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In den Gruppendiskussionen wurde als vorrangige Maßnahme zur Prävention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz die innerbetriebliche Öffentlichkeitsarbeit und Information benannt. Alle Angehörigen des Unternehmens sollten ausreichend informiert sein und die Betriebsleitung darin öffentlich eine klare Po-sition beziehen.

Allem voran sei es wichtig, dass die Belegschaft regelmäßig informiert werde, was sexuelle Belästigung sei, welche Ansprechpersonen zur Verfügung stünden und wie die konkrete Vorgehensweise bei sexueller Be-lästigung im Betrieb sei. Dabei sollten grundsätzliche Rechte und Pflichten über das AGG aufgezeigt wer-den. Zudem sollten (potenziell) Betroffene als Zielgruppe direkt angesprochen und bestärkt werden, sich frühzeitig zu melden. Das vermittle, dass sie im Unternehmen auch gesehen und als handlungsfähig be-trachtet werden.

Wie die qualitative und quantitative Befragung Betroffener bereits aufgezeigt hatte, wurde auch in den Fokusgruppen an mehreren Stellen kritisiert, dass interne Beschwerdestellen entweder nicht bekannt oder nicht als vertraulich wahrgenommen wurden. Daher sei die Information über das Vorhandensein, die Vor-gehensweise und Schweigepflicht dieser Personen bzw. Anlaufstellen ein wichtiger zu vermittelnder Punkt in der Öffentlichkeitsarbeit.

„Die Leute wissen NICHT, wo sie sich hinwenden können. Oder welche Kette, welche Möglichkeiten es gibt. Das wissen sie nicht. Und das muss deutlicher gemacht werden.“ (MM)

Wichtig sei, dass die Handlungsempfehlungen auch realistisch seien und dem aktuellen Stand im Unter-nehmen entsprächen. Wenn Betroffene ermutigt würden, sich zu melden, dann aber die Stellen darauf nicht vorbereitet sind und Hürden bestehen, sei das nicht hilfreich. Durch eine transparente Vermittlung der Strukturen und Möglichkeiten bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz würden Vertrauen vermittelt und im Vorfeld Ängste vor internen Beschwerden abgebaut.

„Und ich finde da anknüpfend tatsächlich auch: Also Betroffene […] sozusagen REALITÄTSgetreu infor-mieren. Weil das ist tatsächlich oft ein Problem, wenn dann den Mitarbeitern gesagt wird: Ihr habt die und die Rechte, das und das könnt ihr machen, und OBEN ist überhaupt NICHTS bereit, sozusagen, dass das wirksam werden kann. Das ist ja absolut enttäuschend und furchtbar. […] Also so wirklich auch zu schauen […], was ist in dieser Situation machbar und realistisch.“ (G)

(Potenzielle) Verursachende sollen durch die klare Kommunikation des Verbotes von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und mögliche Konsequenzen abgeschreckt werden. Neben der konkreten Ansprache von potenziell betroffenen oder verursachenden Personen gehe es dabei zunächst um eine Sensibilisierung der Beschäftigten und dafür sei es wichtig zu vermitteln, wo sexuelle Belästigung anfange, und die Grenzen klar zu kommunizieren.

„Also generell, so Informationen, generell um das Thema. Weil das Thema […] immer, natürlich so ein bisschen auch diskutiert wird, aber eigentlich weiß man dann doch gar nicht so konkretes darüber.“ (WM) Ergänzend soll das Bewusstsein dafür geschärft werden, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in sämt-lichen Konstellationen vorkomme, in allen Unternehmen, und daher auch von der gesamten Belegschaft gemeinsam bekämpft werden müsse. Ergänzend könnten Leitbilder für einen wertschätzenden Umgang kommuniziert werden. Die breite Sensibilisierung und Informierung sorge dafür, dass das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz im Betrieb enttabuisiert werde und eine offenere Gesprächskultur ermöglicht werden kann.

„So, dass das selbstverständlich ist, dass das eben kein Tabuthema ist, und irgendwann geht es auch weg.“ (E)

Bestärkt werde dieser Prozess durch eine klare Positionierung des Unternehmens mit deutlichen Sig nalen, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz verboten und nicht geduldet sei. Diese Positionierung wird von allen Diskussionsgruppen als sehr hilfreich erachtet und soll daher über sämtliche Informationskanäle vermittelt werden.

„Und eben die Aussage vom Unternehmen, dass sie sowas nicht akzeptieren. Das ist, denke ich, auch noch-mal sehr, sehr wichtig.“ (WM)

„Dieses Signal nach AUSSEN. Für Mitarbeiter […] aber auch für Patienten, Kunden, wie auch immer es bei euch allen heißt, das ist aber, das ist ein No-Go bei uns. Das wird nicht toleriert und wir werden da aktiv und offen damit umgehen. […] Und das ist, glaube ich, so eine Sicherheit, DIE muss ich vermitteln nach außen.“ (MM)

Um das Thema sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz im Betrieb zu normalisieren und die Mitarbeitenden darüber zu informieren, wurden verschiedenste Methoden der Informationsvermittlung vorgeschlagen.

Zentral sei, dass die Informationen regelmäßig und abwechslungsreich über verschiedene Kanäle selbst-verständlich verbreitet würden, um sukzessive alle Mitarbeitenden zu erreichen und diese immer wieder in Kontakt mit dem Thema zu bringen.

„Also wir werden unterm Strich nie alle erreichen. Aber ich glaube, dass eine gewisse Regelmäßigkeit: Wer ist Anlaufstelle? Wo könnt ihr euch hinwenden? Und wir wollen das nicht! Wie so ein Mantra, sage ich jetzt mal, sinnvoll wäre.“ (G)

Als erste Methode wurden interne Plakataktionen vorgeschlagen, die für Kund_innen und Mitarbeiter_in-nen sichtbar angebracht sein sollen.

„Mir schwebte immer so ein bisschen so eine Art Plakataktion vor, dieses klare Statement, zu sagen:

‚Bei uns nicht.‘“ (G)

Schriftlich sollten die Informationen über Verbot, Vorgehensweise und Ansprechpersonen über offizielle Mitteilungen, im Intranet, Newsletter oder Broschüren verbreitet werden. Hinweise sollten ähnlich wie an-dere regelhafte, betriebliche Standardinformationen immer wieder erfolgen.

„Also blödes Beispiel, aber: Man macht jährlich darauf aufmerksam, an Weihnachten keine Kerzen. Ja?

Also keine echten Kerzen. Kein offenes Feuer. Okay. Und letztendlich müsste in genau dieser Regelmäßig-keit […] quasi in diesen offiziellen Mitteilungen drinnen stehen: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz dulden wir nicht. Ansprechpersonen sind […]. Ja? Zwei Absätze. Ende.“ (G)

150 Ergebnisse der Fokusgruppen

Leitungspersonen schlugen vor, das Thema regelmäßig in Mitarbeiter_innengesprächen in Arbeitsbespre-chungen zu benennen.

„Also ich meine auch jetzt bei einer Abteilungsbesprechung, Mitarbeiterbesprechung, was weiß ich. Dass man da eben nochmal klar macht, also wir als Unternehmen tolerieren das nicht. Wir als Vorgesetzte haben jetzt gerade den Auftrag bekommen, das noch einmal.“ (G)

Für mündliche und schriftliche Information können auch Themen des aktuellen Zeitgeschehens als Auf-hänger für die Thematisierung genutzt werden.

„Man muss nicht jedes Mal das gleiche erzählen: ‚Pass auf, wenn ihr was fühlt, geht zu dem!‘ Sondern man kann das ja auch an aktuellen Themen immer wieder relativ peppig auch in zehn Minuten das aufbauen.

[…] Sondern dass man das mit viel Feingefühl über aktuelle, brisante oder aktuelle Themen, Fälle aus der Presse mal aufarbeitet.“ (L)

Um die internen Ansprechpersonen bekannter zu machen, eine Vertrauensbasis zu schaffen und eine wei-tere Möglichkeit zur regelmäßigen Information zu nutzen, wird ergänzend empfohlen, dass diese bei Ver-anstaltungen präsent und sichtbar sind, sich persönlich bei Personal- / Betriebsversammlungen vorstellen, sowie bei neuen Mitarbeitenden und Auszubildenden.

„Und also Ressourcen: Wir z. B. können explizit belegen, wo wir bei Personalversammlungen eingeladen werden und auftreten sozusagen, im Personal steigt deutlich die Quote […] der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich an uns wenden. Ist nachvollziehbar. Weil dann ist bekannt, dass es uns gibt. Dass sich jeder auch ohne Umwege, praktisch DIREKT an uns wenden kann.“ (MM)

Zwischenfazit

In den Fokusgruppen wurden die innerbetrieblichen Maßnahmen zur Prävention von sexueller Belästi-gung am Arbeitsplatz als besonders zentral erachtet und hierzu eine Vielzahl von Vorschlägen zusammen-getragen. Aufgrund der zentralen Schlüsselposition von Führungskräften und der möglichen protektiven Auswirkungen des Betriebsklimas sollten präventive Maßnahmen vor allem an diesen Stellen ansetzen.

Hier decken sich die Beobachtungen aus der Praxis mit den Erkenntnissen vorhandener Studien und den Ergebnissen der Vertiefungsinterviews (vgl. Kapitel 3 und Kapitel 6). Insgesamt wird ein innerbetriebliches Gesamtkonzept aus einer Kombination verschiedener, aufeinander bezogener Aktionen als am zielfüh-rendsten erachtet. Hierbei sollten grundlegende Richtlinien und Betriebsvereinbarungen, verpflichtende und regelmäßige zielgruppenspezifische Schulungen und eine umfassende betriebsinterne Öffentlich-keitsarbeit implementiert werden. Als zentral wurden, wie auch im Kontext der Betroffenenbefragung und der Literaturanalyse, die Haltung und Rolle der Führungskräfte gesehen sowie präventive Maßnahmen zum Erreichen eines respektvollen Umgangs, der frei von Sexismus und Diskriminierung sei.

7.5.2 Innerbetriebliche Intervention und Unterstützung

Für die innerbetriebliche Unterstützung und Intervention wurden in den Fokusgruppen interne An-sprechpersonen und Beschwerdestellen, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte und die Mitarbeitenden-vertretung sowie Leitungspersonen als zentrale Akteur_innen identifiziert. Zugleich wurde die Rolle von Kolleg_innen thematisiert sowie die Möglichkeit anonymisierter Beschwerdeverfahren. Die sinnvolle Aus-gestaltung und Rolle dieser Akteur_innen und der Interventionswege wird in den nächsten Abschnitten auf Basis der Diskussionen in den Fokusgruppen reflektiert.