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Triplett–Triplett–Energie¨ ubertragung

Die intramolekulare Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung wurde bereits in zahlreichen Publikationen beschrieben. Einen sehr guten ¨Uberblick verschafft ein ¨Ubersichtsartikel

von Speiser[80]. Die ersten Messungen zur intramolekularen Triplett–Triplett–Energie-ubertragung wurden in den 60er Jahren durchgef¨uhrt [81, 82]. Mittels Phosphoreszenz-¨ messungen bzw. Vergleich mit der kompetitiven Energie¨ubertragung auf einen Quencher wurden Geschwindigkeitskonstanten in der Gr¨oßenordnung von 1010 s−1 ermittelt, wobei meistens ein Benzoyl–Chromophor als Energiedonor und ein Naphthyl–Chromophor als Energieakzeptor benutzt wurden.

Weiterf¨uhrende Untersuchungen zur Gr¨oße der Geschwindigkeitskonstanten einer in-tramolekularen Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung und deren Abh¨angigkeit von dem Linker zwischen Donor und Akzeptor wurden von mehreren Forschungsgruppen in den 60er und 70er Jahren durchgef¨uhrt [83–86]. Dabei konnte festgestellt werden, dass eine Ver¨anderung sowohl der Art als auch der r¨aumlichen Struktur des Linkers einen wesent-lichen Einfluss auf die Energietransferraten hat, allerdings konnte kein allgemeiner Zu-sammenhang formuliert werden, der eine Voraussage der Geschwindigkeitskonstanten der Energie¨ubertragung erlaubt h¨atte. Nur innerhalb einer Klasse von Linkern mit ¨ahnlicher Struktur waren eindeutige Aussagen m¨oglich. So konnten Cowan et al. zeigen, dass bei dem in Abbildung 2.8 dargestellten Typ an Verbindungen die Energie¨ubertragungsrate in der Reihenfolge 7.2·1010s−1, 1.0·1010 s−1 auf 3.3·109 s−1 abnahm, wenn man den Linker von zwei (n = 2) auf vier Methylengruppen (n= 4) verl¨angerte [87].

O n

Abbildung 2.8: Von Cowan et al. untersuchte Systeme mit intramolekularem Triplett–

Triplett–Energietransfer [87]

Einen großen Fortschritt brachte die direkte Beobachtung der beteiligten Triplett-zust¨ande durch Laserblitzspektroskopie, welche f¨ur diese Zwecke erstmals von Maki et al. eingesetzt wurde [88]. Damit konnten Geschwindigkeitskonstanten nun direkt durch die Beobachtung des Abklingen des Donor–Tripletts bzw. das Anklingen des Akzeptor–

Tripletts gemessen werden.

Wie bereits auf Seite 28 erw¨ahnt, erfolgt eine Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung nach dem Dexter–(Austausch–)Mechanismus. Closs et al. untersuchten die Triplett–

Triplett–Energietransferrate kTT in Triplettenergie–Donor–Akzeptor–substituierten Cy-clohexanen bzw. Dekalinen [89, 90] und verglichen sie mit der Elektronentransferrate kET von entsprechenden Elektronen–Donor–Akzeptor–substituierten Systemen [91]. Da-bei stellten sie eine Korrelation zwischen den Geschwindigkeitskonstanten dieser Prozesse fest. Zur Erkl¨arung dieses Zusammenhangs l¨asst sich anf¨uhren, dass die Geschwindig-keitskonstanten sowohl bei der Elektronen¨ubertragung als auch bei der Triplett–Ener-gie¨ubertragung im Wesentlichen ¨ahnlich von der r¨aumlichen Anordnung von Donor und Akzeptor abh¨angen. In beiden F¨allen bedarf es einer r¨aumlichen ¨Uberlappung der Orbi-tale des Donors und Akzeptors. Ein wichtiger Unterschied besteht jedoch darin, dass bei einer Elektronen¨ubertragung durch die auftretenden Ladungen eine st¨arkere L¨osungsmit-telabh¨angigkeit der Ratenkonstanten beobachtet wird.

Die Theorie der Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung nach Dexter (vgl. S. 26) ist f¨ur viele Systeme geeignet, um die beobachteten Geschwindigkeitskonstanten zu erkl¨aren.

Es wurden jedoch immer wieder Substanzen untersucht, bei denen die r¨aumliche ¨ Uber-lappung der beteiligten Orbitale der Chromophore f¨ur die gemessene Energie¨ubertra-gungsrate zu klein war, um sie mit einer Energie¨ubertragung durch den Raum zu

er-kl¨aren [92]. Unerwartet hohe Geschwindigkeitskonstanten traten besonders oft in starren Systemen mit ges¨attigten Linkern auf, und wurden nicht nur bei Dexter –Energie¨ubtragungen sondern auch bei Elektronen¨uber–Energie¨ubtragungen beobachtet [93]. Es war somit er-forderlich, weitere Mechanismen der intramolekularen Energie¨ubertragung in Betracht zu ziehen, die im Folgenden erl¨autert werden. Da sowohl f¨ur eine Triplettenergie¨ubertragung als auch f¨ur einen Elektronentransfer eine ¨Uberlappung der Donor– und Akzeptororbitale notwendig ist, gelten die folgenden ¨Uberlegungen prinzipiell f¨ur beide Prozesse.

Zun¨achst sei hierbei vereinfachend ein Konformationswechsel der molekularen Br¨ucke zwischen D und A, d.h. die Dynamik der Molek¨ule außer Acht gelassen. Dies entspricht einer Situation wie sie z.B. bei Molek¨ulen in einer starren Matrix oder bei Substanzen mit einem starren Molek¨ulger¨ust auftreten kann. Unter diesen Bedingungen kann man drei mechanistische F¨alle unterscheiden, wie die Triplettenergie intramolekular von ei-nem Donor–Chromophor auf einen Akzeptor–Chromophor durch einen Triplett–Triplett–

Energietransfer ¨ubertragen werden kann. Die Beitr¨age dieser Mechanismen h¨angen vor allem von der Struktur des Linkers zwischen Donor– und Akzeptor–Chromophor ab:

1. Akzeptor und Donor sind so im Raum angeordnet, dass eine signifikante r¨aumliche Uberlappung ihrer Orbitale m¨oglich ist. In diesem Fall kann man eine Energie¨uber-¨ tragung nach dem von Dexter beschriebenen Austauschmechanismus durch den Raum beobachten.

2. Es besteht keine nennenswerte ¨Uberlappung zwischen den Donor– und Akzeptoror-bitalen. Allerdings liegen die Orbitale des Linkers sowohl r¨aumlich als auch energe-tisch so, dass eine Anregung des Linkers als Zwischenzustand auftreten kann, ¨uber den die Energie weiter auf den Akzeptor ¨ubertragen wird. Solch ein Mechanismus wird auch als Hopping–Mechanismus bezeichnet.

3. Es besteht keine nennenswerte ¨Uberlappung zwischen den Donor– und Akzepto-rorbitalen, und eine Anregung des Linkers als Zwischenzustand ist nicht m¨oglich.

Dennoch ist das elektronische System des Donors ¨uber den Linker, wenn auch nur schwach, mit dem Akzeptor gekoppelt. Dies kann jedoch ausreichen, um die f¨ur die Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung n¨otige Kopplung ¨uber das Linkerger¨ust zu erm¨oglichen. Ein solcher Prozess wird oft auch als Superaustausch–Mechanismus bezeichnet.

Diese drei F¨alle sind in Abbildung 2.9 graphisch veranschaulicht. Im ersten Fall treten die Elektronenwolken der beiden Chromophore ”durch den Raum” direkt miteinander in Wechselwirkung, und die Energie kann vom Donor D auf den Akzeptor A ¨ubertra-gen werden. Falls keine schnelleren Prozesse stattfinden, werden danach die angeregten Schwingungen relaxieren, bis die entsprechenden Boltzmann–Verteilungen erreicht sind.

Im zweiten Fall ist keine direkte Kopplung der beiden elektronischen Systeme m¨oglich.

Der Linker zwischen ihnen besitzt jedoch angeregte Zust¨ande, die auf einem ¨ahnlichen Energieniveau liegen. Solch eine Situation kann z.B. bei Linkern mitπ–Elektronensystemen gegeben sein. Die angeregten Zust¨ande des Linkers k¨onnen durch Energie¨ubertragung aus schwingungsangeregten S1–Niveaus des Triplettenergie–Donors besetzt werden. Danach kann der Linker seine Triplettenergie an den energetisch tiefer liegenden Energie–Akzeptor weitergeben. Mit dem Energietransfer werden außerdem Schwingungen angeregt, die wie bereits beim ersten Fall recht schnell relaxieren k¨onnen.

Falls die angeregten Zust¨ande des Linkers im Vergleich zu denjenigen der Chromo-phore f¨ur eine thermische Anregung energetisch zu hoch liegen, so ist eine intermedi¨are Anregung des Linkers real nicht m¨oglich (Fall 3 in Abbildung 2.9). Diese Situation tritt

Fall 2: through-bond, hopping

D L* A

D* L A D L A*

Fall 1: through-space

Fall 3: through-bond,Superaustausch

D* A D A*

D* L A

D A*

D L A*

D L A* D L A*

Abbildung 2.9: Veranschaulichung der drei diskutierten M¨oglichkeiten zur intramoleku-laren ¨Ubertragung der Triplettenergie von einem Donor–Chromophor auf einen Akzeptor–

Chromophor durch einen Triplett–Triplett–Energietransfer.

∗ : elektronische Anregung,‡: Schwingungsanregung.

z.B. bei ges¨attigten Linkern auf. Durch die Kopplung der elektronischen Systeme von Donor und Linker einerseits und Linker und Akzeptor andererseits gibt es jedoch eine Donor/Akzeptor–Wechselwirkung in zweiter Ordnung St¨orungstheorie gem¨aß:

DLA|HˆDLAi= hΨD|Vˆ1Li

εD−εLL|Vˆ2Ai (2.40) Darin bezeichnen ˆV1 die elektronische Kopplung zwischen Donor und Linker, und ˆV2 die entsprechende Kopplung zwischen Linker und Akzeptor. Eine Energie¨ubertragung ¨uber einen Linker mit sehr hoch liegenden angeregten Zust¨anden ist also m¨oglich, wenn die beiden elektronischen Systeme ¨uber den Linker in zweiter Ordnung miteinander koppeln k¨onnen. ¨Ahnliche Diskussionen finden sich auch in der Literatur [92, 94–98].

Da die ¨Ubertragung der elektronischen Energie in Fall 1 durch den Raum erfolgt, wird er auch als through–space–Mechanismus bezeichnet. Im Gegensatz dazu wird bei den letzten beiden F¨allen die Energie¨ubertragung ¨uber die Bindungen des Linkers ver-mittelt, weshalb man hierbei von einem through–bond–Mechanismus spricht. Dabei kann die Energie ¨uber eine through–σ–bond–Wechselwirkung durch ein σ–Bindungsger¨ust oder uber eine¨ through–π–bond–Wechselwirkung durch das π–Bindungsger¨ust ¨ubertragen wer-den [99].

Eine Unterscheidung zwischenthrough–bond– undthrough–space–Mechanismus ist oft nicht eindeutig (siehe z.B. [100, 101]). Dies liegt u.a. daran, dass jeder der beschriebenen Mechanismen eine exponentielle Abh¨angigkeit der Geschwindigkeitskonstanten vom Ab-stand R zwischen Donor und Akzeptor zeigt:

kET=kET,0·e−βR (2.41)

Insbesondere beim Elektronentransfer durch DNA [102] dauern die Diskussionen dar¨uber an, ob es sich um einen Hopping– bzw. einen Superaustauschmechanismus handelt. Es scheint von den f¨ur die Untersuchungen verwendeten Bedingungen und Basensequenzen abzuh¨angen, welcher Mechanismus dominiert. [103]. Trotz h¨aufiger Schwierigkeiten, einen Mechanismus eindeutig festzulegen, l¨asst sich die Abstandsabh¨angigkeit ¨uber den empiri-schen Parameter β festlegen. Wie in Gleichung 2.41 gezeigt, beschreibt er die exponenti-elle Abnahme der Elektronen¨ubertragungsgeschwindigkeit vom Donor auf den Akzeptor in Abh¨angigkeit von deren Abstand. Ein großer β–Wert (β >1˚A1) bedeutet eine starke Abh¨angigkeit der Geschwindigkeit von der Entfernung, ein kleiner Wert (β < 0.1˚A1) repr¨asentiert dagegen eine geringe Entfernungsabh¨angigkeit. Im ersten Fall kann man den Linker als ”Isolator”, im zweiten Fall als ”Leiter” betrachten.

Bei der bisherigen Diskussion zum intramolekularen Triplett–Triplett–Energietransfer wurde die konformationelle Dynamik der Molek¨ule außer Acht gelassen. Bei flexiblen Systemen m¨ussen jedoch alle m¨oglichen Konformationen Cn, die das Molek¨ul einnehmen kann, gewichtet mit deren WahrscheinlichkeitwCn, sowie deren dynamisches Gleichgewicht ber¨ucksichtigt werden. Die Geschwindigkeit der Energie¨ubertragung zu einem bestimmten Zeitpunkt t kann dann folgendermaßen ausgedr¨uckt werden:

kET(t) =X

n

kET,n·wCn(t) (2.42)

Um die zeitliche Entwicklung der Konzentration an Molek¨ulen mit angeregten Donor zu beschreiben, muss diese zeitabh¨angige Ratenkonstante in das Geschwindigkeitsgesetz des Energietransfers eingesetzt werden, was schließlich zu der folgenden Gleichung f¨uhrt:

cD =cD,0·exp

− Zt

0

kET(t)dt

(2.43)

F¨ur ihre L¨osung m¨usste allerdings die Verteilung der Konformationen mit deren

Energie-¨

ubertragungswahrscheinlichkeit zu jedem Zeitpunkt bekannt sein.

Abbildung 2.10: Geschwindigkeitskonstante f¨ur die intramolekulare Triplett–Triplett–Ener-gie¨ubertragung als Funktion der Anzahl der Donor und Akzeptor verkn¨upfenden Atome des Oligomethylenlinkers. Die Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung fand hierbei von Benzoyl auf O-2-Naphthyl (schwarze Kreise), 4-Methylbenzoyl aufO-2-Naphthyl (nicht gef¨ullte Kreise) bzw.

Benzoyl aufO-4-Benzophenon (schwarze Quadrate) statt (vgl. [104]).

Sehr detaillierte Untersuchungen wurden auf diesem Gebiet vonWagnerund Mitar-beitern durchgef¨uhrt. Sie untersuchten Systeme, in denen Triplettenergiedonor und Tri-plettenergieakzeptor ¨uber einen Oligomethylen–Linker flexibel verkn¨upft waren [100,104, 105]. Ein Vergleich mit bekannten starren Systemen gleicher Linkerl¨ange ergab das fol-gende Ergebnis. Die Energie¨ubertragungsgeschwindigkeit bei den verwendeten flexiblen und starren Systemen ist bei kurzen Linkern von bis zu vier Atomen sehr ¨ahnlich. Sobald die Systeme l¨anger werden, nimmt die ¨Ubertragungsrate bei flexiblen Systemen wie in Abbildung 2.10 gezeigt nur noch sehr schwach ab, w¨ahrend sie bei starren Ger¨usten ei-nem exponentiellen Abfall folgt. Der Grund daf¨ur ist, dass es bei flexiblen Systemen viele Konformationen gibt, die im dynamischen Gleichgewicht miteinander stehen. Den we-sentlichen Beitrag zur Energie¨ubertragung liefern dabei Konformationen, bei denen eine Uberlappung der Orbitale m¨oglich ist, so dass ein effektiver Zwei–Elektronen–Austausch¨ gem¨aß dem Dexter–Mechanismus durch den Raum stattfinden kann. Nur wenn solch eine Konformation w¨ahrend der Triplettlebensdauer durch Kettendiffusion erreicht wird, ist eine effektive Energie¨ubertragung m¨oglich. Das lokale Maximum der Energie¨ubertra-gungsgeschwindigkeit bei einer Linkerl¨ange von ca. 11 Atomen kann dadurch erkl¨art wer-den, dass die entsprechenden Verbindungen Konformationen bevorzugt einnehmen, die f¨ur eine Energie¨ubertragung besonders g¨unstig sind.

Bieri et al. [106] erhielten vergleichbare Ergebnisse, als sie die Proteinfaltung mit Hilfe einer intramolekularen Energie¨ubertragung zwischen Thioxanthon und Naphthalin untersuchten. Die Energie¨ubertragungsgeschwindigkeit nahm relativ schwach mit zuneh-mender Anzahl an Peptidbindungen zwischen Donor und Akzeptor ab.

Somit spielen bei flexiblen Systemen die oben genannten F¨alle 2 und 3 meist keine Rolle mehr, denn sie k¨onnen normalerweise nicht mit der Geschwindigkeit der

Ketten-dynamik konkurrieren, welche Triplett–Energiedonor und Triplett–Energieakzeptor nahe genug zusammenbringt, um eine g¨unstige ¨Uberlappung der entsprechenden Orbitale und damit eine schnelle Energie¨ubertragung zu erm¨oglichen.