• Keine Ergebnisse gefunden

Die Konzeption des Leben der Gläubigen

Im Dokument Luther-Rezeption bei Gottfried Arnold (Seite 123-126)

V. Lutherbild im Leben der Gläubigen

2. Die Konzeption des Leben der Gläubigen

Das Leben der Gläubigen ist unmittelbar durch das vorangeganene WerkVitae Patrum (1700) veranlasst worden817. In der Schrift Vitae Patrum (1700)818 hatte Arnold das

810 UKKH, IV, Beschluss, §2, S. 844.

811 GOTTFRIEDARNOLD, An den geneigten Leser, §26, in: Supplementa, Illustrationes Emendationes zu Verbesserung der Kirchen=Historie, Franckfurt 1703.

812 GOTTFRIEDARNOLD, An den geneigten Leser, §26, in: Supplementa, Illustrationes Emendationes zu Verbesserung der Kirchen=Historie, Franckfurt 1703.

813 [Dünnhaupt Nr. 19.]

814 [Dünnhaupt Nr. 27.]

815 GOTTFRIEDARNOLD, Historische Nachricht, in: Das Leben der Gläubigen, §37, 1701. „Und hiemit sind vor dißmal diese Lebens=Beschreibungen derer jenigen alten Einsamen / welche unter dem allgemeinen Elend annoch GOtt und seinen Sohn JEsum CHristum in ihrer Maasse erkannt und geehret haben / beschlossen. Welche particular-Historien auch unter andern Absichten und Nutzen zu Ergäntzung der unpartheyischen Kirchen=und Ketzer=Historie dienen werden / alldieweil in dieser solche Begebenheiten derer verborgen lebenden mit gar wenigen berühret werden können / nachdem man meist auff die öffentlichen Lehrer und auswendigen Streitigkeiten sehen müßen. Weiter aber als biß auff die Zeiten der Reformation hat man dißmal nicht mögen gehen / damit das Buch nicht allzugroß / und die Leser wegen der Weitläufftigkeit verdrießlich würden.“

816 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §15, 1701.

817 A.a.O., §1. „Es mag ein jeder alsbald im ersten Anblick dieses Buches / leichtlich vermuthen / daß solches durch das zuvor heraus gegebeneLeben der Altväter ohne zweiffel veranlasset worden“.

818 GOTTFRIEDARNOLD, Vitae Patrum Oder Das Leben Der Altvater und anderer Gottseligen Personen Auffs Reue erläutert und vermehret, Halle 1700. Diese Schrift hat sich in zwei Teilen unterschieden. In dem ersten Teil enthalten sich eine große Menge von deutschen Übersetzungen vom Leben berühmter Einsiedler der Alten Kirche und ihre Worte und Taten, in den Makarios häufig erwähnt werden. In dem

Leben des mystischen Einsiedlers der alten Kirche als eine ideale christliche Lebensform dargestellt819. Er unterstützte zwar in keiner Weise „das Mönchtum als eine heilsnotwendige kirchliche Bußinstitution“820, betrachtete aber die Form des Lebens des Einsiedlers „als einen auch heute noch zugänglichen Weg göttlicher Berufung und als eine auch heute noch realisierbare Form evangelischer Kirche“821. Daher beschrieb er das Leben der Einsiedler wie Macarios in der alten Kirche positiv als die unparteiisch und verborgen lebenden Christen822.

Als eine Fortsetzung von Vitae Patrum gab Arnold im Jahre 1701 das Leben der Gläubigen823 heraus. Das Werk gilt als „das bedeutsamste historisch-biographische Werk“824 neben der UKKH. Dieses Werk erschien in zwei Auflagen: im Jahre 1701 und 1732 in Halle. Es handelt sich hier auch um die Lebensbeschreibung der wahren Gläubigen und deren „Gottseligkeit“825 und „geistlichen Gaben“826 im Zeitraum vom 16.

bis 17. Jahrhundert827.

Das WerkLeben der Gläubigen ist der Darstellung der ‚Heiligen‘ gewidmet. Für Arnold sind die Heiligen die Menschen, die die Vollkommenheit Gottes durch die „Vereinigung und Gleichheit mit unserm HErrn JEsu CHristo“828 erlangt haben. Sie sollen nicht nur äußerlich „die wahren Früchte eines jedweden Baums“829 gern haben, sondern können auch innerlich „[zur] Versicherung des heiligen Geistes in den Hertzen des Lesers“830 beitragen. Hier zeigt sich deutlich bei Arnold die Identifizierung zwischen den Heiligen und den erleuchteten, wiedergeborenen Menschen831. Erleuchtete Menschen, Einsiedler

zweiten Teil finden sich weitere deutsche Übersetzungen von Werken von Einsiedlern wie Bernhard von Clairvaux, Tauler, Ruisbroek etc.

819 ERNST BENZ, Die protestantische Thebais. Zur Nachwirkung Makarios des Ägypters im Protestantismus des 17. Und 18. Jahrhunderts in Europa und Amerika, Wiesbaden 1963, S. 21.

820 ERNSTBENZ, Die protestantische Thebais, S. 21.

821 ERNST BENZ, Die protestantische Thebais, S. 21. Vgl. GOTTFRIED ARNOLD, Anleitung, in: Vitae Patrum Oder das Leben der Altvater […], Halle 1700, §8.

822 Zur Begründung dafür stellt Arnold vor allem Urteilen Luthers zusammen: „Lutherus der sonst wieder den Aberglauben und andere Dinge derer Mönche gar heftig geschrieben / hat dennoch selbst vor ungegründete Urtheile über die Einsamen insgemein also gewarnet: Die Mönche und Einsiedler / wie sie zu der Zeit vor Alters gewesen seyn / darff man nicht gar verwerffen / sonst müßte man S. Hieronymum selbst vor andern verdammen.“ (GOTTFRIEDARNOLD, Anleitung, in: Vitae Patrum Oder das Leben der Altvater […], Halle 1700, §17.)

823 Der vollständige Titel lautet: „Das Leben der Gläubigen Oder Beschreibung solcher Gottseligen Personen / welche in denen letzten 200. Jahren sonderlich bekandt worden / ausgefertigt von Gottfried Arnold, Halle 1701“.

824 [Dünnhaupt Nr. 27.]

825 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §1, 1701.

826 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §1, 1701.

827 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §1, 1701.

828 GOTTFRIEDARNOLD, Anleitung, in: Das Leben der Gläubigen, S. 2, 1701.

829 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §2, 1701.

830 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §2, 1701.

831 GOTTFRIEDARNOLD, Anleitung, in: Das Leben der Gläubigen, S. 5-6, 1701.

und Heilige waren für Arnold Synonyme.

Hier stellt sich eine Frage: Wo kann man diese Heiligen finden? Kann man sie nur in der protestantischen Kirche finden? Arnold vertritt den Standpunkt, die Heiligen seien nicht nur in der protestantischen Kirche zu finden, sondern man habe auch „unter den Schrifften deren Catholiquen nicht weniger gefunden / als unter andern Religionen“832. Arnold nutzt sogar für die Lebensbeschreibungen die „guten Exempel aus dem Pabstthum“833 und deren „öffentliches Bekenntnis“834, weil noch „im Pabstthum die Erkantnis Christi bey etlichen Frommen allezeit verblieben sey“835. Daher wurden z. B.

die spanischen Mystiker Theresa von Jesu (1515-1582) und Johannes vom Kreuz (1542-1591) Gegenstände seiner Darstellungen. Hier zeigt sich deutlich Arnolds unparteiische Haltung, die wie in der UKKH die methodische Grundlage auch für das Leben der Gläubigen ist. Auch hier ist innere Haltung „nach dem Sinn und Bewandtnis der allgemeinen unsichtbaren Kirche Christi“836 ist von großer Bedeutung837.

Warum sollen sich die Leser mit dem Leben der Heiligen beschäftigen? Arnold sieht sie als Vorbilder der Heiligkeit und Vollkommenheit. Sie zeigen „ihr Leben denen Menschen die zu Gott gehen wollen / als eine schöne Leuchte / damit sie solche sicher dahin bringen mögen“838. Sie können den „Menschen die Fußsteige der Heiligkeit und Vollkommenheit“839 zeigen. Hier zeigt sich deutlich das Hauptanliegen Arnolds. Bei ihm kommt es entscheidend darauf an, ob der Mensch das vollkommene Ebenbild

„durch den Geist Christi“840 erlangen kann. Daher ist Arnold fest davon überzeugt, das Leben der Heiligen sei „eine Richtschnur andern / ihr Leben anzustellen“841: „So hat

832 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §2, 1701.

833 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §4, 1701.

834 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §4, 1701.

835 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §4, 1701.

836 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §5, 1701.

837 Daher erwähnt Arnold ausdrücklich, „daß ein jeder Leser die wahre Augen=Salbe von GOTT erbitten möge / den falschen Schmuck der selbst erdachteten Heiligkeit von dem untadelichen Rock der durch Christum gewirckten Gerechtigkeit Gottes genau zu entscheiden / und sich bey zeiten um ein dauerhafftes und im Heer bestehendes Wesen des Geistes und der neuen Geburth zu bekümmern / damit ihn keine Umb=und Neben=Wege mit Schein und Stückwercken / Menschen=Satzungen / guten Meinungen und Wercken / von dem allgemeinen höchsten Ziel und Kleinod ab und zurück halten“(GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §6, 1701).

838 GOTTFRIEDARNOLD, Anleitung, in: Das Leben der Gläubigen, S. 6, 1701.

839 GOTTFRIEDARNOLD, Anleitung, in: Das Leben der Gläubigen, S. 5-6, 1701. „Daß Gott nicht so grosse Fackeln an Himmel gesetzt habe uns zu leuchten und den Weg zu zeigen auf Erden / als er uns gegeben / uns hinieden zu ihm zu führen / und von der Erde in Himmel zu geleiten. Unter welchen die Heiligen ohn Zweifel die ansehnlichsten sind / dieweil nicht ein eintziger unter ihnen ist / dessen Leben uns nicht ein lebendiges Licht sey / so uns die Geleise zeiget / darin wir richtig wandeln sollen“.

840 GOTTFRIEDARNOLD, Vorerinnerung, in: Das Leben der Gläubigen, §9, 1701.

841 GOTTFRIEDARNOLD, Anleitung, in: Das Leben der Gläubigen, S. 7, 1701. „So hat denn Gott uns seine Heiligen gegeben / daß wir uns solcher in unserem Leben zur Regel und Richtschnur gebrauchen / und auf sie als einen leuchtenden Thurm acht haben sollen / der die Schiffarth unsers Heyls den rechten Weg führen und an den gewünschten Anfurth bringen kann / so wir sie mit Aufmercken warnehmen / und auf

denn Gott uns seine Heiligen gegeben / daß wir uns solcher in unserem Leben zur Regel und Richtschnur gebrauchen / und auf sie als einen leuchtenden Thurm acht haben sollen / der die Schiffarth unsers Heyls den rechten Weg führen und an den gewünschten Anfurth bringen kann / so wir sie mit Aufmercken warnehmen / und auf dem Steig / so sie uns durch ihre Wercke abzeichnen / wandeln“842.

Zusammenfassend kann man sagen: Arnold ermutigt die Menschen durch dasLeben der Gläubigen, ein Leben der Heiligung und der Vollkommenheit zu erreichen. Das Leben der Heiligen ist das Vorbild für ein gottseliges Leben der gegenwärtigen Christen, sie sollen im Herzen das Leben Christi nacherleben. Sie sollen zur Nachahmung anregen und zeigen, dass ein solches Lebensweg erreichbar ist. Die Erreichbarkeit seiner Forderung nach einem gottseligen Leben fand Arnold auch im Leben Luthers.

Im Dokument Luther-Rezeption bei Gottfried Arnold (Seite 123-126)