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Im beginnenden 21. Jahrhundert trat die Digitalisierung ihren Siegeszug an. Sie hat seitdem alle Lebensbereiche durchdrungen und ist aus unserem Alltagsleben nicht mehr wegzudenken. Die Verwendung von PCs und Smartphones, digitalen Haushaltsgeräten und Hilfsmitteln ist im Mainstream angekommen und ein fixer Bestandteil des Alltags geworden. Die klassischen Medien erfahren einen Bedeutungswandel; Big Data eröffnet uns bisher nie dagewesene Möglichkeiten der Datenauswertung und der Wissensgenerierung. Gleichzeitig wirft die Digitalisierung auch neue Fragen und Risiken auf.

Unter Digitalisierung wird allgemein die technische Umwandlung analoger Objekte in digitale Daten verstanden, zum Beispiel der Übergang von Videos als Träger für Filme hin zu Streamingdiensten wie Netflix. Gesellschaftspolitisch spricht man bei Digitalisierung – bezugnehmend auf das Alltags- und Arbeitsleben – vom Wandel analoger Formen der Kommunikation, Dokumentation oder Büroarbeit hin zur Erledigung dieser Aufgaben mithilfe digitaler Technologien (vgl. Kreidenweis 2018:

11).

Der Digitale Wandel hat auch die Sozialwirtschaft erfasst. Die Verwendung digitalisierter Medien ist ein alltäglicher Teil der Arbeit in sozialwirtschaftlichen Organisationen geworden und spielt eine Rolle bei der Weiterentwicklung der Angebote. Digitalisierung ist ein Feld, das die Sozialwirtschaft nicht mehr loslassen wird. Wenn die Sozialwirtschaft es nicht schafft, selbst Antworten auf die Fragen der digitalisierten Gesellschaft zu finden und Menschen dabei in den Mittelpunkt zu stellen, kann der Zeitpunkt verpasst werden, an dem eine Gestaltung der eigenen digitalen Welt und den daraus möglichen Dienstleistungen noch machbar ist.

Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, eine Grundlage für einen Handlungsleitfaden zur Erstellung digitaler Dienstleistungen in sozialwirtschaftlichen Organisationen zu bieten. Sie beschäftigt sich mit der Erarbeitung neuer Dienstleistungen und der Angebotserweiterung in der Sozialwirtschaft aufgrund von Digitalisierung. Für die empirische Erhebung wurden die Angebote der Wiener Wohnungslosenhilfe beforscht und die Rolle der Digitalisierung in der Weiterentwicklung ihrer Dienstleistungsangebote beleuchtet.

Die Wahl des Themas und des beforschten Handlungsfelds begründet sich zum einen in der persönlichen Motivation der Verfasserin und zum anderen mit der besonderen Relevanz des Themas und der Heterogenität sowie dem Umfang der Angebote im Handlungsfeld Wohnungslosenhilfe. Die Verfasserin der vorliegenden Arbeit beschäftigt sich hauptberuflich mit dem Feld der Wohnungslosenhilfe auf strategischer Ebene, ist selbst in Digitalisierungsprozesse involviert bzw. handelnd tätig und betrachtet Digitalisierung als aktuelles und prioritär zu behandelndes Thema. Die Wiener Wohnungslosenhilfe bietet aufgrund der Vielfalt ihrer Angebote und Adressat*innen ein weites Feld an Möglichkeiten und ist zugleich nah an gesellschaftlichen Entwicklungen und der Zielgruppe der wohnungslosen Menschen. Das Thema Digitalisierung ist in der Wohnungslosenhilfe in Wien allgegenwärtig, die Resonanz auf das Thema groß. Dennoch stellt sich die Frage, ob ein „roter Faden“ bei diesen Entwicklungen existiert, welchen Weg die Wohnungslosenhilfe in Wien beim Thema Digitalisierung einschlagen will und welche Angebote digitalisiert bzw. digital erweitert werden können.

Die vorliegende Arbeit verfolgt das Ziel, diesen Fragen nachzugehen und konzentriert sich auf die Erarbeitung von Dienstleistungen mithilfe von Digitalisierung. Die Forschungsfragen, die im Zuge der Erstellung dieser Masterarbeit beleuchtet wurden, sind folgende:

• Welche Rolle spielt Digitalisierung bei der Entwicklung neuer Dienstleistungen in sozialwirtschaftlichen Organisationen in der Wiener Wohnungslosenhilfe?

• In welcher Form wird Digitalisierung in sozialwirtschaftlichen Organisationen in der Wiener Wohnungslosenhilfe aktuell zur Erweiterung des bestehenden Angebots eingesetzt?

• Was muss ein neues Dienstleistungsangebot enthalten, um Zielgruppen zu erreichen und entsprechend angenommen/genutzt zu werden?

Zur Beantwortung der Forschungsfrage wurden zehn Expert*inneninterviews mit Leitungspersonen der mittleren Leitungsebene der Wiener Wohnungslosenhilfe geführt. Dies entspricht etwa 10% der Grundgesamtheit der Leitungspersonen. Bei der Auswahl der Interviewpartner*innen wurde darauf geachtet, dass die drei großen Bereiche – niederschwellige Angebote, stationäre Angebote und mobile

Angebote – analog der Anzahl der Einrichtungen vertreten waren, um die Heterogenität des Handlungsfeldes bestmöglich darzustellen. Mithilfe einer qualitativen Inhaltsanalyse nach Mayring (2015) wurden die Interviews ausgewertet und induktiv zentrale Kategorien gebildet.

Die vorliegende Arbeit gliedert sich in vier Teile. Im ersten Teil wird die aktuelle Fachliteratur zum Thema Digitalisierung in der Sozialwirtschaft, Dienstleistungen und Dienstleistungsdesign behandelt und diskutiert. Im zweiten Teil folgt eine Beschreibung des Aufbaus und der Leistung der Wiener Wohnungslosenhilfe. Teil drei widmet sich der genauen Darlegung des Forschungsprozesses und der ausgewählten Methoden. Im vierten Teil werden schlussendlich die Ergebnisse der empirischen Erhebung dargestellt und diskutiert und in weiterer Folge mit den Erkenntnissen aus dem theoretischen Teil zusammengeführt.

Digitalisierung ermöglicht es, bereits vertraute Abläufe neu zu denken, sich mit Tradiertem auseinanderzusetzen und zu überlegen, wie die neue Technik auch in Zukunft genutzt werden kann. Digitalisierung ist ein höchst aktuelles Thema für die Sozialwirtschaft. Der Erkenntnisgewinn der vorliegenden Arbeit generiert sich durch das Bestreben, die Situation in Organisationen der Wiener Wohnungslosenhilfe in Form einer Momentaufnahme darzustellen, Möglichkeiten aufzuzeigen und so eine Hilfestellung bei zukünftigen Entwicklungen zu sein. Sie hat zum Ziel, den bereits erwähnten roten Faden zu finden, die aktuelle Situation zu beschreiben und eine Grundlage für die Erarbeitung neuer, digitalisierte Dienstleistungen in sozialwirtschaftlichen Organisationen zu erarbeiten.

Wie aus den Ergebnissen der empirischen Erhebung hervorgeht, ist Digitalisierung bereits Teil der täglichen Arbeit in den Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe. Digitalisierung wird als Chance gesehen, jedoch wird auch betont, dass sie für die Gegebenheiten der Arbeit in sozialwirtschaftlichen Organisationen angepasst werden muss. Es werden Befürchtungen geäußert, dass der zunehmende Einsatz digitaler Technologien den menschlichen Faktor der Arbeit in sozialwirtschaftlichen Organisationen zurückdrängt.

Um die neuen Technologien optimal für die Bedarfe in sozialwirtschaftlichen Organisationen zu nutzen, auf ihre Bedarfe abzustimmen und digitale Entwicklungen zu steuern, braucht es Mitbestimmung, sowie zeitliche und

personelle Ressourcen. Diese Ressourcen fehlen in vielen Organisationen (noch) und führen zu Verzögerungen bei der Erstellung digitalisierter Dienstleistungen.

Ein Blick in die jüngste Vergangenheit zeigt, dass Digitalisierungsprozesse in sozialwirtschaftlichen Organisationen sehr schnell gehen können, wenn die Notwendigkeit dafür gegeben ist. Die vorliegende Arbeit entstand mitten in der Akutphase der Covid-19-Pandemie im Frühjahr 2020, als viele Abläufe in den Einrichtungen der Wiener Wohnungslosenhilfe in kürzester Zeit neu gedacht und umgesetzt wurden und digitale Technologien verwendet werden mussten, um die Kommunikation und die Prozesse aufrecht erhalten zu können. In dieser Zeit hat der sozialwirtschaftliche Sektor einen intensiven Digitalisierungsschub erlebt und es ist davon auszugehen, dass sich viele diesbezügliche Veränderungen auch halten werden. Daher wäre es interessant, zu einem späteren Zeitpunkt eine Vergleichsstudie durchzuführen, um zu erkunden, auf welchem Entwicklungsstand digitalisierte Dienstleistungen später sein werden.