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Kriterien der Allokationsplanung

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Abkürzungsverzeichnis

3 Gestaltungsoptionen des Emissionshandels und Allokationsverfah- Allokationsverfah-ren (DIW Berlin)

3.5 Mehrebenenmodell und Kriterien der Allokationsplanung

3.5.2 Kriterien der Allokationsplanung

Für die Bewertung von Gestaltungsoptionen der Allokationsplanung kommen grundsätzlich die Kriterien in Betracht, die allgemein auch bei der Wahl umweltpolitischer Instrumente an-gelegt werden, nämlich ökologische Wirksamkeit, ökonomische Effizienz (sowohl im stati-schen als auch im dynamistati-schen Sinn), administrative Praktikabilität, politische Durchsetzbar-keit und Systemkonformität (vgl. z.B. Buck 1983, vgl. auch Kapitel 2). Im Zusammenhang mit der Zuteilung von Emissionsrechten sind daneben insbesondere Aspekte der Gerechtigkeit und der Wettbewerbsfähigkeit von Bedeutung. Diese Kriterien sind auf den einzelnen Stufen des Mehrebenenmodells von unterschiedlich starker Bedeutung. So stehen auf der Makroebe-ne stärker Effizienz- und auf der MikroebeMakroebe-ne stärker Gerechtigkeitsaspekte im Vordergrund.

Nationale Ebene

Makrosektoren

Emissionshandelsbereich

Emittenten

Allgemeines Ziel

für Treibhausgasemissionen

Allgemeines Ziel für CO2-Emissionen

Aufteilung auf Energie, Industrie, Haushalte, Verkehr, GHD

Gesamtmenge der Zuteilung

Aufteilung auf Gruppen

Zuteilung auf Emittenten

Emittentengruppen

Andere Gase

Andere E-mittenten

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Tabelle 3-1: Relevanz von Kriterien im Mehrebenenmodell

Ebenen Kriterien

Nationale Ebene Politische Vorgaben

Makrosektoren Effizienz, technische und politische Umsetzbarkeit, Objektivität, Transparenz, Praktikabilität

Emissionshandelsbereich Effizienz, technische und politische Umsetzbarkeit Emittentengruppen Akzeptanz, Gerechtigkeit, Wettbewerbseffekte,

Markt-funktionalität, Effizienz, Praktikabilität

Emittenten Gleichbehandlung, Gerechtigkeit, Bestandsschutz, Ef-fizienz, technische Potenziale, Innovationseffekte, An-reizkompatibilität, Rechtssicherheit, Planungssicher-heit, wirtschaftliche Vertretbarkeit, Praktikabilität

Im Folgenden werden die für die Gestaltung der Allokationsplanung wichtigsten Kriterien kurz erläutert (DIW, Öko-Institut, Fraunhofer-ISI 2003, Harrison, Radov 2002).9

Das Kriterium der ökonomischen Effizienz erfordert in diesem Zusammenhang eine kosten-minimale Aufteilung der insgesamt angestrebten Emissionsminderung, wobei grundsätzlich auch die hiermit verbundenen Transaktionskosten und administrativen Kosten berücksichtigt werden müssen. Die Forderung nach ökonomischer Effizienz bezieht sich grundsätzlich auf den Ausgleich der marginalen Vermeidungskosten zwischen unterschiedlichen Ländern, Treibhausgasen und Emittenten. Dabei sind im Allgemeinen Nebenbedingungen zu berück-sichtigen wie die technische und politische Umsetzbarkeit sowie andere Rahmenbedingungen z.B. der Energiepolitik. Im Rahmen der Allokationsplanung sind Fragen der ökonomischen Effizienz vor allem auf der Ebene der Makrosektoren zu beachten, insbesondere bei der Auf-teilung des Emissionsziels auf den Handels- und den Nicht-Handelsbereich. Auf der Mikro-ebene einzelner Emittenten kann sich eine effiziente Verteilung der Emissionen unter idealty-pischen Bedingungen als Marktergebnis des Emissionshandels einstellen. Dies setzt allerdings voraus, dass die Ausgestaltung der Zuteilungsregeln nicht zu verzerrten Anreizen führt. Insbe-sondere sollte die Zuteilung - auch in intertemporaler Sicht - unter Effizienzaspekten nach Möglichkeit nicht durch das Verhalten der Emittenten beeinflussbar sein. So könnte z.B. ein Updating der Bemessungsgrundlage dazu führen, dass Unternehmen aus strategischen Grün-den mehr emittieren, um später eine höhere Zuteilung zu bekommen. Die Forderung nach ö-konomischer Effizienz betrifft nicht allein den statischen Aspekt der übergreifenden Kosten-minimierung, sondern auch dynamische Effekte vor allem im Hinblick auf Innovationen.

Eine wichtige Voraussetzung ökonomischer Effizienz der Allokation und des Emissionshan-dels besteht in einer ausreichenden Anreizkompatibilität. Insbesondere sollen unerwünschte

9 Die speziellen Kriterien des europäischen Emissionshandels werden in Kapitel 4 behandelt.

ökonomische Verhaltensanreize vermieden werden, die aufgrund von strategischem Handeln Marktergebnisse verzerren würden.

Der Handel mit Emissionsrechten soll darüber hinaus das Kriterium der Marktfunktionalität erfüllen. Eine wesentliche Voraussetzung hierfür ist eine ausreichende Marktliquidität und die Vermeidung von Marktmacht (oder zumindest ihres Missbrauchs). Volatile Preisentwicklun-gen auf dem europäischen Zertifikatsmarkt sollten möglichst vermieden werden.

Darüber hinaus sind direkte und indirekte Wettbewerbseffekte zu berücksichtigen. Die Vertei-lung von Emissionsrechten soll vor allem im europäischen Binnenmarkt nicht zu ungerecht-fertigten Wettbewerbsnachteilen oder –vorteilen führen. Außerdem sollen keine erheblichen Wettbewerbsnachteile gegenüber Konkurrenten außerhalb der EU hervorgerufen werden. Da-bei sind auch Innovationseffekte zu beachten, die darin bestehen können, dass durch die Allo-kation oder den Emissionshandel Anreize zur Entwicklung und Anwendung neuer Produkte und Technologien verstärkt oder abgeschwächt werden.

Für Investitionsvorhaben mit langer Kapitalbindungsdauer ist eine ausreichende Planungssi-cherheit eine wichtige Voraussetzung. Sie wird durch Transparenz und Rechtssicherheit ge-fördert und kann nicht zuletzt durch langfristige Festlegungen der politischen Ziele und Rah-menbedingungen verbessert werden. Zur Erhöhung der Planungssicherheit kann auch die Schaffung von Terminmärkten beitragen.

Gerechtigkeitskriterien sind auf unterschiedlichen Ebenen der Allokationsplanung von Be-deutung. Auf internationaler Ebene soll ein gerechter Lastenausgleich zwischen den am Emis-sionshandel beteiligten Staaten gewährleistet sein. Auf der Ebene der Makrosektoren soll das nationale Minderungsziel gerecht auf den Handels- und den Nichthandelsbereich aufgeteilt werden. Insbesondere aber bei der Zuteilung von Emissionsrechten stehen Fragen der gerech-ten Verteilung im Vordergrund. Allerdings ist Gerechtigkeit nicht ohne weiteres eindeutig messbar. Als Konzepte für die Beurteilung von Gerechtigkeit können in Anlehnung an die Steuerlehre generell das Äquivalenzprinzip oder das Leistungsfähigkeitsprinzip zugrunde ge-legt werden. Nach dem Äquivalenzprinzip kann es als gerecht angesehen werden, wenn die Kosten der Emissionsminderung von den Emittenten nach Maßgabe der durch sie verursach-ten Umweltbelastung erfolgt. Eine gerechte Verteilung von Emissionsrechverursach-ten entspräche dann weitgehend zugleich einer effizienten Verteilung, z.B. durch eine Auktionierung. Nach dem Prinzip der Leistungsfähigkeit soll eine gerechte Verteilung im Sinn von „gleichmäßigen“

Opfern angestrebt werden, wobei allerdings gleiche absolute, gleiche relative und gleiche marginale Opfer zu unterscheiden sind. Während die Opferhöhe theoretisch am entgangenen Nutzen zu messen ist, können hierfür praktisch nur monetäre Größen verwendet werden, z.B.

Einkommen oder Gewinne. In Anlehnung an das Leistungsfähigkeitsprinzip kann generell ei-ne Verteilungsei-neutralität der Zuteilung von Emissionsrechten gefordert werden. Neben der (relativen) Kostenbelastung sind dabei gegebenenfalls auch die Erlösveränderungen einzube-ziehen.

Das Prinzip der Gleichbehandlung ist sowohl unter Effizienz- wie auch unter Gerechtigkeits-aspekten erforderlich. Im Wesentlich geht es in diesem Zusammenhang darum, ungerechtfer-tigte Ungleichbehandlungen von Emittenten zu vermeiden. Dabei sind allerdings auch andere Kriterien zu beachten, die Abweichungen rechtfertigen können. So ist ein Bestandsschutz aus

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ökonomischer Sicht durch langfristige, firmenspezifische Investitionen begründbar und soll der Vermeidung von Investitionsbrachen („stranded investment“) dienen. Unabhängig hiervon ist auch ein gewisser Vertrauensschutz z.B. im Hinblick auf frühere Anstrengungen zur Emis-sionsvermeidung zu gewährleisten.

Die Zusatzkosten, die ein einzelnes Unternehmen als Folge des Emissionshandels zu tragen hat, müssen wirtschaftlich vertretbar sein. Dementsprechend sollen unverhältnismäßig hohe wirtschaftliche Belastungen vermieden werden. Fälle erheblicher wirtschaftlicher Nachteile können durch Härtefallregelungen berücksichtigt werden. Insbesondere sollen unzumutbaren Härten, die eine Existenzgefährdung von Unternehmen bedeuten würden, ausgeschlossen werden.

Gerade bei der Einführung eines neuen Instruments wie dem Emissionshandel ist eine breite Akzeptanz der Regelungen und Verfahren wichtig. Dies betrifft sowohl die gesellschaftliche und politische Akzeptanz als auch die Akzeptanz der betroffenen Wirtschaftsbereiche. Die Akzeptanz von Seiten der Wirtschaft dürfte am ehesten gegeben sein, wenn die Verteilung der Emissionsrechte gerecht erfolgt und negative wirtschaftliche Auswirkungen vermieden wer-den, auch wenn hier Konflikte mit der ökologischen Wirksamkeit nicht zu verkennen sind.

Die Akzeptanz kann außerdem durch die generell erforderliche Objektivität und Transparenz der Regeln und Entscheidungsverfahren sowie durch eine intensive Öffentlichkeitsbeteiligung am Planungsprozess gefördert werden.

Erforderlich ist aber auch ein hohes Maß an Rechtssicherheit. Kosten- und zeitaufwändige rechtliche Auseinandersetzungen über die Auslegung oder die Rechtmäßigkeit der Zuteilungs-regeln sowie der getroffenen Zuteilungen sollten nach Möglichkeit unnötig gemacht werden.

Rechtssicherheit wird durch objektive, transparente und eindeutige Zuteilungsverfahren be-günstigt.

Nicht zuletzt stellt die Praktikabilität ein wesentliches Kriterium für die Gestaltung der Allo-kationsplanung dar. Dabei ist sowohl an die praktischen Anforderungen an die betroffenen Unternehmen zu denken wie auch an die Möglichkeiten und Kosten der Administration. Be-sonders wichtig ist diesbezüglich auch die ausreichende Datenverfügbarkeit. Aus Gründen der Praktikabilität, aber auch zur Wahrung der Objektivität sollten zahlreiche Sonder- oder gar Einzelfallregelungen vermieden werden. Generell sollte die Allokationsplanung so einfach wie möglich sein.

Die genannten Kriterien werden in der Praxis nicht immer idealtypisch erfüllbar sein, zumal zwischen einzelnen Kriterien wie Gerechtigkeit und Praktikabilität oder Einfachheit durchaus erhebliche Konflikte auftreten können. Sie können und sollen insofern ein politisches Abwä-gen der Vor- und Nachteile von unterschiedlichen Optionen zur Gestaltung der Allokations-planung nicht ersetzen.

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