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3.1 Enzymatisch aktivierbare Adsorption von Peptid-PEG-Konjugaten

3.1.2 ENZYMATISCHE A KTIVIERUNG NICHT - BINDENDER P EPTID -PEG-K ONJUGATE

3.1.2.4 Enzymkinetische Untersuchungen

Die charakteristische hyperbolische Abhängigkeit der katalytischen Aktivität eines Enzyms von der Substratkonzentration wird durch die enzymkinetische Theorie nach MICHAELIS-MENTEN

in vereinfachter Form wiedergegeben.[279, 280] Unter der Voraussetzung, dass sich bei der Bin-dung eines Substrates S an ein Enzym E ein Gleichgewichtszustand einstellt und dieses bei

einem Überschuss des Substrates S auf der Seite des Produktes P liegt, kann folgender Zusam-menhang postuliert werden (Gleichung 4):

𝐸𝐸+𝑆𝑆 ⇌ 𝐸𝐸𝑆𝑆 ⇌ 𝑃𝑃 (𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆𝐆 𝟒𝟒) Die Gleichung beschreibt ein Fließgleichgewicht, wobei das Enzym E mit dem Substrat S zunächst in einer reversiblen ersten Teilreaktion den Enzym-Substrat-Komplex ES bildet. Aus diesem geht in einer zweiten Teilreaktion – welche sich wiederum aus mehreren Einzelschritten zusammensetzt – das Produkt P hervor. Dementsprechend kann der Verlauf der Konzentration aller Reaktionsteilnehmer einer enzymatisch katalysierten Reaktion in Abhängigkeit von der Zeit in Phasen unterteilt und schematisch dargestellt werden (vgl. Abbildung 3.5).[281, 282] In Gegenwart hoher Konzentrationen des Substrates S erfolgt in der Anfangsphase zunächst der schnelle Aufbau des Enzym-Substrat-Komplexes ES (engl. pre-steady state). Danach bleiben die Konzentrationen der intermediären Spezies ES und des Enzyms E bei ausreichender Verfügbar-keit des Substrates S über längere Zeit konstant, wobei Bildung und Zerfall des Enzym-Substrat-Komplexes ES in einem Fließgleichgewicht liegen (engl. steady state). Dabei erfolgt über den gesamten betrachteten Zeitraum in der Anfangsphase eine schnelle Entstehung des Produktes P bedingt durch die zügige Umsetzung des Substrates S. Bei nur noch geringen Konzentrationen an Substrat S stagniert die Bildung des Produktes P, weshalb der Kurven-verlauf abflacht und der finale Gleichgewichtszustand der enzymatisch katalysierten Reaktion erreicht wird (engl. equilibrium).

Abbildung 3.5. Theoretische Betrachtung des Zusammenhangs zwischen der katalytischen Aktivität eines Enzyms und der Substratkonzentration nach der enzymkinetischen Theorie von MICHAELIS-MENTEN. Durch die zeitabhängige Auftragung der Konzentrationen des Substrates S, des Enzyms E, des Enzym-Substrat-Komplexes ES sowie des gebildeten Produktes P können die Anfangsphase (engl. pre-steady state), das Fließgleichgewicht (engl. steady state) und der Gleichgewichtszustand (engl. equilibrium) enzymatisch katalysierter Reaktionen verdeutlicht werden. Die Konzentrationen von E und ES sind überproportional dargestellt.[281, 282]

Die theoretischen Betrachtungen nach MICHAELIS-MENTEN zur Beschreibung enzymatisch katalysierter Reaktionen bildeten die Grundlage für weiterführende Untersuchungen hinsicht-lich der Prozessierung hoher Mengen des nicht-bindenden Substrates S4-PEG durch die virale Cysteinprotease. In Bezug auf die zuvor erzielten Umsatzraten wurde die halbierte Enzym-konzentration von 28 Units TEV Protease zur Aktivierung von 1.00 mg und 1.50 mg des Biokonjugates verwendet. Die Entstehung der proteolytisch abgetrennten Suppressionsdomäne

IF4ENZ wurde mittels analytischer RP-HPLC-Messungen über einen Zeitraum von 48 Stunden verfolgt und die Umsatzraten unter Berücksichtigung der Substratreinheit dreifach bestimmt (vgl. Abbildung 3.6).[267] Bedingt durch den hohen Substratüberschuss von S4-PEG zeigte sich in der Anfangsphase der enzymatisch katalysierten Reaktion ein schneller Verbrauch des Peptid-PEG-Konjugates. Für beide Eduktmengen wurden mit Umsatzraten von 47 % bzw. 38 % innerhalb der ersten 4 Stunden bereits über die Hälfte der finalen Substratumsetzung erzielt.

Das Abflachen der beiden Kurven in den nachfolgenden 8 Stunden veranschaulichte den charakteristischen Übergang enzymatisch katalysierter Reaktionen von der Phase steady state zu equilibrium, wobei im Gleichgewichtszustand Umsatzraten von bis zu 79 % bzw. 60 % erzielt wurden. Durch eine Dreifachbestimmung der Produktbildung von IF4ENZ konnte eine Messun-sicherheit des Gerätes von maximal 3 % ermittelt werden, wodurch die beiden verminderten Umsatzraten in den zuvor durchgeführten Messreihen (vgl. Tabelle 3.3 Seite 39) erklärt werden konnten. Ein direkter Vergleich der zeitabhängigen Prozessierung von 1.00 mg und 1.50 mg des nicht-bindenden Biokonjugates S4-PEG ergab, dass für beide Substratmengen die maximalen Umsetzungen nach 12 Stunden erzielt wurden. Die zeitgleiche Stagnation der Produktbildung legte die Vermutung nahe, dass die katalytische Aktivität der TEV Protease zeitlich begrenzt ist.

Auch wenn das kommerziell erworbene Enzym vom Anbieter Roboklon gentechnisch verändert wurde (vgl. Kapitel 2.4.2 Seite 14), können autolytische Abbaumechanismen unter den gege-benen Reaktionsbedingungen hinsichtlich des pH-Wertes, der Ionenstärke und der Temperatur nicht ausgeschlossen werden. In Abhängigkeit der eingeführten Enzymmutation können bis zu 50 % der viralen Cysteinprotease nach 8 Stunden abgebaut werden und zu einem Verlust der katalytischen Aktivität führen.[162] Dies könnte erklären, weshalb bei der enzymatischen Aktivie-rung von S4-PEG nach 12 Stunden keine weiterer Substratumsatz beobachtet wurde.

Abbildung 3.6. Zeitlicher Verlauf der enzymatischen Aktivierung verschiedener Konzentrationen S4-PEG. Gradient RP-HPLC: 0.0 – 2.0 min: 20 %, 2.0 – 15.0 min: 20 – 65 % Acetonitril in H2O (0.1 % HCOOH, v/v/v), 210 nm.

Bedingungen Proteolyse: 1.00 mg und 1.50 mg S4-PEG, 28 Units TEV Protease, 25 mM Tris∙HCl (pH 8.0), 150 mM NaCl, 14 mM 2ME, 30 °C. Inhibierung: 10 mM Iodacetamid.

Die nach der enzymkinetischen Theorie von MICHAELIS-MENTEN initiale Phase pre-steady state konnte an Hand der gewählten Bedingungen von Substrat- und Enzymkonzentration nicht beobachtet werden. Dieser würde weitere Einblicke hinsichtlich der katalytischen Aktivität der TEV Protease zur Prozessierung des nicht-bindenden Peptid-PEG-Konjugates ermöglichen. In der Praxis würde dies Umsatzbestimmungen unter Initialbedingungen in einem geringen

Zeit-intervall erfordern, wobei die Änderungen von Substrat- und Produktkonzentration vernach-lässigbar minimal sein müssen. Durch Variation hoher Substratkonzentrationen bei geringen Enzymmengen könnten kinetische Parameter wie beispielsweise die Reaktionsgeschwindigkeit ermittelt werden. Jedoch lagen die dafür zu quantifizierenden Produktkonzentrationen unter-halb der Empfindlichkeit der analytischen RP-HPLC-Messungen, wesunter-halb keine zuverlässigen Aussagen getroffen werden konnten. Ungeachtet dessen offerierte die 79%ige Umsetzung von 1.00 mg S4-PEG unter Verwendung von 28 Units TEV Protease ein optimales Verhältnis hinsichtlich einer effizienten Prozessierung hoher Substratmengen. Dieses Resultat ermöglichte gezielte Untersuchungen hinsichtlich der adhäsiven Eigenschaften des aktivierbaren Biokon-jugates auf Titandioxid-Oberflächen sowie einen direkten Vergleich des Adsorptionsverhaltens des enzymatisch aktivierten Binders G-TBP-PEGENZ mit der Oberflächenhaftung der synthe-tischen Referenz G-TBP-PEGCHEM.