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Bewertung und Ausblick

Im Dokument 17 07 (Seite 171-176)

Abkürzungsverzeichnis

8 Der Mikroplan (ISI, Öko-Institut, DIW Berlin)

8.2 Bestandsanlagen (ISI)

8.2.4 Bewertung und Ausblick

Neuanlagen, die Braunkohlekraftwerke innerhalb von zwei Jahren ab den o. g. Zeitpunkten im Rahmen der Übertragungsregelung (§ 10 ZuG 2007) ersetzen, bei der Berechnung der über-tragenen Zuteilungsmengen von der Malusregel, die sonst ggf. die Altanlage getroffen hätte, ausgenommen werden.

Die besondere Belastung durch die Malusregel wurde über eine Kosten-Nutzen Relation be-gründet (vgl. Deutscher Bundestag 2004): die Umweltbelastung je erzeugte kWh Strom ist für diese Anlagen vergleichsweise hoch. Außerdem konnten sich die Investitionskosten über eine Betriebszeit von 30 Jahren bereits amortisieren. Da die Malusregel erst für die zweite sowie für jede folgende Handelsperiode gelten soll, muss sie zuvor noch von der Europäischen Kommission im Rahmen der Prüfung des dann relevanten Nationalen Allokationsplanes ge-nehmigt werden.

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bestraft, die in der ersten Handelsperiode ihre Emissionen mindern. Um die Planungssicher-heit auf Seiten der Unternehmen zu erhöhen und um Anreizverzerrungen möglichst schnell zu begegnen, könnte bereits frühzeitig von einem Updating Abstand genommen werden. Durch das Zugrundelegen einer dreijährigen Basisperiode ließen sich auslastungsbedingte Schwan-kungen im Emissionsausstoß in gewissem Umfang berücksichtigen. Eine ähnliche Regelung könnte auch in Zukunft beibehalten werden. Inwiefern in diesem Zusammenhang auch Flexi-bilisierungsmöglichkeiten innerhalb der Basisperiode zugelassen werden sollten, wäre expli-zit zu prüfen, da das „Auslassen“ eines oder mehrerer Jahre innerhalb der Basisperiode zu er-heblichen Veränderungen der insgesamt beantragten Menge führen könnte.

Etwa 8 % der Anlagen mit ca. 4,4 % der zugeteilten Berechtigungen erhielten eine Zuteilung auf der Basis angemeldeter Emissionen. Dass Anlagen, die in 2003 oder 2004 den Betrieb aufgenommen haben, 12 Jahre lang einen Erfüllungsfaktor von 1 erhalten sollen, mag aus Gründen der Gleichbehandlung mit Early action Anlagen zu rechtfertigen sein. Lange Bin-dungsdauern schränken allerdings zukünftige Spielräume für die Zuteilungen an andere Anla-gen ein. Gleichzeitig lässt der Erfüllungsfaktor von 1 ähnlich wie die vielfältiAnla-gen Ex-post-Korrekturen zumindest implizit auf eine Zuteilung „nach Bedarf“ schließen. Eine Zuteilung

„nach Bedarf“ wäre aus systemaren Gründen abzulehnen, da sie der intendierten Anreizwir-kung des Emissionshandelssystems widerspräche und dieses letztendlich nicht nur ineffizient, sondern auch ineffektiv würde.

Die Optionsregelungen des ZuG 2007, wonach auch für Bestandsanlagen die Anwendung der Regelung für Neuanlagen gewählt werden kann, erhöhen die Flexibilität und können aus Sicht der Betreiber vorteilhaft sein. Sie können allerdings auch zu einer Überallokation führen.

Betreiber von Anlagen, die in der Zuteilungsperiode gegenüber der Basisperiode geringere Emissionsmengen erwarten, können eine Zuteilung auf Basis historischer Emissionen wählen und erhalten ggf. mehr Rechte als sie benötigen. Umgekehrt können sich Anlagenbetreiber, die mit höheren Emissionen als in der Basisperiode rechnen, für die Optionsregel als Grund-lage für die Zuteilung entscheiden. Darüber hinaus implizieren diese Optionsregelungen eine gewisse Gleichbehandlung von Bestandsanlagen und Neuanlagen. Allerdings kann die Opti-onsregelung zu einer Besserstellung von Betreibern mehrer Anlagen gegenüber Betreibern von weniger Anlagen führen, da Betreiber mehrerer Anlagen einen größeren Spielraum für die Optimierungen des Anlagenbetriebes haben. Betreiber mehrerer Anlagen können Anlagen, die eine Zuteilung nach § 7 (12) ZuG 2007 erhalten, höher auslasten und Anlagen, die eine Zuteilung nach § 7 (1-6) erhalten, entsprechend geringer auslasten. Darüber hinaus erhöhen die Optionsregelungen auch die Komplexität des Systems insgesamt. Der anteilige Kürzungs-faktor wurde zwar endogen bestimmt und war zum Zeitpunkt der Antragstellung in der Höhe unbekannt. Da jedoch sowohl die Zuteilung auf Basis historischer Emissionen nach § 7 (1-5) ZuG 2007 als auch die Zuteilungen nach der Optionsregel § 7 (12) (inkl. der Ex-post-Korrekturen) dem anteiligen Kürzungsfaktor unterlagen, hängt die relative Vorteilhaftigkeit der einzelnen Regelungen nicht von der Höhe des anteiligen Kürzungfaktors ab. Unter diesen Bedingungen, die zum Zeitpunkt der Antragstellung bekannt waren, war es den Anlagen-betreibern möglich, eine aus ihrer Sicht optimale Wahl der Zuteilungsregel zu treffen. Dar-über hinaus bestand die Möglichkeit, gestufte Anträge einzureichen. Letztendlich dienten die Optionsregelungen als Grundlage für etwa 28 % der Anlagen bzw. 16 % der zugeteilten EUA.

Diese starke Inanspruchnahme führte letztendlich zu einer vergleichsweise starken Reduktion von Zuteilungen über den anteiligen Kürzungsfaktor. Vermutlich lässt sich durch die Options-regelungen auch die vergleichsweise geringe Nutzung der HärtefallOptions-regelungen erklären.

Die Zuteilungen nach der Härtefallregelung gemäß § 7 (10) ZuG 2007 betragen 4.288.534 Emissionsberechtigungen für 26 Anlagen (davon 1.787.567 Emissionsberechtigungen als zu-sätzliche Zuteilung zur Zuteilung nach § 7 (1-5) ZuG 2007). Auf Basis der Härtefallregelung gemäß § 7 (11) ZuG 2007 wurden 3.787.551 Emissionsberechtigungen zusätzlich zugeteilt.

Sollten die Härtefallregelungen beibehalten werden, gilt es, konkrete und abschließende Kri-terien für die Inanspruchnahme einer Härtefallregelung im ZuG 2012 oder in der ZuV 2012 festzulegen. Dies würde auch eine inhaltliche Unterscheidung zwischen den beiden Härtefall-regelungen, die für den juristischen Laien nur schwer nachvollziehbar ist, erleichtern. Als Al-ternative käme eine Streichung der Härtefallregelung aufgrund besonderer Umstände in Fra-ge, wobei zu prüfen wäre, inwiefern durch den Ansatz einer mehrjährigen Basisperiode mit Streichung eines Jahres Ersatz geschaffen werden könnte.

Für zukünftige Handelsperioden könnte ein Benchmarking, das dem Grandfathering aus grundsätzlichen Überlegungen vorzuziehen ist, als Grundlage des Zuteilungsverfahrens ange-strebt werden. Dazu kann es aus datentechnischen Gründen notwendig werden, auf die Pro-duktionsmengen des Jahres 2005 zurückzugreifen. In diesem Fall würden die Emissions- und Produktionsentscheidungen die künftige Zuteilung zwar mit beeinflussen, der negative An-reizeffekt wäre bei einem Benchmarking allerdings geringer als bei einem absoluten Grand-fathering. Die größte Herausforderung läge voraussichtlich in der Identifizierung hinreichend homogener Produktgruppen für Bestandsanlagen sowie in der Festlegung der Benchmarks, wofür zeitintensive Abstimmungen mit den Verbänden notwendig wären.

Im NAP für die erste Handelsperiode wurde die Konsistenz zwischen der Mikroebene und der Makroebene über Minderungsfaktoren hergestellt. Dabei erfolgte im Unterschied zu anderen Mitgliedsstaaten (vgl. Kapitel 14) keine branchenspezifische Differenzierung der Minde-rungsfaktoren. Alternativ wären auch branchenspezifische Caps vorstellbar. Eine solche bran-chenspezifische Differenzierung der Zuteilung böte beispielsweise den Vorteil, dass Redukti-onspotentiale und -kosten (i. e. intersektorale Verteilungseffekte), die Produktionsentwicklung sowie die Wettbewerbssituation (inkl. Überwälzungsmöglichkeiten) nach Branchen getrennt berücksichtigt werden könnten. Gegebenenfalls könnte über die Festlegung von Sonderbud-gets auch auf einige der besonderen Zuteilungsregeln bzw. Sonderzuteilungen sowie Härte-fallregelungen verzichtet werden, wodurch sich die Komplexität der Zuteilungsregelungen70 reduzieren, die Transaktionskosten bei Betreibern und der zuständigen Behörde verringern sowie die Transparenz des Systems – auch hinsichtlich der Berechenbarkeit des Zuteilungser-gebnisses für die Anlagenbetreiber sowie der Verteilungseffekte zwischen den verschiedenen Branchen – erhöhen ließe. Sektorale Budgets könnten sowohl mit als auch ohne Benchmarks für Bestandsanlagen angewendet werden, würden aber wohl deren Anwendung erleichtern.

Allerdings ist bei der Festlegung sektoraler Budgets (wie auch der Benchmarks) bei einem

70 Da die einzelnen Allokationsregeln auch kombiniert werden konnten, kam es bei der Zuteilung für die erste Handelsperiode zur Anwendung von ca. 60 verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten.

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vorgegebenen Gesamt-Cap für den Emissionshandelsbereich mit einem erheblichen Abstim-mungsbedarf – und im Prozess mit erheblichen Verteilungskämpfen zwischen den einzelnen Branchen - zu rechnen. Darüber hinaus wäre eine Ex-ante-Bestimmung von sektoral differen-zierten Caps hinsichtlich der Einhaltung des Gesamt-Caps mit erheblichen Herausforderungen hinsichtlich Methodik und Datenverfügbarkeit verbunden.

In Bezug auf die Anlagenabgrenzung zeigt sich – auch mit Blick auf die Regelungen in ande-ren Mitgliedsstaaten (vgl. Kapitel 14.2) – dass die IPPC-Richtlinie als Grundlage problema-tisch ist. Zum einen gibt es zwischen den Staaten Unterschiede in der nationalen Umsetzung.

Zum anderen führt die Auslegung in Deutschland, der der Anlagenkatalog der 4. BImSchV zu Grunde liegt, dazu, dass es zur Ungleichbehandlung von identischen Anlagen kommt. Eigent-liches Ziel sollte es sein, die großen Emittenten unterschiedslos einzubeziehen. Um unver-hältnismäßig hohe Transaktionskosten im Vergleich zu den Emissionen bzw. zu den Minde-rungskosten für Kleinstanlagen zu vermeiden, ist die Einführung einer De minimis-Regel in Betracht zu ziehen (siehe z. B. Schleich und Betz 2004). Abbildung 8-1 zeigt beispielsweise, dass die 50 % kleinsten Anlagen nur rund 1,6 % der Emissionsberechtigungen erhalten, wäh-rend die 10 % größten Anlagen rund 85 % der Emissionsrechte erhalten. Für eine De minimis-Regel wäre eine Bagatellgrenze für den jährlichen Treibhausgasausstoß in Höhe von bei-spielsweise 5.000 oder 10.000 t CO2 festzulegen. Aus Abbildung 8-2 lässt sich dann der An-teil bestimmten, den diese Anlagen an der GesamtzuAn-teilung ausmachen. So erhalten bei-spielsweise Anlagen mit einer jährlichen Zuteilung von bis zu 5.000 t CO2 p.a. (entsprechen ca. 16 % der Anlagen) etwa 0,14 % der Gesamtzuteilung, und Anlagen mit einer Zuteilung von bis zu 10.000 t CO2 p.a. (entsprechen ca. 31 % der Anlagen) erhalten etwa 0,55 % der zu-geteilten Emissionsrechte. Die Implikationen einer Emissionsgrenze von 25.000 t CO2 p.a., die bei der niederländischen Opt-out Regelung angesetzt wurde, lassen sich für Deutschland dann abschätzen, wenn man die historischen Emissionen mit den Zuteilungsmengen nähe-rungsweise gleichsetzt. In diesem Fall führt eine Bagatellgrenze in Höhe von 25.000 t CO2

p.a. zum Ausschluss von über 50 % der Anlagen, aber lediglich von rund 2 % der Emissionen.

Bei einer solchen De minimis-Regel geht es explizit nicht um ein Opt-out nach den Vorschrif-ten des derzeitigen Art. 27 der Emissionshandelsrichtlinie, sondern um einen pauschalen, ggf.

fakultativen Ausschluss von Kleinstemittenten, ohne Einhaltung der geforderten Monitoring oder Berichterstattungsvorschriften der Richtlinie. Erforderlich wäre hierzu eine Änderung von Annex I (Ergänzung einer emissionsbezogenen Bagatellgrenze) oder eine Änderung von Art. 27 (Opt-out auch für 2008-2012 mit Bagatellgrenze für Kleinstanlagen). Da beide Ände-rungen nur im Mitentscheidungsverfahren auch vom EU-Rat und EU-Parlament zu verab-schieden wären, erscheint eine rechtzeitige Umsetzung allerdings eher unwahrscheinlich.

Abbildung 8-1 Verteilung der Zuteilungsmenge

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00

Kumulierter Anteil an Anlagen

Kumulierter Anteil an Zuteilungsmenge

Quelle: Berechnungen des Fraunhofer ISI auf Grundlage der Zuteilungen für die

Handelsperiode 2005-2007 durch die DEHSt.

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Abbildung 8-2 Zuteilungsmengen pro Jahr und Anteile an Gesamtzuteilung

0,00 0,10 0,20 0,30 0,40 0,50 0,60 0,70 0,80 0,90 1,00

4

5.000

10.000

25.000

50.000 100.000

250.000 500.000

1.000.000 20.000.000 Zuteilungsmenge in t CO2 p.a.

Kumulierter Anteil an Gesamtzuteilung

Quelle: Berechnungen des Fraunhofer ISI auf Grundlage der Zuteilungen für die

Handelsperiode 2005-2007 durch die DEHSt.

Im Dokument 17 07 (Seite 171-176)