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2. NEURO-LINGUISTISCHES PROGRAMMIEREN AUS LERNPÄDAGOGISCHER SICHT – GEGENÜBERSTELLUNG

2.2 L ERNEN AUS KONSTRUKTIVISTISCHER S ICHT

2.2.2 Aufgabenbereiche der Lehrenden

„Es ist die Ausnahme, dass jemand das lernt, was gelehrt wird.“ (ebd., S. 160)

Wie dieses Zitat bereits andeutet, entscheiden die Lernenden selbst, welche Inhalte des Lehr-angebots sie als sinnvoll und bedeutsam erachten. Diese Entscheidung hängt von der jeweili-gen Motivation und den Erfahrunjeweili-gen des/der Einzelnen ab. Aufgabe der Lehrenden besteht hier also darin, eine breite Angebotspalette an Lerninhalten zur Verfügung zu stellen. Welche Inhalte dem/der Lernenden dann tatsächlich aber brauchbar erscheinen, entscheidet er/sie selbstreferenziell (vgl. ebd., S. 160).

In diesem Zusammenhang sollte von den Lehrenden zudem berücksichtigt werden, dass neue Inhalte auch zu einer Verunsicherung bei dem/der Lernenden führen können. Werden im Zu-ge neuer Inhalte beispielsweise individuelle Ansichten infraZu-ge Zu-gestellt, kann es sogar zu einer Identitätskrise bei dem/der Lernenden kommen. Demnach können Lernwiderstände auch als eine Art Schutzmechanismen verstanden werden (vgl. Ziehe 1982, S. 175 zit.n. ebd., S. 161).

31 Laut Siebert finden Lernprozesse ungeplant, auf eine unbewusste Art und Weise statt. Dar-über hinaus kann sich Lernen auch kontraintentional ergeben, also gegen die Absichten bezie-hungsweise Intentionen der Lehrenden. So lernen TeilnehmerInnen eines Seminars beispiels-weise nicht nur von den Lehrenden sondern auch von ihren KollegInnen. Um Lernprozesse in der Gruppe explizit zu ermöglichen, tritt der/die Lehrende bewusst in den Hintergrund. Die Beziehung zwischen den Lehrenden und Lernenden verhält sich ambivalent. Dabei konstruie-ren sie sich wechselseitig durch Erwartungen über die Erwartungen der andekonstruie-ren. Selektive Wahrnehmung, aber auch Erinnerungen und Projektionen beeinflussen dieses komplexe Be-ziehungsverhältnis.

Auf den ersten Blick scheint es fast so, als wären Lehrende aus konstruktivistischer Sicht überflüssig. Bei genauerer Betrachtung, wird den Lehrenden allerdings eine bedeutende Rolle zugeschrieben. So sieht Siebert ihre Aufgabe darin, den Lernenden den Wissenszugang zu erleichtern und ihnen beim individuellen Erwerb von Wissen und Kompetenzen unterstützend zur Seite zu stehen. Zudem nimmt man an, dass das Interesse an einem bestimmten Thema oft durch Menschen geweckt wird, die über eine Expertise in diesem Bereich verfügen und dieses Thema sozusagen repräsentieren. Lehrende können also auch einen Einfluss auf das Interesse der Lernenden haben beziehungsweise versuchen deren Aufmerksamkeit auf bestimmte The-menbereiche zu lenken.

Dabei betont Siebert, dass sich für Lehrende neben der Wissensvermittlung auch noch andere Aufgabenfelder ergeben. Dazu zählen neben der Lerndiagnose auch die sogenannte Beobach-tung 2.Ordnung, womit die BeobachBeobach-tung wie Lernende beobachten gemeint ist. Des weiteren ist auch die Lernhilfe und die Förderung kritischen und reflexiven Denkens durch beispiels-weise provokatives Fragen, zu erwähnen. Darüber hinaus sollte man immer bedenken, dass Lehrende auch nicht als objektive Instanzen angesehen werden dürfen. Sie sind genauso wie Lernende selbstreferenzielle Systeme und konstruieren ihre äußere Welt auf der Grundlage ihres bisherigen Wissens und ihrer Erfahrungen. Dies wiederum bedeutet, dass Lehrende auch sich selbst, ihr Fach und Lernende konstruieren (vgl. ebd., S. 161-163).

32 2.2.3 Selbst gesteuertes Lernen in der Erwachsenenbildung

Durch die konstruktivistische Wende hat sich auch der Fokus in der Weiterbildung verändert.

Früher war dieser mehr auf das Lehren gerichtet, wohingegen heute das selbst gesteuerte Ler-nen im Zentrum der Aufmerksamkeit steht.

Wie bereits besprochen, sind Lernergebnisse aus konstruktivistischer Sicht weder planbar noch können sie extern kontrolliert werden. Vielmehr ist es Aufgabe der Weiterbildung, lern-förderliche Kontexte für die Lernenden zu schaffen. In diesem Zusammenhang haben sich nun zahlreiche Lehr-Lern Konzepte entwickelt. Dazu zählen unter anderem die Modellierung von Lernwelten, interaktionistische Didaktik, didaktische Rekonstruktion, Ermöglichungsdi-daktik, Fühl-Denk-Verhaltensprogramme und das selbst gesteuertes Lernen. Insbesondere in der Erwachsenenbildung hat das selbst gesteuerte Lernen in den letzten Jahren zunehmend an Bedeutung gewonnen. Doch was genau versteht man nun darunter?

Erst einmal sei gesagt, dass der Begriff des selbst gesteuerten Lernens nicht mit dem Termi-nus des selbst organisierten Lernens gleichzusetzen ist. Würden Erwachsene ihr Lernen näm-lich selbst organisieren, wäre dies mit hohem Zeitaufwand und einigen Schwierigkeiten ver-bunden. Vielmehr ist die kognitive Selbststeuerung des Lernens gemeint, die bei der Gestal-tung jedes Lernarrangements ihre BeachGestal-tung finden sollte. Laut Siebert hat eine so genannte Entgrenzung der Erwachsenenbildung stattgefunden, wodurch Lernformen außerhalb von Bildungsinstitutionen wie beispielsweise informelles und autodidaktisches Lernen eine Auf-wertung erfahren haben. Dadurch stellt sich nun die Frage, worin nun die Aufgabe der Er-wachsenenbildung in Zusammenhang des selbst gesteuerten Lernens liegt?

Siebert argumentiert, dass der Schlüssel zu einem effektiven und wirksamen Lernergebnis, das Wissen über Lerntechniken und -strategien ist. Da Erwachsene jedoch selten über dieses Wissen verfügen, ist die Lernberatung von essentieller Bedeutung. Selbst gesteuerte Lernpro-zesse können durch reflexives Lernen unterstützt werden. Die Selbstbeobachtung und Me-takognition werden dabei als Kernelemente reflexiven Denkens verstanden. So können Er-wachsene im Rahmen der Selbstwahrnehmung, Lernstile und Lernbarrieren erkennen und ihre Lernstärken und -schwächen reflektieren. Die Schwierigkeit und der zeitliche Aufwand eines Themas können durch Metakognition auch leichter beurteilt werden. Darüber hinaus fördert Metakognition das bewusste Wahrnehmen von individuellen, emotionalen und physiologi-schen Lernbedingungen. Reflexives Lernen trägt insbesondere zur Selbstevaluation der Er-wachsenen bei, was wiederum eine ausgeglichene Selbst- und Fremdattribuierung ermöglicht.

33 Auch Lernmotivation und Gründe für Demotivation können durch Selbstbeobachtung besser verstanden werden (vgl. ebd., S. 163-169).

2.2.4 Konstruktivistische Methoden

In Bezug auf Methoden, differenzieren Reinmann-Rothmeier und Mandl zwischen Instrukti-onsmethoden und KonstruktiInstrukti-onsmethoden. Dabei versteht man unter InstruktiInstrukti-onsmethoden, all jene Methoden, die man zur Wissensvermittlung einsetzt, wohingegen mit Konstruktions-methoden reflexive und subjektorientierte Methoden gemeint sind. Reinmann-Rothmeier und Mandl sind der Meinung, dass weder eine einseitige Wissensvermittlung noch das sich selbst Überlassen der Lernenden zielführend wäre. Stattdessen sollte die konstruktive Aktivität der Lernenden mithilfe von Instruktionen der Lehrenden unterstützt werden (vgl. Reinmann-Rothmeier 1997, S. 377f zit.n. ebd., S. 169f).

Siebert meint in diesem Kontext, dass der Einsatz von Methoden immer in Abhängigkeit von den Lernerfahrungen der Lernenden steht. Haben Lernende beispielsweise noch nicht viel Lernerfahrung in einem bestimmten Bereich, so ist es Aufgabe der Lehrenden sie in diesem Bereich anzuleiten. Ist das Themengebiet noch unbekannt für die Lernenden, werden mehr Instruktionen nötig sein, als wenn die Lernenden bereits über Vorwissen verfügen. Nachdem man den Instruktionsmethoden viel Aufmerksamkeit widmet, sollte man die Bedeutung kon-struktiver Methoden allerdings nicht unterschätzen. Der Einsatz konkon-struktiver Methoden zielt darauf ab, dass Lernende erkennen, dass ihre eigene Sichtweise auch nur ein individuelles Verständnis der Wirklichkeit darstellt und dass es noch zahlreiche andere Perspektiven zu berücksichtigen gibt. Darüber hinaus vermitteln konstruktive Methoden den Lernenden, dass es keine objektiven, absoluten Wahrheiten gibt und dass Wissensbestände daher auch immer kontextabhängig zu sehen sind. Zusammengefasst kann also gesagt werden, dass konstruktive Methoden Identitätslernen, reflexives Denken und soziales Lernen fördern (vgl. ebd., S. 170).

Zu Konstruktionsmethoden zählen beispielsweise biografische Methoden, Geschichtswerk-stätten, Mind-Maps als kognitive Landkarten, Reflecting Teams und interkulturelle Lernar-rangements (vgl. Siebert 2003b, S. 94ff zit.n. ebd., S. 170).

Bei der Auswahl von Methoden sollte man zudem situative Faktoren sowie Gruppendynamik, Stimmungen und Atmosphäre des Lernsettings mitberücksichtigen. Bei der Methodenwahl sind gleichzeitig immer mehrere Kriterien zu beachten. Dabei sollten die ausgewählten

Me-34 thoden das Lernen voneinander und miteinander unterstützen, Perspektivenwechsel und die Anerkennung anderer Sichtweisen fördern, Neugierde auf Fremdes wecken und zu Freude am Lernen führen. Ein weiteres entscheidendes Ziel ist die Nachhaltigkeit der Methoden und die Umsetzung des Gelernten in andere Kontexte (vgl. ebd., S. 171).

2.2.5 Differenziertes Denken als konstruktivistisches Lernziel

Laut Siebert ist der Konstruktivismus eine Differenztheorie. Aus konstruktivistischer Sicht ist das zentrale Lernziel, dass Individuen lernen, Differenzen wahrzunehmen und diese auch zu tolerieren. Dabei sollten durch den Lernprozess neue Handlungs- und Wahrnehmungsmög-lichkeiten entstehen. So sollte das Bewusstsein darüber geschärft werden, dass mehrere Sichtweisen nebeneinander existieren und es keine absoluten Wahrheiten gibt. Mit diesem differenzierten Blick wird ein so genanntes dualisierendes Denken vermieden, welches auch als Schwarz-Weiß-Denken bezeichnet wird. Wenn für jemanden beispielsweise Dinge entwe-der nur falsch oentwe-der richtig sein können, dann würde dies eine dualisierende Denkweise wientwe-der- wider-spiegeln. Individuen, die in Entweder-Oder-Schemata denken fällt es schwer andere Perspek-tiven einzunehmen und zu akzeptieren. Aufgrund ihrer totalitären und rigiden Einstellung sind diese Menschen auch selten bereit Kompromisse einzugehen.

Wirft man nun einen Blick auf unsere heutige Gesellschaft wird klar, dass die Gegebenheiten differenziertes Denken regelrecht einfordern. Ein Zusammenleben in einer Gesellschaft, die geprägt ist von Multikulturalität, einem Nebeneinander von unterschiedlichen Lebensstilen und Milieus sowie der Komplexität von Problemen in der Arbeits- und Lebenswelt, zeichnet sich durch viele Herausforderungen aus. Als Grundvoraussetzung sollten die Individuen bereit sein, Vielfalt anzuerkennen. Dies kann jedoch nur auf der Grundlage differenzierten Denkens stattfinden (vgl. ebd., S. 171f).

2.2.6 Gegenüberstellung der konstruktivistischen Lerntheorie mit den Annahmen der NLP

Wie bereits eingangs beschrieben, haben die Begründer des NLPs in ihren Grundannahmen Sichtweisen des Konstruktivismus einfließen lassen. Deshalb überschneiden sich die Inhalte

35 in Bezug auf das subjektive Erleben der Lernenden. Der Mensch konstruiert ein individuelles Bild über die Welt, das auf seiner selektiven und somit subjektiven Wahrnehmung basiert.

Dabei kann die äußere Welt folglich nie ganz erfasst werden. Laut dem Konstruktivismus ist daher Wissen auch nur relativ und kontextabhängig zu verstehen. Im Gegensatz dazu, wird im Rahmen des NLPs Wissen nicht explizit behandelt. Vielmehr geht es im NLP um die Vermitt-lung von Techniken und den Erwerb von Fähigkeiten. Das Widersprüchliche dabei ist, dass im Zuge des NLPs zwar die Rede vom subjektiven Erleben und dem individuellen Weltbild ist, die Techniken des NLPs jedoch als Allheilmittel verkauft werden, die auf alle Individuen anwendbar seien. So werden einerseits zwar individuelle Unterschiede in der Wahrnehmung und dem Erleben hervorgehoben, andererseits wird dies im Zuge der Vermittlung des Inhaltes allerdings nicht berücksichtigt.

Im Kontext der konstruktivistischen Lerntheorie spielen außerdem der Sinn und das Interesse bezüglich der Lerninhalte eine entscheidende Rolle. Man geht davon aus, dass Lernende sich mit dem Lerninhalt beziehungsweise mit dem Thema identifizieren sollten. Ein bestimmter Lerninhalt ist nur dann interessant für den/die Lernenden/Lernende, wenn er eine gewisse Relevanz für sein/ihr Leben hat. Vergleicht man diese Überlegungen mit denen des NLPs, so finden sich Parallelen. Im Kontext des NLPs streben die Individuen danach, ihr Verhaltensre-pertoire zu erweitern, um so unerwünschtes Verhalten zu ändern und neue Fähigkeiten zu erwerben. Der Unterschied liegt allerdings darin, dass beim NLP das Interesse beziehungs-weise die Sinnhaftigkeit des Lernens darin liegt, ein bestimmtes Lernziel zu erreichen. Im Rahmen der konstruktivistischen Lerntheorie ist allerdings nicht nur das Lernziel sinngebend, sondern die Lerninhalte selbst sollten von zentralem Interesse sein. Es geht also sowohl beim Konstruktivismus als auch beim NLP darum, Lernen in Beziehung mit der Identität und der Lebensplanung der Individuen zu setzen, wobei die Lerninhalte des NLPs lediglich als Mittel zum Zweck dienen.

Ein weiterer Aspekt, der im Rahmen beider Theorien eine Rolle spielt, ist das Unterbewusst-sein. Aus konstruktivistischer Sicht und aus der Sicht des NLPs laufen Lernprozesse unbe-wusst ab. Darüber hinaus sind Lernwiderstände als Schutzmechanismen zu verstehen, die in unbewussten Einstellungen, Werten und früheren Erfahrungen ihren Ursprung haben. In der NLP versucht man, unbewusste Einflüsse auf das Verhalten bewusst zu machen, um Ursachen des Lernwiderstandes ergründen zu können. Im Rahmen des Konstruktivismus können Lern-widerstände mitunter entstehen, wenn bereits gefestigte Einstellungen durch neues Wissen ins Wanken geraten und so eine Art Identitätskrise ausgelöst wird.

36 Im Zusammenhang des selbst bestimmten Lernens entscheiden Lernende selbst in Abhängig-keit ihrer Motivation und Erfahrung welche Lernthemen sie auswählen. Im Gegensatz dazu, scheint es im NLP fast so, als hätten die Lernenden keine Wahl in Bezug auf ihre Lerninhalte.

Dort steuern nämlich die Lehrenden den Lernprozess mit dem Einsatz bestimmter Techniken.

So geht man im NLP beispielsweise davon aus, dass sich aufgrund der Vertrauensbasis zwi-schen Lehrenden und Lernenden, die Lernenden führen lassen. Im Vergleich dazu, besteht die Aufgabe der Lehrenden aus konstruktivistischer Sicht darin, die Lernenden in ihrer Aktivität mit Lerntechniken und -strategien zu unterstützen und reflexives Denken zu fördern. Aus der Sicht der konstruktivistischen Lerntheorie nehmen die Lernenden eine aktive Rolle ein und die Lehrenden stehen lediglich als Lernberatung zur Verfügung. Im Gegensatz dazu, scheint die Rolle der Lernenden aus der Sicht des NLPs eher passiv zu sein, die Lehrenden bestim-men Lerninhalte, leiten den Lernprozess und steuern das von ihnen definierte Lernziel an.

Betrachtet man die Ziele konstruktivistischer Methoden so geht klar hervor, dass Identitäts-lernen, reflexives Denken und soziales Lernen im Vordergrund stehen. Darüber hinaus zielen sie darauf ab, dass die Lernenden Wissen als kontextabhängig verstehen und einsehen, dass es keine objektiven Wahrheiten gibt. Demnach wird als zentrales Lernziel formuliert, dass Men-schen lernen die Vielfalt in der Gesellschaft einerseits zu erkennen und andererseits zu tolerie-ren. Das Zusammenleben zu fördern nimmt sich jedoch auch NLP zum Ziel. Dies sollte in dem Fall über die Verbesserung der Kommunikation beziehungsweise der zwischenmenschli-chen Interaktionen erreicht werden. Das konstruktivistische Ziel, neue Handlungs- und Wahr-nehmungsmöglichkeiten zu schaffen deckt sich teilweise mit der Überlegung des NLPs in Bezug auf die Erweiterung des Handlungsrepertoires und die damit verbundene Fähigkeit zur Flexibilität.

2.3 Lernen aus subjektwissenschaftlicher Sicht

Um der Frage nachzugehen, wie Lernen aus subjetwissenschaftlicher Sicht verstanden wird, werden zu Beginn dieses Unterkapitels erst einmal Grundbegriffe subjektwissenschaftlicher Lerntheorien näher erklärt. Dabei werden Grundüberlegungen von Klaus Holzkamp, dem Begründer der kritischen Psychologie in Bezug auf drei verschiedene Aspekte besprochen. Zu allererst wird erläutert, weshalb Holzkamp Lernende als Subjekte bezeichnete. Des Weiteren

37 wird beschrieben, was er unter dem Begriff der Handlungsproblematik verstand und weshalb diese als Voraussetzung in Bezug auf Lernprozesse gegeben sein sollte. Abschließend wird der von ihm eingeführte Begriff des expansiven Lernens genauer besprochen und dem defen-siven Lernen gegenübergestellt. Im zweiten Abschnitt dieses Unterkapitels wird der subjekt-wissenschaftliche Ansatz im Kontext der Erwachsenenbildung diskutiert.

2.3.1 Grundbegriffe subjektwissenschaftlicher Lerntheorie

Als Klaus Holzkamp Ende der 60er Jahre Ordinarius für Psychologie an der Universität Ber-lin war, wurde dort die Forderung nach einer gesellschaftlich verantwortlichen Wissenschaft laut. Unter der Leitung von Klaus Holzkamp entwickelte sich eine Studierendenbewegung, die dieser Forderung nachkommen wollte. Obwohl dieses Projekt wenige Jahre später schei-terte, waren dies die Anfänge eines neuen Psychologieverständnisses. Eine Absage an die traditionelle Psychologie machte den Weg frei für die Subjektwissenschaft. Die Hauptwerke Grundlegung von Psychologie (Holzkamp, 1983) und Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung (Holzkamp, 1993) zählen zur Grundlagenliteratur der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie, wobei insbesondere das letztere Werk einen großen Stellenwert in der Subjekt-wissenschaft einnimmt. So beziehen sich auch AutorInnen, die sich mit Weiterentwicklungen der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie beschäftigen, auf die Inhalte dieses Werkes. Die von Klaus Holzkamp geprägte Kritische Psychologie wird heute durch eine eigene Gesell-schaft an der Freien Universität Berlin vertreten, nämlich der GesellGesell-schaft für subjektwissen-schaftliche Forschung und Praxis (Grotlüschen 2005, S. 21).

Da das Werk Lernen. Subjektwissenschaftliche Grundlegung (Holzkamp, 1993) die Grundla-gen subjektwissenschaftlicher Lerntheorien beinhaltet, werden im FolGrundla-genden nun einige Grundbegriffe aus diesem Werk vorgestellt und erläutert. Allerdings sei an dieser Stelle ge-sagt, dass eine ganzheitliche Darstellung der Grundüberlegungen Holzkamps in diesem Rah-men nicht möglich ist und daher nur Ausschnitte, die für die vorliegende Arbeit von Relevanz sind, präsentiert werden.

38 2.3.1.1 Lernende als Subjekte

In der Subjektwissenschaftlichen Lerntheorie werden Menschen als Subjekte verstanden. Die-se Subjekte unterscheiden sich in Bezug auf ihre Absichten, Vorsätze und Pläne beziehungs-weise ihre sogenannten Handlungsentwürfe voneinander und vertreten somit einen individuel-len Standpunkt. Mit dem Standpunkt des Subjekts ist also gemeint, dass jeder Mensch die Welt aus seiner Perspektive heraus wahrnimmt und daraus individuelle Pläne für sein Han-deln ableitet. Außerdem entwickelt das Subjekt diese Handlungsentwürfe aus einer bestimm-ten Inbestimm-tention heraus, die wiederum seine Lebensinteressen widerspiegeln. Demnach betrach-ten Lernende die Welt also keineswegs von einem neutralen Standpunkt aus. Im Gegenteil, der Mensch handelt intentional aufgrund seiner Sicht auf die Welt und in Bezug auf seine individuellen Interessen.

Aufgrund gesellschaftlicher Lebensbedingungen eröffnen sich für das Subjekt nun unter-schiedliche Handlungsmöglichkeiten, die je nach Lebenssituation entweder bewusst ergriffen oder aber auch verweigert werden können. Außerdem spielen in diesem Zusammenhang auch Bedeutungszuschreibungen eine wesentliche Rolle. Das Subjekt nimmt die Welt, unter ande-rem aufgrund konstituierter sozialer Verhältnisse als bedeutungsvoll wahr und diese Bedeu-tung bestimmter Gegebenheiten beeinflusst das menschliche Handeln.

Die Umsetzung dieser Handlungsmöglichkeiten beinhaltet zudem, dass Lebensbedingungen des Subjekts aktiv umgestaltet werden können, wodurch die ursprüngliche Bedeutung durch das handelnde Subjekt verändert werden kann. Ein weiterer essentieller Aspekt ist, dass diese subjektiven Handlungsbegründungen artikulierbar sind und somit im zwischenmenschlichen Kontext kommuniziert und diskutiert werden können. Individuelle Gründe für bestimmte Handlungen werden zwar auch von äußeren Lebensumständen beeinflusst, allerdings be-stimmt das Subjekt welche äußeren Einflüsse im Kontext seiner Handlungen von Bedeutung sind.

Die beschriebenen Bedeutungszusammenhänge werden wiederum in Abhängigkeit der Le-bensinteressen gebildet. So zählt beispielsweise die Aufrechterhaltung oder Verbesserung der Lebensqualität zu den Lebensinteressen eines Subjekts. Daher wird das Subjekt seine Hand-lungen auch dementsprechend planen und gestalten, sodass die notwendigen Bedingungen, die zu einer Steigerung der Lebensqualität führen, erreicht werden können.

39 Der Mensch handelt also immer aus bestimmten Gründen heraus. In diesem Zusammenhang muss man allerdings auch bedenken, dass diese Gründe nicht immer objektiv nachvollziehbar sind und für andere auch unverständlich bleiben können. In der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie geht man jedoch auch davon aus, dass niemand bewusst Handlungen gegen seine Interessen vornimmt. Um also nun bestimmte Handlungen anderer nachvollziehen zu können, sollten in der Diskussion solche Gründe kommuniziert werden (vgl. Holzkamp 1995, S. 21-27).

2.3.1.2 Handlungsproblematik als Lernvoraussetzung

Eine weitere Grundüberlegung der subjektwissenschaftlichen Lerntheorie ist die sogenannte Handlungsproblematik. Wenn ein Subjekt einem bestimmten Problem gegenübersteht und dieses nicht aufgrund seiner Handlungen bewältigt werden kann, entsteht eine Handlungs-problematik. Können bestimmte Hindernisse im Leben also nicht mithilfe der zur Verfügung stehenden Handlungskompetenz überwunden werden, wird die entstandene Handlungsprob-lematik zu einer LernprobHandlungsprob-lematik. Wenn diese HandlungsprobHandlungsprob-lematik also auf keine andere Art und Weise gelöst werden kann, sondern nur mit Lernen bewältigt werden kann, wendet sich das Subjekt hilfesuchend an die Wissenschaft. In der Subjektwissenschaft spricht man auch von typischen Handlungsproblematiken, die zu typischen Lernproblematiken werden, da sich aufgrund von bestimmten Lebenssituationen teilweise ähnliche Probleme ergeben kön-nen.

Des Weiteren wird im Rahmen dieser Lernproblematiken außerdem betont, dass hier intentio-nales Lernen, also Lernen mit einer zielgerichteten Absicht im Vordergrund steht. Denn nur so können erworbene Kompetenzen, die zu einer Überwindung der jeweiligen Problematik führen, dauerhaft gelernt und auch in anderen Situationen angewendet werden.

Zudem nimmt man an, dass eine Handlungsproblematik dann zur Lernproblematik wird, wenn das Subjekt in einem ersten Schritt versucht sich von seinem eigenen Standpunkt zu distanzieren, um sich so einen besseren Überblick über die Situation zu verschaffen. Durch einen Standpunktwechsel, kann das Subjekt seine festgefahrene Situation aus einer etwas ob-jektiveren Perspektive wahrnehmen und so sein bisheriges Handeln besser reflektieren. So

Zudem nimmt man an, dass eine Handlungsproblematik dann zur Lernproblematik wird, wenn das Subjekt in einem ersten Schritt versucht sich von seinem eigenen Standpunkt zu distanzieren, um sich so einen besseren Überblick über die Situation zu verschaffen. Durch einen Standpunktwechsel, kann das Subjekt seine festgefahrene Situation aus einer etwas ob-jektiveren Perspektive wahrnehmen und so sein bisheriges Handeln besser reflektieren. So