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1. Das Forschungsprojekt im Überblick

1.6. Methoden des Forschungsprojekts

1.6.2. Befragung von Wiener Volksschullehrer/innen mittels Leitfadeninterview

mittels Anfangsbuchstabens je eine zufällig ausgewählte Lehrperson ermittelt wurde (n=41).

Der allgemeinen Forderung, dass ein den Fragestellungen und dem Forschungsgegenstand adäquates Methodenrepertoire zu wählen ist (vgl. WERLEN 2000, S. 17), wurde bereits in anderen Fallstudien mit einem „weichen“, situationsflexiblem Methodenrepertoire begegnet.

Eine ähnliche Forschungsstrategie, auf deren Begründung und Struktur im Folgenden noch genau einzugehen ist, wurde auch für die vorliegende Fallstudie gewählt. Aus dem inhaltlichen Vorverständnis wird erkennbar, dass die soziale Wirklichkeit als komplex, widersprüchlich und in bestimmten Bereichen als noch unerforscht einzuschätzen ist. Diese soziale Wirklichkeit existiert nicht per se, sie wird gemäß den Grundgedanken des interpretativen Paradigmas der qualitativen Sozialforschung von aufeinander bezogenen Konstitutionsleistungen, das heißt, durch Interpretationen geleitete Interaktionsprozesse der handelnden Subjekte immer wieder neu und daher zeitlich variabel hervorgebracht. Lamnek spricht von „kollektiv geteilten Mustern des Agierens und Interpretierens“ (LAMNEK 1995a, S. 26). Nach diesem Postulat wird soziale Wirklichkeit immer wieder neu in jeweils wechselnden Bedeutungszusammenhängen konstituiert.

1 Wir möchten uns bei allen teilnehmenden Lehrer/innen sehr herzlich für ihre Mithilfe bedanken!

Die Deutungsmuster aller Akteure auf lokaler Ebene werden somit zum Ausgangspunkt der qualitativen empirischen Forschung der gegenständlichen Fallstudie. Gemäß der Nicht-Antizipiertheit und Widersprüchlichkeit sozialer Wirklichkeit wäre es somit ein Widerspruch per se, durch standardisierte Verfahren, die aus dem theoretischen Konzept des Forschers gleichsam als Filter wirken, eine Prädetermination und inhaltliche Einschränkung vorzunehmen. Nicht ein vorweg durch methodische Entscheidungen eingeschränkter Forschungsprozess, sondern vielmehr ein explorativer, der den Relevanzsystemen der Beforschten gerecht wird, kommt dem Bemühen entgegen, „ein möglichst detailliertes und vollständiges Bild der zu erschließenden Wirklichkeitsausschnitte zu liefern“ (von KARDORFF

1995, S. 4; siehe übereinstimmend GIRTLER 1992, S. 170). „Die Flexibilität der explorativen Vorgangsweise bedeutet nicht, dass die Untersuchung richtungslos vonstattenginge; aber es bedeutet, dass der Blickwinkel zunächst weit ist, aber im Verlauf der Untersuchung fortschreitend zugespitzt wird“ (BLUMER 1979, zitiert nach LAMNEK 1995a). Darüber hinaus ermöglichen qualitative Verfahren im Vergleich zu rein quantitativen eine kontinuierliche, begründete und reflektierte Verfeinerung des Forschungsinstrumentariums im Forschungsprozess (vgl. SPÖHRING 1995, S. 109) bei der Erfassung und Analyse der komplexen Deutungsmuster der Akteure, wie es in der Fallstudie gemäß den entwickelten Fragestellungen nötig ist.

Ausgehend von einem Vorverständnis über den Forschungsgegenstand (siehe oben) durch eigene Recherchen und Analysen sowohl vor Ort als auch der Literatur, wird dieses durch die „Vernetzung von Verfahrensschritten“ (KRÜGER 1989, S. 91) überwunden. Das heißt, in mehreren „Schleifen der Informations- und Erkenntnisgewinnung“ (WEIXLBAUMER 1998, S. 259), wo einerseits Datensammlung durch Literatur, Internetrecherche, Gespräche, Interviews, sowie eigene schriftliche Aufzeichnungen und andererseits Datenanalysen einander abwechseln, wird versucht, einen Erkenntniszuwachs bei der Rekonstruktion sozialer Wirklichkeit zu erzielen. Im Gegensatz zu den ausschließlich Hypothesen prüfenden Verfahren des Kritischen Rationalismus (kritisiert u.a. bei BOHNSACK 2000, S. 13ff.) werden mit dem vorliegenden Forschungsprogramm Regionalisierungen rekonstruiert und Hypothesen generiert, weswegen der qualitativen empirischen Phase der Fallstudie kein

„Bündel an Hypothesen“ vorangestellt wurde (vgl. dazu auch GIRTLER 1992, S. 31).

Den Kern der Forschungsmethodik bildet eine teilstrukturierte, offene Interviewreihe, die im Gegensatz zu neopositivistisch orientierten Studien der quantitativen Sozialforschung auf eine hohe Datenfruchtbarkeit und Validität, nicht jedoch auf exakte Messergebnisse oder objektive Aussagen abzielen. Aus der Verwendung von spezifisch entwickelten Interviewleitfäden stammt die Bezeichnung „teilstrukturiert“, aufgrund der ohne vorgegebene Antwortkategorien formulierten Fragen der Begriff „offen“. Die Adressaten dieser Interviewreihe sind Wiener Volksschullehrer/innen (n=41).

Nach der „interview-immanenten Interpretation“ mit Nachvollzug der alltäglichen Deutungen, mit „sprecherbezogener Bedeutungszumessung der Themenfelder“ (ebd., S. 120) und einer Analyse dieser Themenfelder im Hinblick auf einander verstärkende bzw. widersprechende Aussagen innerhalb des jeweiligen Interviews erfolgte im zweiten Abschnitt eine interview-übergreifende Interpretation, wobei Ergebnisse des ersten Teils in die des zweiten integriert wurden. Dieser zweite Auswertungsabschnitt wurde in mehrere aufeinander aufbauende, regelgeleitete Verfahrensschritte differenziert und ist für diese Fallstudie von zentraler Bedeutung, um die kollektiv geteilten Deutungsmuster der Akteure regelgeleitet und methodisch einwandfrei rekonstruieren zu können. Aus diesem Grund und um die Auswertung sowie Interpretation intersubjektiv nachvollziehbar zu machen, soll nun eine genaue Darstellung und Diskussion der Verfahrensweise dieses zweiten angeführten Abschnitts erfolgen.

Die einzelnen Verfahrensschritte, welche auch in die Methodik dieser Fallstudie integriert wurden, werden von MAYRING in zwei Werken als „qualitative Inhaltsanalyse“ ausführlich dargestellt und diskutiert (vgl. MAYRING 1999 und 2000), wobei deren Zitierung, Darstellung und Diskussion in anderen grundlegenden Bänden zur qualitativen Sozialforschung auf deren prinzipielle Akzeptanz verweist (vgl. z.B. FLICK 1995, S. 209ff.; LAMNEK 1995b, S. 207ff.; SPÖHRING 1995, S. 203ff.) Ein zentraler Aspekt der interview-übergreifenden Interpretation ist das Bestreben, „keine artifizielle Homogenität entstehen zu lassen, sondern die inhaltlichen (...) Differenzen der Interviews herauszuarbeiten“ (LAMNEK 1995b, S. 109;

Hervorhebung im Text weggelassen). Das bedeutet für den konkreten Fall, dass aus der Vielzahl der teilweise divergierenden, widersprüchlichen, aber auch teilweise konvergierenden Antworten auf eine bestimmte Leitfadenfrage der Interviews zu einem Ausschnitt der sozialen Wirklichkeit ein Kategorienschema zur inhaltlichen Strukturierung zu entwickeln ist. Gemäß dem Prinzip der Offenheit wurde dieses inhaltliche Kategorienschema in mehreren Schleifen induktiv an den erhobenen Aussagen generiert, woraus der explikativ-explorative und auf den Untersuchungsgegenstand bezogene Charakter dieses Verfahrens deutlich wird. Dieses Auswertungs- und Interpretationsschema kann somit als inhaltsstrukturierende qualitative Inhaltsanalyse bezeichnet werden. Das Schema selbst besteht aus einzelnen Kategorien – bei komplexen Aspekten wurden auch Unterkategorien entwickelt –, die überwiegend auf dem Messniveau einer Nominalskala den Kriterien der Ausschließlichkeit, Vollständigkeit und Eindimensionalität genügen (vgl. FRIEDRICHS 1990, S. 88f. u. 321; SPÖHRING 1995, S. 15; MAYRING 2000, S. 17). In manchen Fällen werden Kategorien ordinalskaliert sein (vgl. CLAUSS et al. 1999, S. 8ff.).

1.6.3. Befragung von Wiener Volksschüler/innen mittels Leitfadeninterview