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2. Ergebnisse des 1. Projektabschnitts: Fragebogenbefragung von

2.6. Mathematikunterricht

2.6.2. Faktoren des Unterrichtsstils in Mathematik

Mittels Faktorenanalyse wurde versucht, die hinter den einzelnen Aspekten liegenden Faktoren der Unterrichtsgestaltung des Mathematikunterrichts zu extrahieren.28 Die Berechnung ergibt drei Faktoren, die zusammen rund 44% der Varianz der einzelnen Variablen erklären können, und sich durch die Analyse der Höhe und Richtung der Faktorladungen der einzelnen Variablen inhaltlich interpretieren lassen. Auf den ersten Faktor laden jene drei Variablen, die unterschiedliche Herangehensweisen und Bedürfnisse von Buben und Mädchen im Unterricht betreffen. Der zweite Faktor wird von den Items

„Konzentration auf mathematische Grundfertigkeiten“ und „Rechenverfahren“ bestimmt. Die

28 Hauptachsenanalyse; KMO=0,67; Kaiser-Kriterium (Eigenwert>1); erklärte Varianz=43,5%; Varimax Rotation (orthogonal)

Ladungen auf den dritten Faktor fallen insgesamt niedriger aus (max. rund 0,5), das Muster der Ladungen auf diesen Faktor lässt sich aber inhaltlich interpretieren: „ganzheitliche Vorgehensweise“ (0,5), „Beschränkung der Zahlenräume nicht mehr zeitgemäß und sinnvoll“

(0,5), „aktiv-entdeckendes Lernen“ (0,4) und „Zusammenhang zwischen Arithmetik und Geometrie“ (0,4).

Aufgrund der Ladungen können die Faktoren wie folgt interpretiert und benannt werden:

 Faktor 1: Berücksichtigung von geschlechtsspezifischen Herangehensweisen (Faktor

„Geschlechtsspezifische Herangehensweise“)

 Faktor 2: Konzentration auf Grundfertigkeiten, Rechenverfahren und bestehende Lösungswege (Faktor „Traditionelle Ansätze“)

 Faktor 3: Aktiv-entdeckendes Lernen ohne Beschränkung der Zahlenräume oder Trennung von Arithmetik und Geometrie (Faktor „Innovative Ansätze“)

Tabelle 50: Faktoren des Unterrichtsstils im Mathematikunterricht

Faktor

1 2 3

Ich erachte es für notwendig, auf mögliche unterschiedliche Herangehensweisen von Mädchen und Buben zu einzelnen Themenbereichen des Mathematikunterrichts zu reagieren. 0,9 Ich erachte es für notwendig, in meinem Mathematikunterricht hinsichtlich der

Gruppenbildungen auf mögliche unterschiedliche Bedürfnisse von Mädchen und Buben Rücksicht zu nehmen.

0,8 Mädchen und Buben haben in meinem Mathematikunterricht unterschiedliche

Herangehensweisen an die einzelnen Themenbereiche. 0,6

In meinem Unterricht konzentriere ich mich auf die mathematischen Grundfertigkeiten

(Rechenoperationen, Formenkenntnis, Größen …) 0,8

In meinem Unterricht nehmen Rechenverfahren einen großen Stellenwert ein. 0,7 Ich versuche, den Kindern meinen bevorzugten Lösungsweg zu vermitteln und lege Wert

darauf, dass die Kinder diesen auch beherrschen. 0,4

Ich bevorzuge eine ganzheitliche Vorgehensweise im Mathematikunterricht. 0,5 Ich erachte eine Beschränkung der Zahlenräume als nicht mehr zeitgemäß und sinnvoll. 0,5 In meinem Unterricht verstehe ich das aktiv-entdeckende Lernen der Kinder als Motivation, den

Strukturen der Mathematik auf den Grund zu gehen. 0,4

Ich erachte es für sinnvoll, Größen im Mathematikunterricht immer in Zusammenhang mit

Arithmetik und Geometrie zu setzen und direkt anzuwenden. 0,4

Anm.: Hauptachsenanalyse; KMO=0,67; Kaiser-Kriterium (Eigenwert>1); erklärte Varianz=43,5%; Varimax Rotation (orthogonal); ausgewiesen sind Faktorladungen >0,3

(Quelle: IST – Pädagogische Hochschule Wien)

Aus den einzelnen Antworten und den Faktorladungen der Items werden die Faktorwerte für jeden Befragten geschätzt29 und können anschließend nach bestimmten Merkmalen der Lehrperson und der Klasse verglichen werden. Positive Werte bedeuten eine überdurchschnittliche Ausprägung (d.h. ein überdurchschnittlich häufiges Zutreffen der Items, die den jeweiligen Faktor bilden), negative Werte dagegen ein unterdurchschnittlich häufiges Zutreffen der Items.

29 Schätzung der Faktorwerte mittels Regressionsmethode

Zwischen männlichen und weiblichen Lehrpersonen zeigt sich ein statistisch signifikanter Unterschied im Faktor „Geschlechtsspezifische Herangehensweise“ (F (1, 503) = 4,40;

p=0,04). Männliche Lehrpersonen gestalten ihren Unterricht tendenziell weniger geschlechtsspezifisch als weibliche.30 Die Differenzen zwischen Gruppen von Lehrer/innen mit unterschiedlichem Dienstalter sind relativ gering und nicht signifikant. Statistischer Signifikanz am nächsten kommen die Gruppenunterschiede bei der geschlechtsspezifischen Herangehensweise im Unterricht (Varianzanalyse mit Welch-Korrektur: F(5, 182,5) = 2,09;

p=0,07). Der Faktorwert ist bei der Gruppe der Lehrerpersonen mit 1 bis 5 Dienstjahren überdurchschnittlich, bei Lehrer/innen ab 16 Dienstjahren etwas unterdurchschnittlich.

Werden die Faktorwerte nach den unterrichteten Klassen verglichen, ergeben sich beim dritten Faktor „Innovative Ansätze“ statistisch signifikante Differenzen (F(4, 470)=4,92, p<0,01). Innovative Ansätze zeigen sich vor allem in Mehrstufenklassen: hier liegt der Wert für diesen Faktor relativ weit über dem Durchschnitt, mit statistisch signifikanten Unterschieden zu den Klassen 1 bis 4. Bei Lehrenden in zweiten Klassen liegt der Wert etwas unter dem Durchschnitt, die einzelnen Differenzen zwischen den vier Klassen sind allerdings nicht signifikant.

Ebenso zeigen sich bei diesem Faktorwert für den Faktor „Innovative Ansätze“ statistisch signifikante Unterschiede zwischen Gruppen mit unterschiedlicher Anzahl von besuchten Fortbildungsveranstaltungen zu Sachunterricht und Mathematik (Varianzanalyse mit Welch-Korrektur: F(3, 414)=5,22, p<0,01), wobei der Faktorwert bei der Gruppe mit drei und mehr Fortbildungsveranstaltungen (im Kalenderjahr 2009) den höchsten Wert aufweist und sich im Gruppenvergleich signifikant von den Gruppen mit einer niedrigeren Anzahl besuchter Fortbildungsveranstaltungen unterscheidet.

Signifikante Zusammenhänge zeigen sich bei der Korrelation des Faktorwerts „traditioneller“

Unterrichtsstil (Konzentration auf Grundfertigkeiten, Rechenverfahren, Vermittlung eines Lösungsweges) mit den Variablen der Klassenzusammensetzung. Der Faktorwert korreliert positiv mit dem Anteil von Kindern mit sprachlichen Verständnisschwierigkeiten (r=0,13;

p<0,01) und mit dem Anteil von Kindern mit finanziellen Schwierigkeiten (r=0,10; p<0,05).

Negativ korreliert der Faktorwert „traditioneller“ Unterrichtstil mit dem Anteil von Kindern mit höherer Bildungsherkunft (r=-0,18, p<0,01), d.h. mit steigendem Anteil nimmt der Faktorwert ab und erreicht sein Minimum in Klassen mit einem Anteil von Kindern mit höherer Bildungsherkunft von 50 bis 75%. Es zeigt sich, dass die Tendenz zu einem traditionellen Unterrichtsstil in Mathematik mit dem Anteil von Kindern mit sprachlichen Verständnis-schwierigkeiten oder finanziellen Problemen zu-, mit steigender Bildungsherkunft abnimmt.

30Allerdings ist hier die geringe Fallzahl (nur 24 männliche Lehrer) zu beachten.

Tabelle 51: Faktorwerte des Unterrichtsstils im Mathematikunterricht

Unterricht kann so stattfinden, wie L ihn gerne durchführen würde.

Ausgewiesen sind die Faktorwerte (geschätzt mit Regressionsmethode) der extrahierten Faktoren; die

Gruppenunterschiede wurden für die einzelnen Faktorwerte bei nominal und ordinal skalierten Variablen mittels Varianzanalyse getestet, bei den Variablen zur Klassenzusammensetzung (Anteil Kinder mit sprachlichen Verständnisschwierigkeiten, etc.) wurde der Pearsonsche Produkt-Moment-Korrelationskoeffizient r berechnet

*/** statistisch signifikant (p<0,05/ p<0,01) (Quelle: IST – Pädagogische Hochschule Wien)