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4.5 Laserblitzspektroskopische Untersuchung der neuen Schutzgruppenverbin-

4.5.3 Intramolekulare Singulett–L¨oschung des angeregten Sensibilisators . 82

Anfangsamplituden der Triplettsignale

Der Anfangswert der Triplett–Triplett–Absorption ist bei den betrachteten Verbindungen sehr unterschiedlich. Zwar ist die Reproduzierbarkeit der Transientensignalamplituden aufgrund von t¨aglichen Schwankungen der optimierten Laserenergie und leichten Ver¨ande-rungen der ¨Uberlappung von Pump– und Probe–Puls bei verschiedenen Messreihen nur mit einer Genauigkeit von ± 10% m¨oglich, doch kann dies auf keinen Fall der Grund f¨ur die beobachteten Unterschiede sein. Eine Signalh¨ohe wie bei unsubstituiertem Thioxan-thon wird von keiner der Verbindungen erreicht. Der zweith¨ochste Wert nach dem freien Thioxanthon wird bei der Schutzgruppe T7C9 mit dem l¨angsten betrachten Linker von 9 Methylengruppen zwischen Thioxanthon– und NPPOC–Chromophor gemessen. Aller-dings ist dieser Wert mit 0.3 nur halb so groß wie bei freiem Thioxanthon. Prinzipiell stellt die Abnahme der Signalh¨ohe der Triplett–Triplett–Absorption direkt nach dem Laserblitz mit abnehmender L¨ange des Linkers einen klaren Trend dar.

F¨ur die Beobachtung der unterschiedlichen Anfangsamplituden des Triplettsignals kommen zwei M¨oglichkeiten in Betracht, die in Abbildung 4.20 illustriert sind:

1. Es wird weniger Triplett gebildet als bei unsubstituiertem Thioxanthon (Fall 1).

2. Es werden gleich viele Tripletts wie bei unsubstituiertem Thioxanthon gebildet, ein Teil dieser Tripletts klingt jedoch schneller ab als die verwendete Apparatur aufl¨osen kann (Fall 2).

Die letztere Situation k¨onnte so zustande kommen, dass direkt nach der Anregung durch den Laserpuls einige Molek¨ule eine Linker–Konformation besitzen, die einen sehr schnel-len Energietransfer erlaubt. Diese Molek¨ule k¨onnten ihre Energie so schnell ¨ubertragen, dass es hier nicht detektiert werden kann. Dies entspr¨ache der schnellen Zeitkonstante in Abbildung 4.20. Die ¨ubrigen Molek¨ule m¨ussten durch Kettendiffusion erst eine sol-che Konformation einnehmen. Dieser Prozess w¨urde der langsameren Abklingdauer in Abbildung 4.20 entsprechen. Im Gegensatz dazu l¨asst sich der Fall 1, bei dem weniger Triplettzust¨ande gebildet werden, nicht durch Prozesse erkl¨aren, die vom Triplett ausge-hen. Hierf¨ur m¨ussen vielmehr Prozesse des Singulettzustands verantwortlich sein, durch welche die Intersystem Crossing QuantenausbeuteφISC vom Singulett– in den Triplettzu-stand verringert wird.φISC h¨angt mit dem Anfangswert der Triplett–Triplett–Absorption

0 10 20 30 40

Abbildung 4.20: Simulation von Transientensignalen bei Anregung mit einem Laserpuls mit zeitlichem Gauss–Profil (vgl. Graph ¨uber Pfeil). Es sind je zwei Kinetikkurven dargestellt.

Beide zeigen eine l¨angere Abklingdauer von 100 ns. Zus¨atzlich zu diesem Prozess ist in jeweils einer der beiden Abklingkurven noch eine zus¨atzliche schnelle Kinetik mit einer Zeitkonstante von 0.5 ns und gleicher Amplitude wie der langsamere Prozess angenommen. Links sind die Abklingkurven bei Anregung mit einem unendlich kurzen Laserblitz gezeigt. Rechts wurden diese Signale mit dem in der Mitte gezeigtenGauss–Profil gefaltet. Wie man sieht, ist kaum ein Unterschied zwischen den gefalteten Signalen erkennbar, d.h. die kurze Zeitkonstante hier nicht mehr aufl¨osbar. Als Abklingfunktionen wurden A1(t) = e0.01·t und A2(t) = e0.01·t+ e2·t) verwendet. Die Faltungsfunktion ist F(t) = 0.2821 ·e14t2, und die simulierten Signale ˜A(t) wurden nach ˜A(t) =

Rt x=−∞

F(x)·A(t−x)dtberechnet.

∆A0,T folgendermaßen zusammen:

∆A0,T = ǫT·d·cT

Die Intersystem Crossing Quantenausbeute φISC kann nach Gleichung 4.12 durch die Ge-schwindigkeitskonstanten der Desaktivierungsprozesse des Singulettzustands ausgedr¨uckt werden.

φISC = kISC

k0,S+kFl+kISC+kIQ,S

=kISC·τS (4.12)

Dies w¨aren die Ratenkonstanten kISC des Intersystem Crossing Prozesses, k0,S der strah-lungslosen Desaktivierung, kFlder Fluoreszenz und kIQ,S eines intramolekularen L¨oschens des Singulettzustands. Die Summe der Ratenkonstanten dieser Prozesse ist der Kehrwert der Singulettlebensdauer τS. Es gibt keinen Grund, warum sich die Ratenkonstante kISC des Intersystem Crossing Prozesses von 2-Ethylthioxanthon und den betrachten Schutz-gruppen T7Cn unterscheiden sollte. Solch eine ¨Anderung w¨are z.B. durch einen externen Schweratomeffekt m¨oglich, dies kann bei den verwendeten Substanzen und L¨osungsmit-teln allerdings ausgeschlossen werden. Damit kann eine Verkleinerung von φISC nur auf einen kleineren Wert von τS zur¨uckzuf¨uhren sein. Unter der Annahme, dass sich kFl von 2-Ethylthioxanthon und den Schutzgruppen mit Oligomethylenlinker nicht signifikant

un-terscheidet, steht die SingulettlebendauerτS analog zu Gleichung 4.12 mit der experimen-tell erfassbaren Fluoreszenzquantenausbeute φFl in folgender Beziehung:

φFl = kFl

k0,S+kFl+kISC+kIQ,S

=kFl·τS (4.13)

Kombiniert man die Gleichungen 4.11, 4.12 und 4.13, so ergibt sich zwischen ∆A0,T und φFl ein linearer Zusammenhang:

φFl = kFl

kISC ·φISC= kFl

kISC·C ·∆A0,T (4.14)

Die relativen Fluoreszenzquantenausbeuten k¨onnen aus den station¨aren Fluoreszenz-messungen (vgl. Abbildung 4.2) entnommen werden. Da die Fluoreszenzspektren die glei-che Form aufweisen, entspricht das Verh¨altnis der maximalen Intensit¨aten bei 440 nm dem Verh¨altnis der Fluoreszenzquantenausbeuten φFl. Deren Korrelation mit dem An-fangswert der Triplettabsorbanz ∆A0,T ist in Abbildung 4.21 dargestellt. Man erkennt,

0.0 0.1 0.2 0.3

0.00 0.04 0.08 0.12

Fl

A 0,T T7C2-T

T7C4-T

T7C3-T

T7C5-OH

T7C6-OH

T7C9-OH

Abbildung 4.21: Korrelation der Fluoreszenzquantenausbeute φFl mit dem Anfangswert der Triplettabsorbanz ∆A0,T

dass die beiden Gr¨oßen ann¨ahernd proportional zueinander sind. Damit kann man davon ausgehen, dass der auf Seite 82 genannte Fall 1 die korrekte Erkl¨arung f¨ur das reduzierte Triplettsignal ist, d.h. der Grund f¨ur die Verringerung der Anfangssignalh¨ohe des Tri-plettzustands ist eine geringere Intersystem Crossing Quantenausbeute auf Grund einer intramolekularen L¨oschung des angeregten Sensibilisator–Singuletts.

Abh¨angigkeit der Ratenkonstante der intramolekularen Singulett–L¨oschung von der Linker–L¨ange

Die simultane Verringerung der Fluoreszenzquantenausbeute und der Intersystem Cros-sing Quantenausbeute der Schutzgruppen mit Oligomethylenlinker gegen¨uber 2-Ethyl-thioxanthon weist auf einen zus¨atzlichen Desaktivierungspfad des Singulettzustands durch

einen intramolekularen L¨oschprozess bei den neuen Schutzgruppen hin5. Dadurch wird die Singulettlebensdauer τS verkleinert, die nach Gleichung 4.12 und 4.13 mit φFl bzw. φISC zusammenh¨angt6. Die RatenkonstantekIQ,S dieses Prozesses kann aus dem Verh¨altnis φφFl,0Fl der Fluoreszenzquantenausbeuten von 2-Ethylthioxanthon als Referenzsubstanz und der entsprechenden Schutzgruppenverbindung erhalten werden. F¨ur dieses Verh¨altnis gilt

φFl,0

φFl

= k0,S+kFl+kISC+kIQ,S

k0,S+kFl+kISC

= 1 + kIQ,S

k0,S+kFl+kISC

= 1 +kIQ,S·τS,0 (4.15) L¨ost man diese Gleichung nach der Ratenkonstante des intramolekularen L¨oschprozesses auf, so ergibt sich:

kIQ,S = 1 τS,0

φFl,0

φFl −1

(4.16) Benutzt man f¨ur die Singulettlebensdauer τS,0 von 2-Ethylthioxanthon den f¨ur Thioxan-thon bekannten Wert von 2.6 ns, erh¨alt man f¨ur kIQ,S die in Tabelle 4.1 angegebenen Werte.

Tabelle 4.1:GeschwindigkeitskonstantenkIQ,Sder intramolekularen Singulettl¨oschung des Sen-sibilisators nach Gleichung 4.16. AlsφFl,0 wurde der Wert 0.22, wie f¨ur 2-Ethylthioxanthon [34]

gemessen, verwendet.

Verbindung φFl kIQ,S / 109 s−1

T7C2 0.04 2.0

T7C3 0.05 1.4

T7C4 0.10 0.5

T7C5 0.08 0.7

T7C6 0.09 0.6

T7C9 0.12 0.3

Wie Tabelle 4.1 und Abbildung 4.22 zeigen, ist mit Ausnahme von T7C4 eine stetige Abnahme der Ratenkonstanten kIQ,S von 2.0·109 s−1 bei T7C2 auf 0.3·109 s−1 bei T7C9 zu beobachten. Der Verlauf ist demjenigen in Abbildung 4.17 sehr ¨ahnlich. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dass hierf¨ur wiederum Konformeren–Gleichgewichte und die Ketten-diffusion verantwortlich sind. Die Ratenkonstante der Singulett–L¨oschung ist allerdings um etwa einen Faktor 50 schneller als die Ratenkonstante der Triplett–Triplett–Energie-ubertragung. Die f¨ur eine Singulettl¨oschung in Frage kommenden Mechanismen werden¨ im Folgenden diskutiert.

M¨ogliche Mechanismen der intramolekularen Singulett–L¨oschung des Sensibilisators

Ein angeregter Singulettzustand kann durch verschiedene Prozesse gel¨oscht werden. Bei der Diskussion dieser Prozesse bei den hier vorliegenden Verbindungen m¨ussen aller-dings zwei wesentliche Beobachtungen ber¨ucksichtigt werden. Zum einen findet man f¨ur

5Eine Ver¨anderung der Ratenkonstanten k0,S k¨onnte die Beobachtungen ebenfalls erkl¨aren, allerdings gibt es f¨ur eine signifikante ¨Anderung des Wertes vonk0,Skeinen ersichtlichen Grund.

6Die Verringerung der Singulettlebensdauer konnte auch durch Pikosekundenspektroskopie–

Experimente in der Arbeitsgruppe von PD Dr.Peter Gilchnachgewiesen werden.

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 0.0

0.5 1.0 1.5 2.0

k IQ,S

/10

9 s

-1

Linkerlänge n

Abbildung 4.22: Auftragung der Ratenkonstante kIQ,S der intramolekularen Singulett–

L¨oschung gegen die Linkerl¨angen.

die Acinitro–Formen mit ihrem Absorptionsmaximum bei ca. 400 nm bei allen hier be-trachteten Verbindungen mit Oligomethylenlinker direkt nach ihrer Bildung eine Absor-banz von 0.05.7 Somit wird in allen F¨allen etwa die gleiche Menge an Acinitro–Form erzeugt, obwohl, wie bereits beschrieben, wesentlich weniger Sensibilisator–Tripletts ge-bildet werden (vgl. Abbildungen 4.5 bis 4.16). Zum anderen werden bei den kontinuier-lichen Bestrahlungen f¨ur die Verbindungen T7C2-T, T7C3-T und T7C4-T sehr ¨ahnliche Entsch¨utzungs–Quantenausbeuten erhalten (vgl. Tabelle 5.1). Aus diesen beiden Beob-achtungen muss man schließen, dass der L¨oschprozess des Singulettzustands gr¨oßtenteils zu der entsprechenden Acinitro–Form und schließlich zu den Produkten f¨uhrt, die auch nach einer Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung erhalten werden. Die Art und Weise der hier stattfindenden Singulett–L¨oschung stellt somit einen alternativen Weg f¨ur die Schutz-gruppenabspaltung dar. Die wichtigsten M¨oglichkeiten f¨ur die Entstehung der Acinitro–

Form nach Anregung des Sensibilisators in seinen angeregten Singulettzustand 1D sind in Abbildung 4.23 zusammengefasst.

Der links gezeigte Vorgang (blau dargestellt) ist der bereits im Abschnitt 4.5.2 bespro-chene Weg ¨uber den Sensibilisator–Triplettzustand3D1A. Alternativ dazu kommen f¨ur die Reaktion zur Acinitro–Form prinzipiell eine Singulett–Singulett– (gr¨un dargestellt, Mitte links), eine Singulett–Triplett–Energie¨ubertragung (pink dargestellt, Mitte rechts) oder eine Elektronen¨ubertragung (rot dargestellt, rechts) aus dem Singulett–Zustand in Frage. Diese Prozesse werden im folgenden besprochen.

7Dieser Wert stimmt sehr gut mit der Absorbanz bei intermolekularer Sensibilisierung in stickstoff-ges¨attigter L¨osung ¨uberein [34]

1 D * 1 A

Acinitro-Form

3 D * 1 A 1 D 1 A *

1 D 3 A *

2 D 2 A

1,3 k

SS

k

BSS

k

R,S

k

TT

k

ISC

k

ELT

k

R,T

k

BELT,T

k

ST

k

ISC,A

k

R,RIP

Abbildung 4.23: Schema der wichtigsten physikalischen und chemischen Prozesse, die aus dem angeregten Sensibilisator–Singuletts bei den neuen Schutzgruppen zu der Acinitro–Form f¨uhren k¨onnen. Es wurden vier durch den Anfangsprozess charakterisierte Hauptpfade farblich unterschieden (blau: Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung, gr¨un: Singulett–Singulett–Energie-ubertragung, pink: Singulett–Triplett–Energie¨¨ ubertragung, rot: Elektronen¨ubertragung). Der Zustand 3D1A und die Acinitro–Form, die im Nano– bzw. Mikrosekundenbereich zeitauf-gel¨ost beobachtet werden k¨onnen, wurden mit einer durchgezogenen Linie umrandet. Der Zu-stand 1D1A der von uns nur station¨ar ¨uber die Fluoreszenzintensit¨at erfasst werden kann, wurde mit einer gestrichelten Linie umrandet.

Intramolekulare Singulett–Singulett–Energie¨ubertragung vom Thioxanthon–Singulett auf den Nitrophenyl–Singulett

Zun¨achst wird eine Singulett–Singulett–Energie¨ubertragung betrachtet, wie sie in der lin-ken Mitte von Abbildung 4.23 (gr¨uner Weg) dargestellt ist. Die Singulettenergie wird dabei vom Thioxanthon–Energiedonor auf den NPPOC–Energieakzeptor ¨ubertragen, der dann auf die gleiche Weise zur Acinitro–Form weiterreagieren kann wie auch bei einer nicht–

sensibilisierten Photoreaktion, d.h. direkt aus dem angeregten Singulett von NPPOC (Ra-tenkonstante kR,S) oder ¨uber dessen Triplettzustand (Ratenkonstanten kISC,A und kR,T).

Die Energie¨ubertragung (RatenkonstantekSS) vom Singulettzustand 1D des Thioxan-thon–Chromophors auf den Singulettzustand1A des Nitrophenyl–Chromophors ist mit ca.

30 molkJ endotherm8. Damit ist der umgekehrte Prozess (kBSS) exotherm und muss deshalb auf jeden Fall ber¨ucksichtigt werden. Das Gleichgewicht zwischen 1D1A und 1D—1A muss stark auf der Seite des Zustands1D1A liegen. Die GeschwindigkeitskonstantenkSS und kBSS und damit die Lage des Gleichgewichts kann nachSandros mit den folgenden Gleichungen (vgl. Kapitel 2.3.2) grob abgesch¨atzt werden:

kSS=kKD

1

1 + exp(−∆EkBTT) (4.17) kBSS =kKD

exp(−∆EkBTT)

1 + exp(−∆EkBTT) (4.18) Setzt man 30 molkJ als Energieabstand der beiden angeregten Singulettzust¨ande in die Gleichung 4.17 bzw. 4.18 ein, so erh¨alt man f¨ur die Ratenkonstante kSS der Vorw¨arts–

Energie¨ubertragung einen Wert von 5.52·10−6 ·kKD. F¨ur kBSS, die Ratenkonstante der R¨uckw¨arts–Energie¨ubertragung, ergibt sich praktisch der Wert von kKD, der durch die Kettendiffusion kontrollierte Grenzwert. Bei der Schutzgruppe T7C2 mit dem k¨urzesten Oligomethylen–Linker entspr¨ache dies Werten von 1.94·104 s−1 bzw. 3.55·109 s−1 f¨ur den Vorw¨arts– bzw. R¨uckw¨arts–Singulett–Energietransfer9.

Der Reaktionsweg ¨uber die Singulett–Singulett–Energie¨ubertragung k¨onnte nur dann eine wichtige Rolle spielen, wenn die Ratenkonstanten kISC, kST und kELT der konkur-rierenden Prozesse im Verh¨altnis dazu sehr klein w¨aren. Da die Ratenkonstante kISC des Intersystem Crossing Prozesses im Bereich um 109 s1 liegt und damit weit gr¨oßer als der f¨ur kSS abgesch¨atze Wert von 5.5· 104 s−1 ist, kann ausgeschlossen werden, dass die L¨oschung des Thioxanthon–Singuletts auf einen Singulett–Singulett–Energie¨ubertra-gungsprozess zur¨uckzuf¨uhren ist.

Intramolekulare Singulett–Triplett–Energie¨ubertragung vom Thioxanthon–Singulett auf den Nitrophenyl–Triplett

In der Mitte von Abbildung 4.23 ist als weitere M¨oglichkeit f¨ur die L¨oschung des Singu-letts eine Singulett–Triplett–Energie¨ubertragung (vgl. Abschnitt 2.7) ber¨ucksichtigt (Weg in Pink, RatenkonstantekST). Im Gegensatz zur Singulett–Singulett–Energie¨ubertragung w¨urde es sich hier um einen exothermen Prozess handeln. Allerdings ist er spinverbo-ten. Eine Lockerung des Spinverbots durch den Schweratomeffekt des im Thioxanthonteil

8Um diesen Wert zu erhalten, wurden aus den Absorptionsspektren abgesch¨atzte Wellenl¨angen des 0–

0– ¨Ubergangs von S0 nach S1von 420 nm f¨ur Thioxanthon bzw. 380 nm f¨ur NPPOC zugrunde gelegt.

Die entsprechenden S1–Energien betragen 285 molkJ bzw. 314 molkJ.

9Hierzu wurde angenommen, dasskIQ,S aus Tabelle 4.1 der RatenkonstantenkKD der Kettendiffusion entspricht

enthaltenen Schwefels w¨are jedoch denkbar. Aus den in dieser Arbeit vorliegenden Befun-den l¨asst sich jedoch nicht entscheiBefun-den, ob durch diesen Schweratomeffekt des Schwefels die Ratenkonstante kST so stark anw¨achst, dass sich die L¨oschung des Thioxanthon–

Singulettzustands damit erkl¨aren l¨asst. In Anbetracht der Tatsache, dass der schnellste spinerlaubte Triplett–Triplett–Energietransfer, der in diesen Systemen von uns beobach-tet wurde, eine Ratenkonstante von 5· 107 s1 besitzt (vgl. Abbildung 4.17) erscheint es allerdings unwahrscheinlich, dass ein spinverbotener Prozess mit einer Ratenkonstante von gr¨oßer als 109 s−1 verlaufen sollte. Eine Berechnung vonkST w¨are nachF¨orstermit dem ¨Uberlappungsintegral Jǫ zwischen Thioxanthonfluoreszenz und S0–T1–Absorption des Nitrophenylteils m¨oglich. Dieses Integral l¨asst sich hier aber nur schwer absch¨atzen, denn die S0–T1 Absorption ist experimentell nur in Ausnahmef¨allen bei Verbindungen mit starker Spin–Bahn–Kopplung zweifelsfrei messbar.

Photochemisch induzierter Elektronentransfer

Als eine weitere M¨oglichkeit f¨ur den L¨oschprozess des Thioxanthon–Singulettzustands kommt ein Elektronen¨ubertragungsprozess in Betracht. Auch diese M¨oglichkeit ist in Ab-bildung 4.23 ber¨ucksichtigt (roter Weg rechts). Durch Elektronentransfer von 1D auf

1A oder von 1A auf 1D kann sich ein Radikalionenpaar (2±2) bilden (Raten-konstante kELT). Wie weiter unten gezeigt wird, ist bei der hier betrachteten Elektro-nen¨ubertragung der Nitrophenyl–Chromophor der Elektronendonor und der angeregte Thioxanthon–Singulett der Elektronenakzeptor. Das Radikalionenpaar entsteht zun¨achst als Singulett–Radikalionenpaar1(22+), steht jedoch in raschem Gleichgewicht mit dem praktisch energiegleichen Triplett–Radikalionenpaar 3(22+). Von hier kann sich unter R¨uckelektronentransfer der lokal angeregte Triplett von A (Ratenkonstante kBELT,T) oder D (im Schema nicht eingezeichnet) bilden oder eine direkte Desaktivie-rung in den Grundzustand 1D—1A erfolgen (ebenfalls nicht im Schema dargestellt). Der gebildete NPPOC–Triplettzustand f¨uhrt schließlich, wie bereits zuvor erw¨ahnt, zu der beobachteten Acinitro–Form. Die Entstehung der Acinitro–Form w¨are allerdings auch direkt aus dem Singulett– bzw. Triplett–Zustand des Radikalionenpaares (22+) ohne intermedi¨are Besetzung eines lokal angeregten Triplettzustands (Prozess mitkR,RIP) m¨oglich. Dies ist in Abbildung 4.24 gezeigt. Dabei wird aus dem Nitrophenyl–Chromophor 107 zun¨achst ein Elektron an den angeregten Thioxanthon–Singulett (in der Abbildung nicht dargestellt) abgegeben. Dies geschieht bevorzugt aus einem der n-Orbitale am Sau-erstoff, da es sich dabei um die energiereichsten, besetzten Orbitale handelt. In dem gebildeten Radikalkation108 kann sehr leicht eine Wasserstoffatom–Wanderung von der benzylischen Position zu dem entsprechenden Radikal–Sauerstoffatom der Nitrogruppe stattfinden. Ein R¨uckw¨arts–Elektronentransfer vom Thioxanthon–Anionradikal zum Ka-tionradikal109f¨uhrt zu der Acinitro–Form110, die schließlich in der bereits besprochenen Weise die Entsch¨utzungsreaktion zum Styrolderivat 111 und zum freien Alkoholat 112 eingehen kann.

Experimentell konnte eine Elektronen¨ubertragung d.h. die hier postulierten Charge–

Transfer–Zust¨ande bzw. Radikalionenpaare nicht direkt nachgewiesen werden. Zur St¨utz-ung dieser Hypothese k¨onnen jedoch ¨uberzeugende energetische Argumente angef¨uhrt werden.

Mit der Rehm–Weller–Gleichung 4.19, deren Gr¨oßen auf Seite 34 erl¨autert sind, l¨asst sich die freie Reaktionsenthalpie einer Elektronen¨ubertragung von einem

Elektro-N

Abbildung 4.24: Ein NPPOC–Radikalkation als Zwischenstufe bei der Bildung der Acinitro–

Form und anschließender Entsch¨utzung. Der Sensibilisator, der das Elektron zun¨achst aufnimmt und im dritten Schritt wieder abgibt, ist hier nicht gezeigt.

nendonor eD auf einen Elektrononakzeptor eA absch¨atzen10:

∆G0RIP =F ·(EeD/eD0 ·+ −EeA0 ·/eA)− e20

4πε0εa −∆E0,0 (4.19) Zun¨achst wird eine Elektronen¨ubertragung von NPPOC auf Thioxanthon diskutiert. Das Reduktionspotential11 von Thioxanthon besitzt einen Wert von -1.24 V12. F¨ur das Oxi-dationspotential von NPPOC wurde stellvertretend dasjenige von Nitrobenzol mit ei-nem Wert von 1.38 V [148]13 verwendet. Damit ergibt sich mit der Anregungsenergie14 des Thioxanthon–S1–Zustands von 2.96 eV und unter Vernachl¨assigung der Coulomb–

Wechselwirkung zwischen den entstehenden geladenen Ionen eine freie Reaktionsenthalpie von -0.34 eV f¨ur die Elektronen¨ubertragung von Nitrobenzol auf Thioxanthon (Gleichung 4.20). Vertauscht man die Rolle von Elektronendonor und –akzeptor (Gleichung 4.21), so wird ein Wert von ca. 0.2 eV erhalten, wenn man f¨ur Nitrobenzol ein Reduktionspotential von -0.62 V [149] und f¨ur Thioxanthon, dessen Oxidationspotential nicht verf¨ugbar war, den von Shukla et al. f¨ur Benzophenon abgesch¨atzten Wert von 2.5 V verwendet [150].

10Da sich die Richtungen des Triplett–Triplett–Energietransfers und der Elektronen¨ubertragung unter-scheiden, wurden hier die Bezeichungen eD und eA f¨ur den Elektronendonor bzw. Elektronenakzeptor eingef¨uhrt.

11Alle Potentiale sind im Folgenden in Bezug auf die Normalwasserstoffelektrode NHE angegeben.

12Im Grundzustand besitzt Thioxanthon ein Reduktionspotential von -1.97 V gegen eine Ag / 0.1 M Ag+–Referenzelektrode [146]. Das Potential dieser Referenzelektrode von 0.732 V gegen die Normal-wasserstoffelektrode (NHE) ergibt sich durch Einsetzen des Standardpotentials E0 von Ag / Ag+

= 0.799 V und des Aktivit¨atskoeffizienten γ von 0.734 einer 0.100 M AgNO3–L¨osung [147] in die Nernst–GleichungE=E0+RTF ·ln(γ·[Ag+]). Damit erh¨alt man f¨ur das Standardreduktionspoten-tial von Thioxanthon einen Wert von -1.24 V.

13Der Wert von 1.38 V ergibt sich aus dem Literaturwert 1.6 V gegen Ag/AgCl und dem Potential von 0.222 V einer Standard–Ag/AgCl–Elektrode gegen die Normalwasserstoffelektrode.

14Diese Energie wurde aus der f¨ur den S0–S1– ¨Ubergang abgesch¨atzten Wellenl¨ange von 420 nm erhalten.

1Tx+1NB −→←− 1(2Tx·+1NB·+)

1Tx+1NB −→←− 1(2Tx·++1NB·)

∆G0 = −0.34 eV (4.20)

∆G0 = ca. 0.2 eV (4.21) Eine Elektronen¨ubertragung vom Nitrophenyl–Chromophor auf den angeregten Thio-xanthon–Singulett ist also mit -0.34 eV bzw. -33 molkJ exergonisch und kann daher eine plau-sible Erkl¨arung f¨ur den beobachteten L¨oschprozess des Thioxanthon–Singulettzustands bieten. Demgegen¨uber ist die Elektronen¨ubertragung vom Thioxanthon– auf den Nitro-phenyl–Chromophor endergonisch und kommt daher weniger in Frage. Die Richtung der Elektronen¨ubertragung ist also bei den hier untersuchten Verbindungen entgegengesetzt zu der Richtung der Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung.

Vergleich der Geschwindigkeiten der Singulett– und Triplett–L¨oschung

Sowohl f¨ur eine L¨oschung des Singuletts durch Elektronentransfer als auch f¨ur eine L¨osch-ung des Tripletts durch Energie¨ubertragL¨osch-ung m¨ussen sich Donor– und Akzeptor–Teil zu-n¨achst entsprechend nahe kommen. Dies geschieht durch Drehungen um die frei drehbaren Einfachbindungen der Kette. Diese Bewegungen verleihen dem Molek¨ul eine Dynamik, die durch Diffusiongleichungen beschrieben werden kann und deshalb auch als Kettendiffusi-on bezeichnet wird. Zur besseren Veranschaulichung wird in Abbildung 4.25 ein Beispiel

D*

A

D*

A

D* A

D*

A

D*

A

D A*

Abbildung 4.25: Darstellung einiger repr¨asentativer Konformationen eines ¨uber einen Nonamethylen–Linker verkn¨upften Donor–Akzeptor–Paars mit unterschiedlichen Donor–

Akzeptor–Abst¨anden im 2D–Raum. Die ben¨otigten Drehungen, um von einer Konformation zur folgenden zu gelangen, sind bei den jeweiligen Bindungen eingezeichnet. Bindungen mit cis–Konformation sind gestrichelt dargestellt.

f¨ur die beschriebene Dynamik gezeigt. Dabei wird ein ¨uber eine Nonamethylengruppe ver-kn¨upftes Donor–Akzeptor–Paar betrachtet. Will man das Molek¨ul von der Konformation mit l¨angstem Donor–Akzeptor–Abstand zu einer Konformation mit Kontakt zwischen Do-nor und Akzeptor ¨uberf¨uhren, so ist hierbei die Drehung um 4 verschiedene Bindungen n¨otig. Die Abbildung zeigt dies vereinfachend im 2–dimensionalen Raum, wo in Bezug auf eine Bindung nur zwei Konformationen, n¨amlich cis (gestichelte Bindungen) und trans (durchgezogene Bindungen), m¨oglich sind. In der Realit¨at sind im Prinzip alle Anord-nungen mit Diederwinkeln von 0 bis 360 m¨oglich, wobei normalerweise die gestaffelten Konformationen, bei denen die Substituenten am C–Atom auf L¨ucke stehen, bevorzugt sind. F¨ur diesen Fall muss zwischen einergauche– und einertrans–Anordnung unterschie-den werunterschie-den.

Da sowohl Energie– als auch Elektronen¨ubertragung eine mehr oder weniger gu-te ¨Uberlappung der Orbital erfordern, liegt die Vermutung nahe, dass beide

Prozes-0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 0.00

0.02 0.04 0.06

k IQ,S

/ 10 9

s -1

k TT

/10

9 s

-1

T7C4-T

T7C5-OH T7C6-OH

T7C9-OH

T7C3-T

T7C2-T

Abbildung 4.26:Auftragung der TriplettabklingkonstantekTTgegen die RatenkonstantekIQ,S der Singulettl¨oschung. Die eingezeichnete Regressionsgerade besitzt eine Steigung von 0.023.

3D*

1A

3D* 1A 1D 3A*

Produkte

1D*

1A

1D* 1A 2D 2A

Produkte

+

kKD

kKD

k-KD

kELT

kTT

kBTT

kR,

kR,T RIP

Abbildung 4.27: Kettendiffusionskontrollierter Elektronentransfer (oben) und nicht kettendif-fusionskontrollierte Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung (unten).

se eine ¨ahnliche Geschwindigkeit besitzen. Tr¨agt man, wie in Abbildung 4.26 gezeigt, f¨ur die Oligomethylen–verkn¨upften Schutzgruppenverbindungen die RatenkonstantenkTT

der Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung gegen die Ratenkonstanten kIQ,S der Singu-lettl¨oschung auf, so ergibt sich eine ann¨ahernd lineare Beziehung. Die Ratenkonstanten

der Triplett–Triplett–Energie¨ubertragung gegen die Ratenkonstanten kIQ,S der Singu-lettl¨oschung auf, so ergibt sich eine ann¨ahernd lineare Beziehung. Die Ratenkonstanten