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Getroffene Regelungen

Im Dokument 17 07 (Seite 183-187)

Abkürzungsverzeichnis

8 Der Mikroplan (ISI, Öko-Institut, DIW Berlin)

8.3 Neuanlagen und Anlagenstilllegungen (Öko-Institut)

8.3.3 Getroffene Regelungen

Akzeptanzgründen ist für diesen Fall ein BvT-orientierter Emissionsbenchmark deutlich schwieriger durchzusetzen als ein (höherer) Durchschnittsbenchmark, der allerdings zu einem höheren Volumen des für diese Variante unabdingbar zu etablierenden Reservefonds führen würde.

Die Anreizwirkungen über das Preissignal entfallen weitgehend, wenn die Variante N3b) in Ansatz gebracht wird. Unterschiedliche Prozesse mit unterschiedlichen Emissionsniveaus würden damit unterschiedliche kostenlose Zertifikat-Zuteilungen erhalten. Die Anreizwirkun-gen des Emissionshandelssystems könnten für diesen Fall nur dann erhalten werden, wenn diese Variante mit einem möglichst attraktiven Übertragungsmodell in der Ausprägung der Variante N2a) kombiniert wird und so die kostenlose Zuteilung nach der Variante N3b) nur in Ausnahmefällen zur Anwendung kommt. Das Emissionsniveau der Altanlage bildet für sen Fall die Referenzgröße, an der das emissionsorientierte Preissignal erzeugt wird. Mit die-ser Variationskombination geht jedoch das Problem einher, dass möglicherweise identische Neuanlagen in den Genuss unterschiedlicher Zertifikatszuteilungen kommen. Als weiterer Vorteil für diese Variante ist schließlich auch die sehr begrenzte Notwendigkeit einer Reser-vevorhaltung zu nennen.

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ist im Ergebnis empfohlen worden, die Zuteilung im Fall einer Stilllegung nicht zu ändern und auf eine Übertragungsregel zu verzichten.

Im BMU-Entwurf des NAP vom 29. Januar 2004 (BMU 2004) wurde für den Bereich der An-lagenstilllegung jedoch ein anderer Ansatz verfolgt. Für den Fall einer – vom Betreiber anzu-zeigenden – Betriebseinstellung sollte danach für das Folgejahr keine weitere Ausgabe von Emissionsberechtigungen erfolgen. Von einer faktischen Betriebseinstellung sollte auch aus-gegangen werden, wenn die Anlage in einem Jahr einen CO2-Ausstoß von weniger als 10%

der jahresdurchschnittlichen Emissionen in der Basisperiode aufweisen sollte; der Betreiber hätte in diesem Fall nachzuweisen, dass es sich nur um die vorübergehende Einstellung (auf Grund von lang andauernden wartungs- oder störungsbedingten Reparaturarbeiten) handelt.

Entsprechend musste die weiterhin verfolgte Übertragungsregelung explizit formuliert wer-den. Bei Einhaltung einer Frist zwischen Betriebseinstellung der Altanlage und Inbetriebnah-me der Neuanlage von drei Monaten (ohne weitere Prüfung) bis zu zwei Jahren (unter Bei-bringung entsprechender Nachweis) sollte die Zuteilung der Altanlagen auf die Neuanlagen übertragen werden können, wenn die Neuanlagen vergleichbare Produkte herstellen. Für den Fall einer Kapazitätsdifferenz zwischen Alt- und Neuanlagen war ein Kapazitätsabgleich vor-gesehen. Danach sollte die Übertragung der Zuteilung um die ggf. vorhandene Kapazitätsdif-ferenz gekürzt werden, bei einer größeren Kapazität der Neuanlage sollte die DifKapazitätsdif-ferenz wie eine Neuanlage behandelt werden.

Neben die – als Standardfall angesehene – Übertragungsregel sollte eine Regelung treten, nach der zusätzliche Neuanlagen (und Anlagenerweiterungen) eine kostenlose Zuteilung auf der Basis der geplanten Auslastung und eines Emissionsbenchmarks erhalten sollten. Der E-missionsbenchmark sollte sich an der besten verfügbaren Technik ausrichten und vor allem nicht prozessdifferenziert ausgestaltet werden. Für die Stromerzeugung war ein an einem mo-dernen erdgasgefeuerten GuD-Kraftwerk orientierter Benchmark (365 g CO2/kWh) vorgese-hen. Die so determinierte Zuteilung sollte in den folgenden Jahren einer Ex-post-Anpassung unterzogen werden.

Eine besondere Regelung war im BMU-Entwurf des NAP vom 29. Januar für KWK-Anlagen im Bereich der Newcomer-Anlagen vorgesehen. Die Zuteilung sollte hier konsequenterweise auf der Basis des Benchmarks für die Stromproduktion zuzüglich des Benchmarks für die Nutzwärmeabgabe erfolgen (Doppelbenchmark).

Hinsichtlich der Laufzeiten für die Übertragungs- und die Newcomer-Regelung war das Ver-fahren bis zum Ende der zweiten Handelsperiode spezifiziert worden. Die Übertragungsrege-lung sollte für in der Periode 2005-2007 in Betrieb genommenen Anlagen auch für die Han-delsperiode 2008-2012 – bei Korrektur um den dann geltenden Erfüllungsfaktor – Anwen-dung finden. Die Benchmark-Ausstattung für zusätzliche Neuanlagen sollte bis Ende 2012 in Ansatz gebracht werden, ohne dass ein Erfüllungsfaktor Anwendung finden sollte.

Insbesondere die Benchmarks für Newcomer-Anlagen wie auch die „Garantie-Zeiträume“ für Übertragungs- und Neuanlagenregelung entwickelten sich zum zentralen Punkt der Auseinan-dersetzungen um den NAP-Entwurf. Vor allem seitens der Wirtschaft wurde die Anwendung brennstoffdifferenzierter Neuanlagenbenchmarks zur „conditio sine qua non“ erklärt. Die Ausstattungs-Messlatte für zusätzliche Neuanlagen wurde im politischen Prozess häufig

ab-wegig als ein Verbot kommuniziert, andere Kraftwerke als Erdgas GuD-Kraftwerke zu errich-ten. Auch die in diesem Entwurf zunächst unbegrenzt vorgesehene Übertragungsregelung wurde von maßgeblichen Akteuren als nicht mehr zu rechtfertigende Investitionsunterstüt-zung für Erdgaskraftwerke diskreditiert.

Entsprechend weist der NAP in der Fassung des Kabinettbeschlusses (BR 2004) gravierende Änderungen auf. Die Übertragungsregelung wird auf einen Zeitraum von 4 Jahren beschränkt, danach sollte die Zuteilung für weitere 14 Jahre auf Basis der jahresdurchschnittlichen CO2 -Emissionen in der für die jeweilige Handelsperiode gültigen Basisperiode erfolgen.75

Das Zuteilungsverfahren für andere Neuanlagen (und Anlagenerweiterungen) wurde gegen-über dem BMU-Entwurf vom 29. Januar 2004 (BMU 2004) in zwei wesentlichen Punkten ge-ändert. Erstens wurde eine Prozessdifferenzierung für die Emissionsbenchmarks bei ausge-wählten Produkten eingeführt. Im Grundansatz wurde festgelegt, dass für vergleichbare Pro-dukte eine einheitliche Zuteilung nach einem Benchmark erfolgen sollte, der sich an der bes-ten verfügbaren Technik orientiert (produktdifferenzierter Benchmark). Für die Stromerzeu-gung wurde dagegen eine Prozessdifferenzierung vorgenommen, die sich insbesondere an der Brennstoffdifferenzierung ausrichtete (prozessdifferenzierter Benchmark). Als Strom-Benchmark wurde danach ein Wert von 750 g CO2/kWh festgelegt.76 Sofern die jeweiligen Kraftwerke brennstoffbedingt einen geringeren Emissionswert als 750 g CO2/kWh aufweisen, sollte die Zuteilung nicht höher als die tatsächlichen Emissionen ausfallen, in jedem Falle sollte aber ein Benchmark von mindestens 365 g CO2/kWh in Ansatz gebracht werden. Fak-tisch wurde damit für die Kraftwerke, die mit Steinkohle oder mit weniger emissionsintensi-ven Brennstoffen betrieben werden, eine Brennstoffdifferenzierung eingeführt. Beibehalten werden sollte die Zuteilung für KWK-Anlagen auf der Grundlage eines Doppel-Benchmarks.

Für die über Neuanlagenbenchmarks ausgestatteten Anlagen sollte das Zuteilungsprinzip von Produktionsmenge und Neuanlagen-Benchmark ohne weitere Berücksichtigung eines Erfül-lungsfaktors für 14 Jahre in Ansatz gebracht werden. Die Zuteilung sollte weiterhin einer Ex-post-Anpassung nach unten und nach oben unterzogen werden.

Die Stilllegungsregelung mit Anzeigepflicht und Stilllegungsvermutung beim Unterschreiten eines Emissionsniveaus von 10% der jahresdurchschnittlichen Emissionen in der Basisperiode wurde in der NAP-Fassung des Kabinettbeschlusses (BR 2004) durch eine weitere Ex-post-Auslastungskorrektur ergänzt (vgl. auch Kapitel 8.5). Danach sollte die Ausgabe von Emissi-onsberechtigungen um die entsprechende Menge reduziert werden, wenn die Jahresemissio-nen einer Anlage den Schwellenwert von 60% der jahresdurchschnittlichen EmissioJahresemissio-nen in der

75 Faktisch könnte dies auch als eine Vorentscheidung für zukünftige Zuteilungsverfahren für die Anlagen, die in der Handelsperiode 2005-2007 die Übertragungsregelung in Anspruch nehmen, nach dem Updating-Prinzip interpretiert werden.

76 Der Benchmark von 750 g CO2/kWh sollte ausweislich der Ausführungen in der NAP-Fassung des Kabinett-beschlusses als gewichteter Durchschnitt der Emissionswerte für die Stromerzeugung in modernen Braun-kohle-, Steinkohle und Erdgaskraftwerken ermittelt worden sein, entspricht aber in der Realität eher einem Steinkohlenkraftwerk mit einem Nutzungsgrad – je nach Qualität der eingesetzten Kohle – von 44,5 bis 45%.

Für die im Februar 2004 präsentierte Pilotstudie zum Referenzkraftwerk Nordrhein-Westfalen (VGB 2004) wurden Netto-Wirkungsgrade von 45,9 bis 47,3% präsentiert, dies entspricht Nutzungsgraden von etwa 43,6 bis 44,9%.

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Basisperiode unterschreiten. Diese Reduzierung sollte im Wege einer entsprechenden Rück-gabeverpflichtung für den Betreiber umgesetzt werden.

Im Ergebnis des parlamentarischen Beratungsprozesses sowie in den weiteren Ressortab-stimmungen zur entsprechenden Verordnung, der zum Zuteilungsgesetz 2007 sowie zur Zutei-lungsverordnung 2007 führte, erfolgten weitere Änderungen des Regelungskonzepts im Be-reich der Stilllegungen und Neuanlagen:

• Die Zuteilung für eine stillgelegte Anlage sollte um die nach Stilllegung einer Anlage nicht ausgegebenen Emissionsberechtigungen korrigiert werden (§ 9 (1) ZuG 2007).

• Die Stilllegungsvermutung bei Unterschreiten der 10%-Schwelle entfiel und wurde allein durch die Ex-post-Anpassung bei auslastungsbedingtem Unterschreiten der 60%-Grenze ersetzt (§ 7 (9) ZuG 2007).

• Die Regelung zur Übertragung der Zuteilung von einer stillgelegten Anlage auf eine Neuanlage für 4 Jahre (und Zuteilung ohne Erfüllungsfaktor für weitere 14 Jahre) wurde um die Möglichkeit einer Übertragung auf eine bestehende Anlage des glei-chen Betreibers ergänzt, der die Produktionsübernahme der stillgelegten Anlage nachweist, wobei eine entsprechende Ex-post-Anpassung vorgesehen ist (§ 9 (4) ZuG 2007).

• Im Zuteilungsgesetz 2007 wird für zusätzliche Neuanlagen die Zuteilung über einen Benchmark je Produkteinheit vorgesehen, der sich an der besten verfügbaren Technik orientiert (§ 7 (1) ZuG 2007). Als Sonderregelung für die Stromwirtschaft wurde nunmehr ein Benchmark von maximal 750 g CO2/kWh definiert, wobei der für die Zuteilung in Ansatz zu bringende Benchmark nicht höher als bei Verwendung der besten verfügbaren Technik sein, mindestens aber 365 g CO2/kWh betragen sollte.

Zur Operationalisierung des Doppel-Benchmarks für die Ausstattung von KWK-Anlagen wurde das Grundprinzip der Produktdifferenzierung noch weiter in Richtung der Prozessdifferenzierung verändert; hier soll der Strom-Benchmark unter Zugrunde-legung einer technisch vergleichbaren Anlage zur ausschließlichen Erzeugung von Strom bestimmt werden (§ 7 (2) ZuG 2007).

• Eine weitere Öffnung des Benchmarksystems für homogene Produkte hinsichtlich weiterer Prozessdifferenzierungen enthält schließlich die Zuteilungsverordnung 2007.

Zunächst wird der statt strikt nach Produkten nunmehr auch noch nach Prozessen dif-ferenzierende Ansatz zur Ermittlung der Benchmarks – analog dem im ZuG 2007 an-gelegten Ansatz für die Stromerzeugung – auch auf Niedertemperaturwärme, Pro-zessdampf und Zementklinker erweitert (§ 12 (2) ZuV 2007). Aber auch für die Er-mittlung der nicht explizit spezifizierten Benchmarks werden Differenzierungskrite-rien wie „unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nutzbare Brenn- und Rohstoffe“ o-der „Zugänglichkeit o-der Techniken für den Betreiber“ eingeführt (§ 12 (3) ZuV 2007), mit denen weitere Prozessdifferenzierungen – bei weiter Auslegung der For-mulierung in der ZuV 2007 – begründet werden könnten, wenn auch ein weiteres Ab-gehen vom Prinzip der produktbezogenen Benchmarks – bei enger Auslegung der

Formulierungen in der ZuV 2007 und Orientierung an der intendierten Funktionalität der Benchmark-Zuteilung – hier keineswegs zwingend ist.

Insgesamt ist also auch für das vom Gesetz- bzw. Verordnungsgeber verabschiedete Regel-werk im Bereich Neuanlagen/Anlagenstilllegungen eine weitere Erosion bei den für die dy-namische Effizienz des Emissionshandelssystems entscheidenden Punkten zu konstatieren, wobei vor allem auf die umfangreiche Anwendung von Ex-post-Anpassungen, das immer stärker prozessdifferenzierte Benchmark-System sowie die Öffnung des Übertragsmodells für Bestandsanlagen hinzuweisen ist.

Vor diesem Hintergrund ist auch wenig überraschend, dass die Kommission in ihrer Ent-scheidung zum deutschen NAP wesentliche Änderungen verlangt hat. Zunächst sind sämtli-che Ex-post-Anpassungen im deutssämtli-chen NAP, aber auch die Möglichkeit einer faktissämtli-chen Zu-teilungsübertragung an Bestandsanlagen des gleichen Betreibers (nach der Regelung des § 9 Abs. 4 ZuG 2007) im deutschen Hoheitsgebiet als unvereinbar mit den Kriterien 5 und 10 des Anhangs III der Emissionshandelsrichtlinie eingestuft worden.77 Deutschland hat diesbezüg-lich Rechtsmittel gegen die Entscheidung der Kommission eingelegt.

Eine besondere Rolle für die Fortentwicklung des Zuteilungssystems in Deutschland spielen jedoch die Erwägungen der Kommission zur Übertragungsregelung. Zwar hat die Kommissi-on – vor dem Hintergrund des ökologischen Nutzens der Regelung – keine Einwände gegen die Übertragungsregelung an sich vorgebracht. Sie postuliert jedoch, dass in dem der Übertra-gungsperiode von 4 Jahren folgenden Zeitraum kein Unterschied zwischen der Zuteilung für die Übertragungs-Anlagen (die die Übertragungsregelung in Anspruch nehmen) und die Newcomer-Anlagen (die unter die Reserve für neue Marktteilnehmer fallen) gemacht wür-de.78

Die Regelungen des Zuteilungsgesetzes 2007, nach dem die Zuteilung für die Anlagen mit Zuteilungsübertragung nach Ablauf der Frist von 4 Jahren auf der Grundlage der realen Emis-sionen, die Zuteilung für die zunächst aus dem Reservefonds ausgestatteten Anlagen in den folgenden Handelsperioden aber weiterhin auf Basis von Produktionsmengen und Bench-marks erfolgen soll, sind einerseits im Lichte der Anreizwirkungen, aber andererseits auch mit Blick auf die Ungleichbehandlung von neuen Anlagen sicher nicht als unkritisch zu bewerten.

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