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Emissionshandelssysteme

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Abkürzungsverzeichnis

3 Gestaltungsoptionen des Emissionshandels und Allokationsverfah- Allokationsverfah-ren (DIW Berlin)

3.4 Emissionshandelssysteme

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• Orientiert sich eine kostenlose Zuteilung an direkten Emissionen oder werden (auch) indirekte Emissionen berücksichtigt?

• Wird für die Gesamtzuteilung eine sektorale Aufteilung vorgegeben?

• Erfolgt die Zuteilung anhand von absoluten Emissionen (historischen oder projizier-ten) oder anhand von relativen Emissionen (Benchmarks, Performance Standard Rates PSR)?

Diese Unterscheidungsmerkmale von Emissionshandelssystemen und Allokationsverfahren sind in Abbildung 3-2 als Baumstruktur dargestellt und werden in den folgenden Abschnitten näher erläutert, wobei darüber hinaus weitere Wesensmerkmale des Emissionshandels zu be-rücksichtigen sind, die vor allem Neuanlagen und andere zeitliche Aspekte der Allokations-planung betreffen.

DIW Berlin

Abbildung 3-2: Klassifikation von Emissionshandelssystemen und Allokationsverfahren (Grundtypen)

Emissionshandelssysteme

Emissionsgutschriften

Absolute Caps

Emissionsrechte

Offenes System

Allokationsverfahren Relative Caps, PSR-System

Freiwillig Verpflichtend

Gratisverteilung Auktionierung

Geschlossenes System

Indirekte Emissionen Direkte Emissionen

Gesamt-Caps Sektorale Caps

Durchschnitts-Bechmarks

Absolute Emissionen Relative Emissionen, PSR

z.B. CDM/JI...

Grandfathering Projektion Anerkennungsverfahren

DIW Berlin

BAT-Benchmarks

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3.4.2 Absolute oder relative Ziele

Im Fall des Emissionsrechtehandels kann die Gesamthöhe der erlaubten Emissionen entweder als absolutes Ziel oder als relatives Ziel festgelegt werden. Ein absolutes Ziel ist eine „hart“

vorgegebene Emissionsmengenbegrenzung (Cap) in Tonnen. Ein relatives Ziel ergibt sich da-gegen auf der Basis von angestrebten spezifischen, produktionsbezogenen Emissionen, wobei dann die gesamte Höhe der zulässigen Emissionen im Nachhinein von der Produktionsent-wicklung abhängt. Relative Ziele sind vor allem im Bereich von Selbstverpflichtungen ver-breitet. Auch das in den Niederlanden von der Emissionshandelskommission vorgeschlagene Handelssystem beruht auf dem Konzept der Performance Standard Rates6 (PSR, vgl. KPMG 2002). Solche relativen Ziele sind nicht kompatibel mit dem europäischen Emissionshandels-system, das grundsätzlich auf absoluten Caps beruht.

3.4.3 Freiwillige Teilnahme oder Zwang

In diesem Zusammenhang ist auch die Unterscheidung von freiwilligen und verpflichtenden Handelssystemen hervorzuheben. Während der Handel mit Emissionsgutschriften generell freiwillig ist, können Emissionshandelssysteme nur unter bestimmten Voraussetzungen auf freiwilliger Teilnahme beruhen. Freiwilliger Emissionsrechtehandel kann z.B. auf betriebli-cher Ebene durchgeführt werden (z.B. BP) oder er kann als ein Mittel zur Flexibilisierung von Selbstverpflichtungen genutzt werden. Die Bundesregierung (2001) hatte zunächst gefordert, dass auch die Teilnahme am europäischen Emissionshandel während der Einführungsphase freiwillig sein sollte. Das 2003 beschlossene europäische System beruht aber auf einer ver-pflichtenden Teilnahme von Betreibern bestimmter Anlagen. Eine gewisse Flexibilität kann diesbezüglich unter bestimmten Voraussetzungen durch Regelungen zum Opt-in bzw. Opt-out gegeben werden. Dies ändert aber nichts daran, dass es sich hierbei grundsätzlich um ein Zwangssystem handelt, das insofern mit einem Steuersystem (Zwangsabgaben) vergleichbar ist.

3.4.4 Notwendigkeit staatlicher Kontrolle und Sanktion

In jedem System eines Emissionshandels sind Mechanismen zur Kontrolle und Sanktions-maßnahmen erforderlich, um die Einhaltung der Regeln zu gewährleisten. Dies gilt grundsätz-lich auch für Selbstverpfgrundsätz-lichtungen und freiwillige Handelssysteme. Bereits ein Handel mit Emissionsgutschriften (z.B. für CDM-Projekte) setzt ein umfassendes Anerkennungs- und Abrechnungssystem voraus, an das besondere Anforderungen zu stellen sind, wenn diese Gutschriften für andere Systeme anrechenbar sein sollen.7 Für einen Handel mit Emissions-rechten umfasst der zu kontrollierende Bereich insbesondere die Voraussetzungen der Zutei-lung von Emissionsrechten (z.B. Anlagengenehmigung, Überprüfung von Antragsunterlagen

6 Hiervon zu unterscheiden ist die Verwendung von PSR bei der Zuteilung im Sinne von Benchmarks.

7 Zu den Anforderungen des Clean Development Mechanism vgl. www.cdm.unfccc.int.

und zuteilungsrelevanten Daten), die Registrierung der Emissionsrechte und die Kontrolle der tatsächlichen Emissionen (bzw. ihrer Berechnungsgrundlagen), wobei für den Fall nicht aus-reichender Emissionsrechte oder anderer Verstöße gegen die geltenden Regeln wirksame Sanktionen erforderlich sind. Im Fall von länderübergreifenden Handelssystemen müssen die Kontroll- und Sanktionsmaßnahmen international abgestimmt sein. Die Abwicklung des ei-gentlichen Zertifikatshandels kann hingegen grundsätzlich in privater Regie erfolgen.

3.4.5 Geschlossenes oder offenes System – flexible Mechanismen

Ein Handel mit Emissionsrechten stellt zunächst ein geschlossenes System dar, in dem die Summe der Emissionen im Nachhinein mit der Summe der Emissionsrechte dieses Systems übereinstimmen muss. In diesem Fall wird somit die Höhe der gesamten Emissionen durch die Mengenplanung endgültig vorgegeben. Ein geschlossenes System kann als Summe von regional oder sektoral abgegrenzten Teilsystemen betrachtet werden, die jeweils für sich ge-nommen offene Systeme sind. Dementsprechend kann die Emissionsmenge in einem Land, das an einem länderübergreifenden Emissionshandel teilnimmt, von der vorgegebenen nalen Gesamtzuteilungsmenge abweichen. Relevant sind dann letztlich nicht allein die natio-nale Allokationsplanung, sondern die Summe der Zuteilungen im Gesamtsystem und der sich hieraus ergebende Zertifikatspreis.

Hiervon zu unterscheiden ist eine Öffnung des Gesamtsystems durch die Anrechnung von Gutschriften oder durch die Verbindung mit anderen Systemen des Emissionsrechtehandels.

In der EU-Richtlinie sind beide Möglichkeiten vorgesehen. Mit der Änderung der Richtlinie durch die Linking-Directive wurde für die betroffenen Anlagenbetreiber insbesondere die Möglichkeit eröffnet, Gutschriften aus CDM- und JI-Projekten als Emissionsrechte einzuset-zen.8 Dabei ist es unerlässlich dass solche Öffnungen des Emissionshandels mit den internati-onalen Regelungen des Kyoto-Protokolls im Einklang stehen, da als Folge der Öffnung des Emissionshandelssystems die Gesamtemission des Handelsbereichs von der gesamten Zutei-lungsmenge abweichen kann.

Auch der nach dem Kyoto-Protokoll vorgesehene internationale Handel mit Emissionsrechten (AAU) zwischen Staaten, die sich zu Emissionszielen verpflichtet haben, ist als ein offenes Handelssystem anzusehen, da zugleich die Möglichkeit besteht, Gutschriften aus projektbezo-genen Mechanismen (CDM, JI) zu handeln und diese auf die Verpflichtungen anrechnen zu lassen.

Der Hauptvorteil von offenen Handelssystemen besteht in Kosteneinsparungen. Solange au-ßerhalb des Handelsbereichs kostengünstigere Möglichkeiten zur Emissionsverminderung be-stehen, können potenziell die Gesamtkosten der globalen Emissionsverminderung reduziert werden.

8 Denkbar ist in Zukunft auch die Einbeziehung sogenannter nationaler Ausgleichprojekte.

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3.4.6 Grenzen eines partiellen Handelssystems

Theoretisch ist ein globales Klimazertifikatsmodell vorstellbar, das weltweit alle Emissions-bereiche gleichermaßen einbezieht (Wicke, Knebel 2003). Reale Systeme wie der europäische Emissionshandel sind hingegen auf definierte Anwendungsbereiche (Emittentengruppen und Gase) beschränkt. Begründet wird dies aus ökonomischer Sicht insbesondere mit Transakti-ons- und Kontrollkosten, die eine umfassende Anwendung des Emissionshandels erschweren.

Außerdem können in bestimmten Bereichen wie dem internationalen Luftverkehr spezifische Ausgestaltungen eines Emissionshandels erforderlich sein (vgl. Cames u.a. 2004).

Ein auf bestimmte Emittenten begrenzter Emissionshandel setzt voraus, dass der vom Emissi-onshandel betroffene Bereich eindeutig definiert ist. Für den europäischen EmissiEmissi-onshandel erfolgt dies durch Aufzählung einzelner Aktivitäten bzw. Anlagen in der EU-Richtlinie bzw.

in der nationalen Umsetzung in Deutschland im TEHG. Die Rechte und Pflichten des Emissi-onshandels beschränken sich insofern grundsätzlich auf die Betreiber der entsprechenden An-lagen.

Die Abgrenzung des Emissionshandelsbereichs von anderen Emittentengruppen hat gravie-rende Auswirkungen für die Gesamtkoordination der Klimaschutzpolitik. So ist es allgemein erforderlich, ein Gesamtemissionsziel zunächst auf den Handels- und den Nicht-Handelsbereich aufzuteilen, um ein adäquates Cap zu quantifizieren. Zugleich muss das In-strumentarium und die Dosierung der politischen Maßnahmen im Nicht-Handelsbereich mit den Vorgaben für den Emissionshandel abgestimmt werden. Dabei sind besonders Fälle zu betrachten, in denen wie bei Kraft-Wärme-Kopplung und der Nutzung erneuerbarer Energien starke Interdependenzen auftreten können. Generell besteht eine starke Interdependenz immer dann, wenn im Nicht-Handelsbereich indirekte Emissionen vermindert werden und dadurch zugleich die direkten Emissionen im Handelsbereich sinken. Solche Wechselwirkungen müs-sen grundsätzlich bereits bei der Berechnung von Caps berücksichtigt werden und können un-ter Umständen auch spezielle Anforderungen an die Zuteilungsregeln stellen.

3.4.7 Upstream oder Downstream (ISI)

Nach dem Kriterium, wer zum Halten bzw. zum Nachweis von Emissionsrechten verpflichtet wird, können sogenannte Upstream- und Downstream-Ansätze unterschieden werden. Die Emission von CO2 ensteht zum großen Teil bei der Verbrennung kohlenstoffhaltiger Stoffe.

Eine Verpflichtung der Emittenten, Emissionsrechte zu halten, bezieht sich insofern auf den Downstream-Bereich der Energiewirtschaft. Alternativ kann der Handel mit Emissionsrechten auf der Ebene der Gewinnung oder des Imports fossiler Energien ansetzen. Bei einem solchen Upstream-Ansatz werden nicht unmittelbar die Rechte zur Emission, sondern die Rechte für das Inverkehrbringen von kohlenstoffhaltigen Stoffen bzw. Energieträgern begrenzt und ge-handelt. Der wesentliche Vorteil eines Upstream-Ansatzes besteht (ähnlich wie bei einer Pri-märenergiesteuer) darin, dass mit relativ geringerem Verwaltungsaufwand grundsätzlich eine sehr breite und einheitliche Belastung fossiler Energien erreicht werden kann, die indirekt auch die Energieverbraucher in den Bereichen Haushalte und Verkehr einbezieht.

Upstream-Systeme sind deshalb z.B. anfänglich in Kanada diskutiert worden und werden auch für ein Handelssystem in Japan vorgeschlagen (Rolfe 2000; Niizawa, Saijo, Yasumato 2003).

Den möglichen Vorteilen eines Upstream-Systems stehen allerdings einige Nachteile gegen-über. Bei diesem System werden die CO2-Emissionen selbst nicht erfasst. Deshalb müsste der Export fossiler Energieträger gesondert geregelt werden. Ein solches System würde auch kei-nen Anreiz für die Rückhaltung von CO2 geben. Darüber hinaus besteht ein wesentliches Problem darin, dass es sich nicht gleichermaßen auf andere Treibhausgase des Kyoto-Protokolls wie CH4 und N2O anwenden lässt. Auf der andere Seite erfordert en Downstream-System eine stärkere Ergänzung durch Politiken und Maßnahmen in Bereichen, die nicht vom Handelssystem erfasst werden (FIELD 2000, CCAP 2002)).

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