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Die erste Phase des theologischen Dialogs

KAPITEL III: DIE DIALOGDOKUMENTE UND IHRE VERWIRKLICHUNG

1. DER THEOLOGISCHE DIALOG

1.2. Die erste Phase des theologischen Dialogs

Seit 1977 haben in drei Sitzungen die gesamtorthodoxe Kommission und die katholische Vorbereitungskommission einen Basistext erstellt, in dem die drei Grundfragen des Dialogs erörtert wurden. Zum Ersten hieß es, das Ziel des theologischen Dialogs sei, „die volle Gemeinschaft beider Kirchen im Glauben und in der Feier der Eucharistie, welche auf dem Boden der einen und ungeteilten Kirche Christi zu erreichen ist“. Zum Zweiten soll der Dialog in Anlehnung an die Beschlüsse der II. Panorthodoxen Konferenz auf Rhodos vom Jahr 1963, „auf gleicher Ebene und unter gleichen Bedingungen“ mit der katholischen Kirche aufgenommen und durchgeführt werden. Und zum Dritten sei es angemessener, den Dialog mit den uns einigenden theologischen Fragen zu beginnen, ohne jedoch Differenzen zu verschweigen. Hervorgehoben wurde, dass „der Beginn des Dialogs im positiven Geist durchgeführt werden soll, während die Probleme, die sich im Lauf der langen Trennung angehäuft haben, in diesem Geist gesehen werden sollen“.11

Trotz der ungleichen Einstellung hinsichtlich der Beteiligung der Unierten wurde der theologische Dialog vom Papst Johannes Paul II. und dem Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I. offiziell durch die gemeinsame Erklärung vom 30. November 1979 eröffnet.12 Seit der ersten Dialogsitzung auf Patmos-Rhodos 1980 wurden drei Dokumente erarbeitet: Das Geheimnis der Kirche und der Eucharistie im Licht des Geheimnisses der Heiligen Dreifaltigkeit (München 1982), Glaube, Sakrament und Einheit der Kirche (Bari 1987), und Das Weihesakrament in der sakramentalen Struktur der Kirche, insbesondere die Bedeutung der Apostolischen Sukzession für die Heiligung und die Einheit des Volkes Gottes (Neu Valamo 1988).13

7 J. Panagopoulos, Orthodoxie und Katholizismus im Dialog. Theologische Erwägungen und Perspektiven, in: OS 30: 1981, 303.

8 Johannes Paul II., Ansprache des Papstes nach der Liturgiefeier zu Ehren des hl. Apostels Andreas im Phanar am 30. November 1979, in: Im Dialog der Wahrheit. Dokumentation des römisch-katholisch/orthodoxen Theologischen Dialogs. XLI. Ökumenisches Symposion. Ökumenische Gastfreundschaft 1982-1989. Pro Oriente und Orthodoxie, hg. im Auftrag der Stiftung Pro Oriente, Bd. 12, Innsbruck-Wien 1990, 48.

9 Vgl. Metropolit Bartholomaios von Philadelphia, Der Verlauf des theologischen Dialogs zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche, in: Am Beginn des theologischen Dialogs, Festschrift zum 75. Geburtstag von Theodor Piffl-Percevic (Pro Oriente Bd. 10), Innsbruck-Wien 1987, 255.

10 Die im Laufe des Dialogs erstellten Dokumente umfassen eine große Breite der theologischen Problematik. In dieser Arbeit werden nur einzelne Fragen aus den Dialogpapieren geschildert. Einen breiten Überblick gibt S. Harkianakis, Der offizielle Dialog der Römisch-Katholischen und der Orthodoxen Kirche, in: OrthFor 3: 1989, 150-164; E. Ch. Suttner, Die in München, Bari und Valamo verabschiedeten gemeinsamen Erklärungen der gemischten Kommissionen für den orthodox-katholischen Theologischen Dialog, in: OrthFor 3: 1989, 177-187;

Teilnehmerliste an der ersten Plenartagung der Gemischten Kommission, in: Stiftung Pro Oriente (Hg.), Im Dialog der Wahrheit. Dokumentation des römisch-katholisch/orthodoxen Theologischen Dialogs. XLI. Ökumenisches Symposion. Ökumenische Gastfreundschaft 1982-1989, (Pro Oriente Bd. 12), Innsbruck-Wien 1990, 44-45.

11 J. Panagopoulos, Orthodoxie und Katholizismus im Dialog, 305.

12 Gemeinsame Erklärung des Papstes Johannes Paul II. und des Ökumenischen Patriarchen Dimitrios I. vom 30.11.1979, in: COst 35: 1980, 6 f.

13 Siehe die Originaltexte in französischer Sprache im Literaturverzeichnis. Deutsche Übersetzung: Das Geheimnis der Kirche und der Eucharistie im Licht des Geheimnisses der Heiligen Dreifaltigkeit, München 1982, in: US 37:

1982, 334-340; Glaube, Sakrament und Einheit der Kirche, Bari 1987, in: US 42: 1987, 262-270; Das

1.2.1. Das Dokument von München 1982: Das Geheimnis der Kirche und der Eucharistie im Licht des Geheimnisses der Heiligen Dreifaltigkeit

Das Dokument von München sieht das Wesen und die Verwirklichung der Kirche in der eucharistischen Gemeinschaft, weil sie dort ihre Stiftung feiert und ihre Erlösungsgabe empfängt. In der Eucharistie werden die Empfänger der heiligen Gaben durch den Hl. Geist zu einer kirchlichen Gemeinschaft, der trinitarischen Koinonia vereint (I, 4). Die Eucharistie wird somit als das Zentrum des sakramentalen Lebens verstanden (I, 5). Die Kirche gibt sich kund, wenn sie sich in der Eucharistie versammelt (II, 1).

Es gibt nur einen einzigen Leib Christi – eine einzige Kirche Gottes, die aus mehreren Ortskirchen besteht. Die Identität einer eucharistischen Versammlung mit der anderen resultiert daraus, dass alle im selben Glauben dasselbe Gedächtnis feiern. Ebenso wenig ist die Lokalkirche, die, um ihren Bischof versammelt, Eucharistie feiert, eine Sektion des Leibes Christi. Die Vielzahl der örtlichen Eucha-ristiefeiern zerteilt die Kirche nicht, sondern macht vielmehr auf sakramentale Weise ihre Einheit deutlich (III, 1). In der trinitarischen Perspektive wird die Universalkirche als Gemeinschaft der Kirchen dargestellt. Die eine und einzige Kirche ist identisch mit der Gemeinschaft der Ortskirchen, die wiederum keine bloßen Teile des einzigen Leibes Christi sind. Einheit und Vielfalt der Gemeinschaft der Ortskirchen erscheinen so sehr miteinander verbunden, dass die eine ohne die andere nicht bestehen kann (III, 2). Jede Ortskirche, in der die Eucharistie gefeiert werden kann und darf, ist Kirche im vollen Sinn des Wortes, Kirche der Fülle, Kirche, in der die Fülle des Heils erreicht werden kann (II, 1). Zwischen allen Lokalkirchen besteht die Einheit, da sie alle dasselbe Gedächtnis feiern (III, 1). Die Gemeinschaft der Schwesterkirchen kann dem Neuen Testament zufolge in der Bande der „Gemeinschaft des Glaubens, in der Hoffnung und in der Liebe, der Gemeinschaft der Sakramente, der Gemeinschaft in der Verschiedenheit der Charismen, der Gemeinschaft in der Versöhnung, der Gemeinschaft der Dienste“

realisiert werden. „Der Handelnde dieser Gemeinschaft ist der Geist des auferstandenen Herrn. Durch ihn integriert die universale, katholische Kirche die Verschiedenheit oder die Vielfalt, indem diese eines ihrer Elemente ausmacht“ (III, 4). Die Gemeinschaft von vielen Ortskirchen wird darin gewährleistet, dass sie seit der Urkirche in der Kontinuität der Überlieferung und in der gegenseitigen Anerkennung verbleiben (III, 3 a-b).

Wesentlich ist die bestehende Gemeinschaft zwischen der Gemeinde und dem in der apostolischen Sukzession stehenden und für die Gemeinde verantwortlichen Bischof (II, 4). Die Gemeinde der alten Kirche hatte zu prüfen, ob das Glaubensbekenntnis des Kandidaten zum Bischof mit dem der Ortskirchen übereinstimmt, welche in Gemeinschaft mit den anderen lokalen Kirchen war, und so mit dem Glauben der Apostel. Deshalb ist ihm seine Gnadengabe, die der Bischof durch seine Weihe empfängt, unmittelbar vom Geist kommend, in der Apostolizität seiner Kirche gegeben und in der Apostolizität der anderen Kirchen, die durch die Bischöfe repräsentiert sind (II, 4). Diese Einheit und gegenseitige Bedingtheit zwischen der Gemeinde und dem ihr vorstehenden Bischof findet in der Eucharistiefeier ihren Ausdruck (II, 3). Nach dem Vorbild der in Konzilspraxis verbundenen Bischöfe hat jeder Ortsbischof in der Gemeinschaft mit den anderen Bischöfen durch ihre Weihe die Verantwortung auch für die Gesamtkirche (III, 4).

1.2.2. Das Dokument von Bari 1987: Glaube, Sakrament und Einheit der Kirche

Im Bezug auf die Beziehung zwischen Glaube und Gemeinschaft in den Sakramenten betont das Dokument, dass die Glaubenseinheit eine Voraussetzung für die Einheit in den Sakramenten und besonders in der Eucharistie sei (2). Der Glaube ist zugleich Gabe Gottes und Antwort des Menschen und hat seinen Ort in der Kirche (7, 11). Die Kirche wird als Gemeinschaft der Ortskirchen zu allen Zeiten und überall verstanden (8), in der sich der Glaube je nach der konkreten geschichtlichen Situation in verschiedenen Formen artikulieren kann und dabei in ganzheitlicher Perspektive des Mysteriums Christi immer unerschöpft bleibt (9). Die Sakramente sind in der Kirche der bevorzugte Ort des Glaubenserlebens und der Weitergabe (13), in deren Annahme der Zugang zur Fülle des Heils und Lebens im Heiligen Geist gegeben ist (9).

Die Verschiedenheit der Ausformulierungen des gefeierten Glaubensinhaltes wird als legitim anerkannt (19) und bedeutet in sich keinen Unterschied im vermittelten und gelebten Glaubensinhalt (20). Die

Weihesakrament in der sakramentalen Struktur der Kirche, insbesondere die Bedeutung der Apostolischen Sukzession für die Heiligung und die Einheit des Volkes Gottes, Neu-Valamo 1988, in: US 43: 1988, 343-351.

erforderliche Norm der Glaubensgemeinschaft ist das Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel.

Aufgrund dieser gegenseitigen Anerkennung der Identität und der Einzigartigkeit des in jeder Ortskirche weitergegebenen Glaubens erkennen sich die beiden Kirchen als wahre Kirchen Gottes an und jeden Gläubigen in einer anderen Kirche als Bruder und Schwester im Glauben (21). Auf dieser Basis der gegenseitigen Anerkennung ruht die sakramentale Gemeinschaft zwischen den Ortskirchen (23, 24). Neue kulturelle und geschichtliche Bedürfnisse können zu neuen Ausdrucksweisen führen. Um zwischen legitimen und anderen Entwicklungen unterscheiden zu können, die zum Inhalt der Lehre selbst gehören, bedarf es der Beurteilungskriterien wie: des ungebrochenen Zusammenhangs der Überlieferung, der doxologischen und der soteriologischen Bedeutung des Glaubens (28-31). Die Beurteilung von konkreten Entwicklungen verlangt einen offenen und behutsamen Dialog zwischen kompetenten Vertretern beider Kirchen (33).

Im zweiten Teil des Dokumentes ist die Rede von den Sakramenten der christlichen Initiation, die als ein Ganzes sowohl in der Orthodoxen als auch in der Römisch-Katholischen Kirche anerkannt werden (38).

Trotz der Diskussion um die Umstellung der Reihenfolge (51) bleibt das traditionelle Modell der gemeinsamen liturgischen Feier als Ideal für beide Kirchen (46). Das Dokument schließt mit einer historischen Rechtfertigung der verschiedenen Gewohnheiten, die als komplementär zu sehen sind und nicht als trennende Elemente. Es wird daran erinnert, dass das 879/880 gemeinsam durch die beiden Kirchen gefeierte Konzil von Konstantinopel festgesetzt hat, jeder Thron solle die alten Gewohnheiten seiner Tradition beibehalten, die Kirche von Rom die ihrigen, die Kirche von Konstantinopel die ihrigen, ebenso die orientalischen Throne (vgl. Mansi XVII, 489b).

1.2.3. Das Dokument von Neu-Valamo 1988: Das Weihesakrament in der sakramentalen Struktur der Kirche, insbesondere die Bedeutung der Apostolischen Sukzession für die Heiligung und die Einheit des Volkes Gottes

Das Weihesakrament artikuliert sich in der sakramentalen Struktur der Kirche in den drei Stufen des Bischofs-, des Priester-, und des Diakonsamtes. Die Apostolische Sukzession ist laut diesem Dokument in unseren Kirchen grundlegend für die Heiligung und die Einheit des Volkes Gottes (1). Das Amt, das als Dienstamt in der Kirche verstanden wird, hat in Christus seine Quelle und wird fruchtbar durch die Gnade des Heiligen Geistes. Es gebe keine Kirche ohne die vom Geist gewährten Ämter, und es gebe keine Ämter ohne die Kirche (5). Zwischen Christus und dem Wirken des Heiligen Geistes besteht eine sehr enge Verbindung (2, 3, 6, 9).

Das Amt hat einen sakramentalen Charakter. Christus selbst ist der Eckstein und das Haupt der Gemeinde. Die Apostolizität der Ämter gründet in der Gemeinschaft der Zwölf (13), die er aus dem Volk ausgewählt, mit Autorität und Vollmacht ausgestattet und sie mit Gnade des Heiligen Geistes gestärkt hat, damit sie ihn vergegenwärtigen. Die Bischöfe werden durch die Weihe zu Nachfolgern der Apostel und leiten das Volk auf den Wegen des Heils (18, 29, 49). Der Dienst der Zwölf ist einzigartig, unersetzbar, ein für allemal begründet (20) und macht das Fundament der Kirche aus (21).

Das Dienstamt, das im Bischofsamt seinen besonderen Ausdruck findet, stellt in der Kirche vor allem ein charismatisches Dienstamt dar (23). Der Bischof befindet sich als Vorsitzender der eucharistischen Versammlung im Zentrum der Charismen und der Dienste, die der Geist verleiht (25). Mit ihm zusammen realisiert sich die Gemeinschaft innerhalb der Ortskirche. Die Einheit innerhalb der Ortskirche ist untrennbar verbunden mit der Gemeinschaft aller Ortskirchen (26). Auf der Ebene der Bischöfe realisiert sich diese Gemeinschaft im Bischofskollegium und kommt bei der Bischofsweihe in der Kraft des Heiligen Geistes durch die Handauflegung zum Ausdruck (27). Die Rückbindung an die apostolische Gemeinschaft verbindet die Gesamtheit der Bischöfe, welche die Episkope der Ortskirchen sichert, mit dem Kollegium der Apostel (48). Mit Bezug auf die einheitliche apostolische Sukzession aller Bischöfe wird jeder Bischof durch die Weihe Nachfolger der Apostel, gleich, welcher Kirche auch immer er vorsteht, oder welche Vorrechte diese Kirche auch unter den übrigen Kirchen hat (49). Der Bischof hat die Verantwortung für den Erhalt des treuen Glaubens der Gemeinschaft mit der Lehre der Apostel (37).

Die Rolle des Bischofs wird im Vorsitz der eucharistischen Versammlung vollendet (41). Er selbst jedoch bleibt immer ein Glied der Kirche (39).

Die Bedeutung der Apostolischen Sukzession bezieht sich nicht nur auf den individuellen Bischof, sondern auch auf die Gemeinde. Es handelt sich also um eine Nachfolge von Personen in der Gemeinde, denn die Una Sancta sei eine Gemeinschaft von Ortskirchen und nicht von isolierten Individuen (45). Die

Ausübung der Gemeinschaft unter den Bischöfen fand in Ost und West verschiedene Formen. Es bildete sich auch eine Unterscheidung und Rangordnung zwischen Kirchen, die einen kirchenrechtlichen Ausdruck in den Kanones der Konzilien fand und Erbgut beider Kirchen wurde (52). Die synodale Eigenart des Handelns der Bischöfe zeigt sich in der Leitlinie, „das Leben der Kirche durch das gemeinsame Handeln der Bischöfe unter dem Vorsitz dessen, den sie als den ersten unter sich anerkannten, offenbar und wirksam zu machen“. Dem 34. Kanon der Apostel zufolge entscheide der erste in Übereinstimmung mit den übrigen Bischöfen und diese mit Zustimmung des ersten (53).

Glaubensentscheidungen und Kanones werden auf ökumenischen Konzilien getroffen und erlassen, „um die Überlieferung der Apostel unter geschichtlichen Bedingungen zu bestätigen“(54). Da diese Kanones die Primatsausübung des Papstes angehen, wird die Erörterung dieses Themas auf spätere Zeit verschoben.

1.3. Zur theologischen Diskussion in der ersten Phase des theologischen Dialogs

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