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Luther als Verkündiger des wahren Evangeliums

Im Dokument Luther-Rezeption bei Gottfried Arnold (Seite 142-145)

VI. Die Lutherinterpretation des späten Arnold

2. Lutherdarstellung in der Arnolds Vorrede zur Kirchenpostille Luthers (1710)

2.1 Luther als Verkündiger des wahren Evangeliums

In der Vorrede weist Arnold zunächst darauf hin, dass die Kirchenpostille nicht genügend Aufmerksamkeit gefunden hatte. Niemand wollte die Postille empfehlen, obwohl Luther selber sie für sein „bestes und liebstes buch […] noch in denen folgenden zeiten“950 gehalten habe. Arnold aber findet, die Predigten Luthers in der Kirchenpostille seien zwar kurz, aber sie enthielten die leuchtende Einfalt des wahren Evangeliums und die rechte Lehre und die große Gottseligkeit951. Diese Einfalt des wahren Evangelium erkennt nur der erleuchtete Mensch, der „die würckungen des glaubens=geistes von menschlichen tand und wahn und das eigene wircken der natur

946 PHILIPPJAKOBSPENER, Vorrede, in: Kirchenpostille.

947 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §40.

948 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §40.

949 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §40.

950 GOTTFRIED ARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §3. „Lutherus ipsemet Postillam suam Ecclesiasticam vocat Librum suum optimum“.

951 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §4.

von GOttes krafft in der versöhnung und erneuerung“952 unterscheiden kann.

Weiter schreibt Arnold, die Postille enthalte „manche geheimnisse und stärcke der heilsamen lehre durch des Geistes gabe“953. Man könne in derKirchenpostille Luthers die Wahrheit des Christentums finden954. Aus diesem Grund fänden sich schon in Speners Vorrede zur neuen Edition der Postille „fast unzehlbahre[n] lobsprüche“955 auf Luther. Johann Arndt habe auch in seiner „repetitione apologetica des II. buchs vom wahren Christenthum“956 erwähnt, in der Kirchenpostille Luthers sei die christliche Wahrheit zu finden: „Von dieser unser grossen herrlichkiet stehet ein schöner locus in der Kirchen=Postill / welchen man als eine edle blume in den lust=garten seines hertzens pflantzen soll“957.

Arnold selber findet ebenfalls in der Kirchenpostille die von Arndt und Spener erwähnten „lauter[e] wahrheiten des Evangelii“958 , die er schon in der UKKH dargestellt hat: „Nehmlich es ist offenbar / daß ihn GOtt durch seinen Geist mit einer hochtheuren erkantnis seines wahren Evangelii oder willens von der menschen herwiederbringung durch den glauben beschencket / die er auch auff gar herrliche und durchdringende art vortragen konnte. So wenig / als nun diese kräfftige gottsgelehrte und weise lehrart jemanden von natur bekannt oder in der krafft möglich ist / und wenn er auch alle worte Pauli und Lutheri äusserlich nachspräche.“959

Arnold ist weiterhin der Überzeugung, dass man dieses Evangelium in Luthers frühen Schriften wie der Auslegung der Epiistel an die Galater und der Kirchenpostille finden kann, darin Luther „den menschentand und verdienst übern hauffen geschmissen hat / mit was vor macht und nachdruck er hingegen Christum erhebt und anpreiset / den unterscheid des gesetztes u. Evangelii so gründlich zeiget / und GOtt allein alle ehre lässet.“960 Deswegen dränge Luther am Anfang „auff die wahre heiligung / und zwar / wie sie allein aus der gnaden=vereinigung mit JESU Christo / nicht aber aus dem gesetz herkommt / welche auch den grossen unterscheid derselben von aller pharisäischen gerechtigkeit u.s.w.“961 bezeichnet. Hier wiederholt der späte Arnold noch einmal eine Aussage aus derUKKH über Luthers Lehre von der lauteren Wahrheit des Evangeliums:

952 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §4.

953 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §5.

954 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §5.

955 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §2.

956 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §6.

957 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §6.

958 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §6.

959 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §7.

960 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §7.

961 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §7.

„Ich will die summa davon auffs kürtzeste zusammen fassen mit denenjenigen worten / wodurch ich bereits vor mehrern Jahren meine hochhaltung gegen den ersten lauteren vortrag dieses mannes öffentlich bezeuget gehabt / und wobey ich auch noch verbleibe“962.

Hier zeigt sich deutlich, dass das Lob des frühen Luther bei dem späten Arnold unverändert geblieben ist. In der Edition von Luthers Kirchenpostille (1710) konzentrierte sich Arnold noch einmal auf den frühen Luther. Formal setzt sich die Kirchenpostille Luthers aus Adventspostille (1521), Weihnachtspostille (1522), Fastenpostille (1525), Sommerteil der Kirchenpostille (1526) zusammen. Man kann also denken, Arnold habe sich in der Kirchenpostille nicht nur dem frühen Luther sondern auch dem späten Luther gewidmet. Inhaltlich aber ist der späte Arnold noch mit dem frühen Luther ‚befreundet‘. Wenn man die Äußerungen Arnolds in der Vorrede zur Kirchenpostille inhaltlich betrachtet, erkennt man deutlich, dass Arnold im Wesentlichen den Winterteil derKirchenpostille im Sinn halte.

Es ist Arnolds Überzeugung, in dieser Kirchenpostille könne man die Wahrheit des Christentums finden963, weil sie die helle Einfalt des wahren Evangeliums und die rechte Lehre und die große Gottseligkeit enthalte.964 Luther habe anfangs das Evangelium und dessen Deutung „durch seine anfechtungen“965 erfahren und das Evangelium in „einfalt / ohne affectirte klügeley oder spitzfindigkeit bloß zur erbauung / ohne menschliche kunst und dunst“966 verkündigt. Allerdings sei die Lauterkeit des Evangeliums später durch die menschliche ‚Kunst und Dunst‘ getrübt worden. In Arnolds Zeit sei diese Lauterkeit „fast gar verschwunden“967. Aus diesem Grund habe Arnold diese Postille editiert, um die Lauterkeit des Evangeliums wiederherzustellen. In diesem Sinn wiederholte Arnold das schon in der UKKH erwähnte968 Lob auf den frühen Luther. Mit Nachdruck fügt der späte Arnold hinzu: „wobey ich auch noch verbleibe“969.

962 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §7.

963 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §5.

964 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §4. Nach Arnolds Auffassung erkennt diese Einfalt des wahren Evangelium nur der erleuchtete Mensch, der „die würckungen des glaubens=geistes von menschlichen tand und wahn und das eigene wircken der natur von GOttes krafft in der versöhnung und erneuerung“(§4) unterscheiden kann. Solcher Mensch erfährt Arnolds zufolge im Herzen die innerliche und mystische Vereinigung mit Gott. Solches Bild fand Arnold im frühen Luther.

965 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §8.

966 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §9.

967 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §9.

968 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §7; Vgl. UKKH, II, 16, 5, §17, S. 499.

969 GOTTFRIEDARNOLD, Vorbericht, in: Kirchenpostille, §7.

Im Dokument Luther-Rezeption bei Gottfried Arnold (Seite 142-145)