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Beschreibung des Plasmas

4.2 Beschreibung des Plasmazustands

Kapitel 4 Beschreibung des Plasmas

sich die schwereren Masseteilchen nur sehr langsam erwärmen. Bei den vorliegenden Parametern, wie z. B. der Größe der Ionisationskammer, thermalisieren die schweren Teilchen eher mit der Wand als mit den Elektronen. Während des Einschwingvor-gangs des Plasmas treffen mehr Elektronen als Ionen die Wände. Hierdurch lädt sich das Plasma gegenüber den Wänden positiv auf. Es stellt sich ein quasistationärer Zustand ein, indem es aufgrund der Ladungsverteilung im Plasma zu elektrischen Feldern hin zur Wand kommt. Hierdurch erfahren die Ionen eine Driftgeschwindig-keit in Richtung der Wände. Elektronen werden, auch wenn sie durch induzierte Felder zur Wand hin gedrückt werden, durch das elektrostatische Feld tendenziell im Plasma gehalten. Im Gleichgewichtszustand sind die Verlustflüsse von Elektronen und Ionen hin zur Wand gleich.

4.2 Beschreibung des Plasmazustands

dafür, dass über alle Integrationsvariablen von −∞ bis +∞ zu integrieren ist. Für f(~r,~v,t) gilt

n(~r,t) = +∞

−∞

f(~r,~v,t)d3~v und N(t) = +∞

−∞

f(~r,~v,t)d3~rd3~v (4.6) mit der bereits eingeführten Teilchendichte n(~r,t) und der Anzahl aller Teilchen N. Bei der Berechnung vonn(~r,t) spricht man von einer Integration über den Geschwin-digkeitsraum und beiN von einer Integration über den Geschwindigkeits- und Orts-raum.

4.2.2 Arithmetisch gemittelte Größen

Betrachtet wird eine beliebige Größeχ, die alsχ=f(~r, ~v) geschrieben werden kann und den Zustand eines Teilchen beschreibt. Dies kann z. B. Position, Geschwindigkeit oder kinetische Energie sein. Ist eine solche Funktion gegeben, erlaubt

χ(t) =hχ(~r,~v)i(t) = 1 N

+∞

−∞

χ(~r,~v)f(~r,~v,t)d3~rd3~v, (4.7) den arithmetischen Mittelwert hχ(~r,~v)i bzw. χ der Größe χ, über alle Teilchen im 6-dimensionalem Raum, zu berechnen. Die Division durch N vor dem Integral ist aufgrund der Normierung von f(~r,~v,t), wie im rechten Teil in Gl. (4.6) dargestellt, notwendig.

Analog zu 4.7 ermöglicht die Integration über den Geschwindigkeitsraum gemäß

χ(~r,t) =hχ(~v)i(~r,t) = 1 n(~r,t)

+∞

−∞

χ(~v)f(~r,~v,t)d3~v = +∞

−∞

χ(~v)f(~r,~v,t)d3~v (4.8) die Berechnung von makroskopischen (ortslokal gemittelten) Größen. Als Beispiel wird die makroskopische Größe der Driftgeschwindigkeit

~vd(~r,t)=h~vi(~r,t) = +∞

−∞

~vf(~r,~v,t)d3~v mit χ~(~v)=~v =vx~ex+vy~ey+vz~ez. (4.9) eingeführt. Diese beschreibt die mittlere Geschwindigkeit aller Teilchen an einem Ort und wird im späteren Verlauf der Arbeit benötigt.

Allgemein gilt, dass durch die Integration in Gl. (4.7) und (4.8) die Abhängigkeiten von den Variablen entfallen, über die integriert wird. Für Gl. (4.8) heißt dies, dass durch Integration über den Geschwindigkeitsraum die Abhängigkeit von~v entfällt, sodass der gemittelte Wert nur noch von~r undt abhängt. Aufgrund der Integration über~r und ~v hängt der gemittelte Wert in Gl. (4.7) nur noch von t ab.

4.2.3 Begriff der Temperatur

Aus der kinetischen Gastheorie folgt für ideale Gase mit 3 translatorischen Freiheits-graden und vd = 0 der Zusammenhang hEkini= 32kBT mit der Temperatur T und

Kapitel 4 Beschreibung des Plasmas

der Boltzmann-KonstantekB [2]. Zur Berechnung der Temperatur wird T = 2

3 hEkinthi

kB (4.10)

verwendet. Da die Temperatur ein Maß für die ungerichtete kinetische Energie ist, wird hierhEkinthi anstatt hEkini verwendet. Die Variable hEkinthi ist die mittlere kine-tische Energie, die die Teilchen ohne Driftgeschwindigkeit hätten. Zur Ermittlung dieses Wertes wird die Geschwindigkeit gemäß

~

v =~vth+~vd (4.11)

in die Driftgeschwindigkeit und einen zufälligen Geschwindigkeitsanteil ~vth sepa-riert1. Zur Berechnung wird

hEkinthi(~r,t) = +∞

−∞

Ekin(~v−~vd)f(~r,~v,t)d3~v mit Ekin(~u) = 1

2mqu2x+u2y+u2z (4.12) verwendet. Hierbei wird der Funktion Ekin(~ν) das Funktionsargument ~v~vd =~vth übergeben. Die Energie Ekinth eines einzelnen Teilchens hängt von dessen Geschwin-digkeit sowie der GeschwinGeschwin-digkeit aller anderen Teilchen am betrachteten Ort ab2.

4.2.4 Temperaturangabe und das eV

Die Temperatur T ist in der SI-Einheit Kelvin angegeben. In der Plasmaphysik ist die alternative Darstellung der Temperatur in der Einheit V oder eV üblich. Bei dem eV handelt es sich um eine Energiemenge, für die 1 eV = 1 e·1 V mit der Elementarladung e in Coulomb gilt. Die Einheitenumwandlung kann mit

Ein eV=Ein J· 1C·1 V e·1 V

!

| {z }

Anzahl der eV in einem Joule

·eV

J ≈ Ein J 1,602·10−19

eV

J (4.13)

geschehen. Hierbei bezeichnen die Buchstaben V, C und J die entsprechenden Ein-heiten Volt, Coulomb und Joule. Alternativ kann E = e·U mit der Spannung U verwendet werden. Bei U = 3,2 V spricht man von der Temperatur 3,2 eV bzw.

3,2 V. Für die Umrechnung zwischen Kelvin und V bzw. eV gibt es zwei verschiedene Konventionen.

Tabelle 4.1: Übersicht der Konventionen

Konvention Temperatur mittlere kinetische Energie

A) Berechnen mit hEkinthi 1 eV 1 V 7.736 K 1 eV 1 V 1,602·10−19 J B) Berechnen mit kB 1 eV 1 V 11.605 K 1,5 eV 1,5 V 2,403·10−19 J

1 Index th für thermische Geschwindigkeit.

2 Ekinth hängt von~vdab, welches wiederum von f(~r,~v,t)abhängt.

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Konvention A)Mit Gl. 4.10 wird die Temperatur in eine mittlere kinetische Ener-gie hEkinthi umgerechnet [90]. Die Energie kann dann in der Einheit eV oder mit der Einheit V angegebene werden. Bei dieser Konvention ermöglicht die Angabe der Temperatur als Energie eine direkte physikalische Interpretation der Größe.

Konvention B)Zur Umrechnung nutzt man aus, dass kB die Einheit J/Khat. Mit E =T ·kB lässt sich die Temperatur in Kelvin direkt in eine Energie in Joule um-rechnen [68].

Tabelle 4.1 gibt eine Übersicht der beiden Konventionen. In dieser Arbeit wird Kon-vention B mit der Umrechnung

TV=T · kB

e (4.14)

gemäß Ref. [68] verwendet, da diese gebräuchlicher zu sein scheint. Hierbei ist TV die Temperatur in der Einheit V.

4.2.5 Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung

Die Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung beschreibt eine mögliche Form der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der Teilchengeschwindigkeit. Sie kann aus Be-obachtungen hergeleitet und durch Experimente nachgewiesen werden [2]. Sie ergibt sich bei einem idealen Gas1 im thermischen Gleichgewicht und lässt sich auch unter Anwendung der klassischen Boltzmann-Verteilung, bei der die EnergieE gemäß der Wahrscheinlichkeit pe

E

kBT verteilt ist, herleiten [91]. Die eindimensionale Wahr-scheinlichkeitsdichtefunktionf(v

x) der Geschwindigkeitskomponentevxentspricht ei-ner Gauß-Verteilung gemäß

f(vx) =

s m

2πkBT ·e2kmBTv2x. (4.15) Die Wahrscheinlichkeitsdichte f(~v), dass das betrachtete Teilchen die Geschwindig-keit~vhat, ergibt sich durch Multiplikation der einzelnen Wahrscheinlichkeitsdichten gemäßf(~v) =f(vx)·f(vy)·f(vz). Ausgeschrieben ergibt dies

f(~v) =f(vx,vy,vz)= m 2πkBT

32

·e2kmBT(vx2+v2y+v2z). (4.16) Die Wahrscheinlichkeitsdichte f(|~v|), dass das Teilchen die Geschwindigkeit v = |~v|

hat, entspricht der Integration von f(~v) über alle Geschwindigkeitsvektoren ~v der Länge v. Hierdurch erhält man

f(v) = 4πv2

m 2πkBT

32

·e2kmBTv2. (4.17) Diese Gleichung ist üblicherweise gemeint, wenn man von der Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung spricht. Bei der Integration lässt sich die Isotropie von f(~v) ausnutzen und der Term 4πv2 entsteht, da die Geschwindigkeitsvektoren der

1 Bei diesem wird angenommen, dass nur die kinetische Energie als Energiezustand vorkommt.

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Abbildung 4.2: Maxwell-Boltzmann-Geschwindigkeitsverteilung

Längev eine Kugeloberfläche im Geschwindigkeitsraum aufspannen. Ein Anpassung der Dichtefunktion in Abhängigkeit der kinetischen Energie E liefert

f(E) = √2

π(kBT)32

EekBET. (4.18) In Abb. 4.2 sind die Funktionen 4.15 und 4.17 für die Elektronen-Temperaturen (Formelzeichen Te) 1 eV, 2 eV und 4 eV visualisiert. Mit steigender Temperatur wird die Gauß-Kurve breiter bzw. höhere Geschwindigkeiten werden wahrscheinli-cher. Zudem ist mit der Kurve „Te = 1 eV mit vd 6= 0 m/s“ ein Beispiel gegeben, wie sich eine Driftgeschwindigkeit auf f(v

x), f(v

y), f(v

z) und f(v) auswirkt. Während eine Driftgeschwindigkeit bei den ersten 3 Funktionen zu einer Verschiebung der Gauß-Kurve führt, wie beif(v

x) und f(v

y) ersichtlich, ist der Zusammenhang beif(v) komplexer und wurde hier durch numerische Integration berechnet.