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Das Prinzip der Perichorese in der Communio-Ekklesiologie

KAPITEL III: DIE DIALOGDOKUMENTE UND IHRE VERWIRKLICHUNG

1. DER THEOLOGISCHE DIALOG

1.3. Zur theologischen Diskussion in der ersten Phase des theologischen Dialogs

1.3.2. Das Prinzip der Perichorese in der Communio-Ekklesiologie

Auch der Einwand, den Ratzinger gegen das 1982 in München verfasste Dokument erhoben hat, bezieht sich auf die Form und den Charakter des Bischofs von Rom, welche für beide Kirchen akzeptabel wären:

„Die Frage indes, welche eigentlich theologische Größe die vom Kaiser wahrgenommene Funktion ersetzen und übernehmen kann, ist unausweichlich, wenn man sinnvoll und konkret über Konziliarität der Kirche sprechen will“.24 Das Konzept der Kirche als Communio bietet eine Antwort auf die Frage nach

20 Vgl. J. Ratzinger, Kirche, Ökumene und Politik, Einsiedeln 1987, 75 f.

21 Vgl. Y. M. Congar, Die Lehre von der Kirche. Von Augustinus bis zum Abendländischen Schisma, (HDG III, 3c), Freiburg 1971, 47.

22 A. Kallis, Eucharistische Ekklesiologie – Theologie der Lokalkirche. Die eucharistische Struktur der Kirche, in:

A. Rauch, P. Imhof (Hg.), Die Eucharistie der einen Kirche, München 1983, 112 f.

23 M. M. Garijo-Guembe, Die Dokumente der internationalen Dialogkommission der römisch-katholischen Kirche, in: US 45:1990, 315.

24 J. Ratzinger, Kirche, Ökumene und Politik, 76. Die Möglichkeit einer kritischen Beurteilung hinsichtlich der römisch-katholischen Theologie erscheint für Meyendorff angemessen. „Solche Überlegungen müssen keineswegs

der theologischen Größe des universalen Charakters der Kirche. Die Communio-Ekklesiologie scheint nur dann ein annehmbarer Weg zur vollen Einheit für beide Kirchen zu sein, wenn sie, so Pottmeyer, ein entsprechendes Konzept des „Communio-Primats“25 voraussetzt, in dem sich beide Kirchen wiedererkennen könnten. Im Laufe der Kirchengeschichte kam es zu einem Verlust des Communio-Charakters der Kirche sowohl im Osten als auch im Westen.26 Das Zweite Vatikanische Konzil kündigte die Wiederherstellung der Communio-Ekklesiologie an, indem es die Bedeutung der Ortskirche stark ins Bewusstsein gerufen hat. Ein gelungenes wechselseitiges Verhältnis von Universalkirche und Einzelkirchen und somit eine „Communio-Gestalt der Kirche und des Papstes“ bestünde, so Pottmeyer, in einem Bewusstsein und in dem inneren Bedarf des Eingefügtseins der Einzelkirchen in die Communio der Universalkirche.27 Laut Damaskinos Papandreou manifestiert sich die Kirchengemeinschaft nicht in einer universalistisch strukturierten Kirche, die die Lokalkirchen als „de iure“ und „de facto“

untergeordnete Teile der „Una Sancta“ auffasse, sondern „in der konkreten „communio“, die ein Ineinander von Einheit und Vielheit in der Einheit von Christus und der Kirche ist und die die Trennung in der Kirche als Organisation und Mysterium überwindet“.28

Aus orthodoxer Sicht sei die Lokalkirche in die eine und universale Kirche dadurch integriert, dass „die Bischöfe um den Bischof von Rom geschart sind, wodurch ihre Identität und lokale Autonomie verloren geht und es folglich so ist, dass eine einzige Kirche mit der Universalkirche identisch ist. In der orthodoxen Theologie ist die Autonomie der Lokalkirche kein administrativer Organisationstyp, sondern eine Epiphanie der Universalkirche. Wir sprechen demnach von einer Pluralität der Lokalkirchen, deren Communio die Universalkirche darstellt. Die Communio der Lokalkirchen ist ein ebenso wichtiges Faktum wie ihre lokale Autonomie, und die Gemeinschaft der Bischöfe drückt die Kontinuität der Communio der Lokalkirchen und ihrer Einheit auf der Ebene der Universalkirche aus“.29 Der orthodoxe Metropolit Damaskinos Papandreou weist auf einen Widerspruch zwischen der ordentlichen Jurisdiktion des Bischofs in dessen Diözese und der direkten und ordentlichen des römischen Bischofs hin.

Andererseits fordert er von den Orthodoxen eine nähere Definition des Begriffs der Lokalkirche und ihrer Einordnung in die Communio mit den anderen Ortskirchen. Dem Papst kommt in dieser Communio die Stellung eines primus inter pares, eines Dieners Gottes zu.30 Aus dieser Perspektive wird das Problem der unterschiedlichen Ekklesiologien, die aufeinander prallen und im Spannungsfeld der Autokephalie der Patriarchate in der Einheit mit der Kirche von Rom zum Vorschein kommen, deutlich.

In Bezug auf das Verhältnis zwischen päpstlicher und bischöflicher Gewalt hat das Zweite Vatikanum

„einzelne Elemente der alten eucharistischen Communio-Ekklesiologie aufgegriffen und die iurisdictio

zur einseitigen Bestätigung des ‚Römischen’ führen. Sie verweisen auf das Prinzip eines Amtes der Einheit, aber sie fordern auch eine Selbstkritik der römisch-katholischen Theologie heraus, in der die Fehlentwicklungen der Primatstheologie und -praxis, die es unstreitig gegeben hat, genauso wach und unbefangen aufgedeckt werden, wie Meyendorff die Fehlentwicklungen einer bloß auf die Lokalkirche abzielenden Theologie und Praxis dargestellt hat“. ebd., 77; vgl. J. Meyendorff, Kirchlicher Regionalismus: Strukturen der Gemeinschaft oder Vorwand des Separatismus?, in: G. Alberigo, Y. M. Congar, H. J. Pottmeyer (Hgg.), Kirche im Wandel. Eine kritische Bilanz nach dem zweiten Vatikanum, Düsseldorf 1982, 303-318.

25 H. J. Pottmeyer, Die Rolle des Papsttums, 119-146.

26 Nach dem Schisma zwischen Ost- und Westkirche „verlor die Kirche des Westens den Charakter einer communio von Kirchen und es kam zur Uniformität und zum Zentralismus. Dagegen brach die Einheit der Ostkirche, weil ihr das Zentrum und das Amt der Einheit fehlten, in die Vielzahl autokephaler Kirchen auseinander, die untereinander kaum zu einer handlungsfähigen communio finden“. H. J. Pottmeyer, Die Rolle des Papsttums, 144; vgl.

J. Ratzinger, Das neue Volk Gottes, Düsseldorf 1969, 133 ff.; K. Schatz, Papsttum und partikularkirchliche Gestalt bei Innozenz III. (1198-1216), in: AHP 8: 1970, 61-111.

27 „Wenn es sich um ein Zu- und Ineinander von Universalkirche und Einzelkirchen, von Primat und Kollegialität, also um ein wechselseitiges Verhältnis von Communio-Gestalt der Kirche und Communio-Primat handelt, dann gilt aber auch umgekehrt: Nur in dem Maße, in dem sich die Einzelkirchen, ihre Leitung und Glieder (...) ihres Eingefügtsein in die communio der Universalkirche bewusst bleiben und Gemeinschaftsbeziehungen untereinander und mit dem Zentrum pflegen, kann es zu einer Communio-Gestalt der Kirche und des Papstes kommen“.

H. J. Pottmeyer, Die Rolle des Papsttums, 140.

28 D. Papandreou, „Successio apostolica“ – Erwägungen zur Überwindung der Trennung, in: US 42: 1987, 39.

29 I. Bria, Koinonia als kanonische Gemeinschaft, in: Auf dem Weg zur Einheit des Glaubens (Pro Oriente 2) Wien 1976, 143.

30 Vgl. D. Papandreou, Ein Beitrag zur Überwindung der Trennung zwischen der römisch-katholischen und der orthodoxen Kirche, in: Das Papstamt, Dienst oder Hindernis für die Ökumene? Regensburg 1985, 166.

wieder in ihre sakramentalen Zusammenhänge, in die liturgisch versammelte Ortsgemeinde rückgebunden (...) zu einer befriedigenden Synthese und zu funktionierenden konkreten Lösungen ist das letzte Konzil allerdings nicht gekommen; es muss weniger als Abschluss einer Entwicklung denn als Ausgangspunkt einer neuen epochalen Gestalt des Petrusamtes im 3. Jahrtausend verstanden werden“.31 Die Aufgabe des Petrusdienstes müsse noch stärker, so W. Kasper, als dies im II. Vatikanum geschehen ist, im Zusammenhang mit der Konziliarität, Synodalität, Kollegialität und Subsidiarität in der Kirche gesehen werden. „Um seinen Dienst der Einheit leisten zu können, müsste es zugleich ein Dienst an der legitimen Freiheit der Kirche sein. Es müsste also viel deutlicher unterschieden werden zwischen den Rechten, die dem Papst als Primas der lateinischen Kirche zukommen, und denen, die ihm als Inhaber des Petrusamtes für die Gesamtkirche zukommen. Das Petrusamt besagt nicht notwendig Zentralismus und Kurialismus. So ist etwa (...) das Recht des Papstes, alle Bischofssitze frei zu besetzen, nicht notwendig mit dem Petrusamt gegeben; dieses Recht kann auch als ein Patriarchatsrecht verstanden und entsprechend auf den Bereich der gegenwärtigen römisch-katholischen Kirche begrenzt werden. Auf diese Weise könnte sichergestellt werden, dass der Reichtum und die Vielfalt der überkommenen legitimen Traditionen der verschiedenen konfessionellen Gruppen nicht unterdrückt, sondern bewahrt, ja bereichert werden können“.32 Der Dienst an der Einheit solle so nicht im Jurisdiktionsprimat seinen Ausdruck finden, sondern im pastoralen Sinne als „ein Symbol der Hoffnung, der Einheit und des Friedens in Freiheit und gegenseitiger Liebe“. Nach W. Hryniewicz schließen aus katholischer Sicht ontologische Gleichheit der Ortskirchen und das Synodalitätsprinzip den Begriff des Primats im lokalen, regionalen und universalen Maßstab nicht aus. „Im Lichte der orthodoxen Ekklesiologie sollte man den Primat nicht in der Kategorie der Macht und der Unterordnung, sondern des Dienstes, der Inspiration und Koordination verstehen.“ Dieses Problem wartet auf seine Stunde im orthodox-katholischen Dialog.33 Zu dem „brüderlichen und geduldigen Dialog“ über den Primat ermutigt Papst Johannes Paul II. in seiner Enzyklika Ut unum sint (95 f).

Die folgenden Aussagen werfen ein Licht auf das ungeklärte Verhältnis zwischen der Lokal- und der Universalkirche bzw. dem Stuhl Petri, aber auch auf die Unterscheidung zwischen den Funktionen des Bischofs der Ortskirche von Rom und dem Oberhaupt der Universalkirche. Die Konkretisierung der Universal- und Lokalprinzipien der einen Kirche, die sowohl die Ost- wie auch die Westkirchentradition einschließt, vollzieht sich in einem gegenseitigen Durchdringen des Lokal- und Universalcharakters der Kirche. Johannes Paul II. wies in seiner Ansprache an die römische Kurie am 20.12.1990 auf die Perichorese hin, als er von einer Beziehung „gegenseitiger Innerlichkeit“ zwischen Orts- und Gesamtkirche sprach.34

Nach Greshake hat die Universalkirche gerade in der Perichorese der Ortskirchen ihr Wesen. Diese Einsicht setze sich aber in der katholischen Ekklesiologie im Vergleich zur orthodoxen nur zögernd durch.35 „Römisch-westkirchliches und ostkirchliches Kirchenverständnis (wobei letztes in wesentlichen Zügen vorsichtig und halbherzig auch im II. Vaticanum angepeilt wurde) entsprechen gerade perfekt der jeweiligen trinitätstheologischen Konzeption, die ihrerseits je ihren Widerhall in der Abbildlichkeit der Ecclesia finden.“36 Auf den inneren Zusammenhang zwischen Trinität und Kirche im Münchner

31 W. Kasper, Bleibendes und Veränderliches im Petrusamt, in: Conc(D) 11: 1975, 529 f.

32 W. Kasper, Das Petrusamt als Dienst der Einheit, die Lehre des I. und II. Vatikanischen Konzils und die gegenwärtige Diskussion, in: Das Papstamt, Dienst oder Hindernis für die Ökumene?, Regensburg 1985, 133 f., 136.

33 W. Hryniewicz, Problem unii w świetle Dokumentu z Balamand, 262 f.

34 Johannes Paul II., Ansprache an die römische Kurie vom 20.12.1990, in: AAS 83: 1991, 745 f.; die Internationale Theologenkommission hebt ebenso die „mutua interioritas“ hervor. Commissio Theologica Internationalis, Themata Selecta de Ecclesiologia, Vatikanstadt 1985, 32.

35 G. Greshake, Der dreieine Gott. Eine trinitarische Theologie, Freiburg-Basel-Wien, 1997, 427 f.; der Autor weist kritisch auf Ratzingers Schreiben an die Bischöfe der katholischen Kirche über einige Aspekte der Kirche als Communio vom 28.05.1992 hin, in dem seiner Meinung nach nicht nur das hierarchisch-institutionelle Amtsverständnis unvermittelt neben das ‚Communio-Prinzip’ gestellt sei, sondern es werde gegenüber der konziliaren ‚Perichorese’ von Ortskirche und Universalkirche durch die Formel ‚Teil- bzw. Ortskirchen in und aus der Gesamtkirche’ wiederum der Vorrang der Universalkirche eingeschärft. Siehe ebd., 426, Anm. 565.

36 „In der westkirchlichen Theologie bestand von Anfang an die Tendenz (und Gefahr), die (wesenhafte) Einheit Gottes „vor“ und „unabhängig“ von seiner personalen Differenzierung zu sehen. Korrelativ dazu steht im römisch-westkirchlichen Kirchenbild die eine Gesamtkirche „vor“ den vielen eigentümlichen Ortskirchen, die bezeichnenderweise „Teil“-Kirchen, also „unvollständige“ Kirchen heißen.“ G. Greshake, Der dreieine Gott, 427.

Dokument weist auch der orthodoxe Kopräsident der Internationalen Gemischten Kommission für den theologischen Dialog, der Metropolit der griechisch-orthodoxen Erzdiözese in Australien, Stylianos Harkianakis, hin. Die Übertragung der perichoretischen Trinitätslehre in ekklesiologische Kategorien heiße, dass „bei der Lösung der trinitarischen Frage sowohl das Prinzip der Kollegialität in der Einheit wie das Prinzip der Autokephalie in diesen drei Personen zu erkennen ist.“37 Darin verbirgt sich für ihn die einzig richtige und legitime Lösung der ekklesiologischen Fragen. J. Freitag zieht aus dem Trinitätsprinzip die erhellende Lehre für das Verhältnis von Orts- und Universalkirche. So wie in der Dreifaltigkeit die Einheit und die Vielfalt der communio personarum gleichrangig und gleichursprünglich sind, so ist auch die Universalkirche in der Vielfalt der Ortskirchen vollkommen präsent, die wiederum die Universalität der einen Kirche ausmachen. „Es gibt die Universalkirche nicht jenseits oder außerhalb der Vollzahl der Ortskirchen und ihrer gegenseitigen Perichorese“.38 Die Universalkirche ist keineswegs

„ein übergeordnetes kirchliches Sein über den Ortskirchen“. Die Universalkirche sei, so H. Biedermann, die Viel-Einheit, in der die Vielheit und Einheit nicht Gegensätze bilden, die sich ausschließen, sondern aufgenommen und dadurch überschritten sind auf eine neue Ordnung hin (...) Es versteht sich von selbst, dass diese Viel-Einheit nach orth. Verständnis nicht zusammengehen will mit Uniformität, aber ebenso wenig mit einem wie auch immer gearteten und begründeten Zentralismus der Leitung.39 Die Ortskirchen müssen in ihrem Eingefügtsein in die Gesamtkirche ihre Autonomie bewahren. „Je mehr die Autonomie der lokalen Kirchen in das Leben der Kirche eingeführt wird, desto deutlicher und klarer wird das Spezifikum des Primates“.40

Obwohl eine ausführliche Diskussion über den Primat des Bischofs von Rom der Arbeit der Gemischten Kommission des orthodox-katholischen Dialogs noch bevorsteht, gehört sie unmittelbar zu der Gesamtproblematik der Communio-Ekklesiologie und des Verhältnisses der Orts- und Universalkirche, die in der ersten Phase des Dialogs behandelt wurde. In der Communio-Ekklesiologie könne, so Metropolit J. Zizioulas von Pergamon, weder Synodalität noch Primat über die kirchliche Gemeinschaft gesetzt werden. Nur im Falle einer Kirchenstruktur oder eines Amtes, die die Gemeinschaft jeder einzelnen Lokalkirche einschließen würde, könnten Synodalität und Primat die Realitäten der Gemeinschaft sein.41 J. Meyendorff weitet den Gedanken der Communio-Ekklesiologie aus, und betont, dass die Kirche institutionelle Formen als Garantie und Ausdruck der universalen Dimension der Kirche braucht. Die drei Formen, die sich auf lokaler, regionaler und universaler Ebene der kirchlichen Dimension widerspiegeln, sind notwendig und gehören „zum Wesen der christlichen Botschaft“. Das Verhältnis zwischen allen drei kirchlichen Formen besteht in ihrer wechselseitigen Durchdringung.42 Dies

37 S. Harkianakis, Der offizielle Dialog, 164; siehe ausführlicher ders., Die Entwicklung der Ekklesiologie in der neueren griechisch-orthodoxen Theologie, in: Cath(M) 28: 1974, 9; vgl. ders., Über die gegenwärtige Situation der orthodoxen Kirche, in: Kyrios VI, 4: 1966, 231.

38 „Wie in der Trinität weder die Einheit des göttlichen Wesens von der communio personarum noch die Vielfalt der Personen aus der Einheit des Wesens abzuleiten ist, vielmehr beide gleichrangig und gleichursprünglich sind, gilt so nicht auch analog, dass weder die Einheit der Universalkirche aus der (vorgeordneten) Vielzahl der Ortskirchen zu gewinnen noch deren Vielfalt und communio aus der (vorgeordneten) Einheit der universalen Una Sancta abzuleiten ist? (...) Es gibt die Universalkirche nicht jenseits oder außerhalb der Vollzahl der Ortskirchen und ihrer gegenseitigen Perichorese.“ J. Freitag, Vorrang der Universalkirche? Ecclesia in et ex Ecclesiis – Ecclesiae in et ex Ecclesia? Zum Streit um den Communio-Charakter der Kirche aus der Sicht einer eucharistischen Ekklesiologie, in:

ÖR 44: 1995, 81 ff.; Näheres zum Begriff „perichoresis“ in Bezug auf die Trinitätslehre bei P. Stemmer, Perichorese. Zur Geschichte eines Begriffes, in: ABG 27: 1983, 9-55; A. Deneffe, Perichoresis, Circumincessio, Circuminsessio, in: ZkTh 47: 1923, 479-532; H. Barré, Trinité que j’adore, Paris 1965, 38.

39 H. Biedermann, Gotteslehre und Kirchenverständnis. Zugang der orthodoxen und katholischen Theologie, in:

ThPQ 129: 1981, 134 f.

40 M. M. Garijo-Guembe, Die Dokumente der internationalen Dialogkommission, 316.

41 „(...) in an ecclesiology of communion, neither synodality nor primacy can be understood as implying structures or ministries standing above the ecclesial community or communities. Only by a structure or a ministry that would involve the community of each local Church can synodality and primacy be realities of communion.” J. Zizioulas, The Church as Communion, in: T. F. Best, G. Gassamann (Hgg.), On the Way to Fuller Koinonia (Fifth World Conference on Faith and Order, World Council of Churches, Santiago de Compostela, 3-14 August 1993), Faith and Order Paper 166, Genf 1994, 107.

42 J. Meyendorff schreibt: „(...) die Beziehungen zwischen der Orthodoxie und dem römischen Katholizismus werden sich kaum weiterentwickeln, solange nicht ein kompetentes Team einen Themenkatalog aufzustellen versucht, der beide Seiten herausfordert und ihr Bewusstsein auf die Probe stellt, Glieder der Katholischen Kirche Christi zu sein. Beide Seiten müssten bereit sein, anzuerkennen, dass eine solche Gliedschaft in der Ortskirche, in

scheint der einzige Weg innerhalb der Kirche zu sein, gemeinsam zu versuchen, zu einer Versöhnung zwischen diesen drei Dimensionen zu kommen. Nach Ansicht von H. Greshake kann die communio ecclesiarum nur dann gelingen, „wenn eine ‚dreigliedrige’ Kirchenstruktur: Ortskirche – regionale Hauptkirche – römische Primatialkirche gegeben ist. Erst durch die Eingliederung verschiedener benachbarter Ortskirchen in eine Teilkirchen-Communio hat die einzelne Ortskirche die Chance, ihr Eigensein und ihre Eigenart nicht zu verlieren, sondern ins Ganze einzubringen. Eine bloß dyadische, d.h.

zweigliedrige kirchliche Struktur, die charakterisiert ist durch ortsbischöfliche Kompetenz auf der einen und päpstliche Kompetenz auf der anderen Seite, reicht dafür nicht aus. (...) Nur eine triadische Kirchenstruktur verhindert sowohl, dass die gesamtkirchliche Communio in eine Pluralität von Ortskirchen zerfällt (die aus sich heraus meist zu klein sind, eine wirkliche Eigengestalt und kulturelle Synthese hervorzubringen), als auch, dass diese angesichts des päpstlichen Primats das Gewicht des Katholischen nicht mehr voll zur Geltung bringen kann.“43

Der Zentralgedanke der Dialogspapiere von München, Bari und Neu Valamo überbetont weder die Rolle der Ortskirche noch vermindert er die Funktion der Universalkirche. Vielmehr verweist er auf die Untrennbarkeit der beiden kirchenbildenden Komponenten. „In unterschiedlicher Deutlichkeit ist beides in der Ekklesiologie unserer beiden Kirchen gewahrt. Dass die gemeinsame Erklärung beides nebeneinandersetzt, weist für die weitere Kommissionsarbeit den Weg, dass es beide Sichtweisen anzuerkennen, nicht zwischen ihnen zu wählen gilt“.44 Sowohl die Ortskirchenstruktur als auch ihre Universaldimension erscheinen als komplementär für das Kirchenverständnis. Die Schlussworte der Erklärung von Valamo fordern die beiden Kirchen auf, neben dem Lokalcharakter der Kirche den Dialog auch über das Thema des Primats des Bischofs von Rom aufzunehmen (55). Dies weist auf die Notwendigkeit hin, die sichtbare Gemeinschaft zwischen den Ortskirchen und darin den Universalcharakter der einen Kirche Christi zu unterstreichen. Damit wäre mit Recht der Appell in der Erklärung von Valamo zur Kontextualisierung des Papstthemas und ihre unabdingbare Integration in das Zentrum der ökumenischen Auseinandersetzung als „großes Hoffnungszeichen für den Dialog“ getätigt.45 Der orthodox-katholische Dialog widmete sich in der ersten Phase dem Lokalcharakter der Kirche. Wie sich der weitere Dialog entwickeln wird, hängt von der wahrheitsgetreuen Kenntnis des Gegenstandes und der Geschichte des Schismas ab, welche zur Trennung der betreffenden Kirchen beigetragen hat. Ch.

J. Dumont weist auf die Offenheit J. Meyendorffs theologischen Denkens hin, der den Phyletismus in der Orthodoxie stark kritisiert und die Universalität der Kirche im gleichen Maße, wie auch ihren lokalen und regionalen Charakter, betont.46

„Das Universale und das Örtliche fallen notwendigerweise zusammen“, betont das Münchner Dokument, das auch den „trinitarischen Gott“ als die theologische Begründung dieser Einheit in der Vielfalt liefert.47 In einer kurzen Erläuterung weist Erzbischof Stylianos, der Kopräsident der Dialogkommission, auf die der Ost- und Westtradition gemeinsame theologische Lehre der Perichorese hin, in welcher seiner Meinung nach die Lösung der fehlenden Übereinstimmungen der beiden Kirchen erblickt werden könnte.48

der Eucharistie voll realisiert wird; dass die Gliedschaft auch eine regionale (das heißt kulturelle, nationale und soziale) Mission einschließt; dass der Regionalismus nicht immer mit dem Universalismus zu vereinbaren ist, der doch auch zum Wesen der christlichen Botschaft gehört. Auf diesen drei Ebenen sollte ein Konsens herbeigeführt werden. Anderenfalls gelingt es weder den Übereinstimmungen in einzelnen theologischen Fragen noch gelegentlichen symbolischen Gesten und schon gar nicht der Diplomatie, die Einheit herzustellen, nach der wir suchen.“ Siehe Kirchlicher Regionalismus, 318; vgl. ders., Schwesterkirchen, 52; vgl. ders., Living Tradition:

Orthodox Witness in the Contemporary World, Crestwood 1978, 63-79.

43 G. Greshake, Der dreieine Gott, 424, Anm. 558; zum Thema der triadischen Kirchenstruktur und eine kritische Infragestellung des römischen Instrumentum laboris siehe H. Müller, H. J. Pottmeyer (Hgg.), Die Bischofskonferenz.

Theologischer und juridischer Status, Düsseldorf 1989; Th. J. Reese (Hg.), Episcopal conferences. Historical, canonical and theological studies, 1989.

44 E. Ch. Suttner, Die in München, Bari und Valamo, 181.

45 Ebd. 186.

46 J. Meyendorff, Kirchlicher Regionalismus, 310 ff.; Ch. J. Dumont, Wo steht der Dialog zwischen der katholischen und der orthodoxen Kirche, in: Am Beginn des theologischen Dialogs, Pro Oriente 10: 1987, 379.

47 Vgl. G. Larentzakis, Trinitarisches Kirchenverständnis, in: W. Breuning (Hg.), Trinität. Aktuelle Perspektiven der Theologie, Freiburg-Basel-Wien 1984, 73-96, zitiert bei ders., 10 Jahre offizieller Dialog zwischen orthodoxer und katholischer Kirche – Eine Bilanz, in: Pro Oriente 15: 1994, 55.

48 S. Harkianakis, Der offizielle Dialog, 164.

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