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4.1 Nikopolis – eine augusteische Neugründung

4.1.4 Der Altar und sein Platz

Auf der oberen Terrasse des Augustusmonuments, vor allem in der Nordstoa, fanden sich Fragmente von korinthischen Kapitellen und Dachziegeln sowie Terrakottasimen und Palmettenantefixe. Ein Terrakottafragment zeigt die kapitolinische Wölfin, die Romulus und Remus säugt (Abb. 71), eine andere

Terrakotta bildet einen Delphin ab735. Im Innenhof der Anlage fanden sich einfache Tongefäße und vereinzelt Marmorfragmente. In der Mitte des Hofes befanden sich zwei rechteckige Statuenbasen, eine dritte Basis wurde wohl später hinzugefügt. Aus Schriftquellen sind der Bauer Eutychos und sein Esel Nikon bekannt, deren Namen Octavian vor der Schlacht als gutes Omen betrachtet hatte736. Nach dem Sieg soll er ihre Statuen aufgestellt haben. Es gibt keine weiteren Anhaltspunkte, wem Statuen in diesem Bezirk aufgestellt waren. Naheliegend wäre auf der oberen Terrasse eine Statue des Apollo und/oder der Götter Neptun und Mars gewesen. Südlich der Statuenbasen liegt ein ca. 22 x 6,5 m großes rechteckiges Fundament, welches einem Altar zugesprochen wird (Abb. 68)737. Das erhaltene Fundament besteht aus

ähnlichem Sandstein wie die Basen und liegt parallel zur Nordwand der Stoa zentral im Hof. In den Brandschichten fanden die Ausgräber zahlreiche Fragmente von Relieffiguren des Altarfrieses aus pentelischem Marmor. Die Rekonstruktion der äußeren Altardekoration ist aufgrund der Kleinteiligkeit der Fragmente – insgesamt fanden sich mehr als 21000 Stücke – sehr schwierig. Dennoch ist eine hypothetische

733 Bleicken 2010, 288.

734 Murray – Petsas 1989, 127-129; Schäfer 1993, 247f. vertritt die Ansicht, dass Augustus das Monument 29 v. Chr. nach dem Sieg auf seinem Rückweg nach Rom eingeweiht habe; dem folgt Zachos 2010, 144 Anm. 27.

735 Zachos 2003, 79.

736 Plut. Ant. 65, 3; Suet. Aug. 96, 2; Zachos 2003, 81; Zachos 2010, 144 Anm. 29.

737 Zachos 2003, 82f.; Zachos 2010, 144.

Rekonstruktion möglich (Abb. 69)738. Die gefundenen Fragmente deuten auf Szenen der Schlacht und der sich anschließenden Ereignisse hin und werden dem unteren Fries des Altars zugeordnet: Darunter finden sich nautische Fragmente wie Rostra und Lenkruder, Waffen wie Helme, Speerspitzen und Schilde, aber auch Meerestiere, wie sie typisch für die symbolische Bildsprache nach dem Sieg von Actium sind739. Eine zweite Themengruppe, die gleichsam den Hauptfries bildet, wird aus

Fragmenten von sich nach links bewegenden Figuren, Amtsträgern wie Liktoren, in toga exigua gekleidet, mit Lorbeerkränzen bekrönt und Fasces über der linken

Schulter tragend, die einen Triumphzug darstellten (Abb. 74). Ergänzt werden die Szenen durch Fragmente von Musikern und Opfertieren. Ein erhaltener

Marmorblock des Frieses, der nahe dem Altarfundament gefunden wurde, zeigt die Hauptszene des Triumphes. Dargestellt ist Augustus in einem Viergespann, welches von neun togati, allesamt mit Lorbeer bekränzt, zu Fuß begleitet wird. Augustus selbst erhebt seinen rechten Arm, in welchem er einen Lorbeerzweig hält. In der Linken hält er ein Szepter. In seinem Wagen stehen zudem zwei Kinder, ein Junge und ein Mädchen (Abb. 72)740.

Die florale Dekoration des Altars, die thematisch dritte Gruppe der Fragmente, lässt Parallelen in den Rankenbildern der 9 v. Chr. geweihten Ara Pacis erkennen (Abb.

73)741. Die Szenen des Triumphes, insbesondere jene mit den Amtsdienern und Familienangehörigen, lassen sich mit dem Fries des Apollo-Sosianus-Tempels in Rom vergleichen742. C. Sosius, der den Tempel für den Schutzgott des Kaisers

wiedererichtete, wechselte nach der Schlacht von Actium auf die Seite des Octavian.

Der republikanische Vorgängerbau war aufgrund der Erbauung des Marcellus-Theaters abgebrochen worden. Nach der Schlacht von Actium wurde das Heiligtum

738 Zachos 2003, 83; Zachos 2010, 145.

739 Zanker 1987, 88-90.

740 Ausführliche Beschreibung des Triumphzuges: Zachos 2007, 419-430 Fig. 16 (Amtsträger); Fig. 17 (Wagen).

741 Zur Pflanzenornamentik der Ara Pacis: Zanker 1987, 178-184 Abb. 140.

742 Hinweis S. Schmid.

wiederaufgebaut743. Die Darstellungen am marmornen Altarfries in Nikopolis sind Szenen der pompa triumphalis des Octavian, des dreifachen Triumphes, der im

August 29 v. Chr. in Rom gefeiert wurde. Die nautischen Elemente in der Dekoration unterstreichen den Seesieg. Die Marmorfriese, die einen Datierungshinweis geben, können erst nach dem tatsächlichen Triumph entstanden sein. Der Altar wird von Zachos dem Typus der rechteckigen Altäre mit drei eingefassten Seiten

zugewiesen744. Dazu gehört beispielsweise der Altar des Dionysos auf der Insel Kos, der in die Mitte des 2. Jh. v. Chr. gehört (Abb. 75)745.

In Kontrast zu den Altarfriesen von Nikopolis steht eine halbrunde Marmorbasis mit einem Relief im archaistischen Stil, die nahe des Altarfundaments geborgen wurde (Abb. 70)746. Die Basis ist an der Oberkante mit einem Lotos-Palmetten-Fries

geschmückt und an der Unterkante mit einem Doppelflechtband. Dargestellt sind insgesamt zehn sich in zwei Richtungen bewegende Gottheiten des griechischen Pantheons. Nach rechts läuft die Apollinische Trias: Apollon die Kithara haltend, seine Schwester Artemis mit Bogen und ihre bekrönte Mutter Leto, dahinter Hermes, begleitet von drei Nymphen. Nach links gewendet befinden sich vermutlich Hera, bekrönt und mit Himation bekleidet, sowie der bärtige Herakles. Der Götterzug wird durch Athena vervollständigt, die einen attischen Helm in ihrer Rechten und einen Speer in der Linken hält.

Dieses frühkaiserzeitliche Relief mit seiner religiös-feierlichen Darstellung der Götter stellt, durch die Wahl klassizistischer und archaistischer Formen, eindeutig einen Rückbezug zur griechischen Kunst dar und ist damit ein Mittel der augusteischen Repräsentationskunst. Der Rückgriff auf die Formensprache des Klassizismus und Archaismus in augusteischer Zeit betont den sakralen Wert. Insbesondere haben archaische Formen, wie am Beispiel dieser Marmorrundbasis, eine religiöse

743 Hölscher 1985, 88f.

744 Zachos 2003, 82; Zachos 2010, 144 Anm. 30.

745 Zum Altar des Dionysos: Stampolidis 1987, 175-194.

746 H. 0,71 m, DM. 0,99 m; Zachos 2003, 89f.; Zachos 2007, 414-418 mit Parallelen, Fig. 3-7; Zachos 2010, 146 Taf. 67,1; vgl. Karanastassi 2007 mit einem neuattischen Relief aus Nikopolis.

Ausstrahlung, die durch die Ikonographie der altbekannten Gottheiten unterstrichen wird747.