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kognitives System

2. Evaluation – Eine systemtheoretische Perspektive

2.1. Theorie der Evaluation – ein Überblick

2.1.3 Evaluation im Kontext der Weiterbildung

Der Aufgabe der Bewertung von Weiterbildung wird Evaluation im Verständnis Weinerts (1987) dann gerecht, liefert sie empirisch abgesicherte Informationen über die Effizienz und Wirksamkeit von Interventionen und Programmen.

Bronner/Schröder (1983) betonen in Verbindung mit der Evaluation betrieblicher Weiterbil-dung den Aspekt der Erfolgskontrolle, wobei eine Differenzierung zwischen Lernerfolg und Transfererfolg vorgenommen wird. Die Erfolgsermittlung dient schließlich dem Ziel, Weiter-bildungsprozesse unter ökonomischen und pädagogischen Gesichtspunkten zu steuern und zu fördern.

Gerl (1977) geht mit seinem Verständnis von Evaluation über den Aspekt des Messens und Bewertens hinaus. Er sieht den Schwerpunkt evaluativen Handelns in der Erhöhung des Reflexivitätsgrads der von einer Lernsituation intendiert wird. Dieses Ziel kann durch eine Interpretation von Lernprozessen verfolgt werden, die sich auf empirisch belegbare Größen stützen und somit über das unreflektiert Interpretierte hinausreichen.

In diesem Sinne argumentiert auch Ruschel (1997), der den Zweck von Evaluationsmaß-nahmen zunächst darin sieht, mittels Erfolgskontrolle festzustellen, inwieweit die vorgegebe-nen Lernziele einer Bildungsmaßnahme erreicht wurden. In einem zweiten Schritt sollen al-lerdings auch die Ursachen möglicher Lern- und Transferhemmnisse erkundet und beseitigt werden. Letztlich erscheint Evaluation als pragmatische Operation, die dem Ziel dient, Lern-prozesse zu optimieren.

Stiefel (1974) wendet gegen die weitgehende Gleichsetzung von Evaluation mit Kontrolle – die in seinem Verständnis nur einen Teilaspekt darstellt – ein, die Kontrollperspektive könne nur schwerlich von einem neutralen Standpunkt aus eingenommen werden. Eine differen-zierte, Weiterbildungsprozesse adäquat widerspiegelnde Evaluation dürfe sich nicht lediglich auf die Ergebnissicherstellung und die Bewertung von Lerneffekten beschränken; sie müßte sämtliche Phasen eines Bildungsprozesses umfassen, die sich vom Zeitpunkt der Ermittlung organisationaler Zielvorgaben über die Reflexion der didaktischen und methodischen Strate-gien, die Ermittlung des Lernerfolgs und praxisrelevanten Transfers, bis zur Beantwortung der Frage erstreckt, ob ein Bildungsprozeß dazu beitrug, die spezifischen Zielvorgaben einer Organisation zu erreichen.

Im Kontext von Bildungsprozessen nimmt Evaluation zudem eine wichtige reflexive Funktion wahr. Die auf systematischem Wege erzielten Erkenntnisse regen dazu an, didaktische Zu-sammenhänge aus neuen, ungewöhnlichen Perspektiven zu überdenken, was eine produkti-ve Verunsicherung auslösen und innovatiprodukti-ve Interprodukti-ventionen evozieren kann.

Thierau-Brunner et al. (1999, 266f.) differenzieren Evaluationsmodelle im Kontext der Wei-terbildung in ergebnis-, prozeß-, ebenen- und handlungsorientierte Ansätze, wobei sie den letztgenannten in eigenen Studien den Vorrang einräumen.

Ergebnisorientierte Evaluationen konzentrieren sich auf empirisch meßbare Erfolgskontrollen einer Lernsequenz und der anschließenden Transferphase.

Prozessorientierte Evaluationen beschränken sich nicht auf das Erzielen von Aussagen über die Ergebnisse einer Bildungsmaßnahme, sondern intendieren eine Planung, Steuerung und Kontrolle in allen Phasen des Weiterbildungsprozesses. Unter diesen Ansatz können einige Standardwerke der Evaluationsforschung subsumiert werden (Stufflebeam 1971, Döring 1973, Schindler 1979, Bronner/Schröder 1983).

Ebenenorientierte Evaluationsansätze ermitteln die Wirkungen von Weiterbildungsmaßnah-men auf verschiedene, hierarchisch aufeinander bezogene Handlungsebenen in Organisati-onsstrukturen. Sie gehen davon aus, daß positive Ergebnisse auf einer Stufe auch den Er-folg auf der nachgelagerten Stufe indizieren. Als ErEr-folgskriterium auf der höchstgelegenen Ebene wird der Erfolg des untersuchten Gesamtsystems aufgefaßt, etwa der des Unterneh-mens im Wettbewerb. Die Hauptschwierigkeit stellt dabei die kausale Zuordnung einzelner

Erfolgsparameter auf die real durch Weiterbildungsmaßnahmen erzielten Effekte dar, sowie deren Abgrenzung zu anderen erfolgsrelevanten Faktoren.

In den handlungsorientierten Ansätzen dient Evaluation als intervenierendes und steuerndes Instrument zur Verbesserung von Akzeptanz, Ablauf, Inhalten, Ergebnissen und Transfer im Kontext von Bildungsaktivitäten. Dabei wird intendiert, alle Betroffenen in den Evaluati-onsprozeß zu integrieren, um eine höhere Akzeptanz zu erreichen und positive Wirkungen zu erzielen.

Zusammenfassend lassen sich für die Weiterbildung drei zentrale Funktionen von Evaluation ausmachen20:

1. Legitimation: Bildungsmaßnahmen tauchen zunächst auf der Kostenseite einer unterneh-merischen Bilanz auf (Seminarkosten, Produktivitätsausfall etc.). Diese Investitionen müssen sich in der ökonomischen Logik rechnen, d.h. ein Mehrwert muß über Bildungsmaßnahmen – mit zeitlicher Verzögerung – erzielt werden können. Der über Evaluation angestrebte Er-folgsnachweis legitimiert den Ressourceneinsatz für Weiterbildung (Arnold 1996, 231).

2. Verbesserung der Weiterbildung:Die Kosten von Weiterbildung sollen gering gehalten, die Qualität und Effektivität erhöht werden. Nach Götz (1993) können durchgeführte Evaluatio-nen zu einer Qualitätsverbesserung führen, indem sie Aussagen über die Zielgenauigkeit der Maßnahme treffen, ihr Wirkungsspektrum analysieren, Problemlösungs- und Entscheidungs-hilfen anbieten und letztlich Vorschläge bzgl. Planungs- und Handlungsalternativen entwi-ckeln.

Beywl (1998) versteht sein – mit Bezug auf Stake und Shadish entwickeltes – Modell der responsiven Evaluation primär als Möglichkeit, über Strukturierung und Reflexion von Ent-scheidungen Praxis zu optimieren.

Aufklärungshilfen zur Gestaltung von Lernprozessen und der Verbesserung der Lernqualität leistet Evaluation im Verständnis Gerls (1977). Er betont die aus lernpsychologischer Sicht wichtigen Faktoren Erweiterung der Selbststeuerungsmöglichkeiten der Lernenden und Er-höhung der Lernmotivation, die durch Evaluationen angeregt werden müssen.

3. Kontrolle: Aus andragogischer Perspektive interessieren hier weniger die Mechanismen der Kostenprüfung und -kontrolle, die dem Bereich des ökonomischen Controlling zugeord-net sind, sondern die aus bildungsplanerischen Gesichtspunkten wichtigen Aspekte der Ler-nerfolgs- und Transfererfolgssicherung. Eine semantische Nähe der Kontrollfunktion von Evaluation im Kontext des von der betrieblichen Weiterbildung oft favorisierten Begriffes Controlling drängt sich auf. Dabei wird jedoch häufig übersehen, daß das Wort Controlling im Englischen eine Vielzahl von Bedeutungsnuancierungen besitzt und ebenso Steuerung,

20so etwa Wesseler 1999, Arnold 1996

Gestaltung und Messen impliziert21. Trotzdem liegen beiden Konzepten – der Evaluation einerseits und dem (Bildungs-) Controlling andererseits – in ihrer ursprünglichen Intention und Form divergente Interessen und Geisteshaltung zugrunde.

In der neueren erwachsenenpädagogischen Diskussion konvergieren die Bedeutungsinhalte der aus unterschiedlichen, einerseits betriebswirtschaftlichen, andererseits sozialwissen-schaftlichen Perspektiven entwickelten Ansätze22.

Innerhalb der Andragogik besteht ein breiter Konsens darüber, daß Weiterbildung als ein prozessuales Geschehen begriffen werden sollte, das sich über verschiedene, zeitlich mehr oder weniger klar abgrenzbare Phasen vollzieht23. Im Anschluß an dieses Verständnis und ausgehend von Arnold/Krämer-Stürzl (1995) und Ditton (2002) wäre ein ausreichend kom-plexes Modell der Evaluation von Weiterbildung in meinem Verständnis wie folgt zu konzipie-ren:

Abb. 17: Komplexität Weiterbildungsprozesse begleitender Evaluation

Innerhalb dieses Phasenmodells ist die Auffassung bedeutsam, relevante Bildungsprozesse auch außerhalb der eigentlichen Maßnahmenphase (Lernfeld) angesiedelt zu begreifen; we-sentliche Lernprozesse vollziehen sich vor- und nachbereitend in den Arbeitszusammenhän-gen (Funktionsfeld) eines Lernenden.

21 vgl. Faulstich 1998, Münch 1995

22 etwa Döring/Ritter-Mamczek 1998; Hummel 1999

23 vgl. die Modelle bei Bronner/Schröder 1983, Hölterhoff/Becker 1986, Staudt/Bestel/Diettrich 1993, Arnold 1986 Problem- und

Kontextbedingungen: Intentionen: Voraussetzungen - WB-Struktur - Bildungsziele - strukturelle - WB-Ressourcen - Transferziele - personelle

Maßnahmenevaluation:

Prae-Phase Peri-Phase Post-Phase

Jede Phase des Bildungsprozesses bedarf dabei spezifischer Verfahren der Evaluation um ein dem Gegenstand angemessenes Niveau der Planung, Steuerung und Reflexion zu ge-währleisten.

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