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Gottesmutter Maria als Inderin

5. Teil. Europäische Kongregation im indischen Kontext

5.3. Interkulturelle Gestaltung von Gebetsräumen

5.3.2. Gottesmutter Maria als Inderin

Im Raum der Kapelle von Seva Dan hängt eine Darstellung der Gottesmutter Maria mit Jesusknaben. Maria ist als dunkelhäutige Inderin819 im Sari abgebildet. Dass sie sogar

Faustyna wurde am 18.04.1993 von Papst Johannes Paul II. in Rom selig- und am 30.04.2000 heiliggesprochen. Ihre Reliquien ruhen im Sanktuarium in Krakau – Lagiewniki unter dem bekannten Gnadenbild des Barmherzigen Jesus, vgl. ebd., V.

813 Vgl. TGB HF, 17.07.2016, S180.

814 Vgl. TGB HF, 13.07.2016, S172.

815 Vgl. I3, Lucy, Z172, S42 und vgl. TGB HF, 16.07.2016, S178.

816 Ganesha, der Gott mit dem Elefantenkopf, ist Sohn des Gottes Shiva und dessen Gattin Parvati. Ganesha ist äußerst populär. Seine Verehrung lässt Unternehmungen gelingen, vgl. Malinar, Hinduismus, 138.

817 Vgl. Brief, Sr Hemma, 23.08.2019, Z32-36, S303.

818 I2, Sangeeta, Z211-219, S35.

819 Anlässlich des Bildes soll an den Maler Angelo da Fonseca (1902-1967), den Pionier der christlichen Kulturrenaissance in Indien, erinnert werden. Er wurde an der Südwestküste im Bundesstaat Goa geboren.

Abgesehen von den nicht historisch belegbaren Überlieferungen, der Apostel Thomas selbst habe das Christentum nach Indien gebracht, landeten die Portugiesen zu Beginn des 16. Jahrhunderts im Süden und

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eine Frau aus Bengalen ist, darauf weisen der rotgeränderte, weiße Sari und die roten und weißen Reifen an ihren Handgelenken hin.820 Um den Bilderrahmen ist ein überdimensionaler Rosenkranz mit braunen Holzperlen geschlungen.

Die Geschichte dieses Bildes ist eine mehrfacher Interkulturalität: Das französische Ehepaar, Françoise und Leo, war dem Foyer de Charité, einer katholischen Gemeinschaft, die nach dem Beispiel der ersten Christen materielle, intellektuelle und spirituelle Güter zusammenlegt, sehr verbunden. In der Gemeinschaft wird täglich ein Weihegebet gesprochen, das das Taufversprechen erneuert und das eigene Leben an Jesus durch die Hände Mariens übergibt. Dieses Gebet war vom Heiligen Louis-Marie Grignion de Montfort (1673-1716) formuliert worden. Übersiedelt nach Kolkata, wollte das Ehepaar dort das täglich gesprochene Gebet bekannt machen. Es galt nun, ein Bild zu finden, um das Weihegebet darauf drucken zu lassen. Die indischen Abbildungen, Maria mit blauen Augen und Jesus mit blondem Haar, sagten ihnen nicht zu. Ein Freund der Familie, der international anerkannte Chittrovanu Mazumdar, erklärte sich bereit, ein Bild zu gestalten. Der Künstler vereinigt selbst mehrere Kulturen in sich: 1956 in Paris als Sohn eines hinduistischen Brahmanen und einer französischen Katholikin geboren, verbrachte er den Großteil der Kindheit in Kolkata und einem kleinen Dorf in Jharkhand.

waren bestrebt, das Land im christlichen Kultus zu prägen, vgl. Jobé, Christus, 23. Goa war bis 1961 portugiesische Kolonie und hat noch heute einen sehr hohen Anteil an Katholiken. Zu der Zeit da Fonsecas waren die portugiesischen Missionare sehr darauf bedacht, keine christliche Kunst mit indischen Elementen zuzulassen. Der katholische da Fonseca entschied sich nach einem begonnenen Medizinstudium zur Künstlerlaufbahn, war auch in Santiniketan, um von Rabindranath Tagore zu lernen, vgl. FN Tagore und Santiniketan in Kapitel 4.5.1. Weitergabe der Liebe: „Ich fühle, dass ich unser Charisma lebe.“ Da Fonseca war vom Gedanken getragen, indische Bilder für das Christentum zu schaffen und schrieb: „Die Überzeugung leitete mich, […], daß [sic!] eine Darbietung der christlichen Idee im Gewand hinduistischer Geisteshaltung den gebildeten Kreisen die Annahme der Glaubensgeheimnisse erleichtern würde“, Jobé, Christus, 24. Den ärmeren Schichten wollte er soziale Bilder geben, mit denen sie sich identifizieren konnten und malte Heilige mit dunkler Hautfarbe, einfacher indischer Kleidung und asiatischem Schmuck.

Als da Fonseca die Gottesmutter Maria als Inderin, dunkelhäutig und im Sari Goas darstellte, wurde er von Priestern der portugiesischen Kolonialregierung scharf kritisiert. Er verließ Goa, vgl. Sravasti, Interview, in: https://www.artway.eu/content.php?id [abgerufen am 20.08.2019].

820 Hätte die bengalische Madonna auch noch einen roten Scheitel, gefärbt mit dem zinnoberroten Pulver Sindur, wäre es das traditionelle Kennzeichnen für den Status der verheirateten Frau: Das Pulver kann an Scheitel, Haaransatz oder auch als roter Punkt auf der Stirne angebracht sein, vgl.

https://www.surfindia.com/traditionalsindoor [abgerufen am 25.08.2019].

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Der Haushalt war mit Bengali, Französisch und Englisch dreisprachig. Chittrovanu Mazumdar heiratete später eine Muslima.

Das Madonnenbild, das entstand, ist das der bengalischen Madonna mit dunkelhäutigem Jesusknaben. Die Bilder in Seva Dan und Bolpur sind Reproduktionen des Originals. Als Papst Johannes Paul II. (1920-2005), ein Verehrer des Heiligen Louis-Marie Grignion de Montfort, im Jahr 1986 Indien, Kolkata besuchte, wurde das Bild als Erinnerungsbild mit dem Weihegebet Montforts verteilt. Als der Papst das von Mutter Teresa eingerichtete Sterbehaus in Kalighat, Kolkata besuchte, wurde das Originalbild herbeigebracht und von ihm gesegnet. Seither hat das Bild seinen Platz im Haus des Ehepaares Françoise und Leo in Süd-Kolkata.821

Das beschriebene Bild der Madonna als Inderin im bengalischen Sari hängt auch in Bolpur, im Raum vor der Kapelle.822

In Seva Dan befindet sich eine weitere Darstellung einer dunkelhäutigen Madonna als Inderin.823 Es handelt sich um eine Hinterglasmalerei.824 Die Farbe Blau dominiert.825 Maria, vor blauem Hintergrund, ist in einen blauen Sari gewickelt. Das Ende des Saris, die Dupatta, bedeckt wie ein Schleier den Kopf. Maria trägt eine zweireihige Kette aus Holzperlen, Armreifen und runden blauen Ohrschmuck. Es ist nicht möglich, die Perlen der Halskette zu zählen, doch dürfte es sich dabei nicht allein um einen Schmuck, sondern

821 Diese Informationen stammen von Françoise persönlich, per Mail auf meine Anfrage hin am 25.08.2019 mitgeteilt. Sie willigte auch schriftlich ein, dass Inhalte und Namen für diese Arbeit verwendet werden dürfen.

822 Vgl. Kapitel 7.4. Bildmaterial, Abb. 33.

823 Vgl. Kapitel 7.4. Bildmaterial, Abb. 32.

824 Gertrude M., Mutter der europäischen Helferin Sr Regina, hat es nach einer Vorlage als Hinterglasmalerei angefertigt. Bei der Vorlage handelt es sich den Informationen nach mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Abbildung eines Originals von Angelo da Fonseca, vgl. FN Angelo da Fonseca in diesem Kapitel 5.3.2. Im Tagebuch ist von Sr Regina vermerkt: Nach der Messe segnete Fr Arul das Marienbild, das meine Mutter nach einer Vorlage eines indischen Künstlers gemalt hat, vgl. TGB2, 04.11.1996, S274.

825 Als Symbolfarbe verkörpert Blau das Himmlische und die Verbindung zum Göttlichen. Die europäische Kunst kennt Madonnendarstellungen als Himmelskönigin mit blauem Schutzmantel oder blauem Sternenkleid. In der indischen Malerei wird die Gottheit Krishna fast immer mit blauer Hautfarbe dargestellt, um auf seinen überirdischen Status hinzuweisen, vgl. Immoos, Farben, in https://www.de.scribdoom/document/88406363/Bedeutung-der-Farben, 44 [abgerufen am 27.08.2019].

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um eine Gebetskette, die indische Mala826, handeln, die gerne aus wohlriechendem Sandelholz gefertigt wird. Die Gebetskette unterstützt das Meditieren.

Choli, die traditionelle kurze Bluse zum Sari, und der Teppich, auf dem Maria kniet, sind rotbraun. Vor dem Teppich liegen eine Gebetsschnur mit 44 Perlen und ein brennendes Öllämpchen. Die Handhaltung – die nach unten weisenden Fingerspitzen berühren sich leicht, die Daumen liegen aufeinander, die Finger bilden ein Dreieck – lässt sich weder einer herkömmlichen Mudra, noch einer typischen Gebetshaltung zuordnen. Das Dreieck könnte als Symbol der Dreifaltigkeit gedeutet werden. Mit geschlossenen Augen kniend strahlt die Figur Ruhe und Frieden aus.