4. Studentinnen in ingenieurwissenschaftlichen Fächern – Beiträge zur
4.3 Jugend und schulische Prägung
2004). Bereits für den 8. Schuljahrgang stellt die Untersuchung TIMMSS fest, dass die Jungen den Mädchen in ihren Leistungen in Mathematik ein halbes Schuljahr vo‐
raus sind (Baumert & Lehmann 1997, S. 145 in: Faulstich‐Wieland 2004, S. 5). Be‐
deutsam bei der Untersuchung ist der Blick auf die Art der Aufgaben, denn Jungen und Mädchen zeigen ihre Leistungsunterschiede und dementsprechend auch Stär‐
ken bei unterschiedlichen Aufgabenkomplexen. „Die Stärke der Mädchen liegt bei Aufgaben, die auf Anwendung von Verfahren und Kenntnis von Begriffen zielen, die Stärke der Jungen liegt bei Modellierungen außermathematischer Situationen und beim Problemlösen“ (Stanat & Kunter 2001, S. 257 in: Faulstich‐Wieland, S. 5f).78 Weiteren Berechnungen zufolge konnte nachgewiesen werden, dass sich bei Mäd‐
chen das geringere Selbstkonzept der Begabung negativ auf ihre Mathematikleis‐
tungen auswirkt, während andererseits ihre bessere Leseleistung auch ihre Mathe‐
matikleistung erhöht (Klieme u.a. 2001, S. 185 in: Faulstich‐Wieland 2004, S. 5/6).79 Ähnliche Ergebnisse lassen sich in den Daten auch für das Fach Physik finden.
„In Physik ergeben sich dabei große Leistungsunterschiede zwischen Mädchen und Jun‐
gen, die jedoch in den alten und neuen Bundesländern unterschiedlich ausfallen. Der Vor‐
sprung der Jungen in Westdeutschland beträgt ein ganzes, in Ostdeutschland ein halbes Schuljahr80. (…) Der Leistungsvorsprung der Jungen ist bei Aufgaben besonders groß, deren Lösung erfordert, Faktenwissen aus dem Gedächtnis abzurufen und anzuwenden bzw. ein mentales Modell heranzuziehen“ (Stanat & Kunter 2001, S. 257 in: Faulstich‐Wieland 2004, S. 5/6).
Trotz der Feststellung dieser Leistungsunterschiede gibt es auch eine Gemeinsam‐
keit: Ist belegt, dass das Interesse für Mathematik und Naturwissenschaften bei Mädchen und Jungen gleichermaßen ausgeprägt ist, können den Jungen keine Leis‐
tungsvorteile mehr beschieden werden (Faulstich‐Wieland 2004).
78 vgl. auch die Ergebnisse in PISA 2006: „Geschlechterdifferenzen zeigen sich jedoch in fast al‐
len OECD‐Staaten einschließlich Deutschlands auf den Teilskalen ‚naturwissenschaftliche Fra‐
gestellungen erkennen‘ (zugunsten der Mädchen) und ‚naturwissenschaftliche Phänomene erklären‘ (zugunsten der Jungen)“ (Prenzel et al. 2007, S. 5f).
79 vgl. PISA 2006: (Prenzel et al. 2007).
80 Auf den Unterschied zwischen Ost‐ und Westdeutschland wird hier nicht näher eingegangen.
Da es aber bekannt ist, dass die natur‐ und technikwissenschaftliche Ausbildung in Ost‐
deutschland weniger in Verbindung zum Geschlecht stand, ist der Unterschied nicht verwundernswert. Die Veränderung der Zahlen könnte aber 20 Jahre nach der Wende vermu‐
tet werden.
Frühkindliche Sozialisation und Identitätsarbeit sind nach diesen Erkenntnissen von biologistischen Perspektiven geprägt, die Jungen und Mädchen vor der Folie von ge‐
schlechtlichen Konnotationen auf Unterschiede in ihren Fähigkeitsprofilen festlegen.
Leistungskurswahl
Zu ähnlichen Ergebnissen kommen auch Untersuchungen, die speziell die Ingenieur‐
studierenden untersuchen. Sie stellen fest, dass Ingenieurstudierende schon in der Schule eine mathematisch‐naturwissenschaftliche Fachpräferenz aufwiesen. Man‐
che Studien beobachten, dass zum Teil sogar geringfügig mehr Mädchen als Jungen Mathematik als Leistungskurs gewählt haben (Engler & Faulstich‐Wieland 1995;
Blättel‐Mink 2002). Nach Daten des Studierendensurveys wählen Schülerinnen nach wie vor wesentlich seltener beide Leistungskurse im mathematisch‐naturwissen‐
schaftlichen Bereich als Schüler; wird nur ein Leistungskurs in diesem Bereich ge‐
wählt, ist der Anteil bei den Schülerinnen mit 45% (zu 37% der Schüler) höher (Bar‐
gel et al. 2007, S. 6; Bargel et al. 2008, S. 30ff).
Belegung von Leistungskursen im naturwissenschaftlich‐technischen Aufgabenfeld bei Studie‐
renden der Ingenieurwissenschaften und in anderen Fachrichtungen nach Geschlecht (WS 2006/07) (Angaben in Prozent)
Leistungskurse im naturwissenschaftlich‐
technischem Aufgabenfeld
Ingenieurstudierende andere Fachrichtungen
Männer Frauen Männer Frauen
beide Leistungskurse 54 37 25 11
ein Leistungskurs 37 45 44 42
kein Leistungskurs 9 18 31 47
Tabelle 1: Leistungskurswahl nach Geschlecht in den Ingenieurwissenschaften. Eigene Darstel‐
lung81
Die Wahl der Leistungskurse über das gesamte Fachspektrum hinweg weist dennoch aber geschlechtsspezifische Merkmale auf (Faulstich‐Wieland 2004; Bargel et al.
2008).
81 Quelle: Bargel et al. 2007, S. 6.
Abbildung 7: Leistungskurswahl nach Geschlecht. Eigene Darstellung.82
Folglich sind die Zahlen der Studentinnen in den Ingenieurwissenschaften weiterhin sehr gering (Bargel et al. 2008; Bargel et al. 2007). Dies ist umso beachtenswerter, als Physik offensichtlich stärker als andere Fächer als Sprungbrett für die Ingenieur‐
wissenschaften zu betrachten ist. Schon Engler und Faulstich Wieland (1995) stellen in ihrer Untersuchung fest, dass ein Viertel der Jungen häufiger Physik als Lieb‐
lingsfach angeben als die Mädchen (26,9% Differenz zwischen Jungen und Mädchen) (Engler & Faulstich‐Wieland 1995, S. S.47f).83 In diesem Zusammenhang sind auch die Noten in den gewählten Leistungskursen ein wichtiger Indikator für die spätere Studienfachwahl.84
82 Quelle: Bargel et al. 2008, S. 30.
83 Diese Differenz führt dann auch zu einem unterschiedlichen Fachwahlverhalten. Besteht ein sehr hohes Interesse an Physik werden die eher „harten“ Ingenieurwissenschaften gewählt, besteht es weniger, fällt die Wahl eher auf Fächer wie Umwelttechnik oder Chemie und Ver‐
fahrenstechnik. Dies gilt allerdings für beide Geschlechter (Engler & Faulstich‐Wieland 1995, S. 47).
84 Eine andere Datenlage findet sich bei Bargel, der auch für die leistungsbesten Mädchen eine sehr geschlechtsspezifische Fachwahl nachweist (Bargel & Ramm 2005). Allerdings ist oft wei‐
Geschlechtsspezifische Interessenstrukturen
Häufig wird die tendenzielle Abneigung von Mädchen und jungen Frauen von klassi‐
schen Natur‐ und eben später Ingenieurwissenschaften mit einem je unterschiedli‐
chen Interessenspektrum der Schüler und Schülerinnen erklärt. Mathematik und Physik werden mit großer Klarheit, Logik, Eindeutigkeit, Abgegrenztheit, dem Ver‐
ständnis der materiellen Welt sowie der Entdeckung der Ursachen oder Gesetzmä‐
ßigkeiten hinter den Naturphänomenen in Verbindung gebracht. Diese Eigenschaf‐
ten der Fachbereiche Mathematik und Naturwissenschaften wiederum lassen garan‐
tierte oder doch zumindest leicht abschätzbare Erfolgserlebnisse im Unterricht und Lernen erwarten, weil sie nicht von subjektiven Eindrücken z.B. der Lehrer bestimmt sind (Zimmermann 1987). Eine Erklärungsversuch dieses Befundes mündet in die Ar‐
gumentation, dass Jungen ein größeres Interesse an Mathematik und Naturwissen‐
schaften haben, weil ihre Denkstrukturen eher dem beschriebenen Paradigma ent‐
sprechen. Demnach neigen sie weniger zu diskursivem Ausdruck, pflegen sprachlich einen Telegrammstil (Stadler, Benke, Duit 1999 in: Stadler 2000), und rezipieren Fak‐
tenwissen. Dementsprechend gilt für Mädchen ein Denkstil, der diskursiver angelegt ist und Gegenstände kontextuell erfasst.85 In der Psychologie werden dazu zwei Mo‐
di des Denkens benannt, die im Kontext der frühkindlichen Prägung und durch die Beziehung zur Mutter erklärt werden. Der erste Modus wird als pragmatisch oder repetitiv bezeichnet (Bruner 1986, Nelson 1996) und beschreibt einen Denkstil, der sich auf Fakten konzentriert, Dinge benennt, sie aufzählt, sich auf die Beschaffenheit der Dinge konzentriert etc. (Gisbert 2001). Demgegenüber steht der narrative (Bruner 1986) oder elaborative (Nelson 1996) Stil, nach dem die Bedeutung der Din‐
ge erfragt wird, gemeinsame Erfahrungen in Geschichten umgeformt werden u.ä.
(Gisbert 2001). Diese unterschiedlich geprägten Denkstile entwickeln sich aufgrund
terhin festzustellen, dass die sogenannten „Pionierinnen“ in den Ingenieurwissenschaften zu finden sind und sich, wenn auch nicht immer durch Bestnoten belegt, in jedem Fall durch eine sehr ausgeprägte Leistungsbereitschaft auszeichnen.
85 Die Schuluntersuchungen wie PISA weisen ebenso immer wieder darauf hin, dass Jungen und Mädchen bei unterschiedlichen Aufgabenbereichen bzw. Aufgabenstellungen ihre Stärken zeigen (Prenzel et al. 2007).
unterschiedlicher kognitiver Strukturen86, die es ermöglichen mehr oder weniger Details zu erinnern und kohärent wiederzugeben.87
Auf der anderen Seite dieser Feststellungen schließen sich die Untersuchungsergeb‐
nisse an, die belegen, dass Mädchen und junge Frauen ein breiteres Interessen‐
spektrum haben als Jungen. So stellt Zimmermann in bezug auf das Interesse für Physik fest: „Konsistent mit den Ergebnissen der Interessenforschung lassen sich die Analyseergebnisse insgesamt so interpretieren, dass Mädchen nach einem ‚exter‐
nen’ (ins Ganze der Wirklichkeit eingebetteten) Sinn von Physik und Technik“ su‐
chen, während Buben eher dazu neigen, Physik und Technik als Wert an sich zu be‐
greifen“ (Zimmermann 1987, S. 82). Dieser Befund wird in zahlreichen Untersuchun‐
gen bestätigt und zeigt sich auch später in der eher interdisziplinär geprägten Studi‐
enfachwahl der Ingenieurstudentinnen (Janshen & Rudolph 1988; Funken 1997;
Wender & Popoff 2005).
Ethnographische Untersuchung der Unterrichtsstruktur
In einer ethnographischen Studie über die schulische Fachkultur am Beispiel der Fä‐
cher Deutsch und Physik werden interessante Aspekte herausgearbeitet, die nicht auf die Sozialisation und psychologischen Besonderheiten der Geschlechter rekurrie‐
ren. Willems vermutet in ihrer Aufarbeitung der Literatur zur Bewertung des Unter‐
richts und der Interessenlagen von Schüler/innen, dass ein Interessenunterschied stark mit der Struktur des Unterrichts zusammenhängt.
Während der Physikunterricht sich durch eine eher schlechte Unterrichtsgliederung, wenig Chronologie, fehlende systematische Erklärungen, Begründungen und Hinter‐
gründe für Versuchsaufbauten auszeichnet, gilt für das Fach Deutsch im Wesentli‐
chen das Gegenteil. Der Deutschunterricht ist klar strukturiert und, die Lehrkräfte
86 Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass solch verortete theoretischen Perspektiven nicht gelöst von Konstruktionen der Wissenschaft zu betrachten sind, die unterschiedliche Hirn‐
strukturen biologisch erklären. Schmitzzeigt auf, wie vermeintlich objektiv gegebene Unter‐
schiede in der Hirnforschung konstruktiv manifestiert werden (Schmitz 2006).
87 Anschlussfähig an diese Befunde sind auch die statistischen Untersuchungen, die belegen, dass Eltern ihre Kinder geschlechtsspezifisch erziehen. Mütter erwarten, dass ihre Töchter eher sprachliche, kreative u.ä. Interessen entwickeln werden und fördern solches Verhalten bereits früh (Schüller 1992).
begründen ihre Urteile. In Physik bemängeln die Schüler/innen fehlendes Feedback sowie einen Erklärungsstil, der auf das „Wie“ reduziert, nicht aber nach dem „Wie‐
so“ fragt. Damit geben Lehrenden die Verantwortung für den Erwerb breiteren Wis‐
sens eindeutig an die Lernenden ab. In Deutsch hingegen bekommen die Lernenden klare Anweisungen für Hausaufgaben, Heftführung und benötigte Unterrichtsmate‐
rialien. Trotz zahlreicher Vorgaben bleibt ein persönlicher Spielraum vorhanden.
„Diese beobachteten fachspezifischen Strukturen stehen den sonst durchaus übli‐
chen Zuschreibungen von Physik als ‚exakte Disziplin‘ und Deutsch als ‚Laberfach‘
entgegen“ (Willems 2007, S. 83). Zudem tragen die Lehrer/innen einen erheblichen Teil zur Entwicklung eines geschlechtsspezifischen Interessenprofils der Schü‐
ler/innen bei:
„So erwarten sie z. B.: im naturwissenschaftlichen Unterricht weniger interessierte Mäd‐
chen als Jungen. Ferner sind sie für mädchentypische Zugangs‐ und Denkweisen nicht sen‐
sibilisiert und interpretieren ihr Technikdesinteresse entsprechend als Bestätigung ihrer Annahmen.“ (Kreienbaum & Metz‐Göckel 1992 in: Wolffram 2002, S. 32)
Willems hat zudem Interviews mit den Lehrkräften geführt, die weitere Aspekte zu Tage bringen. So nehmen Deutschlehrkräfte, indem sie ihren Unterricht an der Per‐
sönlichkeitsentwicklung ausrichten und außerunterrichtliche Themen aus der Le‐
benswelt aufgreifen, explizit Geschlechtszuschreibungen vor. Denn sie gehen davon aus, dass diese Unterrichtsausrichtungen für Mädchen leicht nachzuvollziehen und hinreichend motivierend ist.
„Während Jungen Fähigkeiten zugeschrieben werden, die den Deutschlehrkräften für ihr Fach weniger brauchbar und fördernswert erscheinen – sie sind zielorientiert, schnell mit Fakten zufrieden und wenig diskussionsfreudig bezüglich ihrer Ergebnisse – wird den Mädchen ein quasi natürliches Interesse an dem Fach Deutsch unterstellt.“ (Willems 2007, S. 181)
In Physik hingegen werden die Themen nach ihrer „fachlichen Verwertbarkeit – Er‐
kenntnis über Funktionsweisen physikalischer Vorgänge und Zusammenhänge“ (Wil‐
lems 2007, S. 181) – aufbereitet. Der Unterricht orientiert sich an unbelebten Ge‐
genständen und Phänomenen und nicht am Interesse oder Leistungsvermögen der Schüler/innen. Physiklehrkräfte assoziieren für beide Geschlechter spezifische Kom‐
petenzbereiche: Mädchen gelten als ehrgeizig und fleißig, Jungen als etwas schlude‐
rig, aber ergebnisorientiert. Da beide Gruppen von Fachlehrkräften ihrer Unter‐
richtsgestaltung Geschlechtsstereotype zugrunde legen, sind spezifische Ex‐ und In‐
klusionsmechanismen zu beobachten. In Deutsch werden Jungen als vermeintlich Nicht‐Interessierte und „out‐group“ nach vorangegangener Exklusion bewusst wie‐
der inkludiert, da der Unterricht stärker an ihnen ausgerichtet wird, um ihre Motiva‐
tion speziell zu fördern. In Physik hingegen kann eine generelle Exklusion der Nicht‐
Interessierten ausgemacht werden; das männliche „gendering“ des Fachs trifft dabei die Schülerinnen allerdings stärker als Schüler (Willems 2007, S. 182/3).
Solche Prozesse haben verheerende Wirkungen auf das Selbstbild bzw. die Selbst‐
wirksamkeitsüberzeugung (Walter 1998) vor allem der Mädchen und jungen Frauen, die sich weit bis ins Berufsleben hineinziehen. Nach Bandura (1997) wird Selbstwirk‐
samkeitsüberzeugung benötigt, um
„die individuelle Überzeugung (zu haben,) eine Aufgabe bzw. Handlung bewältigen zu können. Eine hohe Selbstwirksamkeitsüberzeugung erhöht demnach die Auftrittswahrscheinlichkeit eines solchen Verhaltens und lässt die betreffende Person auch bei Hindernissen eher durchhalten.“ (Wender & Popoff 2005, S. 42/3)
„Studien zeigen, dass während Jungen vor allem ‚internale’ stabile Gründe für ihre Leis‐
tung sehen, d.h. individuelle Fähigkeiten oder Begabungen, Mädchen vor allem ‚externale’
situative Bedingungen attribuieren, d.h. Glück, Aufgabenschwierigkeit oder Anstrengung.
(…) Küllchen (1990) zufolge finden sich die Mädchen in der Pubertät häufig in einer Span‐
nung zwischen Weiblichkeitsideologie auf der einen (Emotionalität, Sanftheit, Abhängig‐
keit u.a.) und Leistungsideologie, die in modernen Gesellschaften mit Männlichkeit gleich‐
gesetzt wird, auf der anderen Seite. Jungen, die mathematisch‐naturwissenschaftliche Fä‐
cher als Leistungskurse wählen, attribuieren dies für sich als ‚geschlechtsadäquates’ Ver‐
halten, während sie den Mädchen eher Sprachen und kulturwissenschaftliche Fächer zu‐
weisen. Mädchen haben es also generell schwerer in den naturwissenschaftlichen und in den technischen Fächern und wählen diese auch deutlich seltener als die Jungen als Leis‐
tungskurs.“ (vgl. HIS 1998, S. 22 in: Blättel‐Mink 2002, S. 9)
Junge Frauen, die also dennoch den Weg in die Ingenieurwissenschaften einschla‐
gen, begegnen diesem Zweispalt durch eine enorme Leistungsorientierung und be‐
wusste Positionierung als „Pionierin“ (Janshen & Rudolph 1988; 1987; Berg‐Peter et al. 1987). In diesem Kontext ist dann auch der Befund von Blättel‐Mink zu verstehen.
Sie schließt explizit für die Ingenieurstudentinnen an:
„Mathematik ist mit Abstand der am häufigsten gewählte Leistungskurs, das Lieblingsfach und das beste Fach der Frauen. Bei den Männern sieht dieses mathematisch‐technische Profil nicht ganz so strikt aus. Vor allem Sport, Englisch und Physik spielen bei ihnen auch noch eine Rolle im Hinblick auf ihr Fächerprofil. D.h. Studentinnen der Chemie und des Bauingenieurwesens weisen eine deutliche Profilierung auf, deutlicher als die Männer.
Mathematik und gute bis sehr gute Abiturnoten dienen als Sprungbretter in diese männli‐
chen Fächer“ (Blättel‐Mink 2002, S. 22).
Allerdings muss insgesamt festgehalten während, dass aufgrund der fehlenden posi‐
tiven Sozialisationserfahrung mit Technik Jungen wie Mädchen ein eher schwaches Selbstkonzept im Umgang mit Technik ausbilden. Beide fühlen sich also nicht hinrei‐
chend mit Technik vertraut, was den Vorurteilen, dass Jungen besser mit Technik umgehen können als Mädchen jedoch nicht den Boden nimmt (acatech 2009, S.
44ff.; Wolffram & Winker 2005).