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Elektromagnetische Einkopplung und die RF-Peripherie

9.2 Elektrisches System

9.2.1 Anforderungen

Das elektrische System soll Leistung möglichst effizient im Plasmawiderstand RP umsetzen. Die hierbei verwendete aktive Elektronik zum Erzeugen hochfrequenter Spannungen und Ströme wird für gewöhnlich als Radiofrequenzgenerator (RFG) bezeichnet. Folgende Eigenschaften des Systems sind zu beachten:

a) Zwischen RFG und Triebwerk befindet sich üblicherweise eine elektrische Lei-tung mit entsprechenden LeiLei-tungsbelägen.

b) Für die untersuchten Arbeitspunkte liegt RP zwischen 100 mΩ und 650 mΩ.

Um die Leistung Pp einzukoppeln, werden Spulenströme zwischen 4 Arms und 11 Arms benötigt. Dementsprechend sind Verluste auf der Leitung und im In-nenwiderstand der Spannungsquelle für die elektrische Effizienzbestimmung zu berücksichtigen.

c) Der Wert von RPist frequenzabhängig und unterhalb einer bestimmten Anre-gungsfrequenz nimmt er mit der Frequenz ab. Fürf = 0 Hz giltRP= 0 Ω. Um eine effiziente Leistungseinkopplung zu ermöglichen, werden bei Weltrauman-wendungen Frequenzen in der Größenordnung 500 kHz bis 5 MHz verwendet1. d) RP ist viel kleiner als der Blindwiderstand der Induktivität jωLT, sodass im

Triebwerk die Blindleistung viel größer ist als die Wirkleistung.

e) Mit veränderten Arbeitspunkten variiertRPstark (etwa eine Größenordnung) und LT leicht (Änderung kleiner 10 %).

9.2.2 Konzeption

Prinzipiell können verschiedene Schaltungskonzepte für den RFG und Verlaufsfor-men (Sinus, Dreieck, ...) des Spulenstroms verwendet werden. Um die Anforderung der Effizienz zu erfüllen, bietet es sich an, mit einem oder mehreren zusätzlichen Elementen ein resonantes System aufzubauen, um den Blindwiderstand der Induk-tivität zu kompensieren. Dies ermöglicht es, dass der RFG eine rein ohmsche Last sieht, wodurch die Scheinleistung in diesem reduziert wird und der Phasenwinkel zwischen Strom und Spannung 0° beträgt. Mögliche Kompensationskonzepte sind in Abb. 9.2 dargestellt. Das Matchingsystem2 kann zusätzlich zur Kompensation des Blindwiderstandes den vom RFG gesehenen Realwiderstand verändern. Dies erlaubt

1 Die Anregungsfrequenz wird mit steigendem Durchmesser des Triebwerkes reduziert [65]. In terrestrischen Anwendungen werden oftmals 13,56 MHz verwendet, da es sich hierbei um eine

„freie“ Frequenz im ISM-Band handelt.

2 Es sind auch andere Varianten als in Abb. 9.2 dargestellt möglich.

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9.2 Elektrisches System

DIN A4 210 mm x 297 mm

\usepackage{geometry}

+- 𝐿res

𝐶res

+- +

-𝐶s

𝐶res 𝐿res 𝐶p 𝐿res

Abbildung 9.2: Konzepte des peripheren RF-Systems

es, den Triebwerkswiderstand RT an einen für den RFG bzw. den darin verbauten Leistungshalbleiter vorteilhaften Bereich anzupassen. Aufgrund von Punkt d) ver-ursacht bereits eine kleine Änderung der Triebwerksinduktivität, dass im RFG die Blindleistung in Relation zur Wirkleistung stark zunimmt. Dem lässt sich während des Betriebs durch Verändern der Anregungsfrequenz oder der Werte der Kompo-nenten innerhalb des Kompensationsnetzwerks entgegenwirken. Das mechanische Anpassen des Kompensationsnetzwerks (z B. mit einem Drehkondensator) gestal-tete sich bei Weltraumanwendungen als aufwendig, sodass stattdessen ein Konzept mit variabler Frequenz verwendet wird. Bei diesem Vorgehen muss der RFG in der Lage sein, mit verschiedenen Wirkwiderständen zu arbeiten, da sich RP über den Arbeitspunkt verändert.

9.2.3 Verwendetes System

Als Stand der Technik hat es sich für das gegebene Anforderungsprofil als zielfüh-rend erwiesen, das System digital im Schaltbetrieb anzuregen und nicht mit einer A-, B- oder AB-Endstufe mit sinusförmigem Ausgangssignal. Dies erhöht die Effizienz, hat aber aufgrund des Schaltens negative Konsequenzen auf die elektromagnetische Verträglichkeit, da hierdurch das Ausgangssignal bei gleicher Grundschwingungs-amplitude größere Anteile von Oberschwingungen aufweist. Üblicherweise wird ein Serienschwingkreiskonzept verwendet. Einer der Vorteile im Vergleich zum Parallel-schwingkreis ist, dass die Spannungsüberhöhung im Resonanzkreis bzw. die Kom-pensation der Spulenspannung es erlaubt, mit kleineren Spannungen im RFG zu arbeiten1. Hierbei wird auch der Spannungsabfall der Leitungsinduktivität kompen-siert. Zudem lässt sich die im RFG benötigte Spannungsquelle zur Speisung des Schwingkreises im Vergleich zu einer beim Parallelschwingkreis benötigten Strom-quelle technisch leichter bzw. mit geringen Verlusten aufbauen.

9.2.4 Radiofrequenzgenerator

Das verwendete und zu modellierende System des RFGs ist in Abb. 9.3 dar-gestellt. Im RFG befindet sich eine Halbbrücke bestehend aus 2 Schaltern, welche als MOSFET ausgeführt sind. Diese erzeugen ein niederimpedantes Spannungssignal in Form eines unipolaren Rechtecks mit einem Tastgrad von

1 Mit der eingekoppelten Leistung steigt RP (zumindest bis zu einem bestimmten Punkt) an.

Die Güte sinkt und die Spannungsüberhöhung wird geringer, sodass sich das Verhalten von Serien- und Parallelschwingkreis bei hohen Leistungen angleicht.

Kapitel 9 Elektromagnetische Einkopplung und die RF-Peripherie

etwa 50 %, wobei nur dessen Grundschwingung betrachtet wird. Diese Grund-schwingung regt den Serienschwingkreis an, welcher hier vereinfachend als Reihenschaltung von Cres, LT und RT angenommen werden kann. Im RFG wird die Phasenlage des zurückfließenden Stroms gemessen, um die Phasendifferenz zwischen anregender Spannung und dem sich einstellenden Strom zu ermitteln.

DIN A4 210 mm x 297 mm

\usepackage{geometry}

\geometry{a4paper,left=3cm,right=3cm, top=2.5cm, bottom=2.5cm} % Ränder

𝐶res 𝑈DC

A

𝑈H 𝑍T

𝐼coil 𝑈T 𝐼DC

Abbildung 9.3: Schaltplan des RFGs Diese Differenz dient als

Eingangsgröße für eine Frequenz- und Phasenre-gelung. Deren Ziele sind es, das System mit der Resonanzfrequenz anzu-regen, um den Blindwi-derstand zu kompensie-ren und zusätzlich die Schaltverluste durch re-sonantes Schalten bei

gu-ter Wahl der Phasenlage zu verringern [137; 138].

9.2.5 Modellierung

Für die Modellierung wird das in Abb. 9.4 dargestellte Ersatzschaltbild bestehend aus Schaltungselementen verwendet. Dieses erlaubt es, bei Kenntnis der Schaltungs-elemente sowie des Spulenstroms ISpule und dessen Frequenz sukzessive alle unbe-kannten Strom- und Spannungsgrößen analytisch zu berechnen. Hierzu wird von si-nusförmigen Größen ausgegangen und es wird nur die GrundschwingungURFdes an-regenden Rechtecks UH betrachtet. Als Übertragungsleitung wird ein Triaxialkabel vom Typ Belden 92221 mit einer Leitungslängel = 0,255 m verwendet. Dieses wird durch ein Π-Ersatzschaltbild modelliert, dessen Parameter LL =L0 ·l, RL =R0 ·l undCLe =CLa = C20·l sich mit den LeitungsbelägenL0,R0 undC0 ergeben. Der Gül-tigkeitsbereich, in dem die Oberschwingungen vernachlässigt werden dürfen und in dem das Π-Ersatzschaltbild zulässig ist, wird gesondert in Abschnitt 9.5 diskutiert.

DIN A4 210 mm x 297 mm

\usepackage{geometry}

\geometry{a4paper,left=3cm,right=3cm, top=2.5cm, bottom=2.5cm} % Ränder

𝑍𝑡ℎ

𝑅p 𝑅th− 𝑅p

𝑅𝑡ℎ 𝐿𝑡ℎ

𝐶Le 𝐶La

𝐿L 𝑅L

𝑍T 𝑅ESR

𝐶res

𝑅I 𝐼Spule

𝐼La 𝐼Le

𝐼L 𝐼RFG

𝑈RF 𝑈Le = 𝑈RFG

𝑅v

𝑈La 𝑈T

+- 𝑈H

Abbildung 9.4: Modellierung des RFGs mit Übertragungsleitung und Triebwerk

1 Induktivitätsbelag: 253 nHm, Kapazitätsbelag: 101 pFm, Widerstandsbelag 0,04659 m

132

9.2 Elektrisches System

Mit ISpule und der Triebwerksimpedanz ZT sowie dem Widerstand der Kabel zwi-schen der Vakuumkammer und dem TriebwerkRv lässt sich die Ausgangsspannung der Übertragungsleitung ULa berechnen. Aus dieser folgt der Strom ILa. Die Kno-tengleichung am Leitungsausgang liefertIL, mit dem sich der Spannungsabfall über LL und RL berechnen lässt. Die Addition des Spannungsabfalls und ULa ergibt die Eingangsspannung der Leitung ULe, welche gleichzeitig der Ausgangsspannung des RFG,URFG, entspricht. Aus dieser Spannung folgtILeund über den Knoten am Lei-tungseingang dann der Ausgangsstrom des RFGs,IRFG. Anschließend lässt sich mit IRFG und URFG die vom RFG gesehene Impedanz ZLast berechnen. Der Wert von Creswird so gewählt, dass durch diesen bei der Soll-Resonanzfrequenz der Blindanteil von ZLast kompensiert wird. Es gilt

Cres= 1

2πfIm{ZLast} mit ZLast = URFG

IRFG. (9.3)

Die Verluste inCres werden über RESR gemäß RESR = tan (δ)

2πf Cres (9.4)

berücksichtigt, wobei δ der Verlustwinkel der verwendeten Kondensatoren ist.

Für die eingesetzten C0G-Keramikkondensatoren ist ein „typical value“ von tan (δ) = 0.0035 angegeben. Der interne Widerstand Ri≈0.325 Ω setzt sich aus dem RDS(on) der verwendeten MOSFETs bei ihrer Betriebstemperatur und den Leitungswiderständen im RFG zusammen. Er berücksichtigt also die Leitverluste der MOSFETs, nicht jedoch deren Schaltverluste PS. Letztere werden im Modell durch analytische Überschlagsrechnungen auf Grundlage von Datenblattangaben der Schalter berücksichtigt. Bei dem verwendeten RFG sind die Schaltverluste aufgrund des relativ hohenRIin Relation zu den Durchlassverlusten nicht dominant und deren Berechnung wird nicht näher erläutert. MitIRFG und den Werten für Ri, Cres und RESR lässt sichURF berechnen. Die benötigte Eingangsspannung folgt mit

UDC =|URF|2√ 2π

4 =|URF| π

√2. (9.5)

Der Faktor π4 kommt aus der Fourierreihe, um die Grundschwingung aus der Am-plitude des Rechtecks zu berechnen, der Term √

2 dient der Umrechnung der Am-plitude in den rms-Wert und der Faktor 2 kommt daher, dass bei einer Halbbrücke die halbe Versorgungsspannung der Amplitude vom Rechteck entspricht. Die von der Spannungsquelle abgegebene Wirkleistung berechnet sich mitURF·IRFG, wobei die Phasenlage beider Größen gleich ist, sodass direkt die Effektivwerte multipli-ziert werden können. Um die gesamte aufgenommene Leistung des RFGs, PDC, zu erhalten, werden noch die Schaltverluste hinzuaddiert. Der EingangsstromIDC folgt durch Umstellen der Gleichung

PDC =UDC·IDC. (9.6)

Kapitel 9 Elektromagnetische Einkopplung und die RF-Peripherie