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1. DARSTELLUNG UND BESCHREIBUNG DER NEURO-LINGUISTISCHEN PROGRAMMIERUNG

1.2 E NTSTEHUNGSGESCHICHTE

Betrachtet man die Ursprünge des NLPs, so fällt auf, dass die historische Entwicklung des NLPs mehrere Etappen durchlief. Im Folgenden werden nun in einem ersten Schritt kurz die parallelen Entwicklungen beziehungsweise die Vorarbeiten skizziert. Weiters werden die An-fänge des NLPs beschrieben und der neuartige Ansatz Richard Bandlers und John Grinders zur Psychotherapie genauer diskutiert. Abschließend folgt eine Darstellung der Verbreitung des NLPs, darüber hinaus werden auch erweiterte Anwendungskontexte besprochen.

1.2.1 Parallele Entwicklungen und Vorarbeiten

Seit Ende der 50er Jahre versuchte man in der Psychotherapieforschung, die Wirkfaktoren der Psychotherapie zu ergründen. Aufgrund der Ergebnisse zahlreicher Experimente und Studien, die im Rahmen naturwissenschaftlicher Forschung durchgeführt wurden, kam man allerdings zu keinen auf die Praxis übertragbaren Erkenntnissen.

Einen anderen Zugang zu psychotherapeutischen Fragen wählte Gregory Bateson über die Bedeutung der Kommunikation für das menschliche Erleben und Verhalten. Ende der 40er Jahre entdeckte er zusammen mit den Psychiatern Jay Haley, Don D. Jackson und dem Che-motechniker John H. Weakland einen neuen Aspekt der Schizophrenie. Gregory Batesons Forschungsgruppe beschrieb Schizophrenie in diesem Zusammenhang als Ergebnis destrukti-ver Interaktionsmuster, was wiederum als „Double-Bind“-Hypothese in der Klinischen Psy-chologie bekannt wurde. Diese Überlegungen legten zugleich den Grundstein für den psycho-therapeutischen Bereich der „Familientherapie“.

6 Don D. Jackson lernte Ende der 50er Jahre Virginia Satir kennen, die als erste Therapeutin mit ganzen Familien arbeitete. Gemeinsam mit Jules Riskin gründeten sie das Mental Rese-arch Institute (MRI) in Palo Alto, um herauszufinden, wie das gesundheitliche Wohlbefinden oder auch Krankheiten mit familiären Interaktionsmustern zusammenhängen. Gregory Bate-son, Jay Haley und John H. Weakland standen dem Institut als Berater zur Verfügung. Zu dieser Forschungsgruppe gesellte sich ein paar Jahre später auch Paul Watzlawick. Auf der Grundlage systemischer Konzepte und beeinflusst von den Ideen des Hypnotherapeuten Mil-ton H. Ericksons versuchte man bedeutende therapeutische Strategien zu entwickeln. Dabei spielten Theorien aus der formalen Logik, mathematische und biologische Konzepte und die Kybernetik eine entscheidende Rolle (vgl. Walker 2010, S. 2).

1.2.2 Anfänge des NLPs

Im Jahre 1972 begann eine junge Forschergruppe an der University of California in Santa Cruz (UCSC) zu hinterfragen, auf welche Art und Weise Menschen kommunizieren oder ler-nen. Dabei richteten sie ein besonderes Augenmerk darauf, wie man in diesem Kontext den Prozess der Veränderung beeinflussen beziehungsweise herbeiführen könne. Diese Gruppe setzte sich aus ForscherInnen unterschiedlicher Disziplinen zusammen, unter denen sich auch Richard Bandler und John Grinder, die Hauptbegründer des NLPs befanden.

Richard Bandler war damals 22 Jahre und studierte Mathematik und Computerwissenschaften an der UCSC. Darüber hinaus galt sein Interesse der Psychotherapie. Da er den Präsidenten des Verlagshauses Science & Behaviour Books, Robert S. Spitzer persönlich kannte, hatte er damals schon Beziehungen zu Menschen, die über eine Expertise in diesem Bereich verfüg-ten.

John Grinder war Supervisor, Assistenzprofessor für Linguistik und arbeitete zusammen mit dem Anthropologen Gregory Bateson am Kresge College. Außerdem war er früher auch als Undercoveragent für die CIA tätig. Als er Richard Bandler kennenlernte, veröffentlichte er gerade ein linguistisches Lehrbuch über die Transformationsgrammatik Noam Chomskys.

Gemeinsam mit zahlreichen interdisziplinären ForscherInnen, darunter beispielsweise Robert Dilts und Stephen Gilligan, entwickelten sich die ersten Grundzüge des NLPs. Diese Entwick-lungen wurden darüber hinaus durch einen jungen und interdisziplinären Campus der UCSC begünstigt (vgl. ebd., S. 1f).

7 1.2.3 Neuartiger Ansatz zur Psychotherapie

Ausgehend von den zu Beginn beschriebenen Vorarbeiten fokussierten sich Richard Bandler und John Grinder auf die unmittelbare Interaktion zwischen TherapeutIn und KlientIn. Thera-peutInnen wandten teilweise dieselben Verfahren an, kamen aber zu unterschiedlichen Ergeb-nissen. Daher nahmen Bandler und Grinder an, dass der Erfolg einer Psychotherapie vielmehr von dem/der jeweiligen Therapeuten/Therapeutin abhängt als von dem Verfahren, das in der Therapie zur Anwendung kommt. Aus diesem Grund haben sich Bandler und Grinder dazu entschlossen, erfolgreiche TherapeutInnen auf ihre kommunikativen Fähigkeiten und Verhal-tensweisen hin zu beobachten, um daraus grundlegende Regeln und Muster für eine erfolgrei-che Therapie ableiten zu können.

Durch das Bestimmen von Wirkfaktoren einer erfolgreichen Therapie, sollte es in einem wei-teren Schritt möglich sein, diese therapeutischen Fertigkeiten weiter zu vermitteln bezie-hungsweise zu lehren. Aus diesem Grund studierten Bandler und Grinder PsychotherapeutIn-nen unterschiedlicher Schulen. Darunter waren Fritz Perls aus der Gestalttherapie, die Famili-entherapeutin Virginia Satir und Miltion H. Erickson als Meister der Hypnosetherapie. Au-ßerdem standen die kybernetische Kommunikationstheorie von Gregory Bateson und die lin-guistischen Theorien von Noam Chomsky und Alfred Korzybski im Zentrum der Aufmerk-samkeit. Den ethischen Überlegungen und humanistischen Werten der TherapeutInnen schenkten Bandler und Grinder allerdings keine Beachtung.

Neben linguistischen Analysen der Sprachmuster versuchte die beiden außerdem nonverbales Verhalten beschreiben zu können. Demnach waren sie immer mehr daran interessiert, das subjektive Erleben zu erforschen. In diesem Zusammenhang existierten nun zahlreiche Mo-delle zur Beschreibung menschlicher Wahrnehmung, subjektiver Informationsverarbeitung, Handlungssteuerung und der Kommunikation. Im Laufe der Jahre fanden diese NLP-Modelle, die zu Beginn in erster Linie für den Einsatz in der Psychotherapie entwickelt worden waren, auch in vielen anderen Bereichen Anwendung (vgl. ebd., S. 2f).

1.2.4 Verbreitung des NLPs und seine erweiterten Anwendungskontexte

Aufgrund Richard Bandlers und John Grinders therapeutischen Veränderungsmethoden schienen therapeutische Erfolge nun kalkulier- und wiederholbar. Daher erhielt NLP bald den

8 Ruf als ultimative Therapiemethode. Seit 1976 wurden NLP-Seminare öffentlich angeboten und deren Nachfrage war auch dementsprechend groß. Die Modelle und Techniken des NLPs versprachen nämlich tiefgreifende und dauerhafte Veränderungen, die ohne viel Anstrengung erzielt werden könnten. So sollte NLP beispielsweise dabei helfen, Phobien zu behandeln,

„Lernstörungen“ zu beheben, unerwünschte Gewohnheiten wie zum Beispiel Rauchen oder Trinken loszuwerden oder aber auch um menschliche Interaktionen in einer Paarbeziehung, Familie oder Organisation maßgeblich zu verbessern. Außerdem behaupteten die Anwende-rInnen, dass der Einsatz von NLP auch körperliche Beschwerden kurieren könne.

Was das NLP damals so besonders machte und von allen anderen psychotherapeutischen Glaubenssystemen unterschied, war, dass das subjektive Erleben eine besondere Anerkennung erfuhr. Demnach wurde die Vorstellung des idealen Menschen entschieden abgelehnt und die Einzigartigkeit des Individuums gewürdigt. Daher gibt es laut NLP auch kein allgemeingülti-ges Modell für das menschliche Verhalten und Erleben. Das therapeutische Ziel der damali-gen NLP-VertreterInnen war die Linderung von Leid, wobei man den Schlüssel dazu in der Selbstverwirklichung des Menschen und Ausbalancierung all seiner Interessen sah.

Ende der 70er Jahre erweiterte man das Forschungsfeld und versuchte die Techniken des NLPs auch auf andere Gebiete zu übertragen. Deshalb beobachtete man nun auch Menschen aus anderen Disziplinen, die aufgrund herausragender Leistungen aufgefallen waren. So wur-den beispielsweise die Denkprozesse von PhysikerInnen, KünstlerInnen, VerkäuferInnen und LehrerInnen untersucht und modelliert. Das heißt, man erforschte Kommunikationsstrategien dieser Menschen und beobachtete ihre Motivations- und Entscheidungsfindungsprozesse. Das daraus erworbene Wissen wurde sowohl durch Publikationen veröffentlicht, als auch im Rahmen von Workshops weitergegeben.

Zu den damals zentralen Anwendungsbereichen zählten unter anderem das Gesundheitswe-sen, die Bildung und die Erziehung. Auch Wirtschaft und Militär fanden schließlich Gefallen daran, NLP in der Werbung und dem Verkauf, für Führungs- und Verhandlungstrainings oder zum Piloten- und Scharfschützen Drill einzusetzen (vgl. ebd., S. 3f).

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