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Fachtagung Hauswirtschaft

Im Dokument 2008 Qualität in Schule und Betrieb (Seite 36-45)

Die Qualität hauswirtschaftlicher Berufsausbildung entwickeln – Von der Berufseinmündung über die Berufsausbildung bis zur beruflichen Weiterbildung

Fachtagung Hauswirtschaft

Irmhild Kettschau

Einleitung

Die Fachtagung Hauswirtschaft befasste sich mit Qualitätszielen und Modellen guter Praxis entlang einer gedachten Wertschöpfungskette der hauswirtschaftlichen Berufsbildung von der Information und Berufsorientierung in den allgemein bildenden Schulen über die Berufsausbildung und ihre Institutionen bis hin zur beruflichen Fort- und Weiterbildung.

Entwicklung und Sicherung einer guten Qualität durch ein geeignetes Qualitätsmanagement sind Forde-rungen unserer Zeit. Aufwände von menschlichen und sächlichen Ressourcen sollen, abstrakt gespro-chen, in einem optimalen Verhältnis zum Verlauf und Ergebnis von Prozessen stehen. Die verschiedenen Beteiligten wollen und sollen ihre berechtigten und wohl verstandenen Interessen gewahrt sehen, dazu gehören faire und transparente Rahmenbedingungen, angemessene Leistungsanforderungen und eine optimale Verwertbarkeit erreichter Qualifikationen.

An der Fachtagung Hauswirtschaft 2008 beteiligten sich namhafte Referentinnen und Referenten aus Hochschulen, Schulen und Berufspraxis sowie dem Bundesinstitut für Berufsbildung. Einführend wur-den Konzeptionen des Qualitätsbegriffs und ihre Bezüge zum Berufsbildungssystem vorgestellt. Die Brücke zwischen haushaltsbezogener Allgemeinbildung und der Orientierung auf eine berufliche Per-spektive im Gebiet von Ernährung und Hauswirtschaft muss zukünftig wesentlich verbessert werden, um eine angemessene Orientierung und Rekrutierung für das Berufsfeld Hauswirtschaft zu erreichen – Ansätze und Diskurse hierzu wurden vorgestellt. Und schließlich ging es um Phasen, Qualifikations-stufen, Bildungsgänge und Lernorte der Aus- und Weiterbildung im Berufsfeld in der Perspektive eines systematischen Qualitätsansatzes.

Qualität und Qualitätsentwicklung im Berufsbildungssystem

In ihrem Einführungsvortrag zeigte Prof. Dr. Sylvia Rahn von der Westfälischen Wilhelms-Universität auf, dass bei aller Zustimmung zu generellen Qualitätszielen für das Berufsbildungssystem noch intensive Diskurse darüber geführt werden, worin konkret der Bedarf an Qualitätsentwicklung besteht und wie ihm Rechnung getragen werden kann. Als zentrale Ebenen dieses Diskurses lassen sich

- die Makroebene des Systems,

- die Mesoebene der Organisationen (Schule und Betrieb) - die Mikroebene der Lehr-Lern-Interaktion

beschreiben. Auf der Basis ausgewählter bildungsstatistischer Daten und zentraler Befunde der em-pirischen (Berufs-)Bildungsforschung zum Leistungsergebnis des Berufsbildungssystems stellte die Referentin zentrale Problemlagen wie ein ausreichendes betriebliches Bildungsangebot, die Reduktion

der Abbruchquoten, die Qualität der Schülerleistungen und Abschlüsse sowie die individuelle Förderung leistungsstarker und benachteiligter Schülergruppen heraus, zu deren Lösung unter anderem mit dem Mittel der systematischen Qualitätsentwicklung beigetragen werden soll. Im Mittelpunkt der weiteren Erörterungen stand die Frage, ob und inwieweit die benannten Probleme auf der Organisations- und Interaktionsebene mithilfe der aktuell im Focus stehenden Strategien (Qualitätsmanagement, Bildungs-standards, Unterrichtsevaluation und -entwicklung etc.) gelöst werden können. Als Schlussthese stellte die Referentin heraus, dass die Problemlösekapazitäten der „Organisation“, die als „zentrale Handlungs-einheit“ seit den 1990er Jahren im Zentrum des Interesses von Bildungspolitik und -forschung steht, begrenzter sind, als dies angesichts des Ausmaßes dieses Interesses zu erwarten wäre. Dies führte zu der Überlegung, welche anderen Interventionen womöglich wirkungsvoller sein können und wie diese, zum Beispiel auf der Ebene des Lehr-Lern-Verhältnisses, zu gestalten sind. (Tagungsunterlage / Rahn 2008) Mit besonderem Interesse nahmen die Teilnehmenden der Fachtagung fachrichtungsspezifische Ergebnisse von Lernstandserhebungen zur Kenntnis und diskutierten diese in ihrer Praxisrelevanz und den möglichen Konsequenzen.

‚Liebe auf den zweiten Blick‘?! - Berufswahl und Berufsorientierung im Berufsfeld Hauswirt-schaft an der Schwelle zwischen Allgemeinbildung und Berufsbildung

Im Folgenden ist die Kurzfassung der Vortragenden, Prof. Dr. Ute Bender von der Pädagogischen Hoch-schule Karlsruhe, wieder gegeben:

„Ausgangspunkt sind zwei Interviews mit weiblichen Auszubildenden der Hauswirtschaft (vgl. Schäfer 2007). Sie gelten als ‚best practice Beispiele‘, d. h. beide bezeichnen ihren künftigen Beruf als ‚Traum‘- bzw. ‚Wunschberuf‘. Gefragt wird, wie die jungen Frauen zur Hauswirtschaft gelangt und welche mög-lichen Folgerungen daraus für die Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen mit Blick auf hauswirtschaftliche Berufe zu entwickeln sind.“ Die Funktion dieser beiden exemplarisch ausgewählten Interviews ist es, zu weitergehenden Reflexionen und Forschungsfragen anzuregen. „Hierzu werden ausgewählte Aussagen vor dem Hintergrund von Berufswahltheorien sowie statistischen Erhebungen analysiert. Sowohl ‚Elvira‘ als auch ‚Gerti‘ sind über Umwege zur Hauswirtschaft gelangt. Beide wissen nach Abschluss der allgemeinbildenden Schule nicht, welche Ausbildung sie ergreifen wollen/sollen.

Im Rahmen schulischer Berufsorientierung haben sie keine Informationen über das hauswirtschaft-liche Berufsfeld erhalten. Erst nach Abschluss einer anderen Ausbildung bzw. der teilqualifizierenden Berufsfachschule entscheiden sie sich selbstbewusst für ihren jetzigen Beruf. Die Äußerungen von

‚Gerti‘ und ‚Elvira‘ bestätigen indirekt die Untersuchungen von Krewerth et al. (2004) zum Einfluss der Berufsbezeichnung auf die Berufswahl von Jugendlichen: Das soziale Umfeld der beiden jungen Frauen begegnet der hauswirtschaftlichen Ausbildung überwiegend mit Nicht-Wissen oder Abwertung; haus-wirtschaftliche Berufe scheinen wenig angesehen bei Jugendlichen. Sowohl in den Interviews als auch in repräsentativen Erhebungen wird darüber hinaus die herausragende Bedeutung von Praktikums-erfahrungen für die Berufswahl deutlich (z. B. Prager/Wieland 2005). Andere Studien ergeben, dass Praktika im hauswirtschaftlichen Berufsfeld aus verschiedenen Gründen eher die Ausnahme an all-gemeinbildenden Schulen darstellen (Bastian et al. 2007, 165f.; Combe/Zenke 2006). Angesichts eines Rekrutierungsproblems des hauswirtschaftlichen Berufs mit Blick auf leistungsstarke Hauptschüler/

innen und Realschüler/innen (Kettschau 2007, 32) zeigen sich Forschungs- und Handlungsdesiderate im Kontext schulischer Berufsorientierung: Vorwissen und Einstellungen von Lehrkräften sowie Absolvent/

innen zu hauswirtschaftlichen Berufen wären etwa zu untersuchen sowie vermehrte Kontakte zwischen Schulen und hauswirtschaftlichen Betrieben wünschenswert.“ (Tagungsunterlage / Bender 2008)

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Berufsorientierung junger Frauen zwischen Geschlechterrollenklischees und Professionalität Der folgende Text ist ein Auszug aus einem Beitrag von Angelika Puhlmann vom Bundesinstitut für Be-rufsbildung.

„Berufsorientierung soll zur Steuerung des ökonomischen und sozialen Bedarfs an beruflichen Qualifika-tionen und MotivaQualifika-tionen beitragen. Angesichts der gesellschaftlichen Arbeitsteilung zwischen Männern und Frauen scheint eine ‚Doppelgleisigkeit‘ weiblicher Berufsorientierung in diesem Sinne geradezu ideal: Der Raum, den die Berufsorientierung junger Frauen für ihre soziale Qualifizierung und ihre soziale Arbeit in der Öffentlichkeit und in der Familie lässt, stellt dabei benötigte Potenziale zur Deckung dieses Bedarfs auf Seiten der Gesellschaft zur Verfügung. (…)

Ausbildung, Beruf und Berufstätigkeit sind für Frauen heute zur Selbstverständlichkeit geworden – ihre Haupt-Zuständigkeit und Haupt-Verantwortung für Kinder, Familie, Fürsorge und Betreuung ist eine Selbstverständlichkeit geblieben. Und damit ist eine widersprüchliche Realität gegeben, die Frauen zwischen Beruf und Familie platziert. Junge Frauen gehen deshalb meist in zwei Richtungen, und das bleibt nicht ohne Risiko, denn unterbrochene Erwerbstätigkeit und Teilzeitarbeit führen Frauen nur allzu häufig in materielle Abhängigkeit und Altersarmut. Berufsorientierung bereitet auf das Entweder-Oder und das Halb-und-Halb von Vereinbarkeitsmodellen vor und gestaltet diese widersprüchliche Realität, indem sie die Präferenz frauendominierter Berufe, Tätigkeiten und nicht zuletzt Beschäftigungsformen bestehen lässt, ohne deren Minderbewertung zu thematisieren und zu deren Aufwertung beizutragen.

Die unvollendete Emanzipation der Gesellschaft spiegelt sich auch darin: dass es ihr bislang nicht ge-lungen ist, Frauen und ihre Arbeit angemessen zu werten und materiell und ideell angemessen zu ent-lohnen; und dass sie es noch immer nicht geschafft hat, sich aus den Hierarchien des Modells ‚der Mann als Ernährer‘ zu befreien.

Berufsorientierung beinhaltet Aufklärung und Information über die Berufswelt der unvollendet eman-zipierten Gesellschaft. Daher enthält sie als Botschaft immer ein gewisses „Ja-Aber“, wenn es um die Beteiligung von Frauen in der Berufswelt geht: Die Rede ist noch immer von Frauen- und Männerberufen mit einer quasi natürlichen Trennlinie zwischen jeweils zulässigen Terrains und davon, dass Frauen sich im dualen Berufsbildungssystem nur auf 10 der insgesamt derzeit 344 anerkannten Ausbildungsberufe konzentrieren. Es geht um die attraktiven Verdienst- und Karrierechancen in Technik und Informations-technologie und darum, dass junge Frauen überwiegend in den Berufen der Kaufleute, in medizinischen Assistenzberufen und im Dienstleistungssektor präsent sind. Gesprochen wird vom Fachkräftemangel durch den Geburtenrückgang und über die schlechteren Berufseinstiegschancen gerade von hochqua-lifizierten Frauen und ihren Problemen, Kind und Karriere unter einen Hut zu kriegen. Dass die Talente gerade auch der jungen Frauen in Naturwissenschaft und Technik für die Zukunftsfähigkeit Deutsch-lands wichtig sind und gebraucht werden, ist einerseits eine Anerkennung, andererseits schwingt etwas von einer Zusatzbegründung mit: Wo es nicht genug – oder nicht die richtigen – Männer gibt oder wenn es um höhere Ziele geht, können Frauen ins Spiel kommen. Auch in diesen Kontexten scheint eine ge-wisse Minderbewertung des Weiblichen und der von Frauen dominierten Bereiche unterlegt zu sein.“

Abschließend stellte die Referentin ein Konzept zur Entwicklung des „Berufsweltwissens junger Frauen“

vor, in dessen Mittelpunkt ein Subjekt orientierter Ansatz steht, um die Kompetenzen zu ermitteln, die junge Frauen für ein erfolgreiches und zufriedenes Berufsleben brauchen. (Puhlmann 2008)

„Gute Schule“ – Qualitätsentwicklung im Berufsfeld aus schulischer Sicht

Der folgende Text gibt den Beitrag der Autorin, Studiendirektorin Inge Meichsner von den Beruflichen Schulen Berta-Jourdan in Frankfurt am Main, zu den Tagungsunterlagen der Fachtagung Hauswirt-schaft wieder.

„Die Frage nach der Definition ‚Gute Schule‘ lädt zu weit reichenden Diskussionen ein. Der Qualitätsbe-griff im schulischen Bereich ist aber selbst aus wissenschaftlicher Sicht noch immer nicht ausreichend geklärt. Wie muss ein Konzept aussehen, das auf eine moderne und zukunftsweisende Schule mit ho-her Qualität ausgerichtet sein soll? In den nachfolgenden Ausführungen wird trotz vieler offener Fragen Qualitätsentwicklung im Bereich beruflicher Schulen exemplarisch an drei Beispielen aus den Beruf-lichen Schulen Berta-Jourdan vorgestellt.

Der Hessische Referenzrahmen Schulqualität beinhaltet als Zielsetzung eine Qualitätsoffensive für alle schulischen Ausbildungen. Nach Vorbildern im europäischen Ausland, wie z. B. England, Schottland, den Niederlanden, setzt sich auch in Deutschland die durch Bildungsforschung erhärtete Erkenntnis durch, dass neben der schulinternen Evaluation der kritische Blick von außen wichtig ist. Zum 1. Sep-tember 2006 wurde in Hessen – wie auch in anderen Bundesländern - das Verfahren „Schulinspektion“

landes weit eingeführt. Jede Schule wird nun alle vier bis fünf Jahre von Inspektorinnen und Inspektoren des Instituts für Qualitätsentwicklung (IQ) evaluiert. Die Ergebnisse sollen Impulse geben zu einer Schul-entwicklung mit mehr Qualität.

Die Schulinspektion will die Schule unterstützen durch

- datengestützte Beschreibung der Qualität von Unterricht, Erziehung und Schul leitungshandeln auf der Basis eines transparenten Referenzrahmens mit Qualitätskriterien,

- Einschätzung der schulischen Arbeit anhand von Leistungsdaten zu Ergebnis sen und Wirkungen, - Hinweise auf Stärken und Schwächen,

- Erhöhung der Gültigkeit des schulinternen Qualitätsurteils durch die Fremd sicht,

- Förderung des innerschulischen Diskussions- und Entwicklungsprozesses auf der Grundlage des Inspektionsberichtes,

- höhere Verbindlichkeit der im Schulprogramm beschlossenen Entwicklungsmaß nahmen.

Das Strategische Ziel IV ist ein weiterer Baustein zur Qualitätsverbesserung. In der so genannten König-steiner Vereinbarung wurden zwischen dem Hessischen Kultusministerium und den Staatlichen Schul-ämtern vier „Strategische Ziele“ vereinbart. Das Strategische Ziel IV verfolgt eine Verringerung des Anteils der Absolventen in 15 definierten Berufen des dualen Systems, die den theore tischen Teil der Berufsabschlussprüfung nicht bestehen, um ein Drittel bis zum Ende des Schuljahres 2008/2009. Zu diesen definierten Berufen gehört auch der /die Hauswirtschafter/in. Die Beruflichen Schulen waren auf-gefordert, entsprechende Unterstützungs- und Fördermaßnahmen zu entwickeln.“ Als ein komplexes Beispiel aus der praktischen Qualitätsentwicklungsarbeit der Schule stellte die Referentin das Raum- und Unterrichtskonzept „Betriebsrestaurant“ vor, mit welchem eine optimale Vorbereitung der Schüle-rinnen und Schüler auf die berufliche Praxis und zugleich eine Versorgung der Schüler- und Lehrerschaft mit ansprechenden und gesunden Mahlzeiten verwirklicht wird. (Tagungsunterlage / Meichsner 2008)

Akzeptanz und Umsetzung des lernfeldorientierten Ansatzes – eine empirische Studie

Von Studienrätin Nicole Riemer, Doktorandin an der Technischen Universität München, wurde eine Untersuchung aller zehn Fachakademien für Hauswirtschaft in Bayern vorgestellt, in der es um die Akzeptanz und schulpraktische Umsetzung des neu eingeführten Lehrplans mit einer Orientierung an dem didaktischen Modell der Lernfelder / Lernsituationen geht. Riemer führt dazu aus: „Der im früheren Lehrplan stärker verankerte kognitivistische Ansatz wurde zugunsten des konstruktivistischen Ansat-zes modifiziert (…). Diese Wende von der Fachsystematik hin zur vollständigen Handlung bedarf eines Umdenkens des Lehrpersonals. Auch die organisatorischen Gegebenheiten an den jeweiligen Schulen müssen das Unterrichten in Lernsituationen – Lernfeldern ermöglichen. Ein wesentlicher Schritt ist die

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Organisation, Vorbereitung und Vermittlung der Lerninhalte in Lehrer/innenteams. Eine wichtige Frage in diesem Zusammenhang ist die Akzeptanz des Lehrplans durch die Lehrkräfte und dessen Umsetzung in die Praxis. Der ‚Istzustand‘ wurde durch Besuche und Explorationen / Interviews erhoben. Ergänzend erstellten einige Lehrkräfte zu beruflichen Aufgabenstellungen Logbücher. Das Logbuch gibt Aufschluss über verschiedene Interaktionen. Des weiteren wurde ein Fragebogen erstellt und von den Lehrkräften aller beteiligten Schulen ausgefüllt.“

Über folgende Zwischenergebnisse konnte berichtet werden: neben positiven Faktoren, wie eine prin-zipielle Unterstützung durch die Schulleitung oder eine generelle Bejahung der Intention und Inhalte der neuen Lehrpläne durch die Lehrkräfte sind auch einschränkende Faktoren zu benennen. Diese sind vor allem der Mangel an räumlichen und organisatorischen Rahmenbedingungen sowie einer formellen Unterstützung von Teamarbeit der Lehrkräfte. (Tagungsunterlage / Riemer 2008)

„Gute Ausbildung“: Qualitätsentwicklung im Berufsfeld aus betrieblicher Sicht

Elfriede Töpfer, Ausbildungsleiterin der Diakonie Neuendettelsau stellte Konzepte und Erfahrungen einer konsequent am Qualitätsdenken orientierten betrieblichen Ausbildung im Beruf Hauswirtschafter/in dar.

Sie betonte das Spannungsfeld zwischen den individuellen Ausbildungsvoraussetzungen und der Not-wendigkeit, nach definierten Standards auszubilden und die betrieblichen Leistungen zu erbringen. Als Leitprinzip der Ausbildung gilt insbesondere die Kundenorientierung, aus der sich letztlich die Qualitäts-standards ableiten lassen. (Tagungsunterlage / Töpfer 2008)

Standardisierung oder Flexibilisierung von Berufsbildern im Berufsfeld Hauswirtschaft – Quali-tätsentwicklung zwischen Benachteiligtenförderung und Professionalisierung

Die abschließenden Kurzvorträge mit Podiumsdiskussion unter dem Leitthema „Qualitätsentwicklung zwischen Benachteiligtenförderung und Professionalisierung“ wurde mit einem Beitrag von Prof. Dr.

Irmhild Kettschau von der Fachhochschule Münster eröffnet.

Es wurde ein Überblick zur aktuellen Ausbildungssituation und deren Entwicklungstrends in der Haus-wirtschaft gegeben. Die Statistik der Ausbildungsverhältnisse zeigt ein relatives Ansteigen des Helfer-berufs, und damit der Ausbildung von behinderten jungen Menschen, gegenüber der regulären Aus-bildung. Auch weitere Daten verdeutlichen, dass dem Berufsbereich Hauswirtschaft eine bedeutsame rehabilitative Funktion, besonders für junge Frauen, zukommt. Insgesamt scheint zwar die Gesamtzahl der Auszubildenden in der Hauswirtschaft mit über 14 000 in den letzten Jahren im Großen und Ganzen stabil zu sein. Innerhalb des Berufsbereiches jedoch zeichnet sich eine deutliche Verschiebung zuguns-ten der Berufe der Hauswirtschaftshelferin bzw. der hauswirtschaftlich-technischen Betriebshelferin ab.

Auch andere Strukturdaten fallen auf: Die klassische duale Ausbildung mit einem erwerbswirtschaftli-chen Betrieb und der beruflierwerbswirtschaftli-chen Schule als Hauptpartner spielt fast eine Nebenrolle – während vollzeit-schulische, externe oder außerbetriebliche Qualifizierungsformen das Geschehen stark prägen und be-stimmen. Der Hauptaspekt dabei ist die Qualifizierung behinderter oder benachteiligter Menschen unter integrativer und rehabilitativer Aufgabenstellung. Angesichts dieser und weiterer Strukturbedingungen werden Forderungen zur Verbesserung der Qualifizierung der Lehr- und Ausbildungskräfte begründet, und die Frage gestellt, ob Form und Inhalte der angebotenen Berufsausbildungen den Zielgruppen und ihren Bedürfnissen (noch) optimal gerecht werden.

Insgesamt ist festzustellen, dass die Hauswirtschaft vor der spannungsvollen Aufgabe steht, einerseits ihr Berufsprofil weiter zu entwickeln und zu professionalisieren und andererseits eine qualitätvolle Inte-grationsarbeit für alle diejenigen zu leisten, die mit Förderbedarfen unterschiedlicher Art eine hauswirt-schaftliche Ausbildung in Anspruch nehmen. (vgl. Kettschau 2007)

Anschließend führte Prof. Dr. Marianne Friese von der Justus-Liebig-Universität Gießen aus:

„In der personen- und haushaltsbezogenen Berufsbildung existiert ein gravierendes Spannungsverhält-nis zwischen wachsenden gesellschaftlichen Anforde rungen an Qualitätsentwicklung und Berufsfach-lichkeit sowie arbeitsmarktpolitischer Abdrängung in den Niedriglohnsektor. Dieses Spannungsverhält-nis führt zum einen zu einer zunehmenden De-Professionalisierung im Berufsfeld Haus wirtschaft. Zum anderen findet gegenwärtig in der Beruflichen Bildung ein Leitbildwechsel statt, der einen Weg von dem Sonderstatus der Benachteiligtenförderung zur Integration in das Regelsystem der Beruflichen Bildung eröffnen kann. Von zentraler Bedeutung ist die Neufassung des Berufsbildungsgesetzes im Jahre 2005 mit der Verankerung neuer Instrumente und Regelungen, die eine stärkere Flexibilität und Durchlässig-keit zwischen den unterschiedlichen Systemen und Prinzipen der beruflichen Aus- und Weiterbildung vorsehen.

Hier liegen auch neue Perspektiven und Chancen für die Aus- und Weiterbil dung in personenbezoge-nen Dienstleistungsberufen. Es wurden berufspädagogische Ansätze und ordnungsrechtliche Neue-rungen sowie Beispiele guter Praxis vorgestellt, die sich im Spannungsverhältnis zwischen Benachtei-ligtenförderung und Professionalisierung befinden. Dazu werden an ausgewählten berufsbiografischen Statuspassagen organisatorische, didaktische und methodische Ansätze der Beruflichen Bildung fo-kussiert: die pädagogische Gestaltung des Übergangs Schule – Beruf, die Möglichkeit der Teilzeit-berufsausbildung, die Nutzung niedrig schwelliger Angebote zur beruflichen Qualifizierung. In der Ge-samtperspektive sollen sowohl Grenzen als auch Potenziale der Reformansätze für die Normalisierung der Benachteiligtenförderung sowie der Aus- und Weiterbildung in personen- und haushaltsbezogenen Dienstleistungsberufen reflektiert werden.“ (Tagungsunterlage / Friese 2008; vgl. auch Friese 2007).

Qualifizierungsbausteine verändern Lebensläufe - Qualifizierungsbausteine als Instrument der fachbezogenen Benachteiligtenförderung

Mit einem Bericht aus der Konzeptionsentwicklung und Erprobungspraxis zeigte Margot Baur von der Zuständigen Stelle für die hauswirtschaftliche Berufsbildung in Rheinland-Pfalz auf, mit welchen Projek-ten und Innovationen sich der Spielraum gestalProjek-ten lässt, den die Bundesgesetzgebung bietet – auf wel-che Erfolge verwiesen werden kann, aber auch, welwel-che Schwierigkeiten zu lösen sind. Den folgenden Text veröffentlichte die Autorin in den Tagungsunterlagen der Fachtagung Hauswirtschaft.

„In der Tradition des deutschen Bildungs- und Ausbildungssystems führt der Weg der Absolventinnen und Absolventen der Hauptschule ins Arbeitsleben über eine betriebliche Berufsausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Die Alternative, nach Ende der Pflichtschulzeit ohne weitere Qualifi-zierung als ungelernte Arbeitskraft in den Arbeitsmarkt einzusteigen, ist problematisch, weil der Anteil an Arbeitsplätzen, die von Erwerbspersonen ohne Ausbildung ausgefüllt werden können, seit langem kontinuierlich zurück geht und weil angesichts der hohen Gesamtarbeitslosigkeit die verbleibenden Arbeitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen von Personen eingenommen werden, die für die Arbeitsplätze eigentlich überqualifiziert sind. Dieses Phänomen ist in der hauswirtschaftlichen Dienst-leistung besonders ausgeprägt.

Trotz der schlechten Arbeitsmarktchancen für Unqualifizierte stagniert der Anteil der jungen Erwach-senen, die bis zum 25. Lebensjahr keine anerkannte Berufsausbildung absolviert haben, seit längerem auf hohem Niveau (ca. 14 %). Gleichzeitig ist das durchschnittliche Alter der Jugendlichen beim Eintritt in eine betriebliche Berufsausbildung über die Jahre hinweg deutlich gestiegen. Der „frühere Normal-verlauf“, ein unmittelbar nach Ende der Pflichtschulzeit ohne weitere Zwischenschritte stattfindender Eintritt in die Berufsausbildung, ist eher die Ausnahme geworden.

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Aufgrund des lange anhaltenden Mangels an Ausbildungsplätzen befinden sich die Hauptschulabsol-ventinnen und -absolventen und hier insbesondere die Jugendlichen, die zum Kreis der Benachteiligten gehören, in einer schwierigen Konkurrenz zu Jugendlichen mit mittlerem Bildungsabschluss oder gar Abitur (…). Diese Jugendlichen haben eines gemeinsam, sie haben einen besonderen, individuell zu differenzierenden Förderbedarf, um den Anforderungen des heutigen Ausbildungs- und Arbeitsmarktes gerecht zu werden.

Das Berufsbildungsgesetz (BBiG) schafft neue Möglichkeiten

Mit der am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Erweiterung des Berufsbildungsgesetzes um die Berufs-ausbildungsvorbereitung (§§ 68-70 BBiG) sind erstmalig Qualifizierungsbausteine als strukturierende Elemente verankert. Die Ausbildung in Qualifizierungsbausteinen soll zur Ausübung einer Tätigkeit be-fähigen, die Teil einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder einer gleichwertigen Berufsausbildung ist. Qualifizierungsbausteine beziehen sich immer auf die Inhalte anerkannter Aus-bildungsberufe. Durch den Nachweis von erfolgreich absolvierten Qualifizierungsbausteinen soll es

Mit der am 1. Januar 2003 in Kraft getretenen Erweiterung des Berufsbildungsgesetzes um die Berufs-ausbildungsvorbereitung (§§ 68-70 BBiG) sind erstmalig Qualifizierungsbausteine als strukturierende Elemente verankert. Die Ausbildung in Qualifizierungsbausteinen soll zur Ausübung einer Tätigkeit be-fähigen, die Teil einer Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf oder einer gleichwertigen Berufsausbildung ist. Qualifizierungsbausteine beziehen sich immer auf die Inhalte anerkannter Aus-bildungsberufe. Durch den Nachweis von erfolgreich absolvierten Qualifizierungsbausteinen soll es

Im Dokument 2008 Qualität in Schule und Betrieb (Seite 36-45)