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1. Das Forschungsprojekt im Überblick

1.6. Methoden des Forschungsprojekts

1.6.1. Befragung von Wiener Volksschullehrer/innen mittels Fragebogen

Das Projekt gliedert sich in drei inhaltlich miteinander verbundene Untersuchungen (siehe Übersicht 1), wobei der erste Abschnitt mit dem Methodenrepertoire der quantitativen Sozialforschung bearbeitet wurde. Die Stichprobenziehung für die quantitative Erhebung erfolgte als Wahrscheinlichkeitsstichprobe in einem zweistufigen Verfahren. Im ersten Schritt wurden aus einer Liste aller Wiener Volksschulen 75 Schulen per Zufall ausgewählt. Jene Schulen, an denen eine qualitative Erhebung durchgeführt wurde, wurden vor der Ziehung aus der Liste entfernt. Im zweiten Schritt wurden an diesen Schulen jeweils bis zu zehn Volksschullehrer/innen ausgewählt. An 75 der gezogenen Schulen wurde die Befragung im Zeitraum von April bis Juni 2010 durchgeführt. Die Anzahl der ausgefüllten und auswertbaren Fragebögen betrug schließlich n=623.

In der quantitativen Forschung wird versucht, theoriegeleitet, also ausgehend von bestehenden Theorien über den Forschungsgegenstand, soziale Phänomene zu beschreiben, zu klassifizieren und zu erklären. Theoretische Begriffe müssen dafür mittels

„Operationalisierung“ mit den entsprechenden empirischen Sachverhalten verbunden, und so beobachtbar und messbar gemacht werden (vgl. z.B. KROMREY 2000, S. 178ff.). Messen bedeutet grundsätzlich eine Zuordnung von Zahlen oder Symbolen zu Objekten und Ereignissen entsprechend bestimmter Regeln (vgl. ebd., S. 225). Die Angaben der befragten Lehrer/innen zu ihrer Person, zu ihrer Klasse oder Unterrichtsführung, als quantifizierte Antworten auf bestimmte Fragestellungen im hier verwendeten standardisierten Fragebogen stellen Messungen von Merkmalen dar. Die gemessenen Merkmale, die in ihrer Ausprägung zwischen Merkmalsträgern (hier: den befragten Lehrer/innen) variieren, können als Variablen statistisch ausgewertet werden: einerseits beschreibend („deskriptive“ Statistik), univariat (durch die Analyse von Häufigkeitsverteilungen, Lage- und Streuungsmaßen einzelner Variablen), oder bi- oder multivariat (durch die Analyse bedingter Verteilungen und Korrelationen zwischen Merkmalen), und andererseits schließend („Inferenzstatistik“), wenn auf Basis der in der Stichprobe beobachteten Verteilungen, Mittelwerte und Zusammenhänge auf eine bestimmte Grundgesamtheit geschlossen werden soll. Die Analyse der Daten kann hypothesentestend erfolgen (mit der Fragestellung, ob bestimmte, aus der Theorie abgeleitete Hypothesen angesichts der vorliegenden Daten haltbar sind), oder auch „explorativ“, also hypothesengenerierend (etwa mit der Fragestellung, ob sich in den erhobenen Daten „Muster“ finden lassen, z.B. Unterrichtsstilfaktoren und -typen, siehe Kapitel 2.2.), um Fragen aufzuwerfen und Hypothesen zu generieren, die dann in weiteren Untersuchungen getestet werden können.

Das Erhebungsinstrument des quantitativen Teils der Untersuchung war ein achtseitiger standardisierter Fragebogen, gegliedert in sieben Teile mit Fragen zu unterschiedlichen Themenbereichen.

In Teil 1 des Fragebogens wird die Unterrichtsgestaltung erhoben. Dieser Teil enthält 20 Fragen (Items), die in Form einer Aussage über den Unterricht formuliert sind, wobei die Lehrer/innen die Häufigkeit angeben sollen, in der dieser Aspekt in Ihrem Unterricht vorkommt. Item 1 lautet beispielsweise „In meinem Unterricht gebe ich den Schüler/inne/n einen fixen Arbeitsplatz vor“ und Item 20 bezieht sich auf „den Lernweg der Schüler/innen und die Art und Weise, in der selbst Lerninhalte erschließen können“. Die vier Stufen der Antwortskala sind „(fast)immer“, „häufig“, „manchmal“ und „selten (oder nie)“.

Im zweiten Teil des Fragebogens geben die Lehrer/innen an, welche Aspekte einer Lehrer/innenpersönlichkeit am ehesten auf sie zutreffen. Dabei können maximal drei Aspekte herausgegriffen und entsprechend des Grades ihres Zutreffens mit Punkten bewertet werden. Die Bewertung erfolgt nach dem angegebenen Schema: „Geben Sie jenem Aspekt,

der am ehesten zutrifft, 3 Punkte, dem an zweiter Stelle zutreffenden Aspekt 2 Punkte und dem an dritter Stelle zutreffenden Aspekt 1 Punkt.“

Teil 3 des Fragebogens bezieht sich auf die Organisation des Unterrichts in Hinblick auf Lerngruppen und umfasst zwölf Items, die wie in Teil 1 nach der Häufigkeit des Auftretens im eigenen Unterricht zu bewerten sind. Das erste Statement dieses Blocks lautet beispielsweise „Ich unterstütze die Kinder in ihrer Teamentwicklung und trainiere wichtige Kompetenzen, die für das effektive Gelingen von Gruppenprozessen notwendig sind.“ Die vier Stufen der Antwortskala umfassen wie in Teil 1: „(fast)immer“, „häufig“, „manchmal“ und

„selten (oder nie)“.

Die Fragen in Teil 4 des Fragebogens richten sich auf den Bereich den Sachunterrichts in der Volksschule. Im ersten Block werden sieben Items zum Sachunterricht präsentiert, die nach ihrem Zutreffen auf den eigenen Unterricht zu bewerten sind. Eine Aussage lautet hier beispielsweise „In meinem Sachunterricht erfolgt die Auswahl der Themen nach individuellen Interessen der Schüler/innen“. Die Antwortskala ist vierstufig („trifft voll zu“, „trifft eher zu“,

„trifft eher nicht zu“, „trifft gar nicht zu“). Im zweiten Block werden die Lehrer/innen gefragt, wie wichtig ihnen bestimmte Themenbereiche aus dem Lehrplan des Sachunterrichts für den eigenen Unterricht sind (Skala: „sehr wichtig“, „eher wichtig“, „weniger wichtig“, „nicht wichtig“). Im letzten Frageblock dieses Teils geben die Lehrer/innen an, welche Themenbereiche aus dem Lehrplan für den Sachunterricht ihrer Ansicht nach bei den Schüler/inne/n beliebt sind. Hierbei wird im Fragebogen zwischen Buben und Mädchen unterschieden. Die Stufen der Skala umfassen „sehr beliebt“, „eher beliebt“, „eher unbeliebt“

und „sehr unbeliebt“.

Teil 5 des Fragebogens ist dem Mathematikunterricht an Volksschulen gewidmet. Mit zehn Statements soll die Gestaltung des Unterrichts erhoben werden, wobei die Lehrer/innen angeben sollen, welche Aussagen auf ihren eigenen Mathematikunterricht zutreffen („trifft voll zu“, „trifft eher zu“, „trifft eher nicht zu“, „trifft gar nicht zu“). Eine Aussage lautet: „In meinem Unterricht verstehe ich das aktiv-entdeckende Lernen der Kinder als eine von ihrer Neugier getragene Motivation, den Strukturen der Mathematik auf den Grund zu gehen.“

Teil 6 des Fragebogens gibt Raum offene Antworten, indem die Lehrer/innen dazu aufgefordert sind, Quellen anzugeben, die sie zur Gestaltung ihres Sachunterrichts und Mathematikunterricht verwenden.

In Teil 7 des Fragebogens werden Merkmale der Lehrperson und der unterrichteten Klasse erhoben: das Geschlecht, die Anzahl der Dienstjahre, die Anzahl der besuchten Fortbildungsveranstaltungen zum Thema Sachunterricht und Mathematik im Kalenderjahr 2009, die Klassenschüler/innenzahl, ob eine Integrationsklasse unterrichtet wird, die

Bildungsherkunft der Kinder, die Anzahl von Kindern mit sprachlichen Verständnisschwierigkeiten und die Anzahl von Kindern mit finanziellen Problemen. Des Weiteren wird erfragt, inwieweit die Lehrer/innen mit der Schulausstattung in Bezug auf Materialien zufrieden sind bzw. welche Materialien am Schulstandort ihrer Ansicht nach fehlen. Dazu passend wird auch die Frage gestellt, ob der Unterricht in der Klasse si stattfinden kann, wie sich die Lehrer/innen das vorstellen und falls nicht, wodurch dies konkret verhindert wird. Zum Abschluss des Fragebogens werden die Lehrer/innen noch hinsichtlich dessen befragt, was sie sich von einem Fachdidaktikzentrum für Naturwissenschaften und Mathematik erwarten bzw. wünschen würden und aufgefordert weitere persönliche Anliegen noch zusätzlich zu notieren.

Ein Teil der befragten Lehrer/innen äußerte Kritik daran, dass die Fragebögen in Unterrichtspausen bzw. vor oder nach dem Unterricht beantwortet werden sollten und dies ein zeitliches Problem darstellte. Diese Vorgangsweise wurde gewählt, um eine möglichst hohe Beteiligung zu sichern. Der Fragebogen wurde so kompakt wie möglich gehalten um den Zeitaufwand für die Teilnehmer/innen möglichst gering zu halten.1

1.6.2. Befragung von Wiener Volksschullehrer/innen mittels Leitfadeninterview