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Design der Experteninterviews

Im Rahmen dieser Arbeit wurden Expertengespräche per Telefon durchgeführt.

Nach Atteslander (2003, S. 155) werden Expertengespräche wie folgt definiert:

„Bei Experteninterviews sprechen wir mit Menschen, die entweder im Umgang mit unseren Probanden E rfahrung haben: z.B. Lehrer, Sozialarbeiter, Sportfunktion äre, oder die über unseren Forschungsgegenstand besondere und umfassende Erfahrung haben.”

In der vorliegenden Arbeit sind 21 Public Viewing-Spezialisten der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 befragt worden. Als Experten gelten in diesem Fall die mit der Konzeption, Planung und Durchführung des Public Viewing vertrauten Personen von offiziellen Fan Festen, kommerziellen sowie nicht-kommerziellen Veranstaltungen. Es wird von diesen Personen angenommen, dass sie besondere und umfassende Erfahrungen bzgl. des Forschungsgegenstands besitzen (vgl.

auch Gläser & Laudel, 2004, S. 113).

Die Experteninterviews sind per Telefon durchgeführt und währenddessen durch Tonbandaufzeichnungen konserviert worden. In der Vorbereitungsphase ist zunächst die Festlegung auf die explorativ zu erfragenden Themenkomplexe, die sich vor allem aus einer ersten Literaturrecherche der Autorin gespeist haben, erfolgt. Bei der Realisierung des Fragenkatalogs ist darauf geachtet worden, die Fragen mit möglichst einfachen Worten, kurz und konkret zu formulieren, weil gerade in der telefonischen Befragung die Wahrscheinlichkeit von Missverständnisse erhöht ist (12.1.1). In einem weiteren Schritt ist der Gegenstandsbereich der Untersuchung festgelegt worden. So wurde sich an die von der FIFA und Infront differenzierten Kategorien von Public Viewing-Veranstaltungstypen orientiert (12.1.2). Der Erstkontakt mit den Experten ist aktiv über das Internet erfolgt. In einem A nschreiben wurden die Befragten darüber informiert, wer für die Befragung verantwortlich ist, warum die Untersuchung durchgeführt wird und welches Interesse der Befragte selbst an der Beantwortung des Fragenkomplexes haben könnte (12.1.3). Schließlich wird erörtert, in welchem zeitlichen Rahmen die Telefoninterviews durchgeführt worden sind. Einerseits war es wichtig, aufgrund des explorativen Vorgehens der Untersuchung, bei dem Wert auf die noch frischen Erinnerungen und Eindrücke der Geschehnisse gelegt wurde, die Interviews zeitlich nah an der im Sommer 2006 stattfindenden Fußball-WM zu führen. Andererseits ließen aber auch weniger wissenschaftliche Faktoren,

12.1 Design der Experteninterviews

wie bspw. die bevorstehende Urlaubszeit es unbedingt wichtig erscheinen, die Gespräche möglichst zeitnah durchzuführen (12.1.4).

12.1.1 Aufbau des Gesprächleitfadens

Der Interviewleitfaden gliedert sich in acht Bereiche. Teil A beschäftigt sich mit

„Allgemeine[n] Informationen zu den Räumlichkeiten‟, Teil B fragt nach dem

„Besucherverhalten und [der] Gästeanzahl‟, im dritten Teil C geht es um

„finanzielle Aspekte‟100 der Veranstaltungen. In den darauf folgenden Bereichen schließen sich Fragen zu „Motiven, Erwartungen und Erfahrungen‟ (Teil D), den benutzten „Technologien‟ (Teil E), dem „Sicherheitskonzept‟ (Teil F) und dem

„Emotionsmanagement‟ (Teil G) an. Letztlich sind im Teil H noch „persönliche Angaben‟ zu machen.101

Der Leitfaden gilt in diesem Zusammenhang als Orientierung. So ist der Gedanke verfolgt worden, mit weniger wichtig erscheinenden Fragen zu beginnen, um dem Interviewten die Eingewöhnung in die Situation zu erleichtern (s. Kap. 11.2). Von primärem Interesse muss es aber sein, die Aufmerksamkeit des Experten zu halten, um das Interview vollständig führen zu können. Die Abfolge der vorbereiteten und vorformulierten Fragen ist vorher aber nicht streng festgelegt worden. Es ist in der Tendenz die Möglichkeit verfolgt worden, aus dem Gespräch sich ergebende Themen aufzunehmen und sie von den Antworten der Interviewten ausgehend weiter zu verfolgen. Letztlich ist es nur so möglich gewesen, die für die Aufgabenstellung wichtigen Themenbereiche für den weiteren Forschungsverlauf herauszufiltern und wichtige Impulse für die Handlungsempfehlungen zu erhalten. Um Irrtümern und Missverständnissen weitestgehend vorzubeugen, sind Pre-Interviews durchgeführt worden. So ist die Vollständigkeit und Klarheit der Fragestellungen nochmals überprüft werden und in einigen Bereichen geringfügig modifiziert worden.

Es ist darüber hinaus durch offene Fragestellungen versucht worden, den Gesprächskontakt und das Interesse am Interview fördern. Zudem konnten so am

100 Aus den Expertenint erviews ist der Teil C, in dem es um finanzielle Aspekte ging, herausgenommen worden, da er sich zum einen als schwer beantwortbar und zum anderen für die Schwerpunktlegung dieser Ausarbeitung als nebensächlich herausstellte. In den sich auf der Daten-CD befindlichen Transkripten als Tertiärdaten wird Teil C nicht weiter berücksichtig werden.

101 Ein exemplarischer Leitfaden ist im Anhang (B ) einzusehen.

einfachsten die obig angesprochenen Komplexe aussortiert werden, bei denen es entweder Probleme in der Beantwortung gab, oder die sich anderweitig als nicht so ergiebig herausstellten. Weiter ist versucht worden, den Befragten das Gefühl zu geben, Wert auf ihr Urteil zu legen und sie in ihrer Person wie ihren Meinungen und Erfahrungen ernst zu nehmen (vgl. auch Kap. 11). Nach Atteslander (2003, S.

165) ziehen vor allem gut informierte Personen mit eigener Meinung offene Fragen aus diesen Gründen vor. Denn es darf nicht außer Acht gelassen werden, dass sich die Befragten die Zeit des Interviews von ihrer sonstigen Arbeitszeit abzweigen. Das kann für sie Mehrarbeit nach Feierabend oder ein erhöhtes Arbeitspensum für den Rest des Tages bedeute n.

12.1.2 Gegenstandsbereich

Im Vorfeld der Untersuchung ist die Einteilung der zu befragenden Experten in Kategorien erfolgt. Mit der Disposition ist das Ziel verfolgt worden, das Feld zu entschlüsseln. Hierbei wurde sich an die Untergliederung der FIFA und des Vermarkters der Public Viewing-Rechte Infront angelehnt. Diese hatten bei den Public Viewing-Veranstaltungen zu den Spielen der Weltmeisterschaft 2006 die TV-Vorführungen wie folgt eingeteilt:

1. Das Public Viewing auf den Fan Festen der FIFA WM 2006TM: Sie werden von den FIFA WM-Städten mit finanzieller Hilfe von fünf offiziellen F IFA-Partnern ausgerichtet.

2. Das nicht-kommerzielle Public Viewing: Diese von privater oder öffentlicher Hand organisierten Veranstaltungen müssen zwar bei Infront registriert sein, eine Lizenzgebühr muss aber auch hier nicht entrichtet werden. Aller -dings dürfen die Veranstalter keinerlei kommerziellen Nutzen verfolgen, also Eintritt o.ä. verlangen.

3. Das kommerzielle Public Viewing. Hier handelt es sich um Veranstal-tungen mit gewerblichem Charakter. Nach Erwerb der Rechte bei Infront darf in diesem Fall Eintritt verlangt werden.

Nach der genannten Differenzierung sind Experten angeschrieben worden. Die zeitlich ersten Interviewpartner jeder der drei Kategorien galten als Pre -Interviews,

12.1.3 Feldzugang

d.h. es wurden an angesprochenen Stellen die Fragen bzw Antworten für die bessere Verständlichkeit leicht modifiziert. Diese Interviews werden mit berücksichtigt, da keine gravierenden Änderungen vorgenommen worden sind und schließlich nur so ein möglichst vollständiges Bild erzielt werden kann.

12.1.3 Feldzugang

In einem ersten Schritt wurde über das Internet versucht, Kontakt zu den Experten herzustellen. Dieses war bei den offiziellen Fan Festen z.B. durch die Homepages wesentlich einfacher als bei kleinen kommerziellen und nicht-kommerziellen Anbietern, die z.T. über Suchläufe der gängigen Onlines uchmaschinen oder auch über den Internetauftritt von regionalen und lokalen Veranstaltungsmagazinen ausfindig gemacht wurden. Der Erstkontakt wurde über eine Ankündigungsemail (s. Anhang A) hergestellt. Natürlich konnten über das Internet nur eingeschränkt die Public Viewing-Veranstaltungen erreicht werden, die online vertreten waren oder über die dort entsprechend berichtet wurde. Dies wurde aber in Kauf genommen, da davon ausgegangen wurde, dass fast alle Veranstaltungen, die Publikum anziehen möchten, online vertreten sein würden. Auf Wunsch wurde, um die vergleichsweise höhere Reaktivität bei Telefoninterviews im Vergleich zu schriftlichen Befragungen weitestgehend einzudämmen (vgl. A tteslander, 2003, S.

180), vor dem Gespräch ein blanko Leitfaden an den zu Befragenden gesandt.

Vor dem Beginn des eigentlichen Interviews wurden nochmals alle wichtigen Informationen zum geplanten Forschungsvorhaben und die Kontaktdaten der Autorin genannt. Zudem wurde den Experten die vollständige Anonymisierung ihrer Daten zugesichert. Die Transkription der erhobenen sozialen Daten ist folglich maskiert erfolgt. Unter Transkription wird pauschal die „graphische Darstellung ausgewählter Verhaltensaspekte von Personen, die an einem Gespräch (z.B. einem Interview oder einer Alltagsunterhaltung) teilnehmen“

(Kowall & O‟Conell, 2005, S. 438; s. auch Dittmar, 2004, S. 50) verstanden. In dem vorliegenden Fall ist auf die graphische Darstellung von parasprachlichen Elementen, wie z.B. Sprechpausen oder auße rsprachlichen Äußerungen verzichtet worden. Diese wurden im vorliegenden Erkenntniszusammenhang als nicht unbedingt notwenig erachtet (vgl. Dittmar, 2004, S. 51f.; Gläser & Laudel, 2004, S. 188), deshalb ist es vorgezogen worden, die Gespräche in

Standardorthographie zu verschriftlichen. Die Standardorthographie orientiert sich an den Normen der geschriebenen Sprache, vernachlässigt aber, wie vorher erwähnt, Besonderheiten der gesprochenen Sprache (vgl. Kowall & O‟Conell, 2005, S. 441), indem der Sprachstil geglättet wird, wird das Lesen der Transkripte vereinfacht. Eine derartige Protokolltechnik kann nach Mayring (2002, S. 91) dann angewendet werden, wenn ausschließlich inhaltlich-thematische Aspekte für die spätere Auswertung und Interpretation wie in der vorliegenden Arbeit wichtig sind.

12.1.4 Zeitfenster

Ziel der Leitfadengespräche ist es gewesen, die Meinungen, Eindrücke und Einstellungen der Verantwortlichen möglichst zeitnah hinsichtlich der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2006TM festzuhalten. Die Spiele der WM haben vom 20.

Juni bis zum 09. Juli 2006 stattgefunden. Die Interviews erfolgten in den Wochen vom 11. Juli bis 18. August 2006.

Für das Einfangen möglichst unverfälschter Impressio nen und zur Vermeidung von Verfälschungen der Expertenmeinungen durch spätere Medienberichte o.ä., ist das Ziel verfolgt worden, die Gespräche so früh wie möglich im Anschluss a n das Weltmeisterschafts-Turnier durchzuführen. Darüberhinaus war es aber nötig, die Verantwortlichen nach der Stressphase während und kurz nach der WM, aber wiederum vor der Urlaubszeit danach zu erreichen. Damit stand für die Befragungen nur ein sehr begrenzter Zeitrahmen zur Verfügung. Vielleicht kann dieses enge Zeitfenster der Grund dafür gewesen sein, dass z.B. nur fünf der elf Verantwortlichen für die Fan Feste zu einem Interview bereit gewesen sind.