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Der Einfluss des Eurykles und seiner Familie hat sich auch auf die lakonische Hafenstadt Gytheion ausgewirkt. Hier existierte ebenfalls ein Kaisareion, welches jedoch bisher nicht archäologisch, sondern nur durch zwei epigraphische Quellen überliefert ist668. Für die Provinz Achaia ist eine dieser beiden Inschriften, das sog.

662 Zu den archiereis s. Hupfloher 2000, 162; zum Kult der thea Rhome Hupfloher a. O. 158.

663 Hupfloher 2000, 170; Camia – Kantiréa 2010, 383 veranschlagen den Beginn der Kaisareia aufgrund einer agonistischen Inschrift in flavische Zeit (ca. 86 n. Chr.); Camia 2011, 115.

664 Cartledge – Spawforth 1989, 184-186 (Kaisareia), 205f.; Hupfloher 2000, 157, 169.

665 SEG 11, 761-770 (1. Jh. n. Chr.); vgl. Hupfloher 2000, 174.

666 Paus. 3, 22, 9; vgl. Trummer 1980, 29; Kantiréa 2007, 161; Lo Monaco 2009, 594 Kat. Lac. As 1; Camia – Kantiréa 2010, 390f. Anm 115.

667 SEG 14, 1957, 333 (augusteisch); vgl. Clauss 1983, 90.

668 SEG 11, 923 Z. 28 = Kat. A 36; IG V.1 1208 Z. 45-46.

‚Heilige Gesetz’ (Kat. A 36) eines der wichtigsten Textdokumente zur

Kaiserverehrung. Es handelt sich dabei um eine detaillierte Beschreibung zum Ablauf eines Kaiserfestes in Gytheion, welches insgesamt acht Tage dauerte. Der Text beginnt damit, dass im Theater der Stadt die Bilder (eikones)669 des Augustus, der Livia und des Tiberius aufgestellt waren (Z. 2-5). Der Agoranomos, der zuständige Beamte für die Ausgestaltung des Festes, sollte in der Mitte des Theaters einen Tisch mit einem Weihrauchgefäß aufstellen (Z. 5). Geopfert wurde zum Wohl der Herrscher und der Götter als auch zur Stärkung des Prinzipats (Z. 4-7, 18). Begleitet wurde die Zeremonie von Gesängen. Der erste Tag des Festes galt dem Sohn des vergöttlichten Caesar, dem divus Augustus, der als Retter und Befreier verehrt wurde (Z. 7-8).

Augustus befreite 21 v. Chr. Gytheion von der Abhängigkeit der Spartaner, indem er die lakonischen Küstenstädte in einem Bund als Koinon der Eleutherolakonen neu organisierte670. Die Verehrung des Augustus kommt einer Angleichung an Zeus Eleutherios nahe, wie es beispielsweise auch auf der Athener Agora zu vermuten ist.

Der zweite Festtag wurde zu Ehren des Kaisers Tiberius und der dritte für seine Mutter Livia (Iulia Augusta) veranstaltet (Z. 8-9). Tiberius erhält den Ehrentitel pater patriae, während Livia als Tyche der Stadt angesprochen wird (Z. 10)671. Die

Ehrungen am vierten und fünften Tag wurden durch die Nike des Germanicus Caesar und die Aphrodite des Drusus Caesar, die Schutzgöttinnen, ergänzt (Z. 10-11). Aber nicht nur die domus Augusta erhielt Ehren, sondern am sechsten Tag der Feierlichkeiten wurde der republikanische Feldherr Titus Quinctius Flamininus gewürdigt (Z. 11-12). Er war einst Freiheitsbringer für die Griechen, insbesondere im Jahr 195 v. Chr., als er die Küstenstädte Lakoniens befreite672. Die Parallele zu

Augustus ist deutlich, der nach seinem Sieg bei Actium ebenso als Befreier galt. Nach den sechstägigen Feiern für die Götter und Kaiser wurden am siebten und achten

669 Zur Differenzierung zwischen Statue bzw. Kultbild (ἄγαλμα) und Bildnis (εἰκν) s. Alföldi 1970, 65.

670 Paus. 3, 21, 6; IG V, 1 1160; zum Koinon der Eleutherolakonen: Harter-Uibopuu 2003, 217-221.

671 Hahn 1994, 51f.; vgl. SEG 11, 925 (Thea Tyche), dat. 14-29 n. Chr.; Hoët-van Cauwenberghe 2008, 124, 132.

672 Plut. Flam. 16; Liv. 35, 13; zu Flamininus s.o. Kap. 2.1 Anm 33.

Tag jeweils dem C. Iulius Eurykles und dessen Sohn C. Iulius Lakon Ehren für ihre der Stadt wohlwollenden Dienste zuteil (Z. 19-21). Der Festumzug beginnt am Heiligtum des Asklepieios und der Hygieia (Z. 25) und endet am Kaisareion von Gytheion (Z. 28). Begleitet wird der Festzug von Epheben und allen Bürgern der Stadt, die mit Lorbeerkränzen beschmückt und in weiße Gewänder gekleidet sind (Z.

26-27). Das Stieropfer zum Wohl der Principes und der Götter wird ebenfalls von den Ephoren vollzogen (Z. 28-29). Weitere Opfer werden von den Beamtenkollegien auf der Agora vollbracht (Z. 30-32), wo ein Festmahl stattfinden sollte. Das Dekret gibt damit einen Hinweis auf die Lage des Kaisareions, welches in der Nähe der Agora bzw. des Theaters gelegen haben muss673. Der ‚hieros nomos’ (Z. 37), welcher südöstlich vom Theater gefunden wurde, gibt im letzten Abschnitt darüber

Auskunft, dass die Stele zum einen vor dem Tempel (Z. 40πρὸ τοῦ ναοῦ) aufgestellt werden und zum anderen eine Abschrift des Textes ins Stadtarchiv gelangen sollte.

Neben dem Kaisareion und der Agora ist das Theater der Stadt Schauplatz für die Festspiele. Das Theater von Gytheion (Abb. 53) wurde sehr wahrscheinlich schon zu Beginn der Kaiserzeit erbaut, denn es bestand während der Regierungsjahre des Tiberius674. Im Text wird, wie eingangs (Z. 2-4) erwähnt, am Ende (Z. 34-35) noch einmal wiederholt, dass im Theater die eikones des Augustus, des Tiberius und der Livia aufgestellt werden sollten. Es gehörte zum Ritual des Festumzugs, dass die Bilder der Verehrten durch die Stadt getragen wurden, in diesem Fall vom

Asklepiosheiligtum ins Theater, wo sie aufgestellt wurden. Diese tragbaren eikones sind keine Statuen, sondern gemalte Bilder675. Finanziert wird das Fest eigenständig von der Stadt, nicht vom Koinon, dieses ist jedoch mit eingebunden676. Organisiert werden die lokalen Kaisareia vom Agoranomos, der auch für die Bildnisse

verantwortlich war. Der Volksbeschluss, welcher vom Koinon der Eleutherolakonen verabschiedet wurde, demonstriert vor allem Verbundenheit zum Kaiserhaus und

673 So bereits Kornemann 1929, 29; vgl. Hänlein-Schäfer 1985, 161; Evangelidis 2008, 137.

674 Zum Theater: Lo Monaco 2009, 191; Di Napoli 2010, 254 mit Anm. 9.

675 Z. 34: τρεῖς γραπτὰς εἰκόνας; vgl. Clauss 1999, 85; zur Prozession s. Lo Monaco 2009, 189-192.

676 Vgl. Zoumbaki 2010, 125.

spricht Dankbarkeit ihm gegenüber aus. Genannt wird der Stratege des Koinons, Chairon677 (Z. 33), der auch Priester des divus Augustus war. Datiert wird das Gesetz der Polis Gytheion in das Jahr 15 n. Chr.678. Die Einrichtung der Kaisareia erfolgte aber wahrscheinlich schon in augusteischer Zeit, ebenso muss der Kaisertempel spätestens zu Beginn der Regierungszeit des Tiberius fertiggestellt worden sein. Es ist anzunehmen, dass die Finanzierung des Baus zum Teil auf Eurykles und seine Familie zurückgeht, da er explizit auch im Erlass genannt und gewürdigt wird.

Abschliessend werden im Dekret Strafandrohungen aufgelistet, falls die Rituale nicht wie beschrieben vollzogen werden (Z. 30-32, 40-41).

Zu dem ‚hieros nomos’ hat sich aus demselben Jahr ein Dankschreiben des Kaisers Tiberius an die Stadt Gytheion erhalten, in dem er auf den Erlass reagiert (Kat. A 37).

Darin befürwortet er zwar die göttlichen Ehren für den divus Augustus, lehnt solche aber für seine eigene Person ab (Z. 21). Seiner Mutter Livia überlässt er selbst die freie Entscheidung.