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Extraktionssystem

7.3 Das elektrische System

In der Literatur erfolgt eine Beschreibung des elektrischen Feldes der Ionenoptik üblicherweise mittels der Poisson-Gleichung. Hierbei werden die Potentiale auf den Gittern als Randbedingung vorgegeben. Auf das elektrische System zur Bereitstellung dieser Potentiale und auf die phy-sikalische Entstehung des von den Hochspannungsnetzteilen zu liefern-den Strom wird nur spärlich oder gar nicht eingegangen. Beschreibungen sind z. B. Quelle [124] zu entnehmen. In diesem Abschnitt werden die beiden Themen auf Grundlage theoretischer Überlegungen weiter detail-liert. Hierbei wird das System so betrachtet, wie es sich im Weltraum verhalten würde. Im Experiment auf der Erde können zusätzlich Ströme über den Tank vorhanden sein.

7.3.1 Oberflächenladung und Potentiale im System

Zu Beginn wird der Fall ohne angelegte Gitterspannungen betrachtet. Nach dem Zünden entsteht innerhalb des Plasmas ein positives Potential in Bezug zur Wand.

Das Potential entsteht aufgrund der in Vorschicht und Randschicht gegenüber der Elektronendichte erhöhten Ionendichte. Hierzu kommt es während bzw. kurz nach dem Zündvorgang, da die Elektronen tendenziell zeitlich vor den Ionen die Wän-de treffen. Diese Elektronen lagern sich als Oberflächenladung an Wän-den das Plasma umgebenden Wänden an1. Dementsprechend herrscht in dem Gesamtvolumen aus Bulk, Vorschicht und Schicht ein leichter Ionenüberschuss bzw. Elektronenmangel, wobei das Gesamtgebilde inklusive der sich an den Wänden befindenden Elektronen nach außen hin neutral ist.

1 Zur Anschauung dieses Sachverhalts kann ein kugelförmiges induktiv gekoppeltes Plasma innerhalb eines elektrisch nicht leitfähigen Glases betrachtet werden. Die Elektronen können das System nicht verlassen und müssen sich an der Oberfläche anlagern. Auch bei einem elektrische leitfähigen Gehäuse würden die Elektronen an der Innenwand verbleiben, da diese zum Plasma hingezogen werden.

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7.3 Das elektrische System

DIN A4 210 mm x 297 mm

\usepackage{geometry}

V V

-+

+

-𝐼𝑆𝐶𝐺 𝐼𝐴𝐶𝐺 𝐼𝐷𝐶𝐺 𝐼𝑏

+ + +

+ + +

-+ + + + + + +

+ +

+

+ +

--

-V

-- -+

++ + ++

++

+ +

+ +

-+ +

+

+ +

+ + +

--

-0

0 0

0 0

0 0

0 0 0 0

0 0

0 0

0

0 0

+ +

+ +

-Abbildung 7.8: Extraktionssystem mit Stromflüssen und Oberflächenladungen Als nächstes wird betrachtet, was beim Anlegen der Gitterspannungen passiert. Zur Visualisierung sei im Folgenden auf Abb. 7.8 verwiesen, in der die Ladungsände-rung zwischen dem Zustand ohne angelegten Gitterspannungen und dem Zustand mit angelegten Gitterspannungen dargestellt ist. Dementsprechend ist die zu Be-ginn beschriebene Oberflächenladung der Elektronen, an den mit dem Plasma in Berührung stehende Wänden, nicht dargestellt. Die Gitter sowie andere elektrisch leitfähige Gebilde bilden Kondensatoren aus. Damit sich eine Spannung zwischen den Gittern ausbilden kann, müssen Verschiebeströme fließen. Diese werden von den PHV- und NHV-Netzteilen zur Verfügung gestellt und verteilen Elektronen im elek-trischen System. Sie fließen u. a. vom SCG zum ACG, vom DCG zum ACG und vom SCG zum Gehäuse. Letzteres, da sich auch zwischen dem SCG und dem Gehäuse ein Kondensator ausbildet. Bekannterweise liegen diese Elektronen im elektrostatischen Fall als Oberflächenladung auf den Elektroden (in diesem Fall der Gitter) vor1. Dies ist in Abb. 7.8 dargestellt. Es bildet sich auch zwischen SCG und dem Gehäuse ein elektrisches Feld. Aufgrund dessen kommt es während des Einschwingvorgangs des Plasmas zu einem verstärkten Ionenfluss zur Wand. Dieser endet, sobald die Wand der Ionisationskammer im Inneren auf das Potential vom SCG angehoben ist2. Durch die Gitterspannungen kommt es also zu einem Anheben des gesamten Plasmapotentials in Bezug zum DCG, welches mit dem Gehäuse verbunden ist.

1 Im elektrostatischen Fall fließt kein Strom und dementsprechend herrscht im Leiter auch kein elektrisches Feld vor. Das D-Feld im Leiter ist also 0 und gemäß Gl. (4.31) liegt dort keine Ladungsdichte vor. Die Elektronen müssen sich also auf der Oberfläche befinden. Alternativ lässt sich dieser Sachverhalt damit erklären, dass die freien Elektronen im elektrostatischen Fall im Kräftegleichgewicht sind und sich bei einem Überschuss im Leiter nach außen zur Wand hin abstoßen.

2 Alternativ lässt sich begründen, dass das Plasma ein elektrischer Leiter ist und somit die Innenwand der Ionisationskammer und das SCG auf dem gleichen Potential liegen müssen.

Kapitel 7 Extraktionssystem

7.3.2 Mechanismus und Position der Schuberzeugung

Eine Betrachtung der Oberflächenladungen legt nahe, dass der Schub über die cou-lombsche Anziehung zwischen den zu extrahierenden Ionen und den Elektronen an der Oberfläche des ACG erzeugt wird bzw. durch Abstoßung von den fehlenden Elektronen am SCG. Die Elektronen geben, da sie in dem Material gebunden sind, die Kraft an die Satellitenstruktur weiter. Durch eine Änderung der Ionenoptik verändert sich die räumliche Verteilung der Elektronen innerhalb der Gitter. Die-ser Effekt ist letztendlich für die sich mit der Geometrie ändernden Trajektorien verantwortlich. Wie aus den Potentialen in Abb. 7.6 zu entnehmen ist, findet die Beschleunigung der Ionen und somit die Schubgenerierung hauptsächlich im Bereich zwischen SCG und ACG statt.

7.3.3 Ströme im elektrischen Systems

Neutralisator: Bevor die Ströme im System thematisiert werden, wird der Neu-tralisator betrachtet. Für diesen wird exemplarisch eine Glühwendel angenommen, aus deren Material Elektronen nach thermischer Überwindung der Austrittsarbeit mit einer Winkel- und Geschwindigkeitsverteilung emittiert werden. Die Elektronen bilden eine Elektronenwolke und werden aufgrund der sich ausbildender elektri-scher Felder zurück zum Material beschleunigt1. In dem elektrischen System bzw.

im Material der Glühwendel entstehen Elektronenlöcher, die sich aufgrund der An-ziehungskraft zu den Elektronen an der Oberfläche der Glühwendel in der Nähe der Elektronenwolke befinden.

Einschwingvorgang des Extraktionssystem: Während des Einschwingens des Extraktionsvorgangs kann es tendenziell zu einer Verschiebung der Oberflächenla-dung an den Gittern kommen, da diese von der sich ändernden Position der Ionen im Extraktionskanal beeinflusst wird. Dieser kurzzeitige Verschiebestrom ist jedoch von einem DC-Strom zu unterscheiden, für den ein „geschlossener Stromkreis“ not-wendig ist.

DC-Strom: Der DC-Strom bildet sich erst über den Neutralisator aus. Aufgrund des leichten Ionenüberschusses in Vorschicht und Schicht wirkt eine Kraft auf die Elektronen der Oberflächenladung hin zum Plasmazentrum. Werden Ionen extra-hiert, versuchen diese Elektronen jenen zu folgen, indem Elektronen der Oberflä-chenladung vom SCG über das PHV-Netzteil zum Neutralisator fließen, dort emit-tiert und von einem extrahierten Ion mitgenommen werden. Gleichzeitig ändern sich die Potentiale im Plasma, da dort aufgrund der Extraktion weniger Ionen zur Ver-fügung stehen. Dies hat geänderte Potentiale zur Folge, welche ein Ungleichgewicht der Elektronen- und Ionenströme auf das SCG erzeugen, sodass es zu einem Netto-Elektronenfluss auf das SCG kommt2. Bezüglich der aufzubringenden Leistung des PHV-Netzteils lässt sich erklären, dass durch ein fehlendes Ion im Plasma das Po-tential des Plasmas in Bezug zum SSG abgesenkt wird. Das PHV-Netzteil gleicht

1 Es wird ein einfacher Fall angenommen, bei dem keine weiteren elektrischen Felder vorliegen.

Je nach Experiment können die Elektronen auch auf andere Oberflächen treffen.

2 Beim Experiment in einem Vakuumtank kann der DC-Strom auch über den Tank stattfinden.

In dem Fall Treffen die Ionen den Vakuumtank und ein Elektron aus dem Plasma bewegt sich zum Tank hin.

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7.3 Das elektrische System

diesen Potentialabfall aus, indem ein Elektron vom SCG entfernt wird. Dieses Elek-tron bringt das Potential des PHV-Netzteils auf. Der ElekElek-tronenstrom vom SCG ist alsISCG messbar.

Strahlstrom IB: Definiert man den Strom an Ionen im Extraktionsstrahl als