• Keine Ergebnisse gefunden

Beiträge im Einzelnen

Im Dokument 2008 Qualität in Schule und Betrieb (Seite 85-92)

Inputsteuerung vs. Outputsteuerung – zum Problem der Qualitätsstandards im Schulsport.

Christoph Conz, Fachstelle für Sport in Schule und Ausbildung, BASPO Magglingen/Schweiz

C. Conz und Stillhart vom Bundesamt für Sport in Magglingen stellten vor dem Hintergrund des in der Schweiz durchgeführten Projektes „Qualität im Sport- und Bewegungsunterricht – qims.ch“ ihre Sicht-weisen zu einem umfassenden Qualitätsverständnis und zu einer systematischen Qualitätsentwicklung im System Schule vor.

Bei der Qualitätsentwicklung wird unterstellt, dass alle Beteiligten ein gemeinsames Interesse an ihr haben bzw. aufbauen, den Nutzen für ihr eigenes Handeln erkennen und in der Folge gemeinsam und genau „hinschauen“, „reflektieren“ und „entwickeln“. Qualitätsentwicklung setzt daher ein systemati-sches Vorgehen voraus, welches sich im Rahmen eines Qualitätszyklus verorten und erfassen lässt:

Zunächst sind mögliche Qualitäten zu definieren, dann Daten in der Praxis zu erheben, diese müssen ausgewertet werden und schließlich zu konkreten Umsetzungsmaßnahmen führen.

Qualitätsentwicklung im Schulsport ist sicher im Kleinen möglich und notwendig (z. B. in einer konkreten Unterrichtsstunde), muss aber immer auch die Vernetzungen, Ebenen und Rahmenbedingungen des Handelns beachten. Folgende Qualitätsbereiche und Qualitätsdimensionen werden im qims.ch-Konzept aufgeführt und zugeordnet:

- Planung und Durchführung von Unterricht

- Rückmeldungskultur

- Erreichte Unterrichtsqualitäten und Ergebnisse

- Auswirkungen auf Sach-, Selbst- und Sozialkompetenzen

- Zufriedenheit der Anspruchs-gruppen

Um Qualitäten einschätzen und beurteilen zu können, braucht es Kriterien und Indikatoren, so wie sie im Schweizer Projekt zu allen Bereichen und Dimensionen in exemplarischer Weise entwickelt und darge-legt wurden. Und schließlich ist es notwendig, mittels bestimmter Erhebungsinstrumente und Verfahren das Unterrichtsgeschehen und die Wirkungsweisen des Handelns auch zu messen und zu überprüfen.

Conz und Mitarbeiter wiesen darauf hin, dass das umfassende qims-Konzept lediglich ein Orientie-rungsrahmen sein kann und jede Schule und jedes Kollegium entsprechend den spezifischen Rahmen-bedingungen und Zielvorstellungen auswählen und entscheiden muss. Sollen in einer Berufsschule allerdings Qualitäten „flächendeckend“ und nachhaltig entwickelt werden, so bedarf es stets einer systematischen, gemeinsamen und verbindlich angelegten Analyse, Entwicklung und Evaluation.

Nur so wird es zu klaren Ansprüchen (auch Selbstansprüchen) an die jeweiligen Fachschaften und jeden einzelnen Kollegen / jede Kollegin kommen; andererseits lassen sich daraus aber auch entsprechende Unterstützungs- und Fortbildungskonzepte ableiten und einfordern.

Detaillierte Information und Materialien zu qims.ch sind über die Website www.qims.ch zu beziehen.

Fachtagung Berufsschulsport

Schulpraktische Umsetzung von Lehrplänen – Hindernisse sehen und überwinden.

Prof. Dr. Günter Stibbe, Institut für Bewegungserziehung und Sport. Pädagogische Hochschule Karlsruhe.

Zwar bietet die Lehrplanforschung kaum Befunde zur Relevanz und zum Umgang mit Lehrplänen an der Berufsschule, aber es ist anzunehmen, so Prof. STIBBE, dass die allgemein festzustellenden Phäno-mene und Beobachtungen auch auf die Berufsschule und die dortige Rezeption und Verwendung von Lehrplänen zutreffen.

Lehrpläne, verstanden als amtlich verordnete Instrumente, die vorgeben, was mit welcher Zielvor-stellung im Fachunterricht der jeweiligen Bildungsgänge gelehrt und gelernt werden soll, sind zwar ein Instrument der Inputsteuerung, können allerdings nur indirekt Einfluss auf die Qualitätsentwicklung im Schulsport nehmen, da ja entscheidend ist, wie die Lehrpläne konkret rezipiert und im Unterrichtsalltag von den Lehrkräften genutzt und umgesetzt werden. Die diesbezüglichen Forschungsergebnisse und Befunde sind eher ernüchternd. Stibbe stellt mehrere Gründe heraus, die dazu führen können, dass Lehrpläne nur bedingt angenommen und umgesetzt werden. Beispielhaft seien genannt: (1) Bei der Lehrplanentwicklung werden zu wenig die Alltagsbefunde aufgenommen und berücksichtigt. (2) In der Implementierungsphase werden wichtige Gelingensbedingungen nicht beachtet. (3) Lehrpläne, sofern sie überhaupt zur Kenntnis genommen werden, dienen oftmals nur als Steinbruch, um daraus jene Aspekte zu entnehmen, die in die eigene Berufstheorie passen. (4) Rahmenbedingungen, persönliche Erfahrungen und Vorlieben sowie die Fähigkeiten und Interessen der Schüler spielen eine bedeutendere Rolle als Lehrpläne. (5) Die Diskrepanz zwischen den Ansprüchen aus den Lehrplänen und den eigenen Alltagserfahrungen wird als zu groß empfunden. (6) Es fehlen konkrete Umsetzungshilfen, Anschau-ungsmaterialien etc..

Von zentraler Bedeutung für den Erfolg einer lehrplanorientierten Qualitätsentwicklung ist laut Stibbe die schuleigene Lehrplanarbeit. Findet im Fachkollegium bzw. im Lehrerteam eine eigene Dekonstruktion und Neukonstruktion der Lehrpläne mit Blick auf die spezifischen Rahmenbedingungen statt, so ist mit deutlich mehr Akzeptanz und Umsetzungswirksamkeit zu rechnen. Allerdings sind Fachkonferenzen bei dieser Arbeit auch auf Hilfe und Unterstützung angewiesen, weil ansonsten die Arbeit stocken oder verflachen kann. Die schuleigene Lehrplanarbeit löst darüber hinaus positive Nebeneffekte aus, wie z. B. Kollegialität und gemeinsame Zielverfolgung, Austausch über die jeweilige Praxis, Reflexion und Verbesserung derselben.

Unterrichtsforschung als ein Ausgangspunkt für Qualitätsentwicklung im Schulsport.

Mike Arndt, Institut für Schulsport und Schulentwicklung, Deutsche Sporthochschule Köln.

Bekannteste und bildungspolitisch besonders wirksame Ausprägungen von breit angelegter Bildungs- und Unterrichtsforschung stellen die PISA- und TIMSS-Studien dar. Im Bereich des Sports hat beson-ders die SPRINT-/Schulsportstudie 2004 (W.D. Brettschneider) zuletzt viel Aufmerksamkeit erzeugt.

M. Arndt berichtete von einem laufenden Projekt des Instituts für Schulsport und Schulentwicklung an der DSHS Köln zum Berufschulsport in Köln und Umgebung. In einer breit und differenziert angelegten Erhebung wurden Schüler und Lehrer getrennt mit jeweils unterschiedlichen Fragebogen zum Berufs-schulsport befragt. Unter anderem wurden Daten zur Anzahl der tatsächlich erteilten wöchentlichen

Sportstunden, zur Qualifikation der Lehrkräfte, zur Vielfalt und Rangfolge der Sportarten, zur program-matischen Grundlegung sowie zum Fachauftrag, zur Gesundheitsförderung usw. gesammelt. Zur Zeit ist man dabei, die Befunde der durchgeführten empirische Erhebung auszuwerten. Herr ARNDT stellte wesentliche Untersuchungsschwerpunkte und auch erste Zwischenergebnisse auf der Basis einer noch kleinen Auswertungspopulation vor. Fazit: Der Berufsschulsport in Köln wird demnach in der Regel von ausgebildeten Fachkräften durchgeführt und schwankt je nach Bildungsgang im durchschnittlichen zeit-lichen Umfang von 2 Stunden die Woche bis zu einer Stunde (betrachtet auf ein ganzes Schuljahr). Die klassischen Sport-Spielarten stehen in der Beliebtheit ganz weit vorne, aber auch die Gesundheits- und Fitnessorientierung. Die ermittelten Ergebnisse zur Unterrichtsdurchführung und zu den eingeschätzten Effekten führen bei zahlreichen Items zu annähernden Übereinstimmungen zwischen der Selbstein-schätzung durch die Lehrkräfte und der SchülereinSelbstein-schätzung, wenngleich die Lehrkräfte ihren eigenen Unterricht in Teilen auch deutlich besser einschätzen.

Die Teilnehmer/innen der Tagung waren sich einig, dass es sicher hilfreich sei, solche Befragungsergeb-nisse noch mit einer teilnehmenden Beobachtung abzugleichen bzw. anzureichern. Dennoch können die Sportlehrkräfte an den Berufsschulen aus den dargestellten Ergebnissen auch eine gewisses Maß an Selbstbewusstsein ableiten und damit selbstsicherer den Dialog mit Dritten führen.

Kooperatives Lernen im Sportunterricht – Was ist zu bedenken?

Paul Klingen, Studienseminar Köln, Berufskolleg.

Das kooperative Lernen genießt momentan sowohl in der pädagogisch-didaktischen Diskussion als auch in der Unterrichtspraxis einen hohen Stellenwert. Damit einhergehend werden in zahlreichen Fach-publikationen und auch im Alltagshandeln verwandte Begriffe und Bilder (z. B. Gruppenarbeit, Team-arbeit, Kooperatives Lernen, Lernen in Gruppen) unscharf genutzt, so dass man als Beobachter und Bewerter von Unterricht oftmals nicht so genau weiß, was denn nun das genaue Ziel des Anliegens ist, um welche Verfahrensweisen es sich handelt und wie die Rahmenbedingungen des Lernens zu gestal-ten sind, damit erwünschte Effekte und Qualitägestal-ten eintregestal-ten.

Begriffsklärungen und Begriffsabgrenzungen sind also nötig, um ein gemeinsames Verständnis herbei-zuführen, denn für Planungs- und Durchführungsprozesse sowie die intendierten Ziele ist es eben nicht gleichgültig, ob Schülerinnen und Schüler nun gemeinsam eine Aerobic-Choreographie zum Zwecke einer optimalen Leistungserbringung, oder zum Zwecke des sozialen Lernens, oder zum Zwecke des gemeinsamen Von- und Miteinanderlernens bzw. des Aufbaus einer diesbezüglichen Lernkompetenz erstellen. Im Rahmen eines weiten Begriffsverständnisses können kooperativ angelegte Arbeits- und Lernprozesse je nach Ausrichtung eben entweder mehr der Entwicklung der Fachkompetenz, der Selbst-kompetenz oder der SozialSelbst-kompetenz dienen. Legt man ein enges Begriffsverständnis an, so zeichnen sich kooperative Lernprozesse dadurch aus, dass die Schüler/innen von- und miteinander lernen und sich bei ihren Lernprozessen wechselseitig aktiv und gezielt unterstützen. Die einzelnen Lernoperatio-nen geraten in den Blick (z. B. Zielaufbau, Zielbindung, Umgang mit Lernschwierigkeiten usw.) und die Schülerinnen und Schüler übernehmen je nach Anforderung des Inhaltes und der Aufgabe entsprechen-de Aufgabenrollen (z. B. Feedbackgeber, Korrigierenentsprechen-der, Motivierenentsprechen-der, Beratenentsprechen-der).

Kooperatives Lernen gelingt aber nur, wenn bestimmte Grundbedingungen für das Lernen berücksich-tigt werden. So müssen Sach- und Beziehungsebene positiv zueinander stehen, den Personen muss das Ziel der Aufgabe klar sein, dieses Ziel muss von den Gruppenmitgliedern übernommen und verant-wortlich verfolgt werden. Die Gruppengrößen und Gruppenzusammenstellungen müssen wohl bedacht werden, die Aufgabenstellungen gut geeignet, die Fähigkeiten und Fertigkeiten der Gruppenteilnehmer

Fachtagung Berufsschulsport

mit Blick auf die Aufgabe ausreichend sein. Last but not least kommt es auch darauf an, dass die ko-operativen Prozesse von der Lehrkraft empathisch begleitet und gestützt werden. Denn oftmals müssen jene Kompetenzen erst sukzessive aufgebaut werden, die zumeist auch gleichzeitig Bedingung und Ziel des kooperativen Lernens darstellen.

Sportangebote in der betrieblichen Ausbildung?

Dr. Jürgen Hollatz, Siemens Professional Education, Nordbayern.

Die Siemens Professional Education bildet fast 10.000 Auszubildende in verschiedenen kaufmänni-schen sowie technikaufmänni-schen Berufen, und in unterschiedlichsten Qualifikationen aus. Die Sportangebote der Siemens Berufsausbildung sind standortspezifisch: In Nordbayern bietet neben der Berufschule auch unser Unternehmen additiven Sport an. Dieses Zusatzangebot findet klassisch in Sportzentren statt, oder ist integriert in die regelmäßigen SoftSkill-Trainings der Ausbildungsgänge. Das Ziel der Ausbildung, und damit auch das der integrierten Sportangebote, ist klar definiert, besonders in einem immer enger werdenden Zeitplan: die Entwicklung und Steigerung der beruflichen Handlungsfähigkeit der Auszubildenden. Zwei Gruppen von Sportaktivitäten sind daraus bei uns entstanden: (1) Trainings zur Gesundheitsprävention, wie z. B. Übungseinheiten zur Vorbeugung von Haltungsschäden. Und (2) das SoftSkill-Training. Gerade sportliche Ziele, und Mannschaftssportarten sind besonders geeignet zur Erweiterung der Sozialkompetenz (u.a. Team- und Kommunikationsfähigkeit), und der Individualkompe-tenz (wie Eigenmotivation, Konzentration). Im Beruf sind Kenntnisse und Fähigkeiten zu den Themen wie z. B. Phasen der Teambildung, Komfortzonenmodell und Eisbergmodell, von großer Bedeutung. Diese sind im Sport praktisch zu erfahren und zu analysieren. Elementar ist dabei aber nicht nur die Durch-führung der Übungen, Spiele und Wettkämpfe, sondern auch deren Analyse: Interaktion, Reflexion und Transfer. Leider bieten die Lehrpläne der Bundesländer nicht immer die beste Voraussetzung, um dieses zielorientierte Vorgehen in der Berufsausbildungspraxis zu unterstützen. Des Weiteren ist immer wieder festzustellen, dass die Sportlehrer und Trainer nicht alle dafür ausgebildet sind und die dafür nötige Coaching-Erfahrung besitzen. Andererseits haben sich viele Sportpädagogen auf dem Bereich privat-wirtschaftlich bereits erfolgreich spezialisiert, und Ihre Team- und Kommunikationstrainings werden in die Ausbildung regelmäßig integriert. Zusammenfassend kann aus der beruflichen Praxis gesagt wer-den: der Sport hat einen festen Platz in der Ausbildung, wenn er als kosten- und zeiteffiziente Methode zur Steigerung der beruflichen Handlungsfähigkeit eingesetzt wird. Ein durchaus realistisches Ziel, wie unsere Praxis zeigt.

Lebensstilbezogene körperliche Aktivität.

Stefan Peters, S. & Dr. Karim Abu-Omar, Institut f. Sportwissenschaft und Sport, Universität Erlangen-Nürnberg

Ein bewegungsarmer Lebensstil steht im Zusammenhang mit dem Auftreten einer Vielzahl chronisch degenerativer Erkrankungen. Regelmäßige körperliche Aktivität ist ein bedeutender Baustein für einen gesunden Lebensstils und kann auch auf andere Komponenten des Gesundheitsverhaltens einen posi-tiven Einfluss nehmen (Rütten, 1993). Gerade für den Sportunterricht an Berufsschulen können daher über eine Verwendung des Lebensstilkonzepts Impulse für eine Auseinandersetzung mit den Themen Bewegung und Gesundheit geschaffen werden.

Betrachtet man die derzeitigen Empfehlungen für Bewegung, so wird Erwachsenen mindestens regel-mäßige Bewegung (mit moderater Intensität) im Alltag empfohlen. Diese sollte am besten täglich mit einer Dauer von mindestens 30 Minuten ausgeübt werden, ergänzt durch zwei kraftorientierte Trainings-einheiten in der Woche (Haskell et al., 2007).

Über das Konzept der gesundheitsförderlichen körperlichen Aktivität (health-enhancing physical activi-ty), das diesen Empfehlungen zugrunde liegt, besitzen sowohl Sport im engeren Sinne als auch jede Art von Bewegung im weiteren Sinne einen gesundheitlichen Nutzen. Gerade über die von diesen Empfeh-lungen geforderte Integration von Bewegung in den Alltag, kann es gelingen Bezüge zu dem gesund-heitlichen Lebensstil von Jugendlichen und Erwachsenen herzustellen. Dies gelingt zum einen durch die (Alltags-)Aktivierung von Personengruppen die sich bisher sportlichen Aktivitäten verschlossen haben und zum anderen durch die gezielte Auswahl von Bewegungsformen, die mit dem Lebensstil von Ju-gendlichen und Erwachsenen kompatibel sind.

Für eine Alltagsaktivierung bieten sich, auch im Rahmen des Berufsschulsports, zum Beispiel Schritt-zähler an, die eine erste Auseinandersetzung mit dem eigenen Bewegungsverhalten im Alltag ermög-lichen. Bei der Auswahl lebensstilkompatibler Bewegungsformen können zum Beispiel über die Erpro-bung „historischer“ Spiele neue Anreize für sportliche Aktivitäten gegeben werden.

Fußball Spielen mit Mädchen – ein pädagogischer Ansatz.

Prof. Dr. Claudia Kugelmann, Institut für Sportwissenschaft und Sport, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Nicht alle Mädchen sind gleich, sie unterscheiden sich in Bezug auf ihre Vorerfahrungen im Sportunter-richt und Vereinssport, auf ihre Interessen und Ziele beim Sport, auf ihre körperlichen und sportspezi-fischen Fähigkeiten und Fertigkeiten. Es gibt daher kein Rezept, wie mit „Mädchen in den Ballspielen“

umzugehen sei. Vor allem wissen wir noch wenig darüber, wie Mädchen in der Berufsschule nachhaltig für Ballspiele, genauer für Fußball zu motivieren sind.

Zunächst wurde die Zielgruppe der Mädchen differenziert betrachtet, um dann einige sportspieldidakti-sche Überlegungen zum mädchensensiblen Unterricht zur Diskussion zu stellen.

Es hat sich in der Praxis des Sportspielunterrichts bewährt, Mädchen - statt nach Alter oder Stand des technisch- taktischen Könnens - nach dem Grad ihrer Erfahrung mit einer Sportspielart zu unter-scheiden (vgl. dazu Kugelmann & Sinning 2003). Sie kommen, im Gegensatz zu den meisten Jungen viel später mit dem Ball und mit dem Wettkampfgedanken in Berührung, weil Eltern, Kindergarten und Grundschule sie im Allgemeinen zuwenig zu solchen Erfahrungen ermutigen.

Um Schülerinnen ein gelingendes Spielerlebnis möglich zu machen, muss die Vermittlung von Sport-spiel bezogenen Fähigkeiten und Fertigkeiten an den (oft misserfolgsgeprägten) Vorerfahrungen der Mädchen anknüpfen und in Zusammenhang mit realistischen, sportspieltypischen Situationen gebracht werden. In diesem genetischen Ansatz sollte z. B. das Dribbling von Anfang an als adäquate Möglich-keit, Raum zu gewinnen und sich gegen eine andere Spielerin ohne Ballverlust durchzusetzen, erfahren und geübt werden.

Zudem ist es eine wichtige Voraussetzung für gelingendes Spielen, dass die Schülerinnen sich auf dem Spielfeld orientieren lernen – dass sie wahrnehmen, wo freie Räume nutzbar sind, um sich anspielen zu lassen und gleichzeitig wissen, wo sich der Ball, die Mitspielerin, die Deckungsspielerin und das Ziel, be-finden und das eigene Verhalten – Laufen, stehen bleiben, abspielen, oder dribbeln – an diesen aktuellen Gegebenheiten ausrichten. Die Erfahrung, solche komplexen Spielaufgaben erfolgreich bewältigen zu

Fachtagung Berufsschulsport

können enthält letztlich die Chance, die Persönlichkeit und (weibliche) Identität zu stärken und zu ent-wickeln.

Am Beispiel unterschiedlicher Themen aus Fußball und Basketball wurde das genetische Konzept der Sportspielvermittlung unter dem Gender-Aspekt erläutert und durch Hinweise zur Gestaltung des Sportunterrichts mit weiblichen Auszubildenden ergänzt.

Betriebliche Gesundheitsförderung für Frauen in schwierigen Lebenslagen,

Dr. Ulrike Röger, Institut für Sportwissenschaft und Sport, Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

Die wissenschaftliche Erkenntnislage über die gesundheitlichen Wirkungen von Sport und Bewegung verspricht vielfältige Renditen, z. B. Vorbeugung von Herz-Kreislauf- Erkrankungen und Vermeidung von Übergewicht. Allerdings sind die Chancen auf diese Renditen ungleich verteilt: Nach den Ergebnissen des Bundesgesundheitsberichts ist der Anteil derjenigen, die keinen Sport betreiben, mit etwa 65% am höchsten bei Frauen der Unterschicht zwischen 30 und 60 Jahren.

Das BIG-Projekt, das über den Zeitraum von 2005-2007 in Erlangen in drei Settings – Betrieb, Sport-verein und Wohnquartier – durchgeführt wurde, hat das Ziel, Frauen in schwierigen Lebenslagen (z. B.

Migrantinnen, arbeitslose Frauen, allein erziehende Frauen) zu befähigen, die Kontrolle über ihre Ge-sundheit über die Förderung von Sport und Bewegung zu erhöhen (Empowerment). Dabei zielt BIG sowohl auf Verhaltenswirkungen, z. B. im Gesundheits- und Bewegungsverhalten, auf biomedizinische und psychologische Effekte, als auch auf Verhältniswirkungen, z. B. sozialer oder politischer Art, und Nachhaltigkeit.

Um dieses Ziel zu erreichen, wurden in Form eines partizipativen Ansatzes gemeinsam mit den Frauen Programme zur Bewegungsförderung geplant und implementiert: Sport- und Bewegungsprogramme für Frauen, Frauenbadezeit, Schwimmkurse, Aquafitness-Kurse. Mit diesen Programmen wurden die Frauen in schwierigen Lebenslagen erreicht (beispielsweise nehmen an der Frauen badezeit aktuell ca.

70-80 Frauen teil, an den Sport- und Bewegungsprogrammen sind es rund 100 Frauen). Im Projekt wur-den Gesundheits- und Empowerment-Effekte erzielt. Beispielsweise wurde die Selbstwirksamkeitser-wartung der Frauen erhöht und die Frauen haben neue Kompetenzen in Bezug auf Sport und Bewegung erworben. Auch übernehmen die Frauen auf organisatorischer und kommunaler Ebene mehr Verant-wortung als bisher. Jedoch beziehen sich die ermittelten Effekte in der Hauptsache auf die Frauen, die auch in die Planung und Umsetzung des Projekts einbezogen wurden. Bei den Frauen, die lediglich an den Sport- und Bewegungsprogrammen teilgenommen haben, wurden wesentlich weniger Empower-ment-Effekte erzielt.

Fazit

Die Ausrichtung der Nürnberger Fachtagung auf die Qualität des Berufsschulsports passt zwar gut in die allgemeine aktuelle Bildungsdiskussion, kam aber in Anbetracht der schmalen Erfahrungsbasis in der Praxis doch recht früh. Das Fehlen empirischer Belege und praxisbezogener Input-, Prozess- und Outputanalysen wurde von der Fachtagung daher auch bemängelt und sollte sowohl der Forschung als auch der Praxis Auftrag für die Zukunft sein. Dies hat aber der gemeinsamen Betrachtung und Er-örterung möglicher Ansatzpunkte (vgl. Beitrag Conz), Grenzen (vgl. Beitrag Stibbe), erster Ergebnisse (vgl. Arndt) und konkreter Praxis (vgl. Beiträge Kugelmann, Klingen, Röger, Abu-Omar) nicht geschadet.

Man kann für diese Fachtagung resümierend feststellen, dass der Qualitätsbegriff als zentraler Refe-renzpunkt trotz fehlender Forschungsergebnisse zu wichtigen erkenntnisfördernden Sichtweisen und Erörterungen geführt hat.

Literatur1

Abu-Omar, K. & Rütten, A. (2006). Sport oder körperliche Aktivität im Alltag? Zur Evidenzbasierung von Bewegung in der Gesundheitsförderung

Bähr, I: Kooperatives Lernen im Sportunterricht. In: sportpädagogik, 6/2005

DSB-SPRINT-Studie. (2005) Eine Untersuchung zur Situation des Schulsports in Deutschland. Aachen.

Euler u.a.: Kooperatives Lernen in der beruflichen Bildung. Stuttgart 2007.

Haskell, W.L., Lee, I.M., Pate, R.R., Powell, K.E., Blair, S.N., Franklin, B.A., Macera, C.A., Heath, G.W., Thompson, P.D. & Bauman, A. (2007). Physical activity and public health: updated recommendation for adults from the American College of Sports Medicine and the American Heart Association. Medicine and science in sports and exercise, 39(8), 1423-34.

Kugelmann, C. & Sinning, S. (2004) Mädchen spielen Fußball. In: Themenheft sportpädagogik Heft 3

Kugelmann, C. & Weigelt, Y. (2006) „Ich spiele Sport aus Leidenschaft“. Kathrin Lehmann – Portrait einer starken Frau. In: N.N. (Hg.) (2006) Festschrift für H. Macha.

Loibl, J. (1995) Basketball vermitteln und erfahren lassen. In: sportpädagogik, 19 (1), 30 – 32 Rütten A., Abu-Omar K., Lampert T. & Ziese T. (2005). Gesundheitsberichterstattung des Bundes.

KörperlicheAktivität, Heft 26. Robert Koch-Institut, Berlin.

Stibbe, G: Vom Umgang mit Lehrplänen. In: sportunterricht 56 (4) 2007

Zeitschrift sportunterricht. Themenheft: Qualitätsentwicklung im Schulsport. 52/2003) 8

1 Weitere Fachliteratur kann bei den Autoren erfragt werden und ist in dem geplanten Tagungsband mit den Original-beiträgen enthalten.

Fachtagung Politik

Qualitätsmerkmale der arbeits- und

Im Dokument 2008 Qualität in Schule und Betrieb (Seite 85-92)