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Ein kurzer Abriss der Beiträge zur Beruflichen Rehabilitation an den Hochschul- Hochschul-tagen Berufliche Bildung

Im Dokument 2008 Qualität in Schule und Betrieb (Seite 75-80)

Fachtagung Berufliche Rehabilitation

1 Ein kurzer Abriss der Beiträge zur Beruflichen Rehabilitation an den Hochschul- Hochschul-tagen Berufliche Bildung

Die in der Fachtagung Berufliche Rehabilitation vorgetragenen Beiträge setzten sich in erster Linie mit Beispielen zur Praxis im Sinne von guter Praxis als Modell für andere auseinander. Einleitend gab Mein-hard Stach einen Überblick über die Themen und Ergebnisse aus den Workshops und Fachtagungen zur Beruflichen Rehabilitation in den Hochschultagen Berufliche Bildung. Dieser Beitrag bietet einen Überblick sowohl zu den Trends, von denen die Praxis der Beruflichen Rehabilitation in diesem Zeit-raum beeinflusst wurde, als auch zur Entwicklung der Debatte in der Berufsbildung. Deshalb wird er im Wesentlichen ungekürzt und unverändert hier aufgenommen.

1.1 Zur Geschichte des Umgangs mit behinderten Menschen in der Gesellschaft

Die Geschichte des Umgangs mit behinderten Menschen wird von Stadler in drei Zeitabschnitte ge-gliedert (1998, S. 43):

1. Die Epoche der Eliminierung

2. Die Epoche der Humanitären Isolation Behinderter in Hospitälern, Klöstern, Waisen- und Findel-häusern

3. Die Epoche der beruflichen und sozialen Integration

„Von Aussetzung und Tötung wird in den altorientalischen und in den antiken Kulturen des Mittelmeer-raumes berichtet“ (Stadler, 1998, S. 43). Bleidick belegt mit Texten von Aristoteles, Seneca und Plutarch diese „Umgangsform“ (Bleidick, 1999, S. 165 ff.). In diese Reihe stellt er auch Martin Luther, aus dessen Tischreden er Belege vorlegt, die als Aufforderung, behinderte Kinder zu töten, verstanden werden können (Bleidick, 1999, S. 171). Trotz zeitlicher Distanz ist auch die Behindertenpolitik der Nationalsozia-listen dieser Epoche zuzuordnen.

In der zweiten Epoche ist sehr wohl eine humanitäre Absicht zu unterstellen, aber auch die „Nutzbar-machung der vorhandenen Arbeitskraft zur Warenproduktion“ mit dem leitenden Interesse von „Erwä-gungen zur Nützlichkeit und Brauchbarkeit des Behinderten“ (Stadler, 1998, S. 43).

In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts setzten „Maßnahmen zur medizinischen, schulischen und be-ruflichen Rehabilitation ... zur sozialen Integration, die heute als übergeordnetes Ziel der Rehabilitation gilt“ (ebd.), ein. Der Weg hin zur Verwirklichung des Rechts auf gleiche Lebenschancen für Behinderte ist damit betreten, aber das Ziel ist noch lange nicht erreicht.

Entwicklungsschritte erfolgten häufig in der Folge von Kriegen, insbesondere nach den beiden großen Weltkriegen des 20. Jahrhunderts. Durch das gewandelte Kriegsbild – nicht mehr kleine Heere trugen den Kampf aus, in dem die Feinde sich noch als Individuen gegenüberstanden, sondern Massenheere

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setzten Massenvernichtungswaffen ein – erhöhte sich die Zahl der Opfer, sowohl der Toten als auch der Kriegsbeschädigten. Die Ursache verpflichtete den Staat zur Hilfe, und natürlich war es für den Staat kostengünstiger, durch Ausbildung den behinderten Menschen die Integration in das Arbeitsleben zu ermöglichen – und sich damit der Verpflichtung zu entziehen. Das Prinzip „Rehabilitation vor Rente“

war damit bereits nach dem Ersten Weltkrieg entwickelt. Allerdings standen damals den formulierten Ansprüchen eher noch nicht oder zumindest bei weitem nicht genügend entsprechende Einrichtungen gegenüber, so dass die Ansprüche häufig nicht verwirklicht werden konnten.

1.2 Die Entwicklung der Beruflichen Rehabilitation

Nach dem Zweiten Weltkrieg erfolgte zunächst die Restaurierung des Zustandes nach dem Ersten Weltkrieg. In der zweiten Hälfte der 50er Jahre wurden weitergehende Gesetze verabschiedet, die drei Prinzipien einführten: das Prinzip der Individualisierung, das der Kontinuität und das der Frühzeitigkeit.

Erstes Prinzip meint, dass die Rehabilitation die persönlichen Umstände berücksichtigen muss, wie z. B.

behinderungsbedingte Auswirkungen. „Das Prinzip der Kontinuität bedeutet, dass berufliche Rehabilita-tion als einheitlicher, nicht teilbarer Vorgang verstanden wird, in dem alle Maßnahmen ineinandergreifen, also ein integrativer Vorgang, der sich auf den ganzen Menschen bezieht“ (Beiler, 1985, S. 11). Das Prin-zip der Frühzeitigkeit formuliert, dass die Maßnahmen unverzüglich erfolgen sollen.

Die Zuständigkeit blieb noch zersplittert, so dass die Umsetzungsmöglichkeiten den formulierten Zielen nicht entsprachen.

Ein qualitativer Einschnitt waren die Maßnahmen in der Folge des Aktionsprogramms zur Rehabilitation Behinderter der Bundesregierung aus dem Jahr 1970 und der daraus sich entwickelnden Sozialgesetz-gebung. Die gravierendsten Folgen waren einerseits die Entwicklung des Systems der Berufsbildungs-werke, der Berufsförderungswerke und der Werkstätten für Behinderte und zum anderen die gesetzli-chen Veränderungen, vor allem der Paradigmenwechsel durch das Schwerbehindertengesetz von 1974.

Bis dahin galten die gesetzlichen Regelungen vor allem für Kriegsbeschädigte und Arbeitsunfallopfer (im Grundsatz auch bei Arbeitserkrankungen; hier war aber die Beweislast häufig eine unüberwindliche Hürde), jetzt galten sie für alle Behinderten. Dies bedeutete die Abkehr vom Kausalprinzip und die Hin-wendung zum Finalprinzip. Die Frage, warum jemand behindert ist, wurde nachrangig.

„Während in der organisatorischen, materiellen und curricularen Ausgestaltung der Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation der qualitative Ausbau mit dem quantitativen Schritt halten konnte, wurden Berufspädagogen für diese Tätigkeiten nicht gezielt ausgebildet, obwohl bereits in der Vergangenheit Berufsschullehrer in diesem Bereich arbeiteten. Sie könn(t)en sich ... besser auf ihre Adressatengruppe einstellen, wenn Berufspädagogen bereits während ihrer Ausbildung befähigt werden, auf die besonde-ren psychischen und sozialen Probleme der Behinderung und des Lernens im Erwachsenalter eingehen zu können“ (Kipp u. a., 1997, S. 100). Die Universität Kassel, damals noch Gesamthochschule Kassel, und einige andere Universitäten entwickelten Studienangebote. Diskussions- und Austauschforen für die Theorie und die Praxis wurden notwendig.

1.3 Berufliche Rehabilitation und Hochschultage

Seit 1980 hatten sich die Hochschultage Berufliche Bildung zu einem solchen Forum entwickelt. Im Intervall von zwei Jahren (es gab einige Male geringfügige Abweichungen) trafen sich hier Wissenschaft, Schule, Betriebe und weitere Bildungsträger. Die Teilnehmerzahl schwankte zwischen 1500 und 3000 Teilnehmern. Seit 1988 gehört der Workshop „Berufliche Rehabilitation“ (2000, 2002 und in diesem Jahr Fachtagung) zum festen Bestandteil der Hochschultage. Die Fachtagung „Berufliche Rehabilitation“

der Hochschultage Nürnberg hat folglich Jubiläumscharakter: 20 Jahre Berufliche Rehabilitation in den Hochschultagen.

Die Workshops und Fachtagungen wurden von Beginn an, also seit 1988, durch Tagungsbände, seit 2006 elektronisch auf CD, dokumentiert. Dies erfolgte zunächst in einem kleinen engagierten Verlag, dem Leuchtturmverlag Alsbach. Da dort jedoch nicht alle Dokumentationen zu allen Fachtagungen und Workshops erschienen, wurde im Kontext der Hochschultage 1994 in München durchgesetzt, dass alle Dokumentationen im Kieser-Verlag Neusäß erscheinen mussten. Der Verlag verlor jedoch das Interesse an der Reihe; seit 2000 engagiert sich nunmehr der W. Bertelsmann-Verlag Bielefeld.

1.4 Konsolidierung und Austausch

Die Themen spiegeln einen Entwicklungsverlauf der Beruflichen Rehabilitation, einen Krisenverlauf des Berufsbildungssystems und zu einem erheblichen Teil auch den der Gesellschaft wider. Doch zunächst stand die Konsolidierung und Verbesserung des Erreichten im Vordergrund. 1988 wurden didaktische Innovationen als Folge neuer Technologien in den Mittelpunkt gerückt. Damit wird zugleich deutlich, dass Themen immer wieder bearbeitet werden müssen, dabei auch immer neue Gesichtspunkte in das Blickfeld treten: Der Workshop 2004 fokussierte die Beiträge auf Netzwerke und neue Medien.

Im Bewusstsein der Profession hat sich nicht verankert, dass mit den Hochschultagen 1990 Geschich-te geschrieben wurde: Sie fanden vom 2. bis zum 4. Oktober in Magdeburg statt. Die Vereinigung der beiden deutschen Staaten erfolgte während des Kongresses, und der Kongress tagte in einem neuen Bundesland.

Der Workshop setzte sich mit Schlüsselqualifikationen in der beruflichen Rehabilitation auseinander.

Dies erfolgte sowohl auf der theoretischen Ebene, hier insbesondere in den Beiträgen von Langsdorf-Kauer und Zeller sowie Seyd, als auch auf der Umsetzungsebene, einer Problemebene, die das Thema immer noch aktuell sein lässt. Was jugendliche Rehabilitanden können oder lernen können, vermittelten Langsdorf-Kauer und Zeller eindrucksvoll mit den Ergebnissen ihres Stuhlprojektes. Leider waren da-mals die drucktechnischen Möglichkeiten im Rahmen der Finanzierbarkeit noch unbefriedigend, so dass die Dokumentation der eindrucksvollen Stühle unzureichend blieb. Der Bericht ist zugleich ein Lehrstück für die Schwierigkeiten, die sich phantasievoller Projektgestaltung entgegenstellen, und für die Wege, sie zu überwinden.

Einen Ausblick auf Themen, die sich abzeichneten, gab der Beitrag von Seyd, der auf den Aufbau des Rehabilitationssystems in den neuen Ländern abhob.

In typischer Manier, mit durchaus ermahnendem Augenzwinkern setzte sich Kipp mit Schlüsselqualifi-kationen auseinander, weshalb eine etwas längere Passage hier ungekürzt zitiert werden soll:

„Während meiner Schlosserlehre (in den frühen 60er Jahren) habe ich zahlreiche Schlüssel gefeilt und als Gesellenstück eine Schlüsselfräsmaschine angefertigt, mit der Sicherheitsschlüssel für Schließ-zylinder hergestellt werden können. Auf der Grundlage dieser handwerklichen Schlosserqualifikation – ist das schon ‚Schlüsselqualifikation‘? – reizt es mich, den einigermaßen unprofessionellen Um-gang von Pädagogen mit dem Schlüsselbegriff zu kritisieren. Denn da Schlüsselqualifikationen zumeist im Plural genannt werden, läge es nahe, zwischen ihnen – wie zwischen Schlüsseln - zu unterscheiden. Aber weder wird die Vielfalt der Schlüsselarten (Bartschlüssel, Doppelbartschlüssel, Flachschlüssel, Rundschlüssel, Kreuzschlüssel) bedacht, noch gar scheint man sich klarzumachen, dass es auch schlüssellose Schlösser gibt – nämlich Kombinationsschlösser, die ohne Schlüssel durch von außen verstellbare Zuhaltungen geöffnet werden können. Bei solchen Kombinations-schlössern sind meist Ringe mit Ziffern- oder Buchstabenreihen nebeneinander angeordnet. Erst wenn die Ringe in der richtigen Reihenfolge kombiniert sind, werden die Zuhaltungen aus ihrer Sperrlage gehoben und geben den Riegel frei. Das schlüssellose Schloss markiert den Endpunkt einer historischen Entwicklungslinie der modernen Schließtechnik – die Plastikkarte als magnetisch

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codierbarer ‚Schlüssel‘ markiert einen vorläufigen anderen Endpunkt. Beide Endpunkte führen uns anschaulich vor Augen, dass Schlüssel nicht zeitlos sind“ (Kipp, 1991, S. 10).

1.5 Vergleich der Systeme

Im Zentrum der Workshops der Hochschultage 1992 in Frankfurt und 1994 in München stand der Blick über die Grenzen auf die Entwicklung der Systeme der Beruflichen Rehabilitation, 1992 mit dem Schwerpunkt der Entwicklungen bei östlichen Nachbarn, 1994 vor allem mit der Blickrichtung nach Westeuropa. Der Band zu 1992 stand unter der Aussage von Moore: „Comparisons can serve as a rough negative check on accepted historical explanations. And a comparative approach may lead to new his-torical generations” (1966, S. 8).

Die Entwicklungen in den neuen Bundesländern lassen Zweifel aufkommen, dass in der Bundesrepublik diese Entwicklung eingeleitet werden konnte. Lange und Nau beschrieben in ihrem Beitrag den Prozess der Entwicklung des Systems der Beruflichen Rehabilitation in den neuen Bundesländern als einen Pro-zess der Überstülpung des Systems der Bundesrepublik über die neuen Länder ohne Analyse, ob in der Deutschen Demokratischen Republik auch gewachsene vernünftige Strukturen vorhanden waren. Nach nunmehr 18 Jahren seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten wäre es an der Zeit, eine erneute Analyse des Prozesses zu unternehmen.

1.6 Die Krise der Beruflichen Rehabilitation

Die Titel der Workshops 1996 in Hannover „Rehabilitationsberufe der Zukunft – Situation und Perspek-tiven“ und 1998 in Dresden „Berufliche Rehabilitation im Umbruch – Konsequenzen für Berufsbilder, Ausbildung und Unterricht“ verwiesen darauf, dass auch in der Beruflichen Rehabilitation ein Krisen-szenario angekommen war. Angesichts der allgemein gestiegenen Arbeitslosigkeit hatten sich auch die Vermittlungsquoten der Rehabilitanden nach der Berufsausbildung oder Umschulung verschlechtert, in einigen Berufen dramatisch. So ist die Reflexion über das Recht auf Müßiggang, wenn der Gesellschaft die Arbeit ausgeht, vielleicht legitim, wird aber in einer Gesellschaft, die sich nach wie vor über Arbeit und den Status in der Arbeitshierarchie definiert, unangemessen.

Über verschiedene Wege aus der Krise wurde nachgedacht. Natürlich zählt dazu auch der Versuch der Verbesserung der Ausbildung, aber auch über die Öffnung der Institutionen der beruflichen Rehabilita-tion für Nichtbehinderte, natürlich gegen Bezahlung, wurde diskutiert. Zeller setzte sich mit Entwicklun-gen von Berufen als Angebot für morEntwicklun-gen auseinander.

Der Workshop 1998 strahlte mit seinen Themen wieder mehr Optimismus aus; es wurden neue Unter-richts- und Unterweisungskonzepte diskutiert, Teamorientierung sollte die Isoliertheit der Mitarbeiter überwinden und so zu einer eher ganzheitlichen Rehabilitation führen. Qualifizierungsverbünde wurden gegründet, die länderübergreifend arbeiten.

Sowohl 1996 (NAMOS – das Neckargemündener Ausbildungsmodulsystem) als auch 1998 (die Bigger Ausbildungskonzeption BAUKON) wurden Bausteinkonzepte vorgestellt. Angesichts der Entwicklung von Qualifizierungsbausteinen für die Berufsbildung Benachteiligter, die sich gerade jetzt vollzieht (vergl.

Bojanowski, Eckert & Stach, 2004, S. 9), waren die Akteure in der Beruflichen Rehabilitation geradezu revolutionär.

Ein weiterer Problembereich wurde bereits während dieser Workshops in den Fokus gerückt: die Be-nachteiligung von Frauen in der Beruflichen Rehabilitation. Keune legte eine umfassende Bestands-aufnahme vor. Kurth-Laatsch und Niehaus stellten Konzepte und erste Praxiserfahrungen vor. Dieses Projekt wurde über die beiden nächsten (nicht mehr Workshops sondern) Fachtagungen verfolgt.

1.7 Eine Krise der Institutionen der Beruflichen Rehabilitation

War im Hinblick auf die Benachteiligung der Frauen in der Beruflichen Rehabilitation bereits die „Wohn-ortnahe Rehabilitation“ entwickelt worden, griff jetzt das Konzept auch für Blinde und für Schwerst-behinderte. Anlässlich der Hochschultage 2000 in Hamburg, „Innovative Berufliche Rehabilitation“, stellte Denninghaus das Modell Mobilis für Blinde und Sehbehinderte vor. Wiederum wurde über flexible Bausteinsysteme nachgedacht, selbstbestimmtes Lernen rückte in den Focus und regionale Netzwerke wurden vorgestellt.

Brand und Naust-Lühr reflektierten über die Messung des Erfolgs der Rehabilitation – ein Beitrag, der eine weitere Verbreitung verdient hätte. Außerdem würde er unter dem thematischen Fokus der dies-jährigen Hochschultage einen kritischen Akzent setzen.

Während der Hochschultage 2002 in Köln, „Regionale Berufliche Rehabilitation – Situation und Pers-pektiven wohnortnaher Projekte und regionaler Netzwerke zur Beruflichen Rehabilitation“ wurden die Gedanken und Entwicklungen zur wohnortnahen Rehabilitation erweitert um die Dimension des Tele-Lernens, wie z. B. beim Projekt des „Tele-Tutorings“ des Berufsförderungswerkes Michaelshoven oder des virtuellen Berufsbildungswerkes, vorgestellt als Projekt „Netzwerk für ambulante und stationäre Ausbildung (NASA)“. – Werden die Institutionen überflüssig?

1.8 Perspektiven

Mit den Hochschultagen 2004 in Darmstadt sollte ein Prozess der Umstrukturierung der Hochschulta-ge beginnen. An die Stelle der „fächerbezoHochschulta-genen FachtagunHochschulta-gen“ sollten in Zukunft problembezoHochschulta-gene Fachtagungen treten. Als Beispiel kann hier die Fachtagung Benachteiligte gesehen werden. Die beruf-liche Bildung Benachteiligter betrifft alle Fächer, stellt aber ein gegenwärtig so gravierendes Problem dar, dass sie höchste Aufmerksamkeit verdient. Haben die Organisatoren erkannt, dass gleiches für die Berufsbildung behinderter Menschen gilt? Die Beiträge des Workshops 2004 „Berufliche Rehabilitation in Netzwerken und mit Hilfe neuer Medien“ zeigen, dass die Institutionen die Veränderungen aufgegrif-fen und positiv gewendet haben. Sie selbst sind Motor der Netzwerke, sie entwickeln die virtuellen Be-rufsbildungswerke. Projekte wie Tele-Tutoring sind kleinzellige virtuelle BeBe-rufsbildungswerke. Auch der Workshop 2006 bot Ansätze der Innovation sowohl beim Einsatz neuer Technologien als auch bei der sozialen Integration – und nicht zuletzt im Bereich der Didaktik und Methodik.

Nach der Praxis bewegt sich offensichtlich auch die Wissenschaft. Exemplarisch ist die Publikation von Horst Biermann, „Pädagogik der beruflichen Rehabilitation“, bei Kohlhammer 2008 zu nennen.

Abschließend soll die Problematik aus einer gänzlich anderen Sichtweise beleuchtet werden. Anstoß gibt Erich Fromm. Bekannt ist sein Werk „Die Kunst des Liebens“. Es geht um „Haben oder Sein“. Ziel der beruflichen Rehabilitation ist es, Menschen mit Handicaps fit zu machen für den Arbeitsmarkt. Erich Fromm beschreibt in seiner Schrift „Haben oder Sein“ den Marketing-Charakter. Nach seiner Aussage hat er diese Bezeichnung gewählt,

„weil der einzelne sich selbst als Ware und den eigenen Wert nicht als ‚Gebrauchswert‘, sondern als

‚Tauschwert‘ erlebt. Der Mensch wird zur Ware auf dem ‚Persönlichkeitsmarkt‘. Das Bewertungsprinzip ist dasselbe wie auf dem Warenmarkt, mit dem einzigen Unterschied, dass hier ‚Persönlichkeit‘ und dort Waren feilgeboten werden. Entscheidend ist in beiden Fällen der Tauschwert, für den der ‚Gebrauchs-wert‘ eine notwendige, aber keine ausreichende Voraussetzung ist.

Obwohl das Verhältnis von beruflichen und menschlichen Qualitäten einerseits und der Persönlichkeit andererseits als Voraussetzung des Erfolges schwankt, spielt der Faktor ‚Persönlichkeit‘ immer eine maßgebliche Rolle. Der Erfolg hängt weitgehend davon ab, wie gut sich ein Mensch auf dem Markt ver-kauft, ob er ‚gewinnt‘ (im Wettbewerb …), wie anziehend seine ‚Verpackung‘ ist, ob er ‚heiter‘, ‚solide‘,

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‚aggressiv‘, ‚zuverlässig‘ und ‚ehrgeizig‘ ist, aus welchem Milieu er stammt, welchem Klub er angehört und ob er die ‚richtigen‘ Leute kennt“ (352007, S. 180; Erstauflage 1976).

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