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Konrad Zuses Z’s

Im Dokument Ideengeschichte der Computernutzung (Seite 86-89)

2.1 Kategorisierung von Visionen der Computernutzung

2.1.2 Historische Computer-Maschinen

2.1.2.4 Konrad Zuses Z’s

des Geheimdienstes, der Colossus hatte entwickeln lassen - womit eine zweite hinreichende Bedingung zur Klassifizierung der zugrundeliegenden Idee als Maschinennutzung erfüllt wäre.

Die sich in Colossus manifestierenden Ideen und Visionen Turings lassen sich demnach der oben vorgestellten Metapher der Maschinennutzung zuordnen. Vor allem die Tatsache, dass es Turing nicht um die Unterstützung alltäglicher, privater Aufgaben von Nutzern ging und sein mangelndes Interesse, Geräte physisch zu verkleinern, zeigt an, dass sein Denken nicht von der in 2.1.3 vorzustellenden Idee der Werkzeugnutzung des Computers geprägt wurde.

Dennoch legte er hierfür mit seinen Überlegungen zur universellen Turingmaschine bereits den Grundstein, indem er feststellte, dass eine Maschine theoretisch alle Arten von formal beschreibbaren Arbeitsabläufen automatisiert erledigen könne. In diesem Sinn ist die Idee von der universellen Turing-Maschine die Grundlage aller in 2.1.3 vorgestellten Computer-Werkzeuge. Erst die Einsicht, dass alle formalisierbaren Tätigkeiten durch ein technisches Artefakt bearbeitet werden können, ermöglichte die Vorstellung, man könne Computer außer zum Rechnen auch zur Erledigung vielfältiger alltäglicher Aufgaben, z.B. dem Verwalten von Daten oder dem Erstellen von Texten nutzen.

Versuchsanstalt für Luftfahrt in Adlershorst vorstellte, war man von diesem so begeistert, dass man sich entschloss, Zuses Forschung finanziell zu unterstützen.

Zuse gründete eine eigene Firma und stellte 1941 den Z3 vor, der über einen achtspurigen Kinofilmstreifen mit dem sogenannten Rechenplan, dem ausführenden Programm, angeleitet werden konnte. Später veröffentlichte er zahlreiche theoretische Überlegungen zur Entwick-lung derartiger Rechenpläne, was ihn zum ersten Theoretiker von Programmiersprachen machte. Das von Zuse 1945 entwickelte PLANKALKÜL gilt als erste höhere Programmier-sprache der Geschichte (Naumann 2001: 143). Bis heute wird, vornehmlich an Universitäten, die an Zuses PLANKALKÜL angelehnte Sprache ALGOL+ gelehrt. Die Tatsache, dass Zuses Artefakt frei programmierbar war, die Rechenanweisungen also über einen Papierstreifen ein-gelesen werden konnten, ist vor allem deshalb bemerkenswert, weil selbst viele der später in den USA gebauten Rechenmaschinen wie etwa der ENIAC nur durch Manipulation der Hardware zur Variation ihrer Operationen veranlasst werden konnten.

Anfang der 1940er Jahre entwickelte Zuse den Z4, die einzige seiner frühen Konstruktionen, die nach einer Odyssee durch die Schweiz die Kriegswirren überstand und an der ETH Zürich zwischen 1950 und 1955 für wissenschaftliche Berechnungen eingesetzt wurde.

Auch wenn Zuses Firma den Großkonzernen Siemens oder Telefunken bald hoffnungslos unterlegen war, entwickelte Zuse in der Nachkriegszeit zahlreiche weitere Rechenmaschinen bis hin zum Z22. Alle diese Artefakte waren ausschließlich konzipiert für den Einsatz in sehr spezialisierten Bereichen und konnten nur von Experten, die im Umgang mit dem Artefakt ausführlich geschult wurden, bedient werden. Während der Z4 vornehmlich für mathemati-sche Berechnungen eingesetzt wurde, entwickelte Zuse die Z5 für die Ernst Leitz GmbH zur Berechnung von Strahlenverläufen in optischen Systemen. Der Z11, der erste deutsche Relais-rechner in Serienproduktion aus dem Jahr 1956, wurde bis Mitte der 1960er Jahre vornehm-lich von Vermessungsanstalten eingesetzt. Auch die 1958 fertiggestellte Z22 wurde aus-schließlich zu wissenschaftlichen Zwecken vor allem im Bereich Betriebswirtschaft, Bau-technik, Maschinenbau und Elektrotechnik gebaut56.

56 Vielleicht ist es der Tatsache geschuldet, dass Zuse in dem vom Krieg zerrütteten Deutschland keinen Nach-folger fand oder dass er Zeit seines Lebens ein individueller Bastler blieb, dass seine Beiträge zur Entwicklung des Computers in den USA lange Zeit nicht wahrgenommen wurden. Erst kurz vor seinem Tod erhielt er mit dem Harry Goode Memorial Award der American Federation of Information Processing (AFIPS) die ihm ge-bührende Auszeichnung.

Warum sind Zuses Ideen zu seinen Z’s Ausdruck der Maschinen-Metapher?

Alle von Zuse entwickelten Z’s waren aus mechanischen Bestandteilen bestehende Geräte, die durch menschliche Eingaben in Gang gesetzt wurden und den menschlichen Nutzer beim Denken bzw. Rechnen unterstützen, diesen also in seinen intellektuellen Fähigkeiten erwei-tern sollten. Zuse hatte folglich ein technisches Artefakts im Sinn von 2.1.1 vor Augen.

Zumindest für seine ersten Artefakte, mit denen Zuse die Automatisierung statischer Berech-nungen anstrebte, kann eine Identität von Entwickler und Benutzer und somit die Erfüllung einer hinreichenden Bedingung zur Zuordnung seiner Nutzungsvision zur Maschinen-Metapher nach 2.1.1 festgestellt werden. Das mit dem Artefakt zu lösende Problem, die stati-sche Berechnung mit allen notwendigen Voraussetzungen, war in Person Zuses im Entwick-lungsprozess stets repräsentiert. Zuse konstruierte folglich ein technisches Artefakt für ein von ihm vollständig verstandenes Problem. Bei der Klassifikation der von ihm verfolgten Nutzungsidee führt die von ihm selbst wiederholt verwendete Metapher vom mechanischen Gehirn leicht zu einer Fehlinterpretation, denn Zuses Ziel war nie die Unterstützung mensch-lichen Denkens an sich, sondern stets nur die Unterstützung eines sehr spezialisierten, näm-lich mathematisch-wissenschaftnäm-lichen Denkens. Dementsprechend konnte Zuse bei der Ges-taltung des Artefakts voraussetzen, dass potentielle Nutzer ein gewisses Grundverständnis für die technische Funktionsweise desselben aufbrächten.

Ein zweites Kriterium, das für die Zuordnung von Zuses Nutzungsideen zur Maschinen-Metapher hinreichen würde, ist die Tatsache, dass Zuse seine Artefakte ausschließlich zu Zwecken zunächst wissenschaftlicher, später wirtschaftlicher Institution konzipierte. Es ging ihm folglich nicht um die Unterstützung des Nutzers zu dessen eigenen Zwecken, sondern stets zu Zwecken der Institution, für die das Artefakt genutzt wurde.

Doch auch wenn sich bei Zuse kein Interesse zur Miniaturisierung seiner Artefakte erkennen lässt57, weicht er die Metapher der Maschinennutzung des Computers leicht auf, indem er seine Geräte über das PLANKALKÜL programmierbar gestaltete. Auf diese Weise konnte mit diesen nicht mehr nur eine begrenzte Anzahl von Operationen durchgeführt werden, sondern die Funktionalität der Artefakte war vom Nutzer bedingt erweiterbar. Auf diese Weise stieg die Flexibilität des Nutzers bei der Benutzung des Artefakts. Doch kann trotz dieser

57 Einige Nachbauten von Zuses Rechenanlagen (Z1, Z11 und Z22) sind in einer Dauerausstellung am Deutschen Technikmuseum Berlin zu sehen. Der berühmte Z3 steht im Deutschen Museum in München. Allein die Be-trachtung dieser teilweise riesigen Anlagen verbietet intuitiv die Annahme, diese Artefakte könnten als Werk-zeuge gedacht worden sein.

tätssteigerung nicht von einem Interesse Zuses gesprochen werden, das Artefakt an einen spe-ziellen menschlichen Arbeitsprozess anzupassen oder in diesen zu integrieren. Auch Zuse folgte also der Idee der Maschinennutzung des Computers.

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