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Formalitäten abwickeln

Im Dokument Das anwaltliche (Seite 155-159)

Phasen, Ablauf, Typen

5 Ablauf und Typen anwaltlicher ErstgesprächeErstgespräche

5.4 Gesprächsphasen im anwaltlichen Erstgespräch

5.4.6 Formalitäten abwickeln

Als letzter Schritt vor dem Gesprächsabschluss findet das Abwickeln der Formalitäten statt. Diese Phase wird typischerweise eingeleitet, indem sie explizit benannt und angekündigt wird. Darüber hinaus findet hier ein Wechsel der nonverbalen Aktivitäten der Beteiligten statt, da einerseits Vereinbarungen

unterschrieben werden, andererseits Unterlagen sortiert und teilweise vom Anwalt kopiert werden.

Zu unterschreibende Vereinbarungen sind regelmäßig Vollmachten oder Vergütungsvereinbarungen, beide sind aber nicht obligatorisch im Mandantengespräch. Denn auch wenn ein Mandat zustande kommt, lassen sich nicht alle Anwälte Vollmachten unterzeichnen, da eine Beauftragung auch mündlich erfolgen kann und Vollmachten ihren Zweck vor allem in der Vertretung nach außen (vor Behörden etc.) erfüllen. Entsprechend können auch Gespräche vorkommen, in denen die Phase nicht bearbeitet wird, wenn weder Unterlagen vorliegen, die kopiert oder geordnet werden müssen, noch Vereinbarungen unterzeichnet werden. Die in dieser Phase anfallenden Aufgaben werden allerdings teilweise auch bereits vor Beginn des Gesprächs an die Mitarbeiter ausgelagert, sodass sie auch aus diesem Grund im Gespräch wegfallen können.

In dieser Phase kommen auch die Projektteilnahme zur vorliegenden Arbeit und die Aufnahmesituation ebenfalls meist erneut zur Sprache, hier wird oft die Einverständniserklärung zur Unterschrift vorgelegt und der Fragebogen überreicht.

Diese Phase ist typischerweise relativ kurz, wird aber strukturell klar als eigene Phase abgegrenzt und ist offenbar für Anwälte auch als solche geläufig (vgl. Interview mit einer teilnehmenden Anwältin, Kapitel 5.6 und Kilian 2008: 39 unter dem Stichwort „Organisieren“). Die kurze Dauer der Phase zeigt auch an, dass Unterlagen und Vereinbarungen selten ausführlich besprochen werden.

Obwohl auch Anwälte zu beobachten sind, die dem Mandanten Informationen anbieten, ist weder ein intensives Nachfragen von Seiten der Mandanten zu beobachten noch ausführliche Erläuterungen des Anwalts. Die genauen Vertragsinhalte scheinen also zumindest im Erstgespräch für Mandanten nicht von besonderem Interesse zu sein. Es kann allerdings nicht ausgeschlossen werden, dass sich damit Probleme im Anschluss an das Gespräch ergeben (z. B.

weil die Rechnung höher als erwartet ausgefallen ist etc.).

Beispiele Formalitäten abwickeln

Sachverhaltsbegutachtende Rechtsberatung [399]

A (m) Genau. So. ((schreibt 7,8s)) So. ((blättert))

A (m) [k] leise

M (m) • • Hmhm̌

[KO] Stuhl knartzt

[400]

A (m) ((schreibt 6,5s)) Okay. Dann müssten Sie mir hier

[KO] Klebestreifen wird abgezogen

[401]

A (m) zweimal unterschreiben. • • Ja? ((schreibt 3,9s))

M (m) Hmhm̌ So. ((blättert))

M (m) [k] flüsternd

[402]

A (m) ((schreibt 2,4s)) Gut, ((blättert)) ne? Und • • das ist natürlich jetzt M (m) Und so.

M (m) [k] flüsternd HP_TZ_1

In diesem Beispiel werden die Formalitäten nach längeren Pausen und mehreren Gliede-rungssignalen, vor allem aber ohne Erläuterung von Seiten des Anwalts erledigt. Der Man-dant nimmt dies hin und nimmt offenbar die zu unterschreibenden Inhalte nicht besonders intensiv zur Kenntnis (zwischen dem „Hmhm“ , das zur Unterschrift einwilligt und dem

„So“ , das bereits das Ende der Unterschrift andeutet, liegen kaum fünf Sekunden, Fl. 401).

Rechtsgestaltende Rechtsberatung

Hier finden sich keine Besonderheiten im Vergleich zu dem Beispiel der sachverhaltsbegutachtenden Rechtsberatung.

Bearbeitungsverwerfende Rechtsberatung [597]

A (m) ((lacht)). Sò • • äähm • mir bleiben aber • äm äh M (m) wär jetzt auch nicht so gut. • Ja.

[598]

A (m) zwei Formalia noch übrig. • • Ähm • das eine • hat nichts mit mir zu

M (m) Ja.

[599]

[t] 40:00

A (m) tun, sondern mit dem Diktiergerät. Äm weil ich ja eigentlich • •

M (m) Ja.

[…]

[608]

A (m) Ssoo und dannn • • das ist für mich dann • interessant weil ich halt/ • • ja [609]

A (m) mit Ihrer Rechtsschutzversicherung auch • abrechnen möchte.

M (m) Genau die

[…]

[660]

A (m) begleicht die, • • und ähm • ich hab Ihre Akte so üblicherweise dann

M (m) Hmhm̌

[661]

A (m) noch • vier bis sechs Wochen • im Schrank liegen, ((ea))

M (m) Hmhm̌

[662]

A (m) Ähmm… Wenn da nichts isss kommt die

M (m) Und wenn da nichts ist… Ja.

[663]

A (m) erstmal in den Keller. Ähmm • was aber auch bedeutet, äm •

M (m) Keller ((lacht)).

[664]

[t] 45:00

A (m) äh • egal • wir Anwälte müssen sowas ewig aufbewahren. Also

M (m) Hmhm̌

[665]

A (m) zehn Jahre lang. Ähm • das heißt also wenn Sie tatsächlich jetzt

M (m) Hmhm̌

[666]

A (m) inn • zwei Jahren kommen und sagen: • • „Da is jetzt ne A dreizehn Stelle [667]

A (m) und • da muss ich drum streiten oder ich möcht s nochmal wissen,

M (m) Hmhm̌ Hmhm̌

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Hier leitet der Anwalt die Phase Formalitäten abwickeln durch ein Gliederungssignal, eine Pause und ihre explizite Benennung ein (Fl. 597 „So • • ähm • mir bleiben aber • ähm äh zwei Formalia noch übrig“). Eine bezieht sich auf die Teilnahme am Dissertationsprojekt (Fl. 598f.), die andere ist eine Vergütungsvereinbarung (Fl. 608f.), die für die Erstberatung unterschrieben wird. Daneben fertigt der Anwalt hier auch Kopien einiger wichtiger Unterlagen an (hier nicht im Transkript), die er in der Folge in die Akte des Mandanten heftet. Mit der Akte, deren lange Aufbewahrungsdauer der Anwalt hier betont (Fl. 660ff.

„wir Anwälte müssen sowas ewig aufbewahren“), bewirbt der Anwalt ein mögliches Folgemandat (Fl. 664ff. „also wenn Sie tatsächlich inn • zwei Jahren kommen“), indem er dem Mandanten signalisiert, dass er jederzeit mit einem weiteren Rechtsproblem wiederkommen kann.

In diesem Beispiel wird ebenfalls das Besprechen der Kosten als Kostenübernahme deutlich (vgl. Kapitel 5.4.5), da der Anwalt in diesem Gespräch die Kosten für die Erstberatung nicht nennt, sondern auf die Abrechnung mit der Rechtsschutzversicherung des Mandanten verweist (Fl. 608f. „weil ich halt/ • • ja mit Ihrer Rechtsschutzversicherung auch • abrechnen möchte“).

Besonderheiten für die Typen anwaltlicher Erstgespräche finden sich hier lediglich durch die Auswahl der in Frage kommenden Unterlagen. Da es in der sachverhaltsbegutachtenden Beratung zu einer Vertretung gegenüber Dritten kommen kann, kommt hier das Unterzeichnen einer Vollmacht eher in Betracht, während dies bei den anderen Typen weniger der Fall ist. Vor allem in der verwerfenden Beratung werden seltener Vereinbarungen unterzeichnet.

Das Kopieren von Unterlagen spielt in allen Typen eine Rolle, in der sachver-haltsbegutachtenden und gestaltenden Beratung für die weitere Bearbeitung des Falles, in der nicht bearbeitenden Beratung werden Unterlagen für den Fall kopiert, dass sich die Rechtslage ändert und sich damit für den Mandanten dann doch Chancen zu einer Bearbeitung ergeben oder der Mandant in einer verwandten Angelegenheit wiederkommt.

Spezifika der Typen in der Gesprächsphase

Sachverhaltsbegutachtend Gestaltend Verwerfend Vollmacht;

Vergütungsvereinbarung;

Unterlagen kopieren.

Vergütungsvereinbarung;

Unterlagen kopieren. Vergütungsvereinbarung (Erstgespräch);

Unterlagen kopieren.

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