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Gesprächseröffnung

Im Dokument Das anwaltliche (Seite 172-180)

C2 Gesprächsanalytische Beschreibung:

6 Das Handlungsschema anwaltlicher ErstgesprächeErstgespräche

6.3 Kommunikative Aufgaben im anwaltlichen Erstgespräch

6.3.1 Gesprächseröffnung

Der Gesprächseröffnung geht in den anwaltlichen Mandantengesprächen – ebenso wie in den meisten anderen institutionellen Gesprächen – bereits ein Kontakt mit

der Institution voraus, weil Klienten Termine vereinbaren oder bereits Unterlagen geschickt haben. Dies hat einen Einfluss auf die kommunikativen Aufgaben in der Gesprächseröffnung, denn die Beteiligten können sich bereits im Vorfeld auf eine bestimmte kommende Situation einstellen. Wie der Patient auf dem Weg zum Arzt sein „Patient-Sein“ beginnt (Lorenza/Schmitt 2010: 15), so beginnt der Mandant sein Mandant-Sein und „wechselseitig unbekannte Personen [werden dabei] in unbekannte-aber-kontextuell-identifizierbare Personen transformiert“

(Bergmann 1980 zit.n. Reitemeier 1994: 233). Entsprechend ist die Etablierung von Beratungsbedürftigkeit und Instanzeinsetzung (Kallmeyer 2000: 237) zwar für das Zustandekommen des Mandantengesprächs grundlegend, diese Aufgabe ist aber bereits vor dem ersten face-to-face-Kontakt zwischen Anwalt und Mandant bearbeitet worden.18 Auch Kallmeyer beschreibt, dass „abhängig von der Einbettung in ein Beratungsverhältnis“ eine Abkürzung dieser Aufgabe möglich ist (Kallmeyer 2000: 237). Die Bezeichnung Gesprächseröffnung ist hier mit der Bezeichnung der Phase (vgl. Kapitel 5) identisch. Entsprechendes gilt für den Gesprächsabschluss. Die identische Bezeichnung für Phase und Schemakomponente wurde an dieser Stelle gewählt, da die Bearbeitung der kommunikativen Aufgaben von Gesprächseröffnung und Gesprächsabschluss sich in den ebenso benannten Phasen finden. In den anderen Phasen kann hingegen nicht immer genau die Bearbeitung bestimmter Schemakomponenten beobachtet werden (vgl. Kapitel 12.2), weshalb hier die Bezeichnungen von Phasen und Schemakomponenten divergieren.

Im anwaltlichen Erstgespräch als institutionelle Beratungssituation stellen sich den Beteiligten folgende kommunikative Aufgaben in der Gesprächseröffnung:

Gesprächseröffnung (A+M)

Begrüßung und Gesprächskontakt herstellen (A+M) Situieren (A)

Eröffnungsinitiative verbalisieren (A)

Begrüßung und Gesprächskontakt herstellen sind als Aufgaben grundlegend für den Beginn einer Interaktion, vor allem zur Etablierung der Rollen und der Beziehung. Sie dient der Herstellung der Interaktionsbeziehung sowie dem gegenseitigen Signalisieren der Gesprächsbereitschaft (Spranz-Fogasy 2005: 21).

18 Lalouschek (2002a: 90) verwendet die Bezeichnung Gesprächsanfang für Handlungen

„vor dem eigentlichen Beginn des Gesprächs“.

In den meisten Aufnahmen wir das Aufnahmegerät erst danach eingeschaltet, weil hier zunächst das Einverständnis für die Aufnahme eingeholt werden musste und das Gerät erst nach Einwilligung des Mandanten eingeschaltet werden konnte. Dazu kommt, dass es nicht unüblich ist, dass Anwälte ihre Mandanten persönlich im Wartezimmer abholen und in das Besprechungszimmer oder ihr Büro bitten.

Ein Anwalt hatte aber das Gerät immer bereits eingeschaltet, bevor er seine Mandanten im Wartezimmer abholt. Die Zustimmung zur Aufnahme hatte er bereits im Vorfeld bei der Terminvereinbarung geklärt. Deshalb findet sich im folgenden Transkriptausschnitt ein Beispiel für die Begrüßung und Herstellung des Gesprächskontaktes, die im Wartezimmer stattfinden (Fl. 1).

[1]

A (m) 6R7DJ)UDX.DLVHU XQY%LWWHQHKPHQ6LH

M (w) +DOOR+HUU0RULW]

[KO] Im Wartezimmer Schritte, 4,1 Im Besprechungszimmer [2]

A (m) 3ODW] (JDOZRV-HW]WP¾VVHQZLUಹ1DFKKHUZHUGHQ6LH

M (w) (JDOZR"

[KO] Stuhlrücken

[3]

A (m) NXU]PDOXQWHUEURFKHQ ,FKHUZDUWQವವ7HOHIRQDWವವವZRLFKDP [KO] lautes Stuhlrücken Schritte Klappern 0,7s [4]

A (m) 'RQQHUVFKWDJQHQ7HUPLQKDEXQGZHUGGDVXQEHGLQJWQRFKವHD¦KP [KO]

[5]

A (m) ವEHVSUHFKHQPXVV$XFKPLWGHP/DQGHVVR]LDOJHULFKWDEHUಹವವವ'DV [6]

A (m) VDJLFKQXUYRUZHJGDVV6LHQಹವವ:HLOGDVವವJHKWHLQELVVFKHQO¦QJHUವ [7]

A (m) -DV2ND\-HW]WNRPPPDDEHU]X,KQHQ

M (w) +PKPɪ,FKP¸FKWH

MP_XF_1: Begrüßung und Gesprächskontakt herstellen, Situieren

In diesem Beispiel ist auch das Situieren (vgl. Nowak 2010: 233, von Nowak als Situierung bezeichnet) zu beobachten, das sich vor allem auf die Positionierung der Teilnehmenden im Raum oder die Verbalisierung der Rahmenbedingungen (Notizen durch den Anwalt, Aufnahmegerät etc.) bezieht, die aber auch „die grundlegende Öffnung des Gesprächs […] bzw. das emotionale Willkommen-Heißen“ (ebd.) beinhaltet und somit für den Aufbau der Beziehung eine

entscheidende Rolle spielt. Hier werden auch die sozialen Rollen der Beteiligten in Bezug zueinander gesetzt und aktualisiert.

Das Situieren im Sinne einer Positionierung der Beteiligten findet im Beispiel MP_XF_1 in Fl. 1f. statt, die Mandantin wird gebeten Platz zu nehmen. Durch die kurze Rückfrage (Fl. 2 „Egal wo?“) zeigt die Mandantin an, dass Sie sich als Gast und Klientin den etwaigen Vorgaben des Anwalts unterordnet. Darüber hinaus ist in diesem Beispiel zu beobachten, dass der Anwalt die Mandantin über eine mögliche Störung des Gesprächs informiert (Fl. 2ff.), was ebenfalls als Teil des Situierens zu interpretieren ist, da hier die Rahmenbedingungen verbal oder durch die räumlichen Gegebenheiten festgelegt werden.

Hier ist es aufgrund seiner Rolle der Anwalt, der sowohl von der Mandantin gefragt wird, wo sie Platz nehmen soll, als auch selbst die vorauszusehende Störung im Gespräch ankündigt. Das hier zu beobachtende Situieren schafft allerdings weder ein emotionales Willkommen-Heißen oder eine grundlegende Öffnung für das Gespräch, wenn man die Überraschung oder Dispräferenz markierende tonale Struktur der Hörerrückmeldung der Mandantin beachtet (Fl. 7).

Ein anderes Beispiel für ein Situieren findet sich auch im folgenden Ausschnitt.

[1]

[t] 0:00

A (m) Bei der ganz klassischen Sch-Stichwortemethode sich zwischendurch

M (m) Gut.

[2]

[t]

A (m) Notizen zu machen. Ich hab zu Ihnen schon zwei Stichworte an

M (m) • Gut.

IP_IG_1: Situieren

Hier führt der Anwalt in die Situation ein und kündigt an, dass er sich zwischendurch einige Notizen macht (vermutlich hatte der Mandant vorher gefragt, ob der Anwalt die Aufnahme für seine Auswertung und weitere Bearbeitung dann auch verwendet, was der Anwalt mit dem Hinweis auf die „klassische Stichwortmethode“ (Fl. 1), hier in kontrastierender Funktion, verneint). Damit führt auch dieser Anwalt Teile der kommenden Situation orientierend für den Mandanten ein. Auf das Anfertigen von Notizen zu Beginn zu verweisen, rät auch Kilian (Kilian 2008: 31), da „manche Mandanten [es] als unangenehm empfinden, wenn sie verbal vorgetragene persönliche Details von einem Fremden schriftlich fixiert sehen“.

Obwohl Anwalt und Mandant das Situieren gemeinsam vollziehen, ist diese Aufgabe dem Anwalt als vorrangigem Bearbeiter zugeordnet. Der Grund ist, dass Mandanten hier in der Regel keine Mitbestimmung in Anspruch nehmen, anders als z. B. im Coaching (vgl. Graf In Vorb.), wo Klienten sich teilweise stark

am Situieren beteiligen. Dies zeigt einmal mehr die große Verantwortung des Anwalts bei der Bearbeitung dieser Aufgabe.

Eine weitere kommunikative Aufgabe, die vor allem aufgrund der Institutionalität und der damit verbundenen sozialen Rollen besteht, ist die Eröffnungsinitiative durch den Anwalt. Die Eröffnungsinitiative dient der Hinführung zur Sachverhaltsklärung und somit dem Ausstieg aus der Gesprächseröffnung.19 Besonders der Grad ihrer Offenheit wird als grund-legend dafür eingeschätzt, ob und wie ausführlich das Anliegen der Klienten zur Sprache kommen kann (Nowak 2010: 242).

Als eine Möglichkeit, die Eröffnungsinitiative kommunikativ einzuleiten, lässt sich im Mandantengespräch eine vorgreifende Thematisierung durch den Anwalt beobachten. Denn Anwälte sind zumindest oberflächlich oder stich-wortartig über das Thema des Klienten informiert, da sie zuvor teilweise selbst mit dem Mandanten telefoniert haben oder auf eine Telefonnotiz ihrer Mitarbeiter zurückgreifen können. Vorgreifende Thematisierung ist als Terminus abgeleitet von „vorgreifende Typisierung“ (Becker-Mrotzek/Brünner 2007: 668) des Themas durch den Klienten bei der Anliegensformulierung. Vorgreifende Thematisierung bezeichnet das Einführen des Themas des Mandanten noch in der Gesprächseröffnung durch den Anwalt (vgl. im folgenden Beispiel IP_IG_1 Fl. 2–7).

Ähnlich der vorgreifenden Thematisierung wird in medizinischen Ana-mnesegesprächen eine Eröffnungsinitiative als Entscheidungsfrage beobach-tet (Spranz-Fogasy 2005: 25). Hier führt der Arzt durch eine Vermutung oder Vorinformation das Thema des Patienten mit seinem Eröffnungszug ein, z. B

„Sie kommen wegen Ihrer Rückenbeschwerden?“ (a.a.O.: 26). Für das Erst-gespräch beim Anwalt kann eine vorgreifende Thematisierung nicht als eige-ne kommunikative Aufgabe klassifiziert werden, da sie für die Eröffnung des Gesprächs nicht konstitutiv ist und auch ohne negative Folgen weggelassen werden kann (und in vielen Gesprächen auch weggelassen wird). Daher betrachte ich die vorgreifende Thematisierung als Erweiterung der Eröffnungsinitiative, da diese auch neben der vorgreifenden Thematisierung realisiert wird oder aber durch diese ersetzt wird.

19 Nowak (2010: 232) trennt die Eröffnungsinitiative als eigene Komponente ab, weil diese „als eigenständige zentrale Weichenstellung für die folgende Interaktion gesehen wird.“

[3] A (m) die Hand gekriegt, das eine war • ähhhm • Stichwort Mehrarbeit,

M (m) Ja,

[4]

A (m) Und das andere war, • • dass Siiiie • äh jetzt • bin ich mir aber M (m) genau.

[5]

A (m) nicht mehr ganz sicher • • ähmmm • Sie sind jetzt im Moment A

M (m) Hmhm̌

[6] A (m) dreizehn? Sie sind A zwölf. Aber es geht irgendwie ummm •

M (m) A zwölf. Hmhm̀

[7]

A (m) Vergütung nach A dreizehn? Da helfen Sie mir am besten.

M (m) Genau, ich

IP_IG_1: Eröffnungsinitiative mit vorgreifender Thematisierung

In diesem Beispiel nennt der Anwalt zunächst die Quelle des gemeinsamen Wissens, den Zettel mit Stichworten, den er vor der Besprechung bekommen hat (Fl. 2f.). In der Folge benennt er zwei Themenkomplexe, von deren Bearbeitung er für das kommende Gespräch ausgeht. Gleichzeitig macht er aber deutlich, dass er zumindest bei Thema zwei einer Ergänzung seines Wissens bedarf, da er sich „nicht mehr ganz sicher“ sei (Fl. 4f.), hier benennt er auch im Gegensatz zum ersten Thema die Zielrichtung: die Vergütung nach A 13. Diese Zielrichtung kann er allerdings erst nach einer Rückversicherung beim Mandanten verbalisieren. Dieser bestätigt die anwaltliche Vermutung über das Thema zunächst nicht, sondern korrigiert sie und nennt den Status quo (Fl. 6). Erst daraufhin nennt der Anwalt auch die Zielrichtung, die er aber nach wie vor als Vermutung verbalisiert (Fl. 6 „es geht irgendwie ummm“) und formuliert gleichzeitig damit die Eröffnungsinitiative (Fl. 7 „Da helfen Sie mir am besten“). Mit dieser Eröffnungsinitiative leitet er die Darstellung des Mandanten ein, indem er ankündigt, nun die Hilfe des Mandanten zu benötigen (Fl. 7).

Der Stellenwert der vorgreifenden Thematisierung zeigt sich auch im folgenden Beispiel, in dem der Anwalt sogar darauf zurückgreift, obwohl er sich inhaltlich (fast) nicht mehr an das Thema erinnern kann (4f.). Hier ersetzt die vorgreifende Thematisierung die Eröffnungsinitiative.

[2]

[t]

A (m) wir s • • hier auch liegen. Gut! Sò. Jetzt • haben wir zwar am

M (w) Alles in Ordnung.

[3]

A (m) Telefon gesprochen, ich weiß, dass Sie • in diesem [Firma] • • • äh

M (w) [k] räuspert sich

[4]

A (m) beschäftigt sind, der da übergegangen ist, aber ääh viel mehr erinner ich

M (w) Genau.

[5]

A (m) auch nicht.

M (w) Das ist überhaupt kein Problem, weil ich hab mich so n BT_TD_1: Eröffnungsinitiative durch vorgreifende Thematisierung

Die vorgreifende Thematisierung hat zwei Hauptfunktionen für das Gespräch.

Zum einen schafft sie die Brücke zwischen zwei sich nur in ihren Rollen bekannten Personen, von denen eine, der Mandant, aber bereits Kontakt mit der Kanzlei und damit ja indirekt bereits mit dem Anwalt hatte, und hier schon Informationen über das zu besprechende Thema gegeben hat. Damit wird einer-seits das gemeinsame Wissen aktualisiert, anderereiner-seits kann so demonstriert werden, dass der Informationsfluss in der Kanzlei funktioniert, was für die eventuell künftige Weiterarbeit Vertrauen schaffen kann. Die zweite Funktion ist, dass der Anwalt mit der vorgreifenden Thematisierung die folgende Sachverhaltsdarstellung des Mandanten vorbereiten kann, die er teilweise in Verbindung mit der Eröffnungsinitiative kommunikativ anfordert. Dadurch dass er bereits früh die Stichworte nennt, kann er nicht nur die thematische Richtung angeben, sondern kann darüber hinaus anzeigen, dass im Kern bei der folgenden Besprechung eine sachliche Darstellung gefragt ist und kann so den Mandanten bereits auf das Kommende einstimmen.

Problematisch kann dieses Verfahren allerdings werden, wenn der Anwalt die vorgreifende Thematisierung überstrapaziert und damit selbst eine Darstellung des Sachverhalts vornimmt, ohne den Mandanten einzubeziehen. Das folgende Beispiel aus dem Beamtenrecht zeigt eine vorgreifende Thematisierung, die durch den Anwalt dysfunktionalisiert verwendet wird.

[8]

A (m) nicht erfahren. ((1s)) So • • ähm • • • aber nun zu/

M (m) • • Gut. ((hustet))

[KO] Geräusch

[9]

A (m) zur Sache selbst. ((1s)) Ähm • • ((aa)) Sie sind • relativ kurz vor dem [10]A (m) sechzigsten Lebensjahr ((1,2s)) und äh • bei F- • -feuerwehr- • -beamten

[11]

A (m) wie bei Ihnen ist das der reguläre • • • Eintritt in den Ruhestand.

M (m) So ist

[12]

A (m) • • Und Sie • wollen ähm-äh-äh aus • Gründen, die mir bis jetzt nicht M (m) es.

[13]

A (m) bekannt, aber auch nicht so entscheidend sind, dann dass dieser • • • [14]A (m) Eintritt in den Ruhestand gemäß der Regelung des Paragraph

[15]A (m) zweiunddreißig LBG ((1s)) hinausgeschoben wird, ((2,2s)) ((ea)) Und

[KO] Geräusch

[16]

A (m) der äh, ähm • dienstliche… • • • Ähh • • ist dann zu prüfen ob dienstliche [KO]

[17]

A (m) Gründe dem entgegen stehen. Das ist die gesetzliche

M (m) Hmhm̌.

[18]A (m) Formulierung. Die ist natürlich sehr ((ea)) vage und verschwommen.

M (m)

[19]A (m) • • Wenn ich Sie richtig verstehe, haben Sie bis jetzt die M (m) Hmhm̌

[20]A (m) Ablehnung Ihres Antrages nur angekündigt gekriegt noch nicht…

M (m) Nein nein die

[21]A (m) Sie haben die jetzt bekommen mittlerweile, das ist

M (m) hab ich bekommen. Jǎ

[22]A (m) also der neuste Stand. Okay. Wollen Sie mir vorab was sagen

M (m) Hmhm̌ Das…

[23]A (m) oder soll ich das durchlesen, • die Ablehnung.

M (m) Äh, • ähm ja was soll ich

PC_CS_1: Dysfunktionale vorgreifende Thematisierung

In diesem Beispiel dient die vorgreifende Thematisierung nicht dazu, die Sachverhalts-darstellung des Mandanten einzuleiten, sondern der Anwalt nutzt die vorgreifende

Thematisierung, um selbst den Sachverhalt darzustellen (Fl 9ff. „Sie sind • relativ kurz vor dem“…; „• • Und Sie • wollen“…). Gleichzeitig nennt er sogar bereits die mögliche rechtliche Bearbeitung, greift also schon auf weite Teile des Gesprächs vor (Fl. 16ff „• • • Ähh • • ist dann zu prüfen“), ohne dass der Mandant bereits selbst zu Wort gekommen wäre. Dabei stellt sich nicht nur heraus, dass seine Informationen veraltet und daher unzutreffend sind (Fl. 20f.), sondern er macht darüber hinaus deutlich, dass er die Darstellung und Sichtweise des Mandanten für relativ unerheblich hält (Fl. 12f. „aus • Gründen, die mir bis jetzt nicht bekannt, aber auch nicht so entscheidend sind“ und Fl. 22f. „Wollen Sie mir vorab was sagen“…). Damit gestaltet der Anwalt bereits von Beginn an das Gespräch sehr anwaltzentriert, was sich auch im gesamten weiteren Verlauf beobachten lässt und den Mandanten u. a. letztlich dazu bewegt, den Anwalt nicht zu beauftragen (vgl. auch die Diskussion dieses Beispiels in Kapitel 11.4.3).

Insgesamt kann die Eröffnungsinitiative mit verschiedenen sprachlichen Mitteln realisiert werden (vgl. Spranz-Fogasy 2005: 26). Einige Beispiele finden sich in den hier untersuchten Transkripten: als eine inhaltliche Aufforderung (IP_IG_1 Fl. 7 „Da helfen Sie mir am besten“) oder als eine implizite Aufforderung mittels vorgreifender Thematisierung (BT_TD_1Fl. 4f. …„aber ääh viel mehr erinner ich auch nicht“). In anderen Gesprächen finden sich auch offene Fragen (QP_

GV_1 „Frau Klaus, was kann ich für Sie tun?“), inhaltliche Fragen (BT_KV_1

„Gut. Was • • • machen Sie da und was ist das Problem?“) oder ein verbales Sich-zur-Verfügung-Stellen (SO_EV_1 „Okay ((1s)) legen Sie los. Sprechen Sie quasi ganz frei und unbefangen, ja?“).

Neben den genannten kommunikativen Aufgaben findet sich in der Literatur zur Arzt-Patient-Kommunikation häufig ein Hinweis auf eine weitere Aufgabe, die globale Orientierung über den Gesprächsverlauf (vgl. Nowak 2010: 233;

Lalouschek 2009: 152, 2005b: 62). Eine globale Orientierung würde – wenn sie vollständig ausgeführt wäre – einen Überblick über Zweck und Verlauf des gesamten Gesprächs sowie über die kommunikativen Erwartungen geben und sich damit „ganz unmittelbar in der ‚Ökonomisierung‘ des Gesprächsverlaufs nieder[schlagen]“ (Lalouschek 2005b: 63). Da sich aber in keinem der unter-suchten Mandantengespräche eine globale Orientierung beobachten lässt, muss davon ausgegangen werden, dass sie als kommunikative Aufgabe für das anwalt-liche Erstgespräch nicht konstitutiv ist, auch wenn sie im Sinne der Gesprächsökonomie sicherlich sinnvoll zu ergänzen wäre.

Im Dokument Das anwaltliche (Seite 172-180)