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Aufbau des (Simulations-)Modells

5.3 Gleichungssystem

wird mit einem Spice-Modell simuliert. In [88] wurde das radiale Dichteprofil auf ra-diale und axiale Richtung erweitert. Auch diese Arbeit führt den Trend, das globale Triebwerksmodell durch numerische Simulationen zu verfeinern, weiter.

5.3 Gleichungssystem

5.3.1 Kurzdarstellung der zugrundeliegenden Problematik

Durch die Verwendung numerischer Teilmodelle kommt es zu komplexen Abhän-gigkeiten. Zudem steigt die Ausführungszeit im Vergleich zu analytischen Teilm-odellen signifikant an. Einer langen Ausführungszeit kann durch die Bereitstellung größerer Rechenleistung entgegengewirkt werden. Dies ist jedoch mit Kosten verbun-den und erfordert eine entsprechend aufwendige Implementierung der Teilmodelle.

Dementsprechend sind Lösungsverfahren für das Gesamtmodel wünschenswert, die eine Konvergenz mit möglichst wenigen Aufrufen der Teilmodelle erreichen. Dem gegenüber steht jedoch, dass es bereits eine Herausforderung ist überhaupt eine Lö-sung zu finden. Die LöLö-sung muss nämlich allen Teilmodell genügen und die einzelnen Modelle stehen in einer komplexen Abhängigkeit zu einander. Je nach Anordnung der Modelle könnte man diese auch als zirkular bezeichnen. Als Beispiel lassen sich die folgenden Abhängigkeiten aufführen:

a) Der Strahlstrom ist eine Funktion der Plasmaparameter b) Die Plasmaparameter sind eine Funktion der Neutralgasdichte b) Die Neutralgasdichte ist eine Funktion des Strahlstroms

5.3.2 Erhaltungsgrößen und Bilanzgleichungen

Definition der Erhaltungsgrößen und Aufstellen der Bilanzgleichungen:

Zum Aufstellen einer Erhaltungsgröße ist ein Volumen zu definieren, innerhalb des-sen die Größe erhalten bleibt. Hierzu wird das PlasmavolumenVpgemäß der Definiti-on aus Abschnitt 4.5 verwendet. Lediglich für die Wandverluste (siehe Abschnitt 6.8) wird die an der Wand deponierte Leistung betrachtet. Die Summe der von Elek-tronen und Ionen an der Wand deponierten Leistung ist jedoch identisch mit der Nettoleistung der kinetischen Energie die das Plasmavolumen pro Zeiteinheit ver-lässt. Die Vorgehensweise zum Herleiten der Bilanzgleichungen wird am Beispiel der Elektronenenergie verdeutlicht. Als Erhaltungsgröße wird die kinetische Energie aller Elektronen Ee = PNn=0 1

2mv2 innerhalb Vp betrachtet. Die zeitliche Änderung berechnet sich mit

∂Ee

∂t = ∆P =PpPn, (5.1)

wobeiPpdie dem Elektronensystem zugeführte undPndie dem System entnommene Leistung ist. Durch Betrachtung des quasistationären Systems gilt ∂E∂te = 0 und es folgt die Bilanzgleichung mit ∆P =PpPn= 0.

Überblick der verwendeten Erhaltungsgrößen und Bilanzgleichungen: Die zur Beschreibung benötigten Erhaltungsgrößen sind in Tabelle 5.1 dargestellt. Bei dem System mitN = 3 Spezies (ohne Zählung der Elektronen) ergeben sich N + 1 Gleichungen mitN + 1 Zustandsgrößen, welche durchN Teilchenbilanzgleichungen

Kapitel 5 Aufbau des (Simulations-)Modells

Tabelle 5.1: Übersicht der Erhaltungs- und Bilanzgrößen

Erhaltungsgröße mit Formelzeichen Bilanzierungsgröße mit Formelzeichen Anzahl Neutralteilchen N0

Erzeugungs- und Verlustrate der Teilchen

N˙0

Anzahl einfach geladener Ionen N+ N˙+

Anzahl zweifach geladener Ionen N++ N˙++

Kinetische Energie der Elektronen Ee Leistung P

und eine Leistungsbilanzgleichung gegeben sind. Eine Gleichung für die Elektronen wird nicht benötigt, da die Information zu diesen bereits vollständig in den Gleichun-gen der anderen Spezies enthalten ist. Bei Systemen mit mehreren Spezies kann für jede Spezies eine eigene Erhaltungsgleichung definiert werden. In dieser Erhaltungs-gleichung müssen alle Erzeugungs- und Verlustkanäle dieser Spezies berücksichtigt werden. Das heißt zum Beispiel, dass Spezies A aus anderen Spezies erzeugt werden kann. Es kann aber auch Spezies A in andere Spezies umgewandelt werden. Bezüg-lich der Teilchenerhaltungsgleichungen in Tab. 5.1 sei angemerkt, dass die Einheit der Größen ˙N, ˙N+ und ˙N++ Teilchen/s ist.1

5.3.3 Das selbstkonsistente Gleichungssystems

Die Funktionen der Bilanzgleichungen sind in Gl. (5.2) bis (5.5), mit ihren Abhän-gigkeiten in Klammern, dargestellt.

∆ ˙N0p, T0,n0,n+,n++,Te) = 0 (5.2)

∆ ˙N+(n0,n+,n++,Te) = 0 (5.3)

∆ ˙N++(n0,n+,n++,Te) = 0 (5.4)

P (UDC,Tm,n0,n+,n++,Te) = 0 (5.5) Hierbei wird der Plasmazustand f(~r,~v) = n(~r) ·f(~v) durch den in Rot dargestellten Satz an unbekannten skalaren Zustandsgrößen des Plasmas, bestehend aus der Neutralgasdichte n0, der Dichte der einfach geladenen Ionen n+, der Dichte der zweifach geladenen Ionen n++ und der Elektronentemperatur Te, vollständig defi-niert. Aus diesen Größen lassen sich die Dichteprofile der einzelnen Spezies, stell-vertretend für n(~r), unter Zuhilfenahme von Gl. (4.56) berechnen. Hierbei handelt es sich bei n0, n+ und n++ um die jeweiligen Teilchendichten im Plasmazentrum.

Die Geschwindigkeitsdichtefunktion ist über Gl. (4.17) gegeben. InBlaudargestellt sind Randbedingungen des Gleichungssystems: der Neutralgasteilchenfluss in die Ionisationskammer Γp, die Temperatur des Neutralgases T0, die Temperatur aller simulierten MaterialienTmund die Eingangsspannung des RFGsUDC. Um das Glei-chungssystem zu lösen, muss für gegebeneRandbedingungen2 der Satz an Zustands-größengefunden werden, der alle Bilanzgleichungen erfüllt. Dieses Ergebnis wird als

1 Der Begriff des Flusses wird nicht verwendet, da dieser impliziert, dass die Größe aus der Integration über eine Flussdichte folgt, was hier nicht zwangsweise der Fall ist.

2 Es sei zu erwähnen, dass das System natürlich noch weit mehr Randbedingungen wie z. B. die Geometrie des Triebwerks, die Länge der RF-Übertragungsleitung, die Stoß- und Wirkungs-querschnitte etc. aufweist. Diese ändern sich jedoch während des Betriebs nicht oder nur marginal. Γp und UDC stellen gemeinsam mit den Gitterspannungen die Betriebsparameter

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5.3 Gleichungssystem

selbstkonsistente Lösung bezeichnet und berücksichtigt die gegenseitige Wech-selwirkung der einzelnen Systembestandteile. Die gesuchten Größen des Triebwerks-systems, siehe Abschnitt 2.2 und 3.6, lassen sich anschließend aus den gefundenen Zustandsgrößen berechnen1.

Um das Gleichungssystem (5.2) bis (5.5) aufzustellen, werden die einzelnen numeri-schen Teilmodelle jeweils als mathematische Funktion aufgefasst, die einem Satz an Funktionsargumenten einen Funktionswert zuordnen. Zudem ist eine bestimmte Ver-knüpfung der einzelnen numerischen Teilmodelle notwendig, um diese Darstellungs-form zu ermöglichen. Prinzipiell erlaubt diese BeschreibungsDarstellungs-form das Inkludieren beliebiger numerischer Teilmodelle. Im Folgenden wird das Gleichungssystem nach und nach im Detail erklärt. So wird zuerst für die Gl. (5.2) bis (5.5) eine Separation von Erzeugungs- und Verlusttermen vorgenommen, wobei die Abhängigkeiten, so-weit möglich, angepasst werden. Ergebnis ist das Gleichungssystem (5.6) bis (5.9), wobei der Index p den Erzeugungsterm und n den Verlustterm kennzeichnet.

∆ ˙N0 = N˙0,pp,n0,n+,n++,Te)− N˙0,n(T0,n0,n+,n++,Te) = 0 (5.6)

∆ ˙N+ = N˙+,p(n0,n+,n++,Te)− N˙+,n(n0,n+,n++,Te) = 0 (5.7)

∆ ˙N++= N˙++,p(n0,n+,n++,Te)− N˙++,n(n0,n++,Te) = 0 (5.8)

P = Pp(UDC,Tm,n0,n+,n++,Te)− Pn(n0,n+,n++,Te) = 0 (5.9)

5.3.4 Bestandteile innerhalb der Bilanzgleichungen

Gleichungen (5.6) bis (5.8) beinhalten jeweils die Erzeugungs- und Verlustraten der betrachteten Spezies. Hierzu müssen Teilchenbewegungen über die Systemgrenze des betrachteten Volumens und Umwandlungsprozesse innerhalb dessen berechnet wer-den. Letztere sind allgemein betrachtet von jeder Spezies zu jeder Spezies denkbar.

Die Neutralteilchenerhaltungsgleichung (5.6) lässt sich, wie in Abschnitt 6.6 gezeigt wird, in

∆ ˙N0p()−Γn(T0,n0,n+,n++, Te) = 0 (5.10) vereinfachen. Dies ist eine Bilanzgleichung aus dem Fluss an zugeführten Neutral-teilchenΓp und dem Fluss an extrahierten Teilchen Γn gemäß

Γn = ΓE0 (T0,n0)

| {z }

Neutralteilchen

+ ΓE+(n0,n+,n++,Te)

| {z }

einfach geladene Ionen

+ ΓE++(n0,n+,n++,Te)

| {z }

zweifach geladene Ionen

. (5.11)

Für die Teilchenerhaltungsgleichungen gilt, dass für Gl. (5.6) die Ionenoptik zu si-mulieren ist, während für Gl. (5.7) und (5.8) die Wirkungsquerschnitte und Raten-koeffizienten relevant sind.

Zum Berechnen von Pn sind die Leistungs-Verlustkanäle der Elektronen zu berück-sichtigen. Diese sind Wandverluste, Leistungsabgabe an Ionen durch das sich

ausbil-dar und T0 undTm wurden genannt, um darzustellen, dass diese Größen nicht selbstkonsis-tent berücksichtigt werden. In den Experimenten zur Validierung (siehe Kapitel 11.1) wurden Temperaturen an der Außenwand des Triebwerks zwischen 81C und 149C gemessen. Im Inneren des Triebwerks sind aufgrund des sich einstellenden Temperaturgradienten höhere Temperaturen vorhanden, sodassT0=Tm= 150C angesetzt wird.

1 Genau genommen werden die gesuchten Größen teilweise bereits im Rahmen des iterativen Verfahrens berechnet, sodass diese automatisch vorliegen, wenn die Lösung aller Zustandsgrö-ßen gefunden ist.

Kapitel 5 Aufbau des (Simulations-)Modells

dende elektrostatische Feld1 und Energieverluste bei Stößen. Zur Bestimmung von Pp müssen die Plasmaleitfähigkeit bestimmt, eine elektromagnetische Simulation durchgeführt sowie die peripheren Systeme simuliert werden.