nachdem A. Orlandos in den Jahren 1957 bis 1975 das Asklepieion (Abb. 46) freigelegt hatte616, wurde in den seit 1986 laufenden Arbeiten unter der Leitung von P. Themelis vor allem das Gebiet zwischen der Agora und dem Stadion ausgegraben617. Im

612 Andreou – Andreou 2012, 57f.

613 Paus. 6, 24, 10 (Elis); 5, 20, 9 (Olympia).

614 Andreou – Andreou 2012, 58.

615 Paus. 4, 31 ,4 - 33, 3; zu Pausanias’ Bericht über Messene: Müth 2007, 27-39.

616 Themelis 2010, 105 Anm. 1 mit Literatur; Taf. 41 Abb. 2 (Asklepiosheiligtum), 3 (Stadtplan);

Sioumpara 2011, Taf. 2.

617 Themelis, Prakt. 1986-2003.

nördlichen Bereich des um 200 v. Chr. entstandenen Gebäudekomplexes des Asklepieions konnte durch eine Bauinschrift (Kat. A 34) des späten 1. Jh. v. oder frühen 1. Jh. n. Chr. ein Sebasteion (S – S) nachgewiesen werden (Kat. B 1 Abb. 47-48). Es wurde in Räumlichkeiten eingerichtet, die zuvor als Speiseräume für Feste zu Ehren der Göttin Messene und des Asklepios genutzt wurden. Die augusteische Inschrift wurde in situ auf der südlichen Seite ( 3) der Nordtreppe (J) des Asklepieions gefunden und informiert über die Renovierung und Finanzierung diverser Bauten der Stadt. Das Dekret war – wie es eigens Auskunft gibt – direkt vor dem Sebasteion aufgestellt, weshalb der Nordflügel des Asklepieions als solches interpretiert werden konnte618. Eine weitere Inschrift (Kat. A 35) aus dem 1. Jh. n.

Chr. nennt die Reparaturen an den vier Stoen des Asklepieons, von der sich eine gegenüber dem Kaisareion (Z. 3) befindet, was mit einem Sebasteion

gleichbedeutend ist619. Das Sebasteion in Messene besteht aus mehreren symmetrisch angelegten Räumen unterschiedlicher Größe, die für den Kaiserkult bestimmt waren.

Die jeweils sechs Räume waren untereinander verbunden und die flächenmäßig größten von ihnen befanden sich beiderseits der Treppe. Sie öffneten sich zur Südseite, von wo aus Licht einfallen konnte620. Zwischen der Agora und der

Nordseite des Asklepeions verlief eine Strasse, von der man aus jeweils Raum Nr. 1, der als Vorraum diente, betreten konnte. Von diesem gelangte man sowohl in die kleineren Nebenräume (4-6), als auch in die größeren, repräsentativen Räume (2-3), die durch den archäologischen Befund als Banketträume interpretiert werden621. Gleichfalls können die Räumlichkeiten als Versammlungsorte für die lokalen Eliten und Kaiserpriester gedient haben622. Der Besucher konnte nicht nur von der

nördlichen Strasse in die Räumlichkeiten gelangen, sondern auch über eine östliche

618 Kat. A 34 = SEG 23, 207 Z. 39: παρὰ τὸ Σεβαστεῖον.

619 Vgl. Trummer 1980, 164; Price 1984, 136-146; Hänlein-Schäfer 1985, 10f., 162; Witschel 2002, 115 Anm.

8; Camia 2011, 217f. mit Anm. 1008; grundlegend zum Kaisareion-Sebasteion: Sjöqvist 1954; Tuchelt 1981.

620 Prakt 1969, 103 Abb. 5-6.

621 Themelis 1999, 79; Kantiréa 2007, 132; Müth 2007, 168 (mit Maßangaben der Räume); Lo Monaco 2009, 199.

622 Camia – Kantiréa 2010, 380.

und eine westliche kleine Treppe (P 2; P 4) von der Nordstoa des Asklepeions aus.

Nördlich vom Sebasteion wurde im 3. Jh. n. Chr. eine 90 m lange Stoa aus Spolien gebaut623.

Es lässt sich nicht mehr rekonstruieren, welche Personen in welchen Räumen des Sebasteions konkret verehrt wurden. Bei symmetrisch angelegten Kulträumen, wie es auch im Annexbau der Stoa des Zeus Eleutherios auf der Athener Agora

anzutreffen ist, könnte es sich um eine Verehrung der Göttin Roma und des Kaisers Augustus gehandelt haben624. Der Kult der thea Rhome ist in Messene gut bezeugt625. Die neronische Inschrift IG V 1, 1449 belegt den lokalen messenischen Kaiserpriester des Nero und der Rhome. Zwei weitere Inschriften, die allerdings beide erst aus dem 3. Jh. n. Chr. stammen, belegen weiterhin das Priesteramt der thea Rhome, das in Messene ausgeübt wurde626. Zudem wurden in Messene, wie eine Inschrift aus dem späten 1. Jh. v. oder frühen 1. Jh. n. Chr. belegt, Spiele zu Ehren des Asklepios und der Roma, die sog. Ῥωμαῖα, abgehalten627. Dieses öffentliche Dokument ehrte den Athleten Lysikrates, Sohn des Lysidamos, der im Jahr 11 n. Chr. Gymnasiarch war.

Die epigraphischen Befunde belegen eine Verehrung der Göttin Roma in Messene.

Ein Altar aus dem 1. Jh. n. Chr., gefunden in einem Grab außerhalb des Arkadischen Tores, war den theoi megaloi patrooi und dem Augustus geweiht und bestätigt um ein weiteres die Existenz des Kaiserkults in Messene628.

Für Messene lassen sich lokale Kaiserkultpriester nachweisen, wiederum mit einer Verbindung nach Olympia. Tib. Claudius Krispianos629 war Kaiserpriester in

623 Müth 2007, 168f. mit Anm. 921 zur Stoa.

624 So bereits der Vorschlag von Hänlein-Schäfer 1985, 163 sowie Themelis 1999, 79.

625 IG V 1, 1449 Z. 7-8: ὁ ἱερεὺς α̣ὐτο̣ῦ̣ πρῶτος καὶ ἱερεὺς Ῥώμης καὶ γραμμ̣α̣τ̣ε̣ὺς συνέδρων καὶ ἀγορανόμος; IG V 1, 1450 belegt ebenso hiereis; Trummer 1980, 165; Höjte 2005, 323 Nr. 31; 324 Nr. 32;

Hupfloher 2006, 245f. Anm. 39; Kantiréa 2007, 229 Nr. 54; Camia 2011, 149 Anm. 672.

626 IvO 486; IvO 487; vgl. Mellor 1975, 106.

627 SEG 23, 212; Orlandos, Prakt 1958, 178; BCH 83, 1959, 639; vgl. Fayer 1976, 82-84; Hänlein-Schäfer 1985, 163; zu den Rhomaia s. Lo Monaco 2009, 201f., 203 (zu Messene) Kat. Mess. Mess 68.

628 SEG 43, 163: [Θεῶ]ν Μεγάλων [- - -]μειων ἐπιφανῶν συνβώμων Πατρῴων καὶ Σεβαστοῦ Καίσαρος; SEG 44, 376; SEG 49, 431; SEG 55, 498; Deshours 2004, 124; Kantiréa 2007, 133 Anm. 6; Camia – Kantiréa 2010, 380; Camia 2011, 218.

629 Camia 2011, 149f.

Messene auf Lebenszeit und wurde zum einen von der Stadt Messene und zum anderen vom Achaierbund in Olympia mit jeweils einem Monument geehrt630. Ein nur fragmentarisch erhaltenes Dekret aus dem Jahr 14 n. Chr., unmittelbar nach dem Amtsantritt des Tiberius, welches in der näheren Umgebung des Sebasteions gefunden wurde, fasst die Ehrungen für die domus Augusta in Messene zusammen631. Es ehrt den divus Augustus, Kaiser Tiberius, Livia, die hier zu Lebzeiten thea genannt wird, Antonia Minor, Livilla, eventuell deren Gatten Drusus Maior und Minor sowie Germanicus und Agrippina Maior632. In der Inschrift wird eine Festlichkeit zu Ehren der Kaiserfamilie beschrieben (Geburtstag des Tiberius?), wie es in ähnlicher und zugleich seltener Weise auch in einer Inschrift aus Gytheion überliefert ist633. Das Sebasteion von Messene liegt zwar nicht auf der Agora634, wie es häufig für Kaiserkulträume vorkommt, dafür aber in unmittelbarer Nähe an zentraler Stelle beim Hauptheiligtum der Stadt, welches von Bauten öffentlicher und kultischer Funktion umgeben ist. Bereits A. Orlandos stellte fest, dass das Asklepieion nicht im ursprünglich funktionalem Sinne als Heilstätte genutzt wurde, sondern eher den Charakter eines politischen Verwaltungszentrum inne hatte635. Auch in Messene erfolgt die Einbindung des Kaiserkults gleich zu Beginn des Prinzipats, in ähnlicher Weise wie in Olympia, in ein bereits bestehendes Heiligtum636. Damit wird

demonstriert, dass der neue Kult dem alten ebenbürtig ist.

630 IvO 447; IvO 448, beide Inschriften sind aus dem 2. Jh. n. Chr.; vgl. Hupfloher 2006, 245f.

631 SEG 41, 328: Θεῶι Σεβαστῶι [Καίσαρι κ]αὶ Τιβερίωι Καίσ̣[αρι] Σεβαστῶι, τ[οῦ Γραμμ]ατέος Συνέ[δρων] καὶ ἱερέος [θεοῦ Σεβαστοῦ] Καίσαρος [- - - -]; Kantiréa 2007, 206 Nr. 3 (dort ganzer Text abgedruckt); Lo Monaco 2009, 778f. Kat. Mess. Mess 64 (ganzer Text mit Übersetzung); Trummer 1980, 165 benennt den Stein noch als Altar.

632 Deshours 2004, 124; Kantiréa 2007, 69f.; Camia – Kantiréa 2010, 377, 385.

633 s. Kap. 3.6.

634 Der Ausgräber A. Orlandos identifizierte das Heiligtum des Asklepios zuvor als Agora.

635 Orlandos 1976, 38.

636 Hänlein-Schäfer 1985, 67; Deshours 2008, 181.