• Keine Ergebnisse gefunden

Pamela Rose

Tongefäße gehörten zu den wichtigsten Erfordernissen der Einwohner von Achet-Aton und spielten in fast allen Lebenssituationen eine Rolle. Dies zeigt sich deutlich am Ort Amarna selbst, wo eine Vielzahl an Tonscherben auf der Erdoberfläche verstreut liegt und ebenso reichlich bei Ausgrabungen gefunden wird. Darüber hinaus zeigt sich der allgegenwärtige Gebrauch von Töpferwaren in den Darstellungen vom Leben in der Stadt, wie sie auf den Grabwänden zu finden sind. In den Bildern von Häusern, Tempeln und Palästen sind Unmengen an Gefäßen zu sehen, von denen die meisten vermutlich aus Ton waren.

Die in Amarna gebräuchlichen Töpferwaren lassen sich in drei grundlegende Gruppen einteilen:

Gefäße, die von außerhalb Ägyptens nach Achet-Aton kamen, Gefäße, die zweifellos innerhalb Ägyptens, jedoch nicht in der Nähe von Amarna gefertigt wurden, und im Ort gefertigte Lehmgefäße.

Zu den ersten beiden Kategorien gehörten haupt-sächlich Gefäße, die für die Beförderung von Waren verwendet wurden. Die bei weitem zahlreichsten der von außerhalb Ägyptens stammenden Gefäße waren die so genannten ‚kanaanitischen‘ Krüge, die von der östlichen Mittelmeerküste und dem dortigen Hinterland kamen. Zu den anderen ein-geführten Gefäßen zählten unter anderem myke-nische und zyprische Flaschen sowie kleinere Krüge.

Die Gefäße aus Tonmergel, die aus Ägypten stammten, jedoch außerhalb von Amarna gefer-tigt wurden, bestanden aus Rohmaterialien, die in der Wüste abgebaut wurden. Sie kommen aus scheinbar relativ zentral gelegenen Fertigungs-stätten, von denen jedoch keine gefunden wurde.

Ein solches Zentrum könnte sich in Unterägypten befunden haben, und mindestens ein weiteres hat möglicherweise in Oberägypten gelegen. Ton-mergel wurde für die Fertigung von robusten, je-doch verhältnismäßig dünnwandigen Gefäßen verwendet, die insbesondere für den Transport von Flüssigkeiten über weite Strecken geeignet waren. Sie bestanden aus geschlämmtem Ton (einer Mischung aus Ton und Wasser) und wurden

ABB. 1 links: Amphora (Oasenware); rechts:

ägyptische Amphora aus Mergelton

mitunter poliert, um deren Durchlässigkeit für die darin ge-lagerten Substanzen zu verringern. Die geläufigste Form aus Tonmergel ist die Amphore (Abb. 1, rechts), ein schmales Gefäß mit zwei Tragegriffen und einem schlanken Hals. Da-neben gab es Pilgerflaschen und Krüge mit einem Griff (Abb. 2) sowie eine Reihe weiterer, meist zahlenmäßig begrenzter Formen, von denen einige auffallend elegant sind. Die west-lichen Oasen haben auch Waren nach Amarna gesandt, und zwar in außerordentlich großen und schweren Amphoren (Abb. 1, links).

Während das Vorhandensein solcher Gefäße in Amarna durch ihre materiellen Überreste leicht feststellbar ist, lässt sich deren Inhalt weitaus schwerer ermitteln. Hierbei kom-men zwei Quellen in Frage: die wissenschaftliche Analyse der Überreste des Inhalts dieser Gefäße und epigraphische Quellen, darunter Prägestempel, die in das noch ungebrannte Gefäß gedrückt wurden, geprägte Lehmversiegelungen, die dem Verschluss der Gefäßöffnung dienten, sowie Markierun-gen, die nach dem Brennen des Gefäßes hinzugefügt wurden.

Die Möglichkeiten für wissenschaftliche Analysen sind begrenzt, doch eine wichtige Handelsware, die in den ‚kanaanitischen‘ Krügen aufbewahrt wurde, war Pistazienharz, das in Amarna in rituellen Kon-texten verwendet wurde. Weinrückstände fanden sich in Gefäßen, die in Ägypten gefertigt wurden.

Die schriftlichen Belege unterstützen eine starke Verbindung zwischen ägyptischen Amphoren und Wein, obwohl darin auch Öle und Fette aufbewahrt wurden. Eine Art großer, bauchiger Krug ohne Hals und mit einer weiten Öffnung, der aus einer Mischung aus Mergel und schlammigem Ton bestand, diente möglicherweise gemeinhin der Aufbewahrung von Fleischprodukten, wie einigen darauf be-findlichen Markierungen zu entnehmen ist. Andere Waren sind weitaus schwieriger zu identifizieren.

Pilgerflaschen und Krüge weisen erodierte Innenwände auf, was darauf schließen lässt, dass ihr Inhalt zersetzende Eigenschaften besaß. Zwei Oasenamphoren, die erst kürzlich bei Ausgrabungen entdeckt wurden, waren mit dunkelblauen Rückständen überzogen, was auf die Einfuhr von Kobalt für die in-dustrielle Nutzung hindeuten könnte.

Die meisten in Amarna verwendeten Tonwaren wurden vor Ort gefertigt, es gibt jedoch über-raschenderweise nur wenige archäologische Belege für die dahinterstehende Industrie, die Hun-derttausende von Gefäßen während der Existenz dieser Stadt produziert haben muss. Mit Hilfe der wenigen Belege lässt sich jedoch einiges in Bezug auf die damalige Töpferindustrie rekonstruieren.

Als Rohmaterial nutzten die Töpfer den Schlamm, den sie ganz einfach von den Flussufern besorgten, und nur selten örtlich vorhandenen Tonmergel. Nach dem Durchfeuchten des Tons und dessen wei-terer Vorbereitung in flachen Gruben wurden die Gefäße mit Hilfe einer von Hand angetriebenen Töpferscheibe geformt, die aus einer zweiteiligen Steinachse und einer am oberen Stein befestigten Arbeitsplatte (Aufsatzplatte) bestand. Mittels dieser Technik ließ sich ein breites Spektrum an Ge-fäßen formen, obwohl sich die Fertigung außergewöhnlich großer Objekte als schwierig oder sogar unmöglich erwies: Sehr große Wasserkrüge sind oftmals handgeformt, und lediglich die Hälse wurden auf der Scheibe gefertigt, und breite, flache Schalen sind häufig deformiert und mussten während der Trocknung durch um sie herumgewickelte Schnüre gestützt werden, die tiefe Abdrücke hinterlassen haben. Krüge hatten fast ausnahmslos einen runden Boden, weshalb röhrenförmige

ABB. 2 Krug aus Mergelton mit einem Henkel

ABB. 3 Niltongefäße, die bei den jüngsten Aus-grabungen in Amarna gefunden wurden (von links nach rechts: Gefäß Nrn. 56, 171, 86, 125, 145, 130, 123, 146)

Gestelle zu ihrer Stützung angefertigt wurden. Die Gefäße waren oftmals in Rottönen gehalten und mitunter auch poliert. Die Erzeugnisse in den Werkstätten wurden in einfachen Brennöfen mit aufsteigender Flamme gebrannt.

Bislang gibt es noch keine Belege für die Fertigung blau bemalter Gefäße in Amarna selbst:

Entweder wurden die Werkstätten noch nicht entdeckt oder sie lagen außerhalb, aber wahrscheinlich in der Nähe der Stadt. Dies scheint aufgrund der vielen Ähnlichkeiten zwischen den blau bemalten und den in Amarna gefertigten Gefäßen hinsichtlich des verwendeten Tons und der Formen recht wahrscheinlich. Darüber hinaus verweist die Art der Gestaltung stark auf Amarna und unterscheidet sich von der zeitgenössischen Keramik in Theben und Memphis. Eine nach dem Brennen aufgebrachte Bemalung, welche eine größere Auswahl an Farben für Blumengirlanden nutzt, wurde selten auf Lehmgefäßen angewandt und war weitaus üblicher, wenn auch immer nur vereinzelt, auf Tonmer-gel- und gelegentlich auch auf kanaanitischen Gefäßen.

Bislang wurden nur wenige Werkstätten oder Brennöfen in Amarna entdeckt. Die bereits be-kannten Brennöfen (das archäologisch am einfachsten zu identifizierende Element im Fertigungs-prozess von Tonwaren) wurden innerhalb von Häuserkomplexen, als Teil separat eingeschlossener Werkstätten im häuslichen Wohnbereich, sowie als Teil von „industriellen Anlagen“ gefunden.

Während die Erzeugnisse im ersten Fall vermutlich für den Hauseigentümer und seine Bediensteten bestimmt waren, ist die Verteilung von den in den separaten Werkstätten gefertigten Tonwaren weniger klar und umfasste möglicherweise die Neuverteilung innerhalb sämtlicher sozialer Schichten.

Der Umfang von privatem Handel ist bei beiden Fertigungsmethoden unbekannt. Am oberen Ende der Skala stand die staatliche Produktion. Eine „industrielle Anlage“ in der Zentralstadt stellte Dinge her (überwiegend Glas und Fayence, aber auch Tonwaren), die für Bauprojekte des Staates bestimmt waren. In den für religiöse Zwecke vorgesehenen Gebäudekomplexen des Staates gab es

PAMELA ROSE

ABB. 4 links: „Feuerbock“ aus Nilton; rechts:

Spinnschale aus Mergelton

auch eigene Fertigungszentren für Ton-waren, wobei eines der häufigsten Er-zeugnisse röhrenartige Brotbackformen waren, die durch das Auftragen von Ton rund um eine hölzerne Pressform ent-standen und der Brotherstellung für Tempelopfergaben dienten.

Wer die Gefäße gefertigt hat, ist ebenfalls relativ unklar, zumindest was die häusliche Umgebung betrifft. Jeder mit einem Brennofen ausgestattete Haushalt verfügte möglicherweise über einen eigenen Töpfer, der entweder ein ausgebildeter Fachmann war oder je-mand, der auch andere Arbeiten erle-digte. Es ist jedoch auch möglich, dass

es einige ausgebildete Töpfer gab, die in die Häuser kamen und bei Bedarf Gefäße fertigten, wobei sie die jeweils verfügbare Ausstattung nutzten. Letzteres ist vielleicht schlüssiger in Hinblick auf die Standardisierung der Formen und die Qualität der Erzeugnisse, wie sie bei der gesamten Vielfalt an Tonwaren in Amarna zu beobachten ist.

Das von den Werkstätten angebotene Repertoire, das für jene, die einen entsprechenden Zugang hatten, durch Gefäße aus entfernteren Regionen ergänzt wurde, war für die vielen und verschieden-artigen Bedürfnisse der Bevölkerung ab dem Zeitpunkt ihrer Ankunft in Achet-Aton bestimmt, denn scheinbar brachten die Neuankömmlinge nur wenige Tonwaren mit sich. Da nur vereinzelt offensichtlich ältere Stücke vorhanden sind, könnte dies die Möglichkeit der billigen und schnellen Herstellung neuer Gefäße widerspiegeln. Von der Vielfalt an Erzeugnissen ist überall in Amarna eine einfache Zusam-menstellung an Lehmgefäßen zu finden. Diese besteht aus Krügen, die in ihrer Größe von sehr großen Wasserkrügen zu mittelgroßen und großen Krügen in Rottönen und mit weiten Hälsen (Abb. 3, Nr. 145, 146) bis hin zu unglasierten, schlecht verarbeiteten Krügen mit kurzen Hälsen variieren – von denen eine Form als „Bierkrug“ bekannt ist (Abb. 3, Nr. 56), die scheinbar als die multifunktionale Form schlechthin galt – und verschiedenen Formen von Schalen, die üblicherweise einen Durchmesser von ca. 20 bis 25 cm aufweisen (Abb. 3, Nr. 125, 130). Weitere spezifische Bedürfnisse wurden durch zusätzliche, seltenere Formen abgedeckt. Der Einfluss von Erzeugnissen anderer Handwerksbereiche, darunter Fayence-, Glas- und Steinarbeiten, spiegelt sich ebenfalls in den Tonwaren wider. So wurden z. B. Steingefäße in Keramik imitiert, und einigen wurde eine geschwärzte polierte Oberfläche verliehen, um das Original aus Stein besser nachzuahmen. Diese Oberflächenbehandlung findet sich auf keiner anderen Form.

Am offensichtlichsten ist der Bedarf an Tongefäßen im häuslichen Bereich – neben Behält-nissen aus anderen Materialien – für die Lagerung von flüssigen und trockenen Nahrungsmitteln sowie für die Zubereitung und den Verzehr von Speisen. All diese Funktionen sind in Grabdarstel-lungen zu sehen, wo Gefäße in Holzständern, auf Tischen oder, im Falle der Amphoren, zuweilen angelehnt an der Wand abgebildet sind. Wegen ihrer Porosität sind Lehmgefäße nur für die Lagerung von Trockengut und für die kurzzeitige Aufbewahrung von Flüssigkeiten oder anderen feuchten Waren geeignet, jedoch können sie Flüssigkeiten, auf die ständig zugegriffen wird, wie beispielsweise Wasser, schön kühl halten. Deckel sind ungebräuchlich, zumindest in einer erkennbaren, zweckgebundenen

Form, und es ist eher wahrscheinlich, dass zu diesem Zweck Schüsseln benutzt wurden (beispielsweise Abb. 3, Nr. 123). Kochtöpfe sind mit einer spezifischen Schüsselform vertreten, nämlich eine Form, die ständig in Verbindung mit dem Kochen steht, erkennbar an der verbrannten Außenseite. Doch einfache flache Schüsseln und kugelförmige Krüge wurden mitunter auch dafür genutzt, wie die schwarzen Ver-färbungen an der Außenseite zeigen. Für das Backen von Brot wurden flache Schalen verwendet, die scheinbar zusammen mit dem zu backenden Brot ins Feuer geschoben wurden.

Einfache Schüsseln wurden auch zum Essen und/oder für die Zubereitung von Speisen verwendet.

In diesen Gefäßen ist der untere Bereich der Innenflächen abgetragen, was vermutlich von der Reinigung herrührt, die vielleicht mittels Sand erfolgte. Diese Praktik ist ausschließlich auf Schüsseln begrenzt;

möglicherweise wurden sie zur Aufbewahrung von feuchten oder öligen Substanzen genutzt, die in den Ton übergingen und nach längerer Zeit ranzig wurden.

Beim Trinkgeschirr sind relativ wenige Gefäßformen durch die archäologischen Befunde be-kannt, die den modernen Vorstellungen eines zweckmäßigen Trinkgefäßes entsprächen, also einem Gefäß, das sich einfach in der Hand halten lässt. Andere, vermutlich größere Gefäße wurden weitaus häufiger benutzt. Im königlichen Haushalt und in den Haushalten der Oberschicht bestanden einige, wenn nicht sogar alle zum Essen und Trinken verwendeten Gefäße aus anderen Materialien. Eine jetzt in Berlin befindliche Stele (Berlin, ÄM 14122) zeigt einen westlichen Asiaten, der direkt aus einer Amphore trinkt, wobei er einen Trinkhalm benutzt – aber dies war vielleicht außergewöhnlich, wenn auch nur aufgrund der Unbequemlichkeit.

Der Bedarf an Tonwaren bezog sich nicht nur auf Nahrung. In Amarna kann es kalt werden, und die Einwohner benötigten Wärme. Große flache Schüsseln, die im zentralen Raum einiger Häuser in den Boden gesetzt gefunden wurden, dienten als Herde. Auch Beleuchtung war notwendig. Identifi-zierbare zweckgebundene Lampen sind nur selten zu finden. Bei einigen Schüsseln, oft jene mit nach außen gewölbten Rändern, in denen normalerweise Harz verbrannt wurde, finden sich jedoch kleine schwarze Verfärbungen am Rand, wo möglicherweise ein Docht gelegen hat. Solche Gefäße kommen nicht in so ausreichender Menge vor, dass man darauf schließen könnte, dass dies die übliche Be-leuchtungsmethode gewesen wäre. Daher wurden vermutlich andere Mittel benutzt. Eine in den Haushalten übliche Praktik, die zwar nicht archäologisch nachweisbar, jedoch in Grabszenen dargestellt ist, war das Besprengen der Böden mit Wasser aus Krügen, um den Staub zu binden.

Einige in Häusern aufgefundene Gefäße waren eindeutig für einen spezifischen Zweck be-stimmt. Dazu zählen Schüsseln mit zwei oder mehreren Schlaufengriffen am Boden (Abb. 4, rechts), die mit der Textilproduktion in Verbindung stehen, sowie andere Gefäße, die ihren charakteristischen Formen und anderen Merkmalen zufolge scheinbar bestimmten Zwecken dienten, die wir jedoch nicht benennen können. Dazu gehören so genannte Feuerböcke, grob gefertigte Gefäße mit Beinen, Ausbuchtungen und kleinen Löchern, die möglicherweise als Halterung für Gefäße verwendet wurden (Abb. 4, links), sowie dickwandige schmale Gefäße mit schlanken Hälsen, bei denen die Au-ßenflächen aufgrund der Abnutzung glatt geworden sind.

Tongefäße wurden zudem für die Lagerung anderer Dinge verwendet: Fleischkrüge aus gemischtem Ton wurden zuweilen unter den Böden von Häusern vergraben, was eine geräumige, praktische und si-chere Lagerung ermöglichte; und ein kleinerer, in der Nördlichen Vorstadt entdeckter Krug aus Tonmergel diente als Versteck für diverse Metallgegenstände. In welchem Ausmaß dies eher auf die Wiederver-wendung leerer Behältnisse schließen lässt, als dass es auf den Zugang der im Haushalt befindlichen Personen zu den darin ursprünglich gelagerten Waren verweist, ist nicht bekannt.

Bei rituellen Praktiken sowohl in Tempeln als auch im privaten Umfeld wurden ähnliche Gefäße verwendet, insbesondere große Ständer und Schüsseln mit nach außen gewölbten Rändern, um

PAMELA ROSE

süß riechendes Harz zu verbren-nen. Genau solche Gefäße sind in Grabdarstellungen zu sehen. In einigen Privathäusern wurden Schüsseln mit gewellten Rändern und einer auf dem Boden befind-lichen Figur einer sich Bierkrug zu sein scheint, wird be-nutzt, um Wein als Opfergabe auf eine Stele aus dem Grab des Any in Amarna (Ägyptisches Museum Kairo, JE 29747) zu gießen.

Die staatliche Produktion für Tempel war hauptsächlich auf die Bereitstellung von Essen und Trinken als Opfergaben ausgerichtet. Bedeutsam sind hierbei vor allem die bereits erwähnten röh-renartigen Formen, in denen Brot gebacken wurde, wobei die Scherben dieser Formen fast aus-schließlich in der Nähe von Bäckereien neben oder innerhalb von Tempelkomplexen gefunden wurden. Bei anderen Tonwaren handelte es sich um einfache, in Massenfertigung entstandene For-men ohne farbige Oberflächen, insbesondere große Becher (Abb. 3, Nr. 171), Bierkrüge und grob ge-fertigte Miniaturgefäße. Der Zweck der Letzteren ist unklar, jedoch könnten darin kleine Mengen an Aromastoffen aufbewahrt worden sein.

Das für Bestattungszwecke genutzte Repertoire an Tonwaren kann nur am Material eines derzeit ergrabenen Friedhofs für die gewöhnliche Bevölkerung abgelesen werden. Aus den Gräbern der Oberschicht ist nichts erhalten, und die Tonwaren, die im königlichen Wadi gefunden wurden, lassen sich schwerlich unterteilen in Gefäße, die ursprünglich für die Bestattung verwendet wurden und jene der Arbeiter, die an den Gräbern tätig waren. Auf dem Friedhof sind einige herkömmliche Formen zu finden, insbesondere Bierkrüge, doch das Repertoire beschränkt sich hauptsächlich auf kleine Krüge und Schüsseln, von denen die meisten rotgefärbt sind, einige aber blaue Verzierungen aufweisen (Abb. 5). Die Krüge stellen oftmals kleinere Versionen bekannter Formen dar. Es gibt fast keine Gefäße aus Tonmergel aus den Begräbnissen, was unter Umständen darauf hindeutet, dass dieser Teil der Bevölkerung nur spärlichen Zugang zu derartigen Gefäßen hatte.

Bislang haben wir nur die funktionalen Aspekte der Tonwaren betrachtet. Obwohl viele der aus Amarna stammenden Tonwaren aus heutiger Sicht einen ästhetischen Anblick bieten, ist nicht bekannt, ob dies auch von den Einwohnern von Achet-Aton so empfunden wurde. Ob es ein Konzept für „schöne Waren“ gab, also Gefäße, die in gewisser Weise der Zurschaustellung dienten, ist un-bekannt. Dies liegt daran, dass wir nur wenig darüber wissen, inwieweit die Auswahl beim Erwerb von Gefäßen eine Rolle spielte, und daher vielleicht auch die Möglichkeit, ästhetische Maßstäbe seitens des Käufers anzusetzen, und die Gelegenheit zur Kreativität seitens des Töpfers. Angesichts der Homogenität im Repertoire der Tonwaren in Amarna ist es wohl eher unwahrscheinlich, dass dies bei deren Fertigung eine große Rolle spielte.

ABB. 5 Gruppe von kleinen Tellern und Gefäßen aus Nilton als Grabbeigaben

AMARNAZEITLICHE KERAMIK